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Artikel „Konrad von Bußnang, Abt von St. Gallen“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 578–580, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_von_Bussnang&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:05 Uhr UTC)
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Konrad von Bußnang, Abt von St. Gallen, † am 20. December 1239. Aus einem angesehenen freiherrlichen Geschlechte des mittleren Thurgau, das seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in einzelnen Namen hervortritt (der Ort Bußnang, südlich von Weinfelden über dem linken Thurufer, stand schon seit dem 9. Jahrhundert zu St. Gallen in vielfachen Beziehungen), stammte der seit 1221 als Propst in St. Galler Urkunden genannte K., welcher am 9. Oct. 1226 als Abt von St. Gallen erwählt wurde. Das Kloster war unter der klugen Führung des Abtes Ulrich VI. (aus dem freiherrlichen Geschlechte von Sax), von 1204 an, durch thatkräftige und geschickte Ausnützung der Umstände, zumal durch den Anschluß an Friedrich II. schon gleich bei dessen erstem Auftreten 1212, in eine günstige Lage gekommen, dann aber seit 1220, unter der nachlässigen und uneinsichtigen Leitung des Abtes Rudolf (aus dem Hause der thurgauischen Freiherren von Güttingen) insbesondere ökonomisch in arge Klemme gebracht. Rudolf selbst war, um seine Ansprüche auf den bischöflichen Stuhl von Cur zu verfechten, in Rom gewesen, als ihn (18. September 1226) der Tod ereilte, und er hatte das Kloster in schwere Schulden gebracht. K. rechtfertigte nun von Anfang an das in ihn gesetzte Zutrauen, und andererseits mißlang ein Versuch der Ministerialen, die ohne ihr Wissen beschleunigte, ihnen nicht erwünschte einstimmige Wahl der Mönche zu erschüttern. K. verstand es von Anfang an, die Rechte des Klosters zu wahren. Alsbald im November, als ihm in Ueberlingen König Heinrich VII. die Regalien verlieh, widerstand K., den Zumuthungen desselben und des Pflegers, Herzogs Ludwigs I. von Baiern, an den Grafen Hartmann IV. von Kiburg einen Theil der Vogtei des Klosters gelangen zu lassen; vielmehr behielt er die ganze, nach dem Sturze Otto’s IV. dem Kloster wieder, wie vorher 1208 nach König Philipps Ermordung, anheimgefallene Vogtei als Pfand vom Reiche in der Hand. Ausgezeichnet gewandt griff ferner K. nach der am 12. Decbr. des gleichen Jahres 1226 geschehenen grauenvollen Ermordung des Grafen Friedrich von Toggenburg (vgl. Allg. d. Biogr. Bd. VIII. S. 39) in die toggenburgischen Dinge ein, indem er den Leichnam des Getödteten ehrenvoll in seinem Kloster bestattete, und dadurch das tief betrübte Elternpaar, den älteren Grafen Diethelm und dessen Gemahlin Guota, dazu brachte, die Stammburg des Geschlechtes, Alttoggenburg, und das Städtchen Wil, zwei sehr wichtige Plätze des gräflichen Territoriums, der Kirche des hl. Gallus zu schenken. Weiter wurden durch geschickte finanzielle Maßregeln die Schulden abgeschüttelt. Allerdings rief die Schenkung des Grafen Diethelm, welche der durch dieselbe geschädigte Sohn, der jüngere Diethelm, der Urheber der Mordthat, anfocht, heftige Reibungen mit K. hervor. Gebannt und geächtet, wie er war, erhob Diethelm, um die Schenkung zu vernichten, schon in der ersten Hälfte von 1227, nachher nochmals 1232, die Waffen gegen St. Gallen, das zweite Mal in erster Linie gegen des Abtes Brüder, dessen sicherste Stützen, die Freiherren von Bußnang und von Grießenberg; aber beide Male wurde K. mit kriegerischer Rüstung des Gegners Meister, wenn auch freilich das zweite Mal die Herstellung des Friedens länger auf sich warten ließ und noch 1236 ein kaiserlicher Spruch, nach einem entsprechenden des kaiserlichen Hofrichters, dem Abte die, infolge der Nichterfüllung vertragsmäßiger Verpflichtung von Diethelms Seite eingetretene Besetzung des gräflichen Pfandes, der Burg Uznaberg bei Uznach, durch St. Gallen, als rechtkräftig geltend bestätigte. Ueberhaupt war nämlich K. als treuer und gewissenhafter Vertreter der staufischen [579] Interessen und der Reichspolitik Friedrich II. immer näher getreten. Vom November 1227 an beginnen stets häufiger und länger werdende Anwesenheiten des Abtes am Hofe Heinrichs VII., wo er mit guten Rathschlägen dem jungen unerfahrenen Herrscher zu dienen, den egoistischen Einwirkungen des baierischen Herzogs entgegenzuwirken suchte. So rieth er Heinrich VII. im August 1228 die von demselben beabsichtigte Auflösung der Ehe mit Margaretha von Oesterreich mit Erfolg ab (vgl. Allg. d. Biogr. Bd. XI. S. 435) und verfeindete sich dadurch mit dem baierischen Herzoge, welcher im December kurz darnach auch offen mit Heinrich VII. brach. Bei den Anzettelungen, welche Papst Gregor IX. durch die Absendung des Legaten Otto, Cardinaldiakon von St. Nikolaus in carcere Tulliano, in Deutschland von 1228 an ins Werk zu setzen suchte, stand K. dem jungen Könige treu zur Seite. Im Frühsommer 1229 zog K. mit demselben gegen Herzog Ludwig nach Baiern in das Feld und im August begleitete er ihn an den Rhein, als Straßburg für seine Auflehnung bestraft werden sollte. 1230 wird er als der hauptsächlichste Veranstalter des Friedens mit den Straßburger Bürgern gerühmt. Im Januar und Februar 1231 verhinderte K. das von Cardinal Otto angekündigte Mainzer Provinzialconcil und veranlaßte darauf diesen geistlichen Gegner, sich unter seinen eigenen Schutz zur Sicherheit gegen die allgemeine Erbitterung zu stellen. Sehr viel ist er dabei außerdem in Heinrichs Umgebung zu finden, so im Januar und wieder Ende April und Anfang Mai 1231 auf den so wichtigen Tagen zu Worms, und als die Beziehungen des Königs zu seinem kaiserlichen Vater sich durch die eigene Schuld verschlechterten, unternahm es K. im Frühjahr 1232, dem Könige, welcher sich schließlich der bestimmten Weisung Friedrichs nicht mehr entziehen konnte und nach dem Friaul sich in Bewegung setzte, voraus an den Hof des Vaters zu gehen und da für die Beschwichtigung des berechtigten Grolles zu wirken. Nicht nur fand der Abt bei dem Kaiser einen ehrenvollen Empfang; sondern er scheint auch für seinen Auftraggeber günstigen Bescheid erhalten zu haben, mit dem er zu demselben zurückging, um dann von neuem zugleich mit ihm in der Osterzeit am Hofe zu erscheinen. Er zählte da in Cividale zu den 12 Reichsfürsten, welche sich von Heinrich gegenüber dem Kaiser als Garanten bei der Versöhnung erbitten ließen, doch so, daß sie im Falle der Wortbrüchigkeit des Sohnes gegen denselben dem Vater beistehen sollten. Einen neuen wichtigen Auftrag erfüllte K. im Winter von 1232 auf 33, indem er für den König eine Reise zu dessen Schwager, Herzog Friedrich II., nach Oesterreich unternahm und Streitigkeiten wegen der Mitgift der Königin schlichtete. Diese Reise war um so gefährlicher, weil das baierische Land durchzogen werden mußte, das infolge der Ermordung des Herzogs Ludwig heftig erregt und gegen einen dem staufischen Hofe nahe stehenden schwäbischen Abt von Mißtrauen erfüllt war. Auch noch 1233 und 34 erscheint K., doch in immer größeren Zwischenräumen, am königlichen Hofe, zum letzten Male im November des zweiten Jahres. Als sich Heinrich in die für ihn so verderblich gewordenen frevlerischen Unternehmungen gegen den Vater einließ, zog sich K. von ihm zurück. Der Kaiser, an dessen Hofe der Abt vereinzelt auch noch 1236 und 37 erscheint – nach dem Sturze des verrätherischen Sohnes 1235 – bewahrte demselben sein Vertrauen, wie es ja besonders auch aus jenen Urtheilssprüchen zu Gunsten St. Gallens gegen Diethelm von Toggenburg hervorgeht, und K. ist von allem Verdachte der Theilnahme an Heinrichs Verrathe frei. – K. war nach allen Seiten ein eifriger Vorfechter für seines Gotteshauses Sache und zugleich unermüdlich in Erfüllung seiner reichsfürstlichen Pflichten, so daß Konradus de Fabaria (vgl. den Art.) ihn als das Muster eines Abtes nach seiner Auffassung in mitunter zu ruhmrednerischer Weise preist: freilich habe K. [580] mehr das Werk der Martha, als das der Maria gethan. Aber auch Kuchemeister (vgl. den Art.) urtheilt von dem kampfesfrohen, schlagfertigen, stets gerüsteten geistlichen Staatsmanne, den er in einigen Anekdoten nach seiner Art gut charakterisirt, „das vorân noch sider nie werlicher abt was; es sind wol heiliger gewesen“. Man bezieht gerne auf diesen Abt von St. Gallen das dichterische Zeugniß, daß auch ein Vorsteher dieses Gotteshauses in den Minnegesang einstimmte: „wem solte daz nicht wol gevallen, daz ein abte von sant Gallen tagliet machte sô rechte schône“. Aber so freigebig K. gegen seine Ritter sein mochte, so scharf wachte er über seinem Rechte und machte sich dadurch unter Edlen, Bürgern und Bauern manche Feinde. Nach seiner Verordnung wurde er im Cistercienserkloster Salem begraben.

Vgl. vom Verf. d. Art. den Commentar zu dessen neuer Ausgabe der St. Gallischen Geschichtsquellen, Heft IV, S. 197–252 und besonders den Excurs (S. 253–264), Heft V, S. 3–12. Ganz ungenügend ist Brenner’s Aufsatz in d. Thurgauischen Beitr. z. vaterländ. Gesch., Heft XI, S. 22–62, dagegen sehr beachtenswerth, was H. Zeller-Werdmüller über die Bußnang und Grießenberg im Allgemeinen bringt (Jahrbuch f. schweiz. Gesch. Bd. VI, S. 3 ff.).