ADB:Friedrich II. (Herzog von Österreich und Steiermark)
Leopolds VI. drittgeborner Sohn, folgte diesem in der Regierung, da die beiden älteren Brüder Leopold und Heinrich schon früher, letzterer bald nach einem mißglückten Empörungsversuche gegen den Vater, gestorben waren. Kaum hatte F. die irdische Hülle seines Vaters in die Gruft zu Lilienfeld gesenkt und die Zügel der Regierung in seine noch unerfahrenen Hände genommen, als er sich von äußeren und inneren Feinden bedroht sah. Fast gleichzeitig fielen die Böhmen in Oesterreich ein und die mächtigsten Ministerialengeschlechter von F. ab, letztere um ihre Macht auf Kosten der landesfürstlichen zu mehren. An der Spitze der Unzufriedenen standen die Brüder Heinrich und Hadmar v. Kuenring[WS 1], von welchen jener oberster Landmarschall von Oesterreich war und während der Abwesenheit Leopolds unter dem Titel rector totius Austriae Landesverweser fungirt hatte. Indessen gelang es F., der sich zuerst gegen seine inneren Feinde wendete, unterstützt von seinen Getreuen, namentlich von den Klöstern, einigen Grafen und den kleineren Ministerialengeschlechtern, den Aufstand zu bewältigen, wobei er Gelegenheit fand, nicht nur seinen auch in der Folge oftmals bewährten Muth, sondern auch ein Maß von Einsicht an den Tag zu legen, wie ihm dasselbe im späteren Leben nicht immer zu Gebote stand. Aggstein, Dürrenstein und Weitra, die Burgen der Kuenringe, wurden gebrochen, die Stadt Zwetl, deren sich die Brüder bemächtigt hatten, wurde erstürmt und die Aufrührer mußten um Frieden bitten, den ihnen F. gegen Rückgabe alles Geraubten (darunter des herzoglichen Schatzes), Abtretung einiger Burgen und Stellung von Geiseln gewährte. F. stand jetzt in dem Alter, wo der Sitte gemäß dem jungen Manne das Schwert umgürtet werden sollte. Es war am 2. Februar 1232, daß er von dem Bischofe Gerhard von Passau im Schottenkloster zu Wien die Schwertleite empfing, wobei er selbst 200 Edle zu Rittern schlug. Bei seinem Thatendrange wurde F. bald in den unseligen Hader verstrickt, der in Deutschland den Kaiser Friedrich und seinen Sohn Heinrich VII. entzweite und mit dem Sturze des letzteren endete. Heinrich stand anfangs dem Herzoge feindlich gegenüber; er erklärte, vielleicht hierin von dem Könige von Böhmen beeinflußt, seine Ehe mit Margaretha, der Schwester Friedrichs, wegen der früheren, vom Kaiser selbst aufgehobenen Verlobung mit der böhmischen Prinzessin Agnes für ungiltig und wollte sich unter dem Vorwande, daß die Mitgift noch nicht ausgezahlt sei, von seiner Gemahlin, nachdem sie ihm bereits einen Sohn geboren, trennen. Der Abt von St. Gallen, Konrad v. Bußnang, vermittelte zwischen beiden. Er brachte den König von dem Entschlusse der Ehescheidung ab. Was den Kaiser betrifft, so hatte Leopold dessen Wohlwollen seinem Sohne als ein Erbtheil hinterlassen, dessen Werth der junge Herzog nicht gebührend würdigte. Auf dem Reichstage zu Ravenna, den [581] der Kaiser auf den 1. November 1231 berief, fanden sich weder der König Heinrich, noch Herzog F. ein und ebenso weigerte sich der letztere in Aquileja, wohin ihn der Kaiser nunmehr vorlud, zu erscheinen, indem er sich vermuthlich auf das Fridericianum minus von 1156 berief, das die Herzöge nur zum Erscheinen auf bairischen Hoftagen verpflichtete. Um ihm diesen Vorwand zu benehmen, begab sich der Kaiser nach Portenau (Pordenone), einer österreichischen Enclave, wo sich der Herzog einfand (Mai 1232) und wohin auch König Heinrich, der bereits zu Aquileja sich dem Vater unterworfen hatte, sich begab. Wir sind über die hier gepflogenen Verhandlungen leider nicht unterrichtet. Doch kam wahrscheinlich der Streit über die Mitgift zur Sprache, wobei der Kaiser dem Herzoge noch 8000 Mark versprach, um nur die Sache zu Ende zu führen. In der nächsten Zeit (1233) sehen wir F. mit seinem Nachbarn, dem Herzoge von Baiern, Otto, dem Böhmenkönige Wenzel I. und dem Arpaden Andreas II. in Händel verstrickt. Im Kampfe gegen Böhmen eroberte F. die starke österreichisch-ungarische Grenzveste Vöttau, doch zwang ihn eine schwere Erkrankung zum Rückzuge. In der Verfolgung der Ungarn, welche in Oesterreich verheerend eingefallen waren, drang er siegreich bis in die Donauenge bei Theben vor. Dunkel bleibt dagegen das Verhältniß zwischen dem Herzog und dem König Heinrich VII., dessen hochverrätherischen Plänen gegen den Kaiser der Babenberger nicht ferne gestanden zu haben scheint. Allerdings finden wir nirgends die Andeutung eines förmlichen Bundes des Herzogs mit Heinrich und den Lombarden, wie es in dem kaiserlichen Anklageschreiben ihm vorgeworfen wird; allein der Umstand, daß der Reichsmarschall Anselm v. Justingen, der 1234 als Gesandter Heinrichs bei den Lombarden erschien, um mit diesen im Namen seines Herrn einen Bund gegen den Kaiser abzuschließen, sich im Mai 1233 am Hofe des Babenbergers aufhielt und nach Heinrichs Sturze als Geächteter bei diesem Zuflucht fand, sowie das zweideutige Benehmen des Herzogs, als der Kaiser zur Bestrafung seines Sohnes aus Italien über österreichische Gebiet an den Rhein eilte, endlich der Anschlag zur Befreiung des gefangenen Königs, den der Erzbischof von Salzburg zunächst nach Aquileja führte – alles dies deutet wol auf ein Einverständniß zwischen den beiden Schwägern. Allerdings verhielt sich F. d. St. als unthätiger Zuschauer der staufischen Familientragödie, ja er traf sogar, als der Kaiser über die Alpen nach Deutschland zog, mit demselben in Neumarkt, an dem wichtigen Passe, der Kärnten mit Steiermark verbindet, zusammen. Allein da hier die noch immer nicht geordnete Mitgiftfrage zur Sprache kam, der Herzog sich weigerte, des Kaisers angebotene Vermittlung in seinem Streite mit dem Böhmenkönige anzunehmen, der Kaiser hingegen die Pläne des Babenbergers auf Ungarn, wo er sich mit den Unzufriedenen in Verbindung setzte, mißbilligte, so führte die Begegnung nur zu einer noch größeren Entfremdung, denn Herzog F. rüstete nun wirklich ein Heer wider Ungarn aus, wurde aber von König Bela, der ihm zuvorkam, geschlagen, worauf die Ungarn bis vor die Mauern Wiens streiften, während zu gleicher Zeit von Norden her die Böhmen ins Land einfielen, und nur durch den von Regengüssen hochangeschwellten Donaustrom an einer Vereinigung mit den Ungarn gehindert wurden. Der Herzog mußte den Abzug der Feinde mit hohen Geldsummen erkaufen, zu deren Aufbringung er drückende Steuern nicht nur von seinen eigenen durch die unaufhörlichen Kriege völlig erschöpften Unterthanen, sondern auch von den Dienstmannen der in Oesterreich und Steiermark begüterten Bischöfe erhob, wodurch er sich auch diese zu Feinden machte. Ja er ließ aus den Klöstern das in denselben zur Aufbewahrung niedergelegte eigene und fremde Geld in Beschlag nehmen und zog sogar das Privateigenthum seiner Mutter Theodora ein, die, an dem nöthigsten Mangel leidend, nach Böhmen floh. Diese Härte [582] trieb die Bewohner der beiden Herzogthümer zur Empörung. Die meisten Städte, Wien voran, kündigten ihm den Gehorsam. Eine Gesandtschaft ging zum Kaiser, um über den Herzog Klage zu führen. Der Kaiser lud den Herzog vor sich auf den Reichstag zu Mainz. Jedoch statt selbst zu erscheinen – vermuthlich berief sich F. wieder auf das minus –, sandte der Herzog den Bischof von Seckau an den Kaiser. Als F. auch auf den Hoftagen zu Augsburg (November 1235) und Hagenau (December 1235) trotz neuer Vorladungen nicht erschien, sprach der Kaiser über den Herzog die Reichsacht aus, deren Vollziehung er dessen erbitterten Feinden, dem Könige von Böhmen und dem Herzoge von Baiern, sowie allen benachbarten deutschen Fürsten übertrug, während er zugleich ein Manifest erließ, das aus der Feder des kaiserlichen Geheimschreibers Peter de Vinea geflossen, in der Form eines offenen Sendschreibens an den Böhmenkönig gerichtet war und in dem leidenschaftlichsten Tone abgefaßt den Zweck verfolgte, den Babenberger als ein ehr- und treuloses Glied des Reiches, als moralisches Ungeheuer, zu vernichten. Denn nicht nur die Vergehen finden sich in demselben aufgezählt, deren sich der Herzog gegen das Reichsoberhaupt thatsächlich schuldig gemacht hatte, sondern auch Vorwürfe anderer Art werden erhoben, die entweder offenbar übertrieben oder sonst nicht nachweisbar sind. Der Herzog wird als ein Bedrücker der Wittwen und Waisen, der Armen und Reichen, als ein Wollüstling, der die Jungfrauen entehre und die Frauen schände, bezeichnet. Es wird ihm ferner vorgeworfen, daß er den Alten vom Berge durch Gesandte und Geld zur Ermordung des Kaisers aufgestachelt, den Papst gegen letzteren aufzureizen gesucht, Gesandte des Kaisers gefangen genommen und gleich einer Gesandtschaft des Fürsten von Rußland ausgeplündert, endlich daß er den Meißener Markgrafen, seinen Schwager, am Morgen nach dem Beilager im Schlafgemache mit gezücktem Schwerte zum Verzicht auf die Mitgift gezwungen habe. Am 27. Juni 1236 schloß der Kaiser zu Augsburg mit dem Könige von Böhmen, den Bischöfen von Bamberg und von Passau, dem Herzoge von Baiern und dem Markgrafen von Brandenburg ein Bündniß gegen den Babenberger, worauf der Krieg gegen diesen eröffnet wurde. Der König von Böhmen drang in das Land am Nordufer der Donau vor; der Herzog von Baiern und der Bischof von Passau fielen in das Land ob der Enns ein, in welchem nur Linz allen Angriffen trotzte. Zum Einfalle in Steiermark hatte der Kaiser den Herzog von Kärnten, den Patriarchen von Aquileja und den Bischof von Bamberg aufgefordert, welche, durch den Verrath der herzoglichen Dienstmannen begünstigt, sich ohne Mühe des ganzen Landes bemächtigten. F. wurde nun von allen Seiten verlassen. Wien öffnete dem vereinigten Heer der Bayern und Böhmen die Thore und der Herzog, dem nur Starhemberg und Wiener-Neustadt treu blieben, zog sich in die letztere Stadt zurück, während der Kaiser nach einem über die Lombarden bei Vicenza errungenen Siege über Graz nach Oesterreich kam und in Wien (1237) seinen Einzug hielt, das er zu einer reichsunmittelbaren Stadt erhob. Im April brach der Kaiser von Wien, wo die versammelten Reichsfürsten seinen Sohn Konrad zum deutschen Könige gewählt hatten, nach dem Westen auf, indem er in Oesterreich den Bischof Ekbert von Bamberg als Statthalter zurückließ. Mit dem Abzuge des Kaisers, der bald darnach Deutschland für immer verließ, und noch mehr seit dem Tode des kriegskundigen Bischofs von Bamberg, welcher bereits am 9. Juni 1237 starb, nahmen die Dinge eine für den Herzog günstigere Wendung. Wol sendete der Kaiser nach Ekberts Tode den Grafen Otto von Eberstein nach Oesterreich. Aber die Stellungen waren bereits vertauscht: der Herzog ging zur Offensive über, während sich die Reichstruppen auf die Defensive beschränken mußten und in einem Treffen auf dem Tulner Felde, wie es scheint, den kürzeren zogen. Besonders aber kamen die allgemeinen [583] Verhältnisse dem Herzoge zu statten. Denn in Folge der Fortschritte des Kaisers in Italien nahm der Papst neuerdings eine dem Staufer feindselige Stellung ein und suchte besonders den Böhmenkönig von letzterem abzuziehen. Im Sinne des Papstes wirkten auch die Bischöfe, indem sie zwischen dem Herzog F. und dem Herzog Otto von Baiern einen Frieden vermittelten, worauf es diesem gelang, seinen neuen Verbündeten auch mit dem König von Böhmen auszusöhnen. F. trat dem letzteren gegen seine Unterstützung das Land nördlich von der Donau ab und versprach mit dessen Sohne Wladislaw seine Nichte Gertrud zu vermählen. Eben um jene Zeit fand zu Neustadt die Vermählung des Landgrafen von Thüringen, Heinrich Raspe, des späteren Gegenkönigs, mit Friedrichs Schwester Gertrud statt. –- Immer günstiger wurde dadurch die Lage Friedrichs. Während er einerseits allmählich den größten Theil seines eigenen Landes zurückgewann, wurde seit der erfolgten Excommunication des Kaisers (1239) der vor kurzem noch länderlose, fast aufgegebene Herzog ein Fürst, um dessen Bundesgenossenschaft sich beide Parteien eifrig bewarben. Der bekannte Agitator Albert v. Possemünster knüpfte mit dem Herzoge von Oesterreich Unterhandlungen an, indem er ihm die Ehre eines Gegenkönigthums anbot, während der Erzbischof von Salzburg ebenso eifrig an dem Werke der Aussöhnung der Herzöge von Baiern und Oesterreich mit dem Kaiser arbeitete. F. entschied sich für die Verständigung mit dem Kaiser, zumal ihn dieselbe von der Verbindlichkeit befreite, an den König von Böhmen einen Theil seines Landes abzutreten. Noch vor dem Falle der Stadt Wien, welche am längsten Widerstand geleistet hatte und erst nach längerer Belagerung an den Herzog sich ergab, wobei sie den Charakter und die Rechte einer Reichsstadt wieder verlor, erfolgte die Aussöhnung Friedrichs mit dem Kaiser (Ende 1239). In dem Grade aber, als sich des Herzogs Verhältniß zum Kaiser besserte, verschlimmerten sich seine Beziehungen zu Böhmen, da er nun nicht mehr gesonnen war, den mit Wenzel eingegangenen Vertrag zu erfüllen. So kam es 1240 zu einem neuen Kriege, dessen Verlauf indessen keine Entscheidung herbeiführte, weshalb in einer neuen Vereinbarung der beiden Fürsten F. zwar seine Nichte an Wenzels Sohn Wladislaus zu vermählen versprach, dagegen von der Abtretung eines Landestheiles schwerlich mehr die Rede gewesen ist. Diese Uebereinkunft scheint der Einfall der Mongolen beschleunigt zu haben, der beide Fürsten zwang, auf die Vertheidigung ihrer Länder Bedacht zu nehmen. Bei dem Herannahen der Gefahr wendete sich der König Bela von Ungarn auch an Herzog F. mit der Bitte um schleunige Hülfe. F. kam wirklich, doch mit geringer Begleitung, nach Ungarn, wo er sich überdies sehr zweideutig benahm. Wol ließ er sich mit einem Schwarm Mongolen, die bis an Pest heranstreiften, in ein Scharmützel ein und legte dabei eine Probe seiner persönlichen Tapferkeit ab. Doch mag das nur in der Absicht geschehen sein, die Augen jener Partei des Landes auf sich zu lenken, welche es mißbilligte, daß der König jedes offene Treffen mit den Tataren vermied. Es war dies wol dieselbe Partei, welche über die Aufnahme, die der König den sich vor den Mongolen zurückziehenden Kumanen gewährt hatte und über deren angebliche Begünstigung höchst ungehalten war und zuletzt ihrem Unmuth in einem Aufstande Ausdruck gab, in welchem in Beisein, ja, wie es heißt, unter Mitwirkung des Herzogs von Oesterreich und seiner Leute das Haus des Kumanenfürsten Gutan zu Pest erstürmt und dieser sammt seiner Familie dem Tode überliefert wurde. Und als nach der Schlacht am Sajo Bela sich nach Oesterreich flüchtete, nahm ihn F. zwar anscheinend freundlich auf, benützte aber die Lage des Königs, der sich in seiner Gewalt befand, um die Rückzahlung der Summe zu erlangen, die er ihm nach dem verunglückten Versuche, Ungarns Krone zu erlangen, als Preis des Friedens hatte zahlen müssen. Bela sah sich genöthigt, dem Herzog einen Theil des Geldes baar oder [584] durch Schmuck abzutragen, für den anderen aber ihm drei den österreichischen Ländern benachbarte Comitate – spätere Schriftsteller nennen Wieselburg, Oedenburg und Eisenburg – zu verpfänden, deren er sich, während der König nach Dalmatien eilte und die Mongolen bis an das linke Donauufer schwärmten, mit Waffengewalt zu bemächtigen suchte. Mit den Mongolen selbst gerieth F. wol nur in unbedeutende Gefechte. Als im Winter 1241/42 die Mongolen über die Eisdecke der Donau setzten, mag u. a. bei Wiener Neustadt ein derartiges Gefecht stattgefunden haben, das aber, wie die neuere Forschung (Schwammel) im Gegensatze zu dem bekannten Briefe des Ivo von Narbonne bei Matthäus Paris nachgewiesen hat, gewiß nicht als ein großartiger Sieg aufgefaßt werden darf und dem Herzoge keineswegs den Anspruch gibt, als Erretter Mittel- und Westeuropas von den Tataren zu gelten, als welcher er von früheren Schriftstellern häufig gepriesen wurde. Nach dem Gesagten kann es nicht Wunder nehmen, daß König Bela unmittelbar nach dem aus ganz anderen Gründen erfolgten Abzuge der Mongolen, obgleich Ungarn aus tausend Wunden blutete, die Waffen gegen den Nachbar ergriff, der aus seinem Unglück schnöden Vortheil gezogen hatte, und dem Herzog Oedenburg, das dieser bereits besetzt hatte, wieder entriß. Doch scheint dieser Krieg von kurzer Dauer gewesen zu sein. Bela war fürs erste durch die vorausgegangenen Leiden seines Reiches zu sehr geschwächt, um den Krieg mit Nachdruck zu führen. Friedrichs Aufmerksamkeit hingegen nahm ein Krieg mit dem Böhmenkönig in Anspruch, der wol als alter Bundesgenosse Ungarns und um den Herzog endlich zur Erfüllung des Vertrages zu zwingen, zu den Waffen griff. Wol wurde bald darnach der Vertrag bezüglich der Nichte Friedrichs erneuert, blieb aber auch jetzt unerfüllt, da der Kaiser im Sinne hatte, sich selbst mit jener Babenbergerin zu vermählen, in der Hoffnung, die österreichischen Herzogthümer auf diese Weise an sich zu bringen und daher die Heirath des Wladislaus mit Gertrud zu hintertreiben suchte. Um so eifriger aber arbeitete die Curie dem Plane des Kaisers entgegen und suchte den Herzog durch allerlei Anerbietungen, unter denen die Geneigtheit auf den schon von Friedrichs Vater gehegten Plan der Errichtung eines Bisthums zu Wien einzugehen die verlockendste war, auf seine Seite zu ziehen. Allein der Kaiser überholte das päpstliche Angebot dadurch, daß er F. die Erhebung seiner beiden Herzogthümer zu einem Königreiche in Aussicht stellte und ihm als Unterpfand der künftig zu erhaltenden Würde durch den Bischof von Bamberg den Königsring überreichen ließ. Zu Verona, wohin sich F. 1245 an den Hof des Kaisers begab, war für ihn schon das Diplom bereit, als, wie es heißt, die Weigerung Gertruds, ihre Hand dem Kaiser zu reichen, so lange derselbe sich im Kirchenbanne befinde, die Angelegenheit in eine bedeutende Ferne rückte. Obwol in seinen Erwartungen getäuscht, hütete sich der Kaiser dennoch mit F. zu brechen. Das obige Diplom blieb zwar Entwurf, dagegen bestätigte der Kaiser F. zu Verona das von Friedrich Barbarossa an Heinrich Jasomirgott verliehene minus, welches dem Herzoge u. a. das Recht einräumte, bei kinderlosem Tode seinen Erben und Nachfolger selbst zu bestimmen. In sein Land zurückgekehrt, gerieth F. mit dem Herzoge Otto von Baiern in Krieg. Ihr gegenseitiges Verhältniß war durch einige Zeit sehr intim geworden, so zwar, daß F. ernstlich daran dachte, sich von seiner Gemahlin Agnes von Meran[WS 2] zu trennen und mit Ottos Tochter zu vermählen. Allein über eine Grenzfehde zerfielen die beiden Fürsten neuerdings und während F. zu Verona weilte, fiel Otto in dessen Land ein. Auch die Böhmen erneuerten zu Ende des J. 1245 ihre Angriffe, die indessen blutig zurückgewiesen wurden. Minder glücklich war F. gegen die Ungarn, die unter Belas eigener Führung im Juni 1246 einen abermaligen Rachezug nach Oesterreich unternahmen. Am 15. Juni, am St. Veitstage, der noch lange darnach [585] in Oesterreich als ein Unglückstag bezeichnet wurde, trafen an der Leitha die beiden Heere aufeinander. Schon war der Feind im ersten Anprall zurückgeworfen, als F. im Schlachtgewühl, wie die einen sagen, von feindlicher Hand, wie andere behaupten, von der Waffe heimlicher Gegner im Heere getroffen, den Tod fand. Mit ihm erlosch der Mannsstamm der Babenberger, ein Ereigniß, das die von ihm beherrschten Länder mit um so größerer Bestürzung erfüllte, da er keinen Sohn und über die Nachfolge keine Bestimmung hinterließ. Denn ein Schreiben des Herzogs, in dem auf ein Testament hingewiesen wird, ist gefälscht, eben zu dem Zwecke, das Vorhandensein eines solchen zu beweisen. Friedrichs halb verwitterter Grabstein befindet sich noch heute im Capitelhause des Klosters Heiligenkreuz bei Wien (Abbildung in Heider und Eitelberger, Mittelalterliche Kunstdenkmale, 1. Bd. S. 54). F. ist keine große, aber jedenfalls eine merkwürdige Erscheinung, ein Fürst, dessen Regierung von unaufhörlichen Stürmen durchtobt wurde, die den Untergang der alten, den Anbruch einer neuen Zeit verkündeten. Er selbst deutet mit seinen egoistischen Bestrebungen und mit seiner Rücksichtslosigkeit bereits auf den kommenden Umschwung hin. Sein Familienleben war kein glückliches. Er war dreimal vermählt. Die erste Gattin Gertrud von Braunschweig schied früh dahin. Seine zweite Ehe mit einer Griechin, Tochter des Kaisers Theodor Laskaris, löste er, um sich mit Agnes, Tochter Ottos von Meran, zu vermählen, von der er 1243 ebenfalls geschieden wurde. Alle drei Ehen blieben kinderlos. Auch mit seiner Mutter vertrug er sich nicht. Doch fehlte es neben dem ihm einstimmig zuerkannten Preise der Tapferkeit nicht an einzelnen Zügen, welche die eiserne Härte seines Wesens milderten. Ritterliche Sänger, wie Ulrich von Liechtenstein oder der Tanhuser rühmten die Freigebigkeit und die Sangeslust dieses Babenbergers. Auch zeigte F. in seinen späteren Jahren Sinn für die gedeihliche Entwicklung des Bürgerthums, wovon seine Stadtrechte und Privilegien z. B. für Wien (1244), dem er freilich das vom Kaiser verliehene Privileg cassirte, für Wiener-Neustadt (1239 u. 1244), das er für die ihm bewiesene Treue belohnte, für Haimburg (1244), für die Juden (1244) Zeugniß geben (vgl. Meiller’s Ausgabe dieser Urkunden im X. Bde. d. Arch. f. K. ö. G.-Q., der auf Wien bezüglichen in Geschichtsquellen der Stadt Wien, 1. Abth. I.Bd., Wien 1877). Die Urkunden-Regesten Friedrichs bei v. Meiller, Regesten z. Gesch. d. Markgrafen u. Herzoge Oesterr. aus dem Hause der Babenberger (mit zahlreichen Anmerkungen). Vgl. auch Rechenmacher, Eine wiederaufgefundene Urkunde Herzog Friedrichs II. des Streitbaren v. Oester. (Arch. f. K. ö. G.-Q., XXXV.). J. Hirn, Kritische Gesch. des letzten Babenbergers, Salzburg 1871. E. J. Schwammel, Der Antheil des österr. Herzogs Friedrichs des Streitbaren an der Abwehr der Mongolen, Wien 1857 (Separatdr. aus der Zeitschrift f. d. österr. Gymnas., 1857, Heft IX.). Frieß, Die Herren von Kuenring. Ueber Herzog Friedrichs Siegel vgl. Quellen u. Forschungen zur vaterländ. Geschichte, S. 344.
Friedrich II. der Streitbare, Herzog von Oesterreich und Steiermark (1230–46) und (seit 1232) Herr von Krain,
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ siehe den Familienartikel über die Herren von Kuenring
- ↑ eine Tochter des Herzogs Otto von Meran