Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Epiklesis der Artemis
Band VII,2 (1912) S. 25962597
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Hegemone (Ἡγεμόνη). 1) Artemis. Ursprünglich wohl eine selbständige euphemistische Bezeichnung der Todesgöttin (Wide Lakon. Kulte 110f.), ward H. zu einer Epiklesis der Artemis. Diese Artemis H. aber galt späteren Zeiten nicht mehr allein als Führerin zur Unterwelt, sondern als Führerin auf jeglichem Wege und zu jeglicher Tat; an einigen Stellen scheint sie im Sinne einer Artemis Propylaia (Immerwahr Kulte Arkadiens 157) verehrt zu sein. In Arkadien hatte Artemis H. bei Lykosura am Eingang zum Despoinaheiligtum (s. o. Bd. V S. 252) einen Tempel, das eherne Kultbild zeigte die Göttin mit Fackeln in den Händen (Paus. VIII 37, 1). In Tegea gab es ein Heiligtum der Artemis H., über dessen Stiftung Paus. VIII 47, 6 folgendes berichtet: der Tyrann des arkadischen Orchomenos, Aristomelidas (vgl. Aristokleidas, o. Suppl.-Heft I S. 133), liebte ein Mädchen aus Tegea und übertrug ihre Obhut dem Chronios; als aber das Mädchen sich aus Furcht und Scham das Leben nahm, erschien Artemis dem Chronios und weckte ihn zur Rache, so daß er den Tyrannen von Orchomenos [2597] tötete und dann nach Tegea flüchtete, um dort das Heiligtum der Göttin zu stiften. Aus Arkadien, und zwar aus Asea, stammt auch die sitzende Statuette mit der Inschrift ,Agemo‘ (Archäol. Ztg. XXXI 110; IGA 92. Collitz-Bechtel I 1185), einer Kurzform zu H. In Sparta lagen benachbart Heiligtümer der Dioskuren, Chariten, Eileithyia, Apollon Kameios und Artemis H. (Paus. III 14, 6). In Ambrakia war im Heiligtum der Artemis H. (Polyaen. VIII 52) die Göttin als Jägerin, als Artemis Agrotera, dargestellt; denn sie hatte auf der Jagd den Tod des Tyrannen Phalaikos bewirkt und die Ambrakioten verehrten die Göttin als H. zum Danke für diese Befreiung von der Knechtschaft (Ant. Lib. 4 = Nikand. frg. 38 Schneider). Weihinschriften für Artemis H. sind ferner gefunden in Aitolien: Journ. hell. Stud. XIII 353 nr. 30. Collitz II 1428 h Aρτέμιτος Ἁγεμόνο[ς]), in Thespiai: Bull. hell. XV 659 (Ἀγεμόνη), im Peiraieus: IG II 5, 1663 c Ἀpτέμιδος 'Ὀρθωσίας Ἡγεμόνης), auf Tenos: IG XII 5, 894 Αρτέμιδος Ἁγεμονείας Ὀρθωσίας). Als Führerin ganzer Städte erhält Artemis die Beiworte καθηγεμὼν τᾶς πόλιος in Magnesia (Kern Inschr. von Magnesia 38, 35), προκαθηγέτις in Ephesos (Hicks Inscr. in the Brit. Mus. III 483), προκαθηγεμὼν τῆς πόλεως in Iasos (Rev. étud. gr. VI 1893, 159), und in diesem Sinne heißt es bei Callim. hymn. in Dian. 227, Neleus habe sich bei seiner Fahrt nach Milet Artemis Chitone als ἡγεμόνη gewählt. Daß Artemis H. auch in Mysterienkulten eine Rolle spielte, geht aus Orph. Argon. 909 hervor, wo die δεινὴ θεὸς ἡγεμόνεια, die kolchische Artemis–Hekate, den Uneingeweihten schreckt. Bei Orph. hymn. 1, 8 und im Hymn. mag. III 4 bei Abel Orphica p. 289 führt Hekate das Beiwort H. und bei Orph. hymn. 72, 3 wird Tyche als Artemis H. bezeichnet.

[Jessen. ]