Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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D. II. Nikator, Sohn v. Demetrios I. Soter Nr. 40)
Band IV,2 (1901) S. 27982801
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41) Demetrios II. Nikator, Sohn des Vorigen. Über seine Jugend vgl. Nr. 40. 147 v. Chr. kommt er mit einem Söldnerheer, das ihm der Kreter Lasthenes besorgte, nach Kilikien, um Alexander Bala zu stürzen. Dieser eilt nach Antiocheia. Dem D. fällt Apollonios zu, Statthalter von Koile Syrien, der aber von dem Hohenpriester Jonathan geschlagen wird, I. Makk. 10, 67ff. Joseph. ant. XIII 86ff. Iustin. XXXV 2. Dem Alexander eilt sein Schwiegervater Ptolemaios Philometor zu Hülfe, er besetzt aber sämtliche Städte, welche ihn in Alexanders Auftrag empfangen, so dass Alexanders Minister Ammonios argwöhnt, Philometor wolle sich selbst zum Herrn Syriens machen. In Ptolemais richtet Ammonios einen Mordplan gegen Philometor; als derselbe entdeckt ist und Bala den Anstifter nicht ausliefert, sagt Philometor sich von ihm los und bietet D. seine Tochter und seine Hülfe an. I. Makk. 11. 1ff. Joseph. ant. XIII 108ff. Diod. XXXII 9 c. dazu auch XXXIII 3. Alexander kann sich in Antiocheia nicht halten, aus Hass gegen Ammonios entstehen dort Unruhen, er geht nach Kilikien und lässt in Antiocheia Hierax und Diodotos zurück. Diese geben seine Sache auf, wollen aber auch nicht in D.s Hände geraten; so bieten sie Philometor die Krone an und setzen ihm zu dem ägyptischen Diadem das syrische auf. Philometors Stellung zu der Sache ist nicht klar; Diod. a. a. O. sagt, er habe Koile Syrien für sich behalten, das übrige an D. kommen lassen wollen. Joseph. a. a. O. stellt es so dar, als habe er keine egoistischen Absichten gehabt, dagegen I. Makk. 11. Polyb. XL 12 nennt Philometor König von Syrien. Da er überdies 151 v. Chr. in Ptolemais eigene Münzen hat schlagen lassen und unter Alexander Bala in den Städten der phönizischen Küste nach ägyptischem Fuss und mit dem ptolemaeischen Adler geprägt worden ist, was eine Abhängigkeit von Ägypten bedeutet, so wird Diodor recht haben. Philometor söhnt D. mit den Antiochenern aus, die sich vor ihm fürchten, weil sie sich schlecht gegen seinen Vater betragen haben; er verbürgt sich für D.s Wohlverhalten und verspricht ihn zu controllieren, [2799] Joseph. a. a. O. 111ff. Auch das Heer fällt D. zu, Iustin. XXXV 2. Als Alexander nun aus Kilikien heranzieht, wird er von D. und Philometor 146 v. Chr. bei Antiocheia am Oinoparas (Strab. XVI 751. Euseb. 1255 Schöne), geschlagen und gleich darauf auf der Flucht ermordet, Diod. XXXII 10. Philometor wird tötlich verwundet und stirbt nach wenig Tagen, I. Makk. 11, 14ff. Joseph. a. a. O. 116ff. Für D. war sein Tod ein Glück. D. nimmt jetzt den Beinamen Nikator an, Appian. Syr. 67, auf Münzen nennt er sich auch Theos Philadelphos. Er versucht, sich zunächst des ägyptischen Heeres zu bemächtigen, das entwischt ihm aber nach Alexandreia, nur die Elefanten fallen in seine Hand, und die von Philometor in den Städten zurückgelassenen Besatzungstruppen werden vernichtet, I. Makk. 11, 18. Joseph. a. a. O. 120. Über die Stellung zu den Juden vgl. I. Makk. 11, 21ff. Joseph. a. a. O. 121. Dem Jonathan bestätigt er den Besitz der drei von Samareia losgerissenen Bezirke Lydda, Ephraim, Ramathaim und das Hohepriestertum gegen Zahlung eines Tributes von 300 Talenten. Als D. Ruhe im Lande zu haben glaubte, entliess er das einheimische Heer und behielt nur die aus Kreta mitgebrachten Söldner. Das erregte grosse Empörung im Lande speciell unter der brotlos gewordenen Soldatesca. In Antiocheia kommt es zu einem gefährlichen Aufstand, den D. mit seinen Söldnern und 3000 Juden, welche Jonathan ihm zu Hülfe schickt, niederschlägt. Die Stadt muss furchtbar büssen, Confiscationen, Verfolgungen der alten Gegner, Grausamkeit und Schlemmerei vergrössern die Abneigung des Volkes. D. wird in seinem tyrannischen Wesen bestärkt durch seinen Minister (Lasthenes), vgl. Diod. XXXIII 4 und 9. I. Makk. 11, 38ff. Joseph. a. a. O. 129ff. Diese Verhältnisse ermutigen den Diodotos, einen kleinen Sohn des Alexander Bala als Antiochos VI. Dionysos gegen D. aufzustellen. D. verachtet ihn zuerst wie einen Räuberhauptmann, sieht sich aber bald genötigt, ein Heer gegen ihn zu senden, Diod. XXXIII 4 a. Dieser Aufstand kam den Juden zu gute. D. hatte versprochen, die syrischen Besatzungen aus den Festungen Judaeas herauszuziehen, hielt das aber nicht, sondern forderte vielmehr von Jonathan die Zahlung aller den früheren Königen nicht entrichteten Tribute, Joseph. a. a. O. 142ff. Diodotos verhinderte ihn, diesem Verlangen Nachdruck zu geben, massenweise fielen D.s entlassene Soldaten dem Prätendenten zu, D. wird geschlagen, seine Elefanten fallen den Gegnern in die Hände, auch Antiocheia geht über, während D. in dem benachbarten Seleukeia Zuflucht findet (Liv. per. LII, überhaupt) ist ihm diese Stadt immer treu geblieben, vgl. u.). Trotz der Niederlage war D. noch nicht völlig verdrängt, seine Feldherren fochten noch eine Weile in Palaestina gegen Jonathan, allerdings ohne Erfolg, I. Makk. 11. 60ff. 12, 24-34. Joseph. a. a. O. 148–162. 174–180. Durch Jonathan und Simon ging das südliche Syrien verloren, dagegen hat D. Kilikien und die östlichen Provinzen behauptet, Joseph. a. a. O. 145; vgl. Bd. I S. 2477. In Syrien selbst blieb Seleukeia sein Stützpunkt, Herm. XXIX 436ff., Inschrift von Paphos. D.s Lage besserte sich, als Diodotos es durch Jonathans Ermordung mit den Juden [2800] verdorben und nach Beseitigung des Antiochos VI. als Tryphon den Thron usurpiert hatte. Über die verschiedenen Angaben darüber vgl. Bd. I S. 2478. Simon erlangt von D. Amnestie und Anerkennung als Hoherpriester und Ethnarch, I. Makk. 13, 41f. Iustin. XXXVI 1, 10 und 3, 9, wo statt patre vielmehr fratre zu lesen ist. Iustin sieht darin einen Abfall der Juden von der syrischen Oberhoheit, vgl. a. a. O. 1, 2. D. sei in Trägheit verfallen und verachtet worden; ein Volk nach dem andern sei abgefallen; um den Vorwurf der Energielosigkeit zu vermeiden, habe er den Krieg gegen die Parther beschlossen. Nach Joseph. XIII 184ff. hätte er durch diesen Krieg Kräfte sammeln wollen, um Tryphon gänzlich zu beseitigen, wahrscheinlich glaubte er aber, mit jenem durch seine Feldherrn fertig werden zu können, während die Übergriffe der Parther unter Mithradates I. seine persönliche Anwesenheit erforderten. Die Griechen und Makedonen im Osten riefen ihn schon lange um Hülfe an, die Könige der Perser, Baktrianer, Elymer unterstützten ihn, so dass D. zunächst eine Reihe von Siegen erfocht. Er lässt sich aber durch erheuchelte Friedensvorschläge täuschen, wird von einem Feldherrn des Mithradates geschlagen und gefangen, 140 v. Chr., I. Makk. 14, lff. Joseph. a. a. O. 219. Appian. Syr. 67. Iustin. a. a. O. Zunächst wurde D. in Ketten gelegt und so bei den von Mithradates abgefallenen Völkern zur Schau gestellt, wovon er den Beinamen Seripides erhielt, Euseb. I 256 Schöne. Bald gestaltete sich aber seine Lage besser; er wurde in ehrenvoller Haft in Hyrkania gehalten, bekam sogar eine Tochter des Königs, Rhodogune, zur Ehe und das Versprechen, er solle wieder auf den syrischen Thron gesetzt werden, Iustin. und Appian. a. a. O. Dazu wäre die beste Gelegenheit gewesen, als Tryphon 138 v. Chr. dem Antiochos Sidetes unterlag, aber weder Mithradates I. noch sein Nachfolger Phraates II. (seit 136) hatten es eilig mit der Erfüllung jener Verheissung. So wagt D., unterstützt von einem treuen Freund, einen Fluchtversuch, wird aber wieder gefangen, man schickt ihn zu seiner Frau zurück, lässt ihn aber besser bewachen. Nach längerer Zeit, als D. schon Kinder von der Rhodogune hat, macht er einen zweiten Versuch, wird dicht an der Grenze eingeholt und wieder nach Hyrkania gebracht. Seine milde Behandlung dankte D. wesentlich politischen Rücksichten, man wollte ihn als Prätendenten gegen den unternehmenden Sidetes gelegentlich ausspielen. Iustin. XXXVIII 9. Während D.s Gefangenschaft kämpfte seine Partei weiter gegen Tryphon, dieser wendete sich gegen D.s Feldherrn, Dionysios den Meder in Mesopotamien, Sarpedon und Palamedes in Koile Syrien, Diod. XXXIII 28. Eine Niederlage Sarpedons bei Ptolemais durch Tryphons Truppen, die nach dem Sieg von einer Springflut vernichtet werden, erwähnt Athen. VIII 333c nach Poseidonios; etwas anders stellt Strab. XVI 758 die Sache dar, nach ihm wurden Sarpedons Gegner, die Einwohner von Ptolemais, geschlagen und während der Flucht von der Woge verschlungen. In Seleukeia behauptete sich D.s Gattin Kleopatra mit ihren Kindern, beschützt von dem Strategen Aischrion. Ihnen fallen viele Soldaten Tryphons zu, Diod. a. a. O. Joseph. XIII 221. Auf die [2801] Nachricht von D.s Ehe mit Rhodogune war Kleopatra sehr empört, Appian. Syr. 68, sie bot D.s jüngerem Bruder Antiochos Sidetes ihre Hand und den Thron an. Als dieser energische Fürst erfolgreich seinen Partherkrieg begann, liess Phraates D. los, um den Gegner nach Syrien zurückzuziehen. Die Auslieferung D.s befand sich unter den von Antiochos gestellten Friedensbedingungen, Diod. XXXIV 15. Als Antiochos sein Ende gefunden hat, versucht Phraates D. wieder einzuholen, diesmal war es aber zu spät, Iustin. XXXVIII 10. Bei der allgemeinen Verwirrung, welche infolge der Niederlage des Sidetes Syrien ergriffen hatte, fand D. zunächst Erfolg; er gewann die Herrschaft und dachte auch daran, die Juden wieder zu unterwerfen, Joseph. a. a. O. 267. Ehe er aber dazu kam, liess er sich durch seine Schwiegermutter Kleopatra, welche gerade von ihrem Brudergemahl Ptolemaios Euergetes II. aus Ägypten vertrieben war, zum Kampf gegen diesen verleiten. D. kommt bis Pelusion, wagt aber keine Schlacht gegen Euergetes, da er sich auf seine Soldaten nicht verlassen kann, und kehrt um, Euseb. chron. I 257f. Schöne. Ptolemaios stellt nun gegen ihn den Alexander Zabina auf, nach den Münzen 128 v. Chr. Antiocheia, Apameia und andere Städte fallen von D. ab, dagegen wird z. B. in Tyros, Sidon, Ptolemais weiter mit seinem Bilde geprägt, Babelon 153ff. (D. erscheint nach seiner Gefangenschaft zum Teil bärtig, er hatte die parthische Mode mitgemacht). Auch Seleukeia ist ihm bis zuletzt treu geblieben, wie der Brief seines Sohnes sagt; vgl. Herm. XXIX 486ff. 125 v. Chr. wird D. bei Damaskos geschlagen, er flieht nach Ptolemais in der Hoffnung, dort von seiner Frau Kleopatra aufgenommen zu werden, sie lässt ihn aber im Stich. Er wendet sich nach Tyros, wird aber auch dort nicht eingelassen und findet den Tod auf Veranlassung der Kleopatra. Iustin. XXXIX 1. Trog. prol. 39. Euseb. a. a. O. Liv. pr. LX. Appian. Syr. 68. Die gegen D. erhobenen Vorwürfe kehren bei fast allen Seleukiden wieder; wie weit sie berechtigt sind, mag zweifelhaft bleiben, übrigens war er seinem Vater ähnlich, sicherlich kein unbedeutender Fürst. Litteratur: Flathe Geschichte Makedoniens II. Schürer Geschichte des jüd. Volkes I. v. Gutschmid Iran 52f. Holm Griech. Geschichte 533ff. 553. Kuhn Beiträge zur Gesch. der Seleuk., Diss. Strassburg 1891, 9ff.