Elfte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität

Textdaten
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Autor: Michael Faraday
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Titel: Elfte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band 122
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1838
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Johann Christian Poggendorff
Originaltitel: Experimental Researches in Electricity. – Eleventh Series.
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Philosophical transactions of the royal society of london. For the year 1838, pt. I.
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Diese Arbeit erhielt 1838 die goldene Medaille der Royal Society.
s. auch Experimental-Untersuchungen über Elektricität
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[1]
I. Elfte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität;
von Hrn. Michael Faraday

(Aus den Phil. Transact. f. 1838, pt. I, vom Hrn. Verfasser mitgetheilt. – Die Nachweisungen zu den zehn früheren Abhandlungen findet man in den beiden Registern Bd. XXX und Bd. XXXXII.)


§. 18. Ueber Vertheilung (Induction).
I. Die Vertheilung einer Wirkung angränzender Theilchen.

1161. Die Elektricitätslehre ist gegenwärtig in demjenigen Zustand, in welchem jeder ihrer Theile eine Experimental-Untersuchung verlangt, nicht bloß um neue Erscheinungen zu entdecken, sondern um, was weit wichtiger ist, die Mittel zur Hervorrufung der schon bekannten zu vervollkommnen, und demgemäß die ersten Wirkungsprincipien der außerordentlichsten und allgemeinsten Naturkraft genauer zu bestimmen. Denjenigen Physikern, die der Untersuchung mit Eifer, aber auch mit Vorsicht obliegen, das Experiment mit der Analogie verknüpfen, ihren vorgefaßten Meinungen mißtrauen, mehr auf eine Thatsache als auf eine Theorie geben, nicht übereilt verallgemeinern, und, vor Allem, bei jedem Schritt ihre Ansichten durch Ueberlegung und durch Versuche wiederum zu prüfen bereit sind, – solchen Physikern kann kein Zweig der Naturlehre ein schöneres und ergiebigeres Feld zur Entdeckung darbieten, als dieser. Dieß sehen wir zum Ueberfluß an den Fortschritten, welche die Elektricitätslehre in den letzten dreißig Jahren gemacht hat. Chemie und Magnetologie haben [2] nach einander ihren überwältigenden Einfluß anerkannt, und wahrscheinlich wird zuletzt eine jede aus den Kräften unorganischer Stoffe entspringende Erscheinung, ja vielleicht die Mehrzahl der mit dem Thier- und Pflanzenleben verknüpften, sich ihr untergeordnet erweisen.

1162. Unter den mancherlei Wirkungen, die man herkömmlich bei der Elektricität unterschieden hat, ist, glaube ich, keine, welche an Wichtigkeit über, oder auch nur neben die sogenannte Vertheilung (Induction) zu setzen wäre. Sie ist vom allgemeinsten Einfluß bei den elektrischen Erscheinungen, scheint mit jeder derselben verknüpft zu seyn, und hat in Wirklichkeit den Charakter eines ersten, wesentlichen und fundamentalen Princips. Die Kenntniß derselben ist so wichtig, daß wir, glaube ich, ohne ein gründliches Verständniß ihres Wesens, nicht weiter in die Untersuchung der Elektricitätsgesetze vordringen können. Wie dürften wir sonst auch hoffen, die Harmonie und selbst die Einheit des Vorganges zu verstehen, welcher unzweifelhaft in der Elektricitätserregung durch Reibung, chemischen Proceß, Hitze, magnetischen Einfluß, Verdampfung und selbst durch lebende Wesen vorhanden ist?

1163. Im langen Laufe meiner Experimental-Untersuchungen hat sich mir als allgemeines Resultat stets die Nothwendigkeit aufgedrängt, zwei Kräfte (Elektricitäten) oder zwei Formen (oder Richtungen) Einer Kraft anzunehmen (516. 517), die zu trennen weder bei dem Phänomen der statischen Elektricität noch bei dem der strömenden möglich sey. Zugleich ist es mir immer unmöglich erschienen, daß irgend eine Substanz unter den bisher bekannten Umständen mit der einen oder der andern dieser Elektricitäten absolut geladen werden könne, und dieß hat mich wünschen lassen, über die Beziehungsweise der elektrischen Kräfte zu den Körpertheilchen, besonders bei Vertheilungen, auf denen fast alle [3] übrigen Wirkungen zu beruhen scheinen, eine klarere Ansicht, als mir bisher bekannt, zu erlangen.

1164. Als ich die allgemeine Thatsache entdeckte, daß Elektrolyte, die im flüssigen Zustande leicht zersetzt werden, demselben im starren Zustande vollkommen widerstehen (380. 394. 402), glaubte ich einen Weg zur Einsicht in die Vertheilung und zur möglichen Unterordnung vieler verschiedenartiger Erscheinungen unter Ein Gesetz aufgefunden zu haben. Gesetzt es sey Wasser der Elektrolyt. Belegt man eine Eisplatte auf beiden Seiten mit Platinblech, und verbindet diese Belege mit einer fortwährenden Quelle der beiden Elektricitäten, so wird das Eis gleich einer Leidner Flasche geladen. Es ist eine gewöhnliche Vertheilung, aber kein Strom geht über. Wird das Eis geschmolzen, so nimmt die Vertheilung bis zu einem gewissen Grade ab, weil nun ein Strom übergehen kann; allein sein Uebergang ist abhängig von einer besonderen, mit der Fortführung der Bestandtheile des Elektrolyten in zwei entgegengesetzten Richtungen übereinstimmenden, Anordnung der Theilchen, und der Grad der Entladung ist der Menge der ausgeschiedenen Bestandtheile genau proportional (377. 783). Ob die Ladung der metallenen Belegung durch eine kräftige Elektrisirmaschine, eine starke und große Volta’sche Batterie oder ein einziges Plattenpaar bewirkt worden, macht keinen Unterschied im Wesen des Vorganges, sondern nur im Grade desselben (360). In jedem Fall erfolgt eine gewöhnliche Vertheilung, wenn der Elektrolyt starr ist, und, sobald nicht andere Wirkungen störend eintreten, eine chemische Zersetzung, wenn er flüssig ist. Gewiß ist es von großer Wichtigkeit Vorgänge in ihren Extremen zu vergleichen, um uns zu befähigen, das Wesen einer Wirkung im Zustande der Schwäche zu begreifen, die uns vielleicht nur bei größerer Stärke hinlänglich klar ist. Da also in dem Elektrolyten Vertheilung der erste Schritt, und Zersetzung der zweite zu [4] seyn scheint (wobei die Trennung dieser Schritte durch Hervorrufung des starren oder flüssigen Zustandes in unserer Hand liegt); da die Vertheilung von gleicher Art ist mit der durch Luft, Glas, Wachs oder eine andere Substanz durch eins der gewöhnlichen Mittel bewirkten; und da der ganze Effect in dem Elektrolyten eine Wirkung der in einen eigenthümlichen oder polarisirten Zustand versetzten Theilchen zu seyn scheint, so bin ich zu der Vermuthung geführt worden, daß die gewöhnliche Vertheilung selbst allemal eine Wirkung angränzender (contiguous) Theilchen sey, und daß eine elektrische Wirkung in die Ferne (d. h. die gewöhnliche vertheilende Wirkung) niemals anders als durch vermittelnden Einfluß einer dazwischen liegenden Substanz zu Stande komme.

1165. Meine Achtung vor Aepinus, Cavendish, Poisson und anderen ausgezeichneten Männern, deren Theorien sämmtlich, wie ich glaube, die Vertheilung als eine Wirkung in die Ferne und in geraden Linien betrachten, hat mich lange von der eben aufgestellten Ansicht abgehalten; und obwohl ich lange nach einer Gelegenheit zum Erweise dieser Ansicht suchte, hin und wieder auch direct auf diesen Punkt abzielende Versuche anstellte, z. B. starre und flüssige Leiter, während sie unter Vertheilung standen, im polarisirten Lichte untersuchte (951. 955), so hat mich doch erst seit kurzem die große Allgemeinheit des Gegenstandes vermocht, meine Versuche weiter auszudehnen und meine Ansichten zu veröffentlichen. Gegenwärtig glaube ich, daß die gewöhnliche Vertheilung, statt eine Wirkung der Theilchen oder Massen in die Ferne zu seyn, allemal eine Wirkung angrenzender Theilchen ist und aus einer Art von Polarität besteht. Wenn diese Ansicht die richtige ist, so muß die Feststellung derselben auf den weiteren Fortgang unserer Erforschung des Wesens der elektrischen Kräfte vom größten Einfluß seyn. Die Verknüpfung [5] der elektrischen Vertheilung mit chemischer Zersetzung, so wie der Erregung des Voltaismus mit chemischer Action, die Fortführung der Elemente in einem Elektrolyten, die erste Ursache aller Elektricitätserregung, das Wesen und die Verwandtschaft von Leitung und Isolation, von directer und lateraler oder transversaler Wirkung, welche Elektricität und Magnetismus constituirt, so wie viele andere für jetzt mehr oder weniger unbegreifliche Dinge würden alle von ihr afficirt werden, und vielleicht durch ihre Unterordnung unter ein allgemeines Gesetz ihre volle Erklärung finden.

1166. Ich suchte nach einer unzweideutigen Probe meiner Ansicht, nicht bloß in der Uebereinstimmung bekannter Thatsachen mit ihr, sondern in den aus ihr, wäre sie richtig, hervorgehenden Folgerungen, besonders in denen, die mit der Theorie einer Wirkung in die Ferne nicht vereinbar seyen. Eine solche Folgerung schien mir die Richtung der Vertheilung darzubieten. Wäre sie nur in geraden Linien zu bewerkstelligen, so würde dieß, obwohl vielleicht nicht entscheidend, gegen meine Ansicht sprechen; geschähe sie aber auch in krummen Linien, so wäre dieß eine natürliche Folge der Wirkung angrenzender Theilchen, und, wie ich glaube, ganz unverträglich mit der, von den bestehenden Theorien angenommenen Wirkung in die Ferne, welche nach allen uns bekannten Thatsachen und Analogien immer in geraden Linien ausgeübt wird.

1167. Wenn ferner die Vertheilung und auch der erste Schritt bei der Elektrolysirung (1164. 949) eine Wirkung angränzender Theilchen ist, so scheint die Erwartung begründet, daß zwischen ihr und den verschiedenartigen Substanzen, in denen sie ausgeübt wird, eine besondere Beziehung und Etwas einer für verschiedene Körper specifischen elektrischen Vertheilung Aehnliches vorhanden sey, und wenn das der Fall wäre, würde die Abhängigkeit der Vertheilung von den Körpertheilchen [6] unzweideutig erwiesen seyn. Obwohl dieß in Poisson’s und Anderer Theorien niemals angenommen worden ist, so wurde ich doch bald zu Zweifeln an der hergebrachten Meinung veranlaßt, und daher verwandte ich große Mühe, diesen Gegenstand einer gründlichen Experimental-Untersuchung zu unterwerfen.

1168. Eine andere, mir immer vorschwebende Frage war die: Ob die Elektricität wirklich und für sich als eine oder zwei Flüssigkeiten existire, oder ob sie nur eine Kraft sey, wie wir dies von der Gravitation annehmen. Wäre dieß, wie auch immer, entschieden, so würde es ein ungeheurer Fortschritt unserer Kenntniß seyn; ich habe mich daher immer nach Versuchen umgesehen, welche diese große Frage irgendwie aufzuklären vermöchten. Das gänzliche Fehlschlagen aller meiner Bemühungen, durch unabhängige Ladung einer Substanz entweder mit positiver oder negativer Kraft (power, Elektricität) die Existenz der Elektricität, getrennt von der Materie, darzuthun, was für eine Substanz ich auch dazu wählte, oder was für Mittel zur Erregung oder Entwicklung der Elektricität ich anwandte; – das war es, was mich zuerst bewog, die Vertheilung zu betrachten als eine Wirkung der Körpertheilchen, von denen jedes beide Kräfte (Elektricitäten) zu genau gleichem Betrage entwickelt enthalten. Wegen dieses und anderer Umstände habe ich die Bemerkungen über absolute Ladung vorangestellt, um zu beweisen, was ich noch zu Gunsten meiner Ansicht hinzufügen will, daß die elektrische Vertheilung eine Wirkung angrenzender (contiguous, benachbarter, sich berührender) Theilchen des isolirenden oder di-elektrischen Mediums.


II. Ueber die absolute Ladung der Materie.

1169. Kann eine Substanz, eine leitende oder nicht leitende, auch nur im schwächsten Grade mit einer der elektrischen Kräfte, ganz ohne die andere, entweder im [7] freien (sensible) oder im gebundenen (latente) Zustande, geladen werden?

1170. Coulomb’s schöne Versuche über die Gleichheit in der Wirkung der Leiter jeglicher Art und das Verbleiben aller Elektricität bloß auf deren Oberfläche[1] sind, richtig betrachtet, schon hinreichend, zu beweisen, daß Leiter nicht im Innern (bodily) geladen werden können. Auch hat man bis jetzt keine Mittel entdeckt, einem Leiter Elektricität so mitzutheilen, daß die Theilchen desselben nur mit der einen Elektricität und nicht gleichzeitig auch mit der andern zu genau gleichem Betrage verknüpft (relate) wären.

1171. In Bezug auf die Isolatoren (electrics) oder Nichtleiter scheint die Folgerung anfangs nicht so klar. Sie lassen sich leicht durch und durch (bodily) elektrisiren, entweder durch Mittheilung (1247) oder durch Erregung; allein wenn man einen solchen Fall näher untersucht, ergiebt er sich als einen Fall von Vertheilung und nicht von absoluter Ladung. So können bei einem von Leitern eingeschlossenen Glase einzelne Theile, die nicht den Leiter berühren, in den erregten Zustand (excited state) versetzt werden; allein immer zeigt sich, daß ein Theil der Innenfläche des Leiters im entgegengesetzten und äquivalenten Zustand befindlich ist, auch ein anderer Theil des Glases selbst sich im entgegengesetzten Zustand befindet, so daß es also eine inductive und keine absolute Leitung erhalten hat.

1172. Wohl gereinigtes Terpenthinöl, welches, wie ich gefunden, ein für die meisten Zwecke vortrefflicher flüssiger Isolator ist, wurde in ein Metallgefäß gebracht, und, nach der Isolirung, geladen, zuweilen durch Contact des Metalls mit der Elektrisirmaschine, zuweilen durch Eintauchung eines Drahts in das Oel. Wie aber auch die Mittheilung geschah, niemals ward Elektricität der Einen Art von dieser Vorrichtung zurückgehalten, [8] ausgenommen an der Außenfläche des Metalls, wo sie nur vermöge einer vertheilenden Wirkung durch die umgebende Luft vorhanden war. Wurde das Terpenthinöl in Glasgefäße eingeschlossen, so schien es anfangs, als nehme es eine absolute Ladung von Elektricität an; allein bald erwies sich dieselbe als eine gemeinsame Vertheilung durch die Flüssigkeit, das Glas und die umgebende Luft.

1173. Mit Luft habe ich diese Versuche in großem Maaßstabe angestellt. Aus leichten Holzrähmen ließ ich einen Würfel von 12 Fuß in Seite zusammensetzen, denselben der Länge und der Quere nach mit Kupferdrähten überziehen, so daß die Seiten ein großes Netzwerk darstellten, darauf dicht auf den Drähten mit Papier bekleben, und nun noch in jeder Richtung mit Streifen von Zinnfolie belegen, so daß das Ganze in guter metallischer Communication stand und überall ein freier Leiter war. Diese Kammer stellte ich im Hörsaale der Royal Institution isolirt auf, und steckte durch eine ihrer Seiten eine Glasröhre von etwa sechs Fuß Länge hinein, so daß sich vier Fuß von ihr inwendig, und zwei Fuß auswendig befanden. Durch diese Röhre führte ein Draht von der großen Elektrisirmaschine (290) zu der Luft in der Kammer. Mittelst Drehung der Maschine mußte die Luft in das versetzt werden, was man einen höchst elektrischen Zustand nennt (da er in der That gleich ist mit dem der Luft eines Zimmers, worin eine kräftige Maschine in Thätigkeit gebracht worden), und zugleich ward die Außenseite des isolirten Würfels überall stark geladen. Als ich indeß die Kammer mit dem in einer früheren Abhandlung (292) beschriebenen vollkommenen Entladungs-Apparat in Verbindung setzte, und die Luft in derselben durch die Maschine auf den höchsten Grad von Ladung zu bringen suchte, darauf die Verbindung mit der Maschine rasch aufhob und sogleich oder unmittelbar hernach den Würfel isolirte, hatte die Luft innerhalb desselben [9] nicht das geringste Vermögen, ihm eine fernere Ladung mitzutheilen. Wenn ein Theil der Luft elektrisirt war, wie es mit Glas oder anderen Isolatoren der Fall seyn kann (1171), so war es begleitet von einer entgegengesetzten Action in dem Würfel, indem der ganze Effect nur ein Fall von Vertheilung war. Jeder Versuch, die Luft in Masse (bodily) und unabhängig von der letzten Portion irgend einer der Elektricitäten zu laden, schlug fehl.

1174. Ich brachte ein empfindliches Goldblatt-Elektrometer in den Würfel und lud diesen von außerhalb mehrere Male sehr stark; allein weder während noch nach der Ladung zeigte das Elektrometer, oder die innere Luft die geringste Spur von absoluter Ladung oder von einer Vertheilungs-Ladung, bei der eine Art der Elektricität irgend ein quantitatives Uebergewicht über die andere gehabt hätte. Ich begab mich in den Würfel und verweilte in demselben mit brennenden Kerzen, Elektrometern und allen sonstigen Prüfmitteln auf elektrische Zustände, konnte aber nicht die geringste Einwirkung auf dieselben, noch irgend eine besondere Anzeige an denselben wahrnehmen, obwohl während der ganzen Zeit die Außenseite des Würfels stark geladen war, große Funken und Feuerbüschel aus jedem Theil derselben hervorschossen. Der Schluß, zu dem ich gelangte, war: daß bisher weder Nichtleitern noch Leitern eine absolute und unabhängige Ladung von bloß Einer Elektricität mitgetheilt worden, und daß, allem Anscheine nach, solch ein Zustand der Materie unmöglich sey.

1175. Unter der Voraussetzung des Daseyns einer oder zweier elektrischer Flüssigkeiten giebt es eine andere Ansicht des Gegenstandes. Es könnte unmöglich seyn, die eine Flüssigkeit (or state) im freien Zustand (in a free condition) zu haben, ohne daß sie durch Vertheilung die andere erzeugte, und doch könnte es möglicherweise Fälle geben, wo eine isolirte Portion von [10] Materie in dem einen Zustand (in one condition), obwohl ungeladen, durch eine Veränderung des Zustands (state) die eine oder die andere Elektricität entwickelte; und obgleich eine so entwickelte Elektricität vielleicht sogleich den entgegengesetzten Zustand (state) in ihrer Nachbarschaft inducirte, so würde doch die bloße Entwicklung der einen Elektricität ohne die andere im ersten Augenblick eine sehr wichtige Thatsache seyn für die Theorie, welche eine oder mehrere Flüssigkeiten voraussetzt. So weit ich diese Theorie verstehe, giebt sie nicht den geringsten Grund an, warum nicht solch ein Effect stattfinden könne.

1176. Allein bei Nachsuchung eines solchen Falls habe ich keinen finden können. Die Entwicklung durch Reibung giebt, wie bekannt, beide Kräfte in gleichem Verhältniß. Eben so verhält es sich mit der Entwicklung durch chemische Action, ungeachtet der großen Verschiedenartigkeit der anzuwendenden Körper und der ungeheuren Quantität von Elektricität, die auf diese Weise entwickelt werden kann (376. 861. 888). Die mehr versprechenden Fälle von Veränderungen des Aggregatzustandes durch Verdampfung, Schmelzung oder die umgekehrten Processe geben dennoch beide Formen der Kraft (beide Elektricitäten) in gleichem Verhältniß. Von dem Spalten des Glimmers und anderer Mineralien, dem Zerbrechen des Schwefels etc., gilt dasselbe.

1177. So weit die Erfahrung reicht, scheint es also unmöglich, die eine der elektrischen Kräfte ohne die andere zu gleichem Betrage zu entwickeln oder zu vernichten. Eben so ist es experimentell unmöglich eine Substanz mit einer dieser Kräfte ohne die andere zu laden. Eine Ladung führt immer eine Vertheilung mit sich; denn niemals kann sie ohne diese bewerkstelligt werden. Es giebt keine absolute Ladung der Materie mit Einer Flüssigkeit, keine Gebundenheit (latency) einer einzelnen Elektricität. Dieß Resultat, obgleich negativ, ist außerordentlich wichtig, indem es vermuthlich die Folge [11] einer natürlichen Unmöglichkeit ist, die nur klar werden wird, wenn wir die wahre Beschaffenheit und Theorie der elektrischen Kraft verstehen.

1178. Die vorstehenden Betrachtungen führen schon zu folgenden Schlüssen: Körper können nicht absolut, sondern nur relativ geladen werden, und nach einem Princip, welches gleich ist mit dem der Vertheilung. Jede Ladung wird unterstützt durch Vertheilung. Alle Intensitäts-Erscheinungen schließen das Princip der Vertheilung ein. Jede Erregung ist abhängig von oder direct verknüpft mit Vertheilung. Alle Ströme involviren zuvor Intensität, und deshalb zuvor Vertheilung. Vertheilung scheint die wesentliche Function sowohl bei der ersten Entwicklung als bei den nachherigen Erscheinungen der Elektricität zu seyn[2].


III. Elektrometer und Vertheilungs-Apparat.

1179. Die weiteren Betrachtungen der vorstehenden Thatsachen einstweilen bei Seite lassend, bis sie mit andern direct auf die große Frage von der Natur der Vertheilung bezüglichen Resultaten verglichen werden können, will ich nun den von mir angewandten Apparat beschreiben, und, nach Verhältniß der Wichtigkeit der Principien, welche festgestellt werden sollen, so klar, daß kein Zweifel an den nachherigen Resultaten übrig bleibe.

1180. Elektrometer. Das von mir angewandte Messwerkzeug war die Torsionswaage von Coulomb, im Ganzen nach seinen Vorschriften erbaut[3], jedoch mit einigen Abänderungen und Zusätzen, die ich kurz beschreiben werde. Der untere Theil war ein Glascylinder, acht Zoll hoch und acht Zoll im Durchmesser. Die Röhre für den Torsionsfaden war siebzehn Zoll lang. [12] Der Torsionsfaden war nicht von Metall, sondern von Glas, nach der vortrefflichen Angabe des Dr. Ritchie[4]. Er war zwanzig Zoll lang, und von solcher Zartheit, daß er mit dem Schellackhebel und der daran sitzenden Kugel ungefähr zehn Schwingungen in einer Minute machte. Er erträgt eine Torsion von vier ganzen Umdrehungen oder 1440°, und dennoch kehrt er, losgelassen, genau in seine frühere Lage zurück. Wahrscheinlich würde er ohne Nachtheil eine noch größere Torsion ertragen. Die abgestoßene Kugel war von vergoldetem Mark und 0,3 Zoll im Durchmesser. Der horizontale Hebel bestand, nach Coulomb’s Angabe, aus Schellack; der die Kugel tragende Arm war 2,4 Zoll lang, der andere nur 1,2 Zoll, und an diesem saß die ebenfalls von Coulomb beschriebene Windfahne, welche, wie ich fand, dem Zweck der raschen Vernichtung der Oscillationen bewundernswürdig entspricht. Damit die vertheilende Wirkung in dem Elektrometer für alle Lagen der abgestoßenen Kugel und für alle Zustände des Apparats gleichförmig sey, waren zwei, etwa einen Zoll breite Streifen Zinnfolie rund herum an die Innenfläche des Glascylinders geklebt, etwa 0,4 Zoll von einander, und in solcher Höhe, daß der Zwischenraum im Niveau mit dem Hebel und der Kugel lag. Diese Streifen wurden mit einander und mit der Erde verbunden, und übten daher, als vollkommene Leiter, immer einen gleichmäßigen Einfluß auf die elektrisirte Kugel aus, was die Glasfläche, wegen der Unregelmäßigkeit ihres Zustandes zu verschiedenen Zeiten, wie ich gefunden, nicht thut. Um die Luft in dem Elektrometer auf einem beständigen Grad von Trockenheit zu erhalten, war eine Glasschale mit einer Schicht geschmolzenen Kali’s auf den Boden des Cylinders gestellt, und, um deren vertheilende Wirkung überall gleichförmig zu machen, mit einer Scheibe feinen Drahtnetzes bedeckt.

[13] 1181. Die bewegliche, zur Aufnahme und Messung der Elektricität dienende Kugel, welche ich Tragekugel (repelling or carrier ball) nennen will, bestand aus weichem Erlenholz, gut und glatt vergoldet. Sie war an einem dünnen Schellackstiel befestigt, und, nach Coulomb’s Methode, durch ein Loch in das Elektrometer eingeführt. An seinem oberen Ende war der Stiel befestigt in einem von drei kurzen Füßen getragenen Klotz, und auf der Oberfläche des Glasdeckels darüber war eine Bleiplatte mit Klappen darin, so daß die Tragekugel, wenn sie in ihre rechte Lage gebracht war, und zugleich mit dem Klotz gegen diese Klappen stand, leicht fortgenommen und ohne Zeitverlust sehr genau wieder an ihren Ort gestellt werden konnte.

1182. Rücksichtlich dieser Kugeln sind durchaus einige Vorsichtsmaßregeln nothwendig. Aus Mark allein verfertigt, sind sie sehr schlecht; denn, sehr trocken, ist diese Substanz ein so unvollkommener Leiter, daß sie nie eine freie Ladung empfängt oder giebt, und auch, nach Berührung mit einem geladenen Conductor, in einem Ungewissen Zustand seyn kann. Ferner ist es schwierig, Mark so glatt abzudrehen, daß die Kugel, selbst nach Vergoldung, von allen Unregelmäßigkeiten der Gestalt hinreichend frei sey, und demgemäß eine Ladung ungeschwächt eine bedeutende Zeit lang festhalte. Daher müssen die Kugeln, nach ihrer Vergoldung, geprüft werden, ob sie, elektrisirt, eine Ladung eine bedeutende Zeit lang mit sehr geringer Schwächung behalten, und sie dennoch durch Berührung mit einem nicht isolirten Conductor augenblicks und vollkommen verlieren. Widrigenfalls sind sie zu verwerfen.

1183. Es ist vielleicht unnöthig, mehr von der Graduirung des Instruments zu sagen, als zur Erklärung der Beobachtungsweise erforderlich ist. Auf einem Ring von Papier, der so an die Außenseite des Glascylinders geklebt war, daß er den Zwischenraum der inneren [14] Zinnfolie bedeckte, waren vier Punkte unter Winkeln von 90° bezeichnet. Vier andere, diesen Punkten entsprechende Punkte waren auf dem oberen Ring der inneren Zinnfolie angegeben. Durch diese und durch Stellschrauben, auf welchen das ganze Instrument stand, konnte der gläserne Torsionsfaden genau in die Mitte des Instruments und seiner Gradtheilung gebracht werden. Von einem jener vier Punkte ab war auf der Außenseite des Cylinders eine Theilung von 90 Grad aufgetragen, und eine entsprechende Theilung auch auf den oberen Zinnfoliestreifen an der gegenüberstehenden inneren Seite des Cylinders; da auf der Oberfläche der abzustoßenden Kugel, an dem der Seite des Elektrometers nächst liegenden Punkt, ein Tüpfelchen gemacht worden, so konnte man, durch Beobachtung der Linie, welche dieses Tüpfelchen mit den Linien der beiden eben genannten Theilungen machte, die Lage dieser Kugel leicht und genau ermitteln. Das obere Ende des Glasfadens war, wie in Coulomb’s Elektrometer, an einem Zeiger befestigt, der, zum Ablesen der Torsionsgrade, mit einem getheilten Kreis versehen war.

1184. Nach Nivellirung des Instruments und Ajustirung des Glasfadens wurde die Tragekugel so regulirt (1181), daß der Mittelpunkt derselben dem Nullpunkt der unteren oder äußeren Theilung des Instruments entsprach, und mit der abzustoßenden Kugel an dem hängenden Torsionshebel in gleicher Höhe und in gleichem Abstande von dem Mittelpunkt lag. Dann wurde der Torsionszeiger so weit gedreht, bis die letztere Kugel genau auf 30° stand, und endlich der zu diesem Zeiger gehörende getheilte Kreis verschoben, bis der Zeiger auf dessen Nullpunkt einspielte. Diese Einrichtung ward getroffen, weil sie das experimentelle Resultat am directesten angab und am wenigsten Irrungen veranlaßt. Der Winkelabstand von 30° zwischen den Kugeln wurde bei jedem Versuch angewandt, und die ganze [15] Torsion auf ein Mal an dem getheilten Kreise abgelesen. Unter diesen Umständen hatten die Kugeln nicht nur bei jeder Messung gleichen Abstand von einander, sondern auch gleiche Lage in Bezug auf jeden Theil des Instruments, so daß alle Unregelmäßigkeiten, entspringend aus geringen Verschiedenheiten in der Form und Wirkung des Instruments und der umgebenden Körper, vermieden wurden. Die einzige Störung, welche noch hätte eintreten können, wäre eine Ablenkung des Torsionsfadens von der Senkrechtheit gewesen, eine größere oder geringere, je nach der Abstoßungskraft der Kugeln; allein diese Ablenkung war so schwach, daß sie in der Symmetrie der Anordnung innerhalb des Instruments keine Störung, und deshalb in dem Betrage der von der obigen Theilung angezeigten Torsion keinen Fehler veranlassen konnte.

1185. Wiewohl der constante Winkelabstand von 30° zwischen den Mittelpunkten der Kugeln für alle Zwecke als hinreichend genau befunden wurde, so konnte man doch das Instrument ohne Weiteres durch Verringerung dieses Abstandes noch bedeutend empfindlicher machen, und die bei verschiedenen Abständen erlangten Resultate sehr leicht vergleichen, entweder durch den Versuch, oder, da sie in umgekehrtem Verhältniß des Quadrats der Abstände stehen, durch Rechnung.

1186. Coulomb’s Torsions-Elektrometer erfordert Erfahrung, um verstanden zu seyn; allein ich halte es für ein sehr schätzbares Instrument in der Hand Derjenigen, die sich Mühe geben, die zu seinem Gebrauch erforderlichen Vorsichtsmaßregeln durch Uebung zu erlernen. Sein isolirender Zustand verändert sich nach Umständen, und muß vor den Versuchen geprüft werden. Bei gewöhnlicher und guter Beschaffenheit des Instruments gebrauchten die Kugeln, wenn sie so elektrisirt waren, daß sie, bei 30° Normal-Abstand, eine repulsive Torsionskraft von 400° aufwogen, vier Stunden, [16] um, bei gleichem Abstand, auf die Kraft von 50° herabzusinken. Im Durchschnitt betrug der Verlust in der Minute 2°,7 von 400° bis 300°, 1°,7 von 300° bis 200°, 1°,3 von 200° bis 100°, und 0°,87 von 100° bis 50°. Da sich mit dem Instrument eine vollständige Messung in weit weniger als einer Minute machen läßt, so ist der Verlust in dieser Zeit nur klein und leicht in Rechnung zu nehmen.

1187. Der Vertheilungs-Apparat. – Da ich beabsichtigte die vertheilende Wirkung genau zu untersuchen, wenn sie durch verschiedene Mittel hin stattfand, so war nothwendig, diese Mittel dazu unter genau gleichen Umständen und in solchen Mengen anzuwenden, daß jede dabei eintretende Variation eliminirt wurde. Die Erfordernisse des zu construirenden Apparats waren also: daß die vertheilenden Oberflächen der Leiter in Form, Zustand und gegenseitiger Entfernung constant seyen, und daß die starren, flüssigen und gasigen Substanzen leicht und sicher zwischen diese Flächen gebracht und daselbst beliebig lang erhalten werden können.

Taf. II Fig. 6

1188. Der angewandte Apparat bestand in der Hauptsache aus zwei Metallkugeln von ungleichem Durchmesser, die kleinere concentrisch in der größeren befindlich; durch den Zwischenraum hin sollte die Vertheilung geschehen. Fig. 6 Taf. II[5] zeigt den Apparat in halber Größe: , sind die beiden Hälften einer Messingkugel, luftdicht verbunden bei , wie Magdeburger Halbkugeln, und inwendig vollkommen eben und glatt, so daß keine Unregelmäßigkeit vorhanden war; durch das Verbindungsstück ist der Apparat an einen guten Hahn geschraubt, der wiederum entweder mit einem metallenen Fuß oder mit einer Luftpumpe verbunden ist. Die Oeffnung in der Halbkugel ist sehr klein; ist eine messingene Dille an der oberen Halbkugel, durch welchen der Schellack-Träger der inneren Kugel und [17] deren Stiel geleitet ist; ist die innere Kugel, auch von Messing; sie ist an einen Messingstiel geschraubt, der oben in einem Messingknopf endigt; , ist eine Masse Schellack, die dicht umschließt, und sowohl zum Tragen als zum Isoliren dieses Stiels und der Kugeln und dient. Der Schellack-Träger ist in dem Halse befestigt, mittelst eines gewöhnlichen Harzkittes, der etwas schmelzbarer ist als Schellack, und bei , so angebracht worden, daß er daselbst den Apparat luftdicht verschließt und hinreichende Festigkeit gewährt, doch aber von dem unteren Theil der Schellackstange, zur Isolation zwischen den Kugeln und , möglichst wenig berührt. Die Kugel hat bei eine kleine Oeffnung, damit, wenn der Apparat von einem Gase geleert und mit einem anderen gefüllt wird, dasselbe auch mit der Kugel geschehe, und solchergestalt während eines Versuchs keine Veränderung mit dem im Zwischenraum befindlichen Gase eintreten könne.

1189. Es wird überflüssig seyn, die Dimensionen aller einzelnen Theile anzugeben, da die Zeichnung die halbe natürliche Größe hat. Der Durchmesser der inneren Kugel ist 2,33, und der innere der größeren 3,57 Zoll, mithin beträgt die Breite des Zwischenraums, durch welchen hin die Vertheilung geschieht, 0,62 Zoll, und die Ausdehnung dieses Raumes oder der Flächenraum einer mittleren Kugel kann zu 27 Quadratzoll angenommen werden, eine für die Vergleichung verschiedener Substanzen gewiß hinreichende Größe. Die Oberflächen der Kugeln und , waren mit großer Sorgfalt gearbeitet, und weder sie, noch irgend ein anderer metallener Theil des Apparats gefirnißt oder lackirt.

1190. Die Befestigung und Einsetzung der Schellackstange erforderte viele Sorgfalt, besonders da sie, wegen erhaltener Risse, oft erneut werden mußte. Der beste Lack wurde ausgewählt und auf dem Draht angebracht, damit er denselben überall wohl berühre und [18] durch seine ganze Masse hin vollkommene Continuität besitze. Er war nicht dünner als in der Zeichnung angegeben ist, denn sonst zersprang er häufig wenige Stunden nach dem Abkühlen. Ich glaube, daß ein sehr langsames Abkühlen seine Eigenschaften in dieser Beziehung verbessert. Damit die Kugel bei jeder neuen Befestigung der Stange an der oberen Halbkugel eine gleiche Lage habe, wurde eine Form (Fig. 7 Taf. II)

Taf. II Fig. 7

von Holz angewandt, auf diese die Kugel und Halbkugel gelegt, und, während der Kitt bei , noch weich war, die Stützpunkte der Kugel bei und der Halbkugel bei kräftig angedrückt, und so bis zum Erkalten stehen gelassen. So war alle Schwierigkeit in der Ajustirung beider Kugeln gehoben.

1191. Anfänglich befestigte ich die Stange in dem Halse durch andere Mittel, z. B. durch einen Papierstreifen, oder einen Wulst von weißen Seidenfäden; allein diese standen dem Kitt weit nach, indem sie das Isolationsvermögen des Apparats sehr schwächten.

1192. Bei guter Beschaffenheit bewahrte dieser Apparat die Elektricität besser als das Elektrometer (1186), d. h. der Kraftverlust war geringer bei ihm. Wenn man z. B. den Apparat, und auch die Kugeln des Elektrometers, bis zu dem Grade lud, daß er, nach vorheriger Berührung der inneren Kugel mit dem Scheitel der Kugel des Apparats, eine Repulsion gleich 600° der Torsionskraft bewirkte, betrug der Verlust durchschnittlich in der Minute 8°,6 beim Herabsinken von 600° auf 400°; 2°,6 von 400° auf 300°; 1°,7 von 300° auf 200°; 1° von 200° auf 170°. Diese Zahlen ergaben sich kurze Zeit nach der Entladung; im ersten Augenblick der Ladung zeigt sich ein scheinbarer Elektricitätsverlust, der erst späterhin (1207, 1250) begriffen werden kann.

1193. Wenn der Apparat sein Isolationsvermögen plötzlich verliert, ist es immer Folge eines Risses (im Schellack) nahe bei oder in der Dille . Diese Risse [19] gehen in der Regel quer durch die Stange. Bilden sie sich an dem Theil, der mit dem gewöhnlichen Kitt an der Dille befestigt ist, so kann die Luft nicht eindringen; sie bleiben also luftleer, und entführen dann Elektricität und schwächen die Ladung fast wie wenn ein Stück Metall daselbst befindlich wäre. Einer solchen rissigen Stange kann man, nachdem sie herausgenommen und vom Kitt gesäubert worden, durch vorsichtige Erwärmung und Erweichung über einer Weingeistflamme ihre Continuität wieder geben; wenn aber dieß nicht hilft, muß man eine neue Schellackstange anfertigen.

1194. Wenn der Apparat in Ordnung war, konnte er leicht von der Luft geleert und mit einem gegebenen Gase gefüllt werden. Wenn das Gas ein saures oder alkalisches war, konnte es natürlich nicht durch die Luftpumpe fortgeschafft werden. In solchen Fällen wurde, um es zu entfernen, der Apparat geöffnet und gereinigt; die innere Kugel wurde mit destillirtern Wasser, das in das Schraubenloch eingegossen worden, zwei bis drei Mal ausgespült, darauf bis über 212° F. erhitzt, und Luft durch geblasen, um sie inwendig vollkommen auszutrocknen.

1195. Der beschriebene Vertheilungs-Apparat ist offenbar eine Leidner Flasche, mit dem Vorzug jedoch, daß man das di-elektrische oder isolirende Medium nach Gefallen wechseln kann. Die Kugeln und , nebst dem Verbindungsdraht , bilden den geladenen Conductor, auf dessen Oberfläche alle elektrische Kraft vermöge der Vertheilung (1178) sich aufhält. Wiewohl der größte Antheil dieser Vertheilung zwischen der Kugel und der umgebenden Hohlkugel stattfindet, so bedingen doch auch der Draht und die Kugel einen Theil der Vertheilung von ihrer Oberfläche aus gegen die äußeren umgebenden Leiter. Indeß da Alles in dieser Beziehung gleich bleibt, so werden alle Verschiedenheiten, welche der Apparat zeigt, wenn man das Medium [20] in verändert, eben von diesen Veränderungen herrühren. Ich glaubte, daß jene Verschiedenheiten, wenn sie existirten, am deutlichsten würden, wenn man zwei, einander in jeder Beziehung ähnliche Apparate der beschriebenen Art hätte, sie mit verschiedenen isolirenden Mitteln füllte, dann den einen ladete, darauf die Ladung, nachdem sie gemessen worden, zwischen beiden theilte, und nun den Endzustand beider beobachtete. Wenn isolirende Mittel wirklich eine specifische Verschiedenheit im Vertheilungsvermögen besäßen, so müßte es, meiner Meinung nach, durch solch ein Verfahren nachzuweisen seyn.

1196. Um die beim Gebrauche dieser Apparate nöthigen Vorsichtsmaßregeln auseinanderzusetzen, will ich die Versuche beschreiben, die angestellt wurden, um ihre Gleichheit, im Fall sie beide gemeine Luft enthielten, zu erweisen. Zu ihrer Unterscheidung will ich sie Apparat I und II nennen.

1197. Zuerst muß man das Elektrometer ajustiren und prüfen (1184), dann die Apparate I und II vollkommen entladen. Nun lade man eine Leidner Flasche so stark, daß sie zwischen zwei Kugeln von einem halben Zoll im Durchmesser einen Funken von bis Zoll Länge giebt. Hierauf lade man die Tragekugel des Elektrometers an der Flasche, bringe sie wieder in’s Elektrometer, und führe die Hebel-Kugel durch Drehung des Torsionszeigers gegen sie. Die Ladung wird sich dann zwischen beiden Kugeln theilen und Abstoßung erfolgen. Es ist gut die abgestoßene Kugel durch Drehung des Torsionszeigers auf den Normal-Abstand von 30° zu bringen, und zu beobachten, wie viel Kraft in Graden dazu erforderlich ist. Diese Kraft soll in den ferneren Versuchen Abstoßung der Kugeln heißen.

1198. Nun wird einer der Vertheilungsapparate, z. B. No. I, durch die Leidner Flasche geladen, nachdem sie zuvor auf gleichen Zustand, wie bei der Ladung [21] der Kugeln, gebracht worden ist. Die Tragekugel wird mit dem Scheitel der Kugel (Fig. 6 Taf. II) in Berührung gesetzt, dann in das Elektrometer gebracht, und die Abstoßungskraft (bei 30° Abstand) gemessen. Dann wird die Tragekugel wiederum an den Apparat I gelegt, und die Messung wiederholt. Nun werden die Apparate I und II mit einander verbunden, um die Ladung zwischen ihnen zu theilen. Darauf mißt man die Kraft eines jeden durch Anlegung der Tragekugel wie zuvor, und zeichnet die Resultate auf. Nun entladet man beide Apparate; dann ladet man wieder Apparat II, mißt die Ladung, theilt sie mit Apparat I, mißt wiederum die Kraft und schreibt sie auf. Wenn in jedem Fall die halben Ladungen von I und II einander gleich sind, und beide zusammen gleich der ganzen Ladung vor der Theilung, dann kann man es als bewiesen ansehen, daß die beiden Apparate einander an Kraft gleich und zu Vergleichungen verschiedener isolirender (dielectrics) Mittel brauchbar sind.

1199. Die zur Erlangung richtiger Resultate nöthigen Vorsichtsmaßregeln sind indeß zahlreich. Die Apparate I und II müssen immer auf eine vollkommen nicht isolirende Substanz gestellt werden. Ein Mahagony-Tisch z. B. ist in dieser Hinsicht bei weitem nicht genügend; daher ich ein Blatt Zinnfolie, verbunden mit dem großen Entladungs-Apparat (292), angewandt habe. Die Apparate dürfen einander nicht zu nahe gestellt werden, müssen aber doch dem vertheilenden Einfluß der umgebenden Gegenstände gleichmäßig ausgesetzt seyn. Ferner darf die Lage dieser Gegenstände während eines Versuches nicht verändert werden, weil sonst Veränderungen in der auf die äußere Kugel ausgeübten Vertheilung eintreten, und dadurch Fehler in die Resultate eingeführt werden können. Man muß ferner die Tragekugel, wenn man derselben ihren Antheil Elektricität von dem Apparate giebt, immer an eine und dieselbe [22] Stelle der Kugel legen, z. B. an den Scheitel , und immer auf dieselbe Weise; auch muß man veränderliche Vertheilungen seitens der Nähe des Kopfs, der Hände u. s. w. vermeiden, und die Kugel nach der Berührung in einer regelmäßigen und constanten Weise aufwärts fortziehen.

1200. Da die Schellackstange manchmal gewechselt werden mußte (1190), und dadurch die Lage der inneren Kugel leicht ein wenig verändert werden konnte, so veränderte ich diese absichtlich um einen Achtelzoll (was weit mehr ist als je in Praxis vorkommen kann); ich konnte indeß nicht finden, daß dadurch die Relation des Apparats oder sein vertheilender Zustand als ein Ganzes merklich geändert worden wäre. Eine andere Probe wurde in Bezug auf die Feuchtigkeit der Luft angestellt, indem ich ihn ein Mal mit sehr trockner und das andere Mal mit über Wasser gestandener Luft füllte. Dieß brachte indeß keine Aenderung in dem Resultat hervor, ausgenommen manchmal eine Neigung zur schnelleren Entweichung (der Elektricität). Es wurde indeß immer die Vorsicht befolgt, mit Gasen im vollkommen trocknen Zustand zu arbeiten (1290).

1201. Wesentlich ist es, daß das Innere des Apparats vollkommen frei sey von Staub oder herumschwebenden Theilchen, denn diese schwächen rasch die Ladung, und stören bei Gelegenheiten, wo man ihre Gegenwart und Wirkung kaum ahnen würde. Ein wirksames Mittel, sie zu entfernen, besteht darin, daß man in den Apparat bläst und ihn sanft mit einem reinen seidenen Taschentuch auswischt. Dann muß man sich aber sorgfältig vor dem Eindringen anderer Theilchen hüten, und deshalb aus mehreren anderen Gründen eine staubige Atmosphäre vermeiden.

1202. Die Schellackstange muß bisweilen gut abgewischt werden, erstlich, um die Wachsschicht und andere auf ihr haftende Substanzen zu entfernen, späterhin [23] um den Schmutz und Staub fortzunehmen, welche sich im Lauf der Versuche darauf absetzen. Ich habe gefunden, daß Vieles von dieser Vorsichtsmaßregel abhängt. Ein seidnes Taschentuch ist der beste Wischer.

1203. Allein das Abwischen und einige andere Umstände können der Oberfläche der Schellackstange leicht eine Ladung geben. Diese muß entfernt werden, weil sie sonst den Grad von Ladung, welchen die Tragekugel vom Apparat erhält (1232), bedeutend abändern könnte. Ob die Stange geladen sey, findet man am besten, wenn man den Apparat entladet, die Tragekugel an die Stange legt, sie mit dem Finger berührt, isolirt, darauf abhebt, und untersucht, ob sie (durch Vertheilung) eine Ladung durch die Stange bekommen habe. Ist es der Fall, so befindet sich die Stange selbst im Zustand der Ladung. Der beste Weg, die Ladung fortzunehmen, besteht darin, daß man ein seidnes Taschentuch einfach um den Finger schlägt, die Stange behaucht und gleich darauf mit dem Finger abwischt, während die Kugel , ihr Verbindungsdraht u. s. w. unisolirt sind. Mit der abwischenden Stelle des Tuchs darf man nicht wechseln; sie wird dann feucht genug, um keine Elektricität in der Stange zu erregen, und bleibt doch auch trocken genug, um diese Stange rein und isolirend zu machen. Wenn die Luft staubig ist, wird man finden, daß in Folge des Fortführungsvermögens der Staubtheilchen eine einzige Ladung des Apparats die Außenseite der Stange in einen elektrischen Zustand versetzt; wogegen man des Morgens oder in einem Raume, der leer stand, mehre Versuche hinter einander machen kann, ohne daß die Stange den schwächsten Grad von Ladung annimmt.

1204. Bei Kerzen- oder Lampen-Licht dürfen die Versuche nicht anders als mit vieler Sorgfalt angestellt werden, denn Flammen haben ein großes und doch unstetes Vermögen, elektrische Ladungen zu afficiren und zu zerstreuen.

[24] 1205. Endlich müssen die Apparate ihre Ladung gut und gleichförmig behalten, beide in gleichem Maaße, und daneben müssen sie sich vollständig und augenblicklich entladen lassen, so daß hernach die Tragekugel keine Ladung empfängt, wo man auch mit ihr die Kugel berühre (1218).

1206. In Bezug auf das Torsions-Elektrometer sind als Vorsichtsmaßregeln nur erwähnenswerth, daß die Tragekugel während der ersten Hälfte des Versuchs in ihrem elektrischen Zustand bewahrt werden, der Elektricitätsverlust, der aus ihrer Entladung erfolgen würde, vermieden werden muß: daß man, bei Hineinbringung derselben in das Elektrometer durch das Loch in der oberen Glasplatte sich sorgfältig hüten müsse, den Rand des Glases zu berühren, oder auch ihm nur zu nahe zu kommen.

1207. Wenn die ganze Ladung des einen Apparats zwischen beiden getheilt wird, so ist die allmälige Abnahme derselben, anscheinend wegen Entweichens, in dem Apparat, welcher die halbe Ladung empfangen habe, größer als in dem ursprünglich geladenen. Dies rührt von einem besonderen, späterhin (1250. 1257) zu beschreibenden Umstand her, dessen störender Einfluß größtentheils vermieden wird, wenn man die Stufen der Operation regelmäßig und rasch hinter einander vornimmt. Daher muß man, nachdem die ursprüngliche Ladung z. B. von Apparat I gemessen worden ist, beide Apparate, I und II, durch ihre Kugeln symmetrisch verbinden, und zugleich die eine derselben mit der Tragekugel berühren; hierauf muß man letztere entfernen, und dann erst die Apparate von einander trennen; nun mißt man Apparat II rasch durch die Tragekugel, dann Apparat I; endlich entladet man II, und bringt die entladene Tragekugel an denselben, um zu ermitteln, ob er eine rückständige Ladung zeige (1205). Eben so entladet [25] man I, und prüft ihn nach der Entladung in gleicher Weise und zu gleichem Zwecke.

1208. Folgendes ist ein Beispiel von der Theilung einer Ladung zwischen beiden Apparaten, als Luft das di-elektrische Medium in ihnen war. Die Beobachtungen sind unter einander gestellt in der Ordnung, in welcher sie gemacht wurden. Die Zahlen linker Hand bezeichnen die Beobachtungen am Apparat I, die Zahlen rechter Hand die am Apparat II. Der Apparat I wurde direct geladen, und die Ladung, nach zweimaliger Messung, mit Apparat II getheilt:

Apparat I. Apparat II.
Kugeln 160°
........
254° ........
250° ........
getheilt und sogleich gemessen:
........ 122°
124° ........
001° ........ nach Entlad.
........ dito dito.

1209. Ohne uns bei dem Verlust, der während des Versuchs allmälig stattgefunden haben mußte, aufzuhalten, wollen wir die Zahlen betrachten, so wie sie dastehen. Da 1° im Apparat I als unentladbar zurückblieb, so kann man 249° als den höchsten Werth der übertragbaren oder theilbaren Ladung ansehen; die Hälfte desselben ist 124°,5. Da der Apparat II im ersten Augenblick ohne Ladung war, sogleich nach der Theilung aber 122° zeigte, so kann dieß wenigstens als der Betrag des Empfangenen angesehen werden. Andererseits läßt sich 124° weniger 1° oder 123° als die Hälfte der vom Apparat I zurückgehaltenen übertragbaren Ladung ansehen. Nun weicht diese Hälfte nicht sehr ab von [26] 124°,5 der Hälfte des vollen Betrages der übertragbaren Ladung. Und wenn der allmälige Verlust an Ladung, welcher aus dem Unterschied zwischen 254° und 250° bei Apparat I hervorgeht, auch in Rechnung genommen wird, so hat man allen Grund zu der Annahme, daß die Resultate eine gleiche Theilung der Ladung ergeben, ohne ein anderes Verschwinden der Kraft, als das durch Entweichung (dissipation).

1210. Ich will ein anderes Resultat geben, wobei der Apparat II zuerst geladen wurde, und der Rückstand in demselben größer als im vorhergehenden Beispiel war:

Apparat I. Apparat II.
Kugeln 150°
........ 152°
........ 148°
getheilt und sogleich gemessen:
70° ........
........ 73°
........ 5 sogleich nach Entlad.
0 ........ dito dito dito.

1211. Die wegnehmbare Ladung war hier 148° minus 5°, wovon die Hälfte 71°,5 nicht sehr abweicht von 70°, der halben Ladung von I, oder von 73°, der halben Ladung von II. Diese halben Ladungen machen zusammen wiederum die Summe 143° oder genau den Betrag der ganzen übertragbaren Ladung. Mit Rücksicht auf die Beobachtungsfehler lassen sich also auch diese Resultate als Beweis betrachten, daß die Apparate gleiche Vertheilungs-Capacität oder gleiche Ladungsfähigkeit besaßen.

1212. Eine Wiederholung der Versuche mit Ladungen von negativer Elektricität gab im Allgemeinen dieselben Resultate.

1213. Um der Empfindlichkeit und Wirksamkeit der Apparate sicher zu seyn, machte ich eine solche [27] Veränderung an ihnen, daß, nach der Theorie, ihre Vertheilungskraft verstärkt werden mußte, d. h. ich brachte in die untere Halbkugel des Apparats einen metallischen Einsatz (lining), wodurch die Dicke der Luftschicht daselbst von 0,62 auf 0,435 Zoll verringert wurde. Dieser Einsatz war sorgfältig so geformt und abgerundet, daß er an seinem Rande keinen plötzlichen Vorsprung machte, sondern von dem verkleinerten Zwischenraum im unteren Theil der Kugel nach dem größeren im oberen einen allmäligen Uebergang darbot.

1214. Diese Veränderung an dem Apparat I angebracht, gab diesem sogleich eine größere Vertheilungsfähigkeit, als Apparat II besaß. Wenn so z. B. eine übertragbare Ladung von 469° des Apparats II getheilt ward mit Apparat I, so behielt der erstere 225°, während letztere 227° bekam, d. h. der erstere hatte 244° verloren dadurch: daß er dem letzteren 227° mittheilte. Wenn andererseits der Apparat I eine übertragbare Ladung von 381° besaß und diese durch Contact mit Apparat II getheilt wurde, verlor er nur 181°, während er dem Apparat II 194° abgab. Die Summe der halben Ladungen war im ersten Falle kleiner, und im zweiten größer als die ungetheilte ganze Ladung. Diese Resultate sind um so auffallender, als nur die eine Hälfte des Innern vom Apparat I abgeändert wurde, und zeigen, daß die Instrumente fähig sind, mitten unter den Beobachtungsfehlern Unterschiede in der Vertheilung nachzuweisen, wenn dieselben weit kleiner sind als die, welche durch die im vorliegenden Fall gemachte Veränderung bewirkt werden.


[537]
IV. Vertheilung in krummen Linien.

1215. Unter den aus der Molecular-Ansicht von der Vertheilung hervorgehenden Resultaten, welche, als von besonderer Natur, am besten für oder wider die Richtigkeit dieser Ansicht zeugen können, ist, glaube ich, die vermuthete Wirkung in krummen Linien für jetzt die wichtigste; denn, wenn sich ihr Daseyn auf eine unzweideutige Weise darthun läßt, so sehe ich nicht ein, wie die alte Theorie von einer Wirkung in die Ferne und in geraden Linien länger haltbar sey, oder wie man den Schluß, daß die gewöhnliche Vertheilung eine Wirkung angränzender Theilchen sey, noch zurückweisen könne.

1216. Unter den älteren Versuchen giebt es manche, die als günstig für die von mir angenommene Theorie angeführt werden könnten. Solche sind die meisten Fälle von elektro-chemischer Zersetzung, elektrischen Feuerbüscheln, Funken, elektrischem Wehen (auras) u. s. w. Indeß da diese als zweifelhafte Beweise angesehen werden [538] können, in sofern sie einen Strom und eine Entladung einschließen (wiewohl sie mir längst Anzeigen von vorhergegangener Molecular-Action gewesen sind (1230)) so bemühte ich mich solche Versuche zu ersinnen, die keine Uebertragung einschließen, sondern ganz der einfachsten Vertheilungs-Wirkung der statischen Elektricität angehören.

1217. Es war auch wichtig, diese Versuche in der möglichst einfachsten Weise anzustellen, nicht mehr als Ein isolirendes oder di-elektrisches Medium auf einmal anzuwenden, damit nicht Unterschiede in langsamer Leitung Effecte erzeugen mochten, die man fälschlich für Resultate einer Vertheilung in krummen Linien halten könnte. Es wird unnöthig seyn, jeden Schritt der Untersuchung ängstlich zu beschreiben. Ich will sogleich zu der einfachsten Beweisart der Thatsachen übergehen, zuerst für Luft und dann für andere isolirende Media.

Taf. II Fig. 8

1218. Ein massiver Schellack-Cylinder, 0,9 Zoll im Durchmesser und 7 Zoll lang, war aufrecht in einem hölzernen Fuß (siehe Fig. 8 Taf. II des vorhergehenden Bandes) befestigt; sein oberes Ende hatte eine Vertiefung, so daß eine Messingkugel oder ein anderer Gegenstand hinein gelegt werden konnte. Nachdem die obere Hälfte desselben durch Reiben mit warmem Flanell negativ erregt worden, wurde eine Messingkugel von 1 Zoll im Durchmesser auf das obere Ende gelegt, und das Ganze durch die Tragekugel des Coulomb’schen Elektrometers (1180. etc.) untersucht. Zu dem Ende lud man die Kugeln des Elektrometers positiv zu ungefähr 360°, legte darauf die Tragekugel an verschiedene Stellen der Kugel , machte beide, während sie in Contact oder Position waren, unisolirt, isolirte sie darauf[6], [539] trennte sie, und untersuchte die Tragekugel auf die Natur und Stärke ihrer Elektricität. Ihre Elektricität war immer positiv, und die successiv an den Stellen , , , u. s. w. beobachtete Stärke derselben folgende:

bei 1000° und mehr
0149
0270
0512
0130.

1219. Um das ganze Gewicht dieser Resultate zu begreifen, muß man wissen, daß alle Ladungen der Kugel und der Tragekugel Vertheilungs-Ladungen waren, hervorgehend aus der Wirkung der erregten Oberfläche des Schellackcylinders. Denn jegliche Elektricität, welche die Kugel durch Mittheilung entweder im ersten Augenblick oder späterhin von der Kugel erhalten haben mochte, war durch unisolirten Contact fortgenommen, so daß nur die durch Vertheilung erlangte übrig blieb. Dieß ergab sich daraus, daß die aus der Kugel, in ihrem unisolirten Zustande, gezogenen Ladungen immer positiv oder entgegengesetzter Art als die des Schellacks waren. Ferner waren die Ladungen in , , solcher Art, wie man sie von einer Vertheilung in geraden Linien erwarten durfte; allein die in war nicht also. Sie war offenbar eine Ladung durch Vertheilung; allein eine Vertheilung in krummer Linie; denn die Tragekugel konnte, als sie berührte und hernach auf sechs Zoll und mehr von der Kugel B entfernt war, wegen der Größe von , nicht durch eine gerade Linie mit irgend einem Theil des erregten und inducirenden Schellacks verbunden werden.

1220. Annehmen, daß der obere Theil der unisolirten Kugel durch den dem Schellack zugewandten [540] Theil in einem elektrischen Zustande erhalten werde, würde unserer Kenntniß von diesem Gegenstande widersprechen. Auf der Oberfläche von Leitern wird die Elektricität nur durch Vertheilung festgehalten (1178); und wenn auch einige Personen dies nicht für isolirte Conductoren zugeben möchten, so werden sie es doch für nicht isolirte Leiter wie die Kugel thun. Um den Gegenstand zu entscheiden, brauchen wir nur die Tragekugel nach zu bringen (Fig. 9), so daß sie nicht mit in Berührung kommt, sie dann durch einen senkrecht herabgehenden Stab mit dem Boden in Verbindung zu setzen, darauf zu isoliren, und ihren Zustand zu untersuchen. Man wird sie mit derselben Elektricität und selbst in höherem Grade geladen finden, wie wenn sie mit dem Scheitel von in Berührung gewesen war (1224).

Fig. 9

Fig. 10

Fig. 11

1221. Die Voraussetzung ferner, daß die Vertheilung irgend wie durch oder quer über das Metall der Kugel wirke, wird durch die einfachsten Betrachtungen widerlegt, besser noch durch eine Thatsache. Wendet man statt der Kugel eine kleine Metallscheibe an; so kann die Tragekugel an oder über der Mitte ihrer Oberfläche geladen werden; nimmt man indeß die Scheibe von etwa 1,5 oder 2 Zoll Durchmesser, wie in Fig. 10 Taf. II, so erhält die Tragekugel keine Ladung bei obwohl es näher dem Rande bei oder selbst über der Mitte bei der Fall ist. Dies findet statt, wenn auch die Scheibe nur aus Blattgold besteht. Hieraus leuchtet ein, daß die Vertheilung nicht quer durch das Metall, sondern durch die Luft oder das di-elektrische Mittel geschieht, und zwar in krummen Linien.

1222. Ich hatte eine andere Vorrichtung, in welcher ein mitten durch den Schellack-Cylinder zur Erde herabgehender Draht mit der Kugel (Fig. 11 Taf. II) verbunden war, um sie fortwährend im nicht isolirten Zustand zu erhalten. Dieser sehr bequeme Apparat [541] gab die nämlichen Resultate wie die früher beschriebenen.

1223. In einem anderen Fall wurde die Kugel von einer zweiten, von dem geriebenen Schellackcylinder einen halben Zoll entfernten Schellackstange getragen; allein die Ergebnisse waren dieselben. Dann wurde der Messingknopf einer geladenen Leidner Flasche statt des geriebenen Schellacks zur Erzeugung der Vertheilung angewandt; allein auch dieß brachte keine Veränderung in den Erscheinungen hervor. Sowohl positive als negative Vertheilungs-Ladungen wurden im Allgemeinen mit demselben Erfolg untersucht. Endlich ward die Vorrichtung in der Luft umgekehrt, um jeden möglichen Einwand gegen die Schlüsse zu beseitigen; allein diese liefen ganz auf dasselbe hinaus.

Taf. II Fig. 12

1224. Außerordentlich interessant waren einige Resultate, die mit einer messingenen Halbkugel, statt der Kugel , erhalten wurden. Sie hielt 1,36 Zoll im Durchmesser, und, nachdem sie auf den geriebenen Schellackcylinder gelegt worden, wurde die Tragekugel in die in Fig. 12 Taf. II angegebenen Lagen gebracht, wie bei den früheren Versuchen. Bei war die Kraft 112°, bei 108°, bei 65°, bei 35°; nach diesem Punkte hin nahm die Vertheilungskraft allmälig ab, wie zu erwarten stand. Erhob man indeß die Tragkugel bis nach , so stieg die Ladung auf 87°, und noch höher, und sogar auf 105°; in dem noch höheren Punkt betrug die Ladung aber nur 98°, und bei weiterer Erhebung der Kugel fuhr sie in der Abnahme fort. Hier ging die Vertheilung rein um die Ecke. Nichts in der That zeigt besser sowohl die krummen Linien oder Bahnen der durch die Gestalt, Lage und Beschaffenheit der metallenen Halbkugel aus ihrer Geradlinigkeit abgelenkten Vertheilungswirkung, als auch die, so zu sagen, Seitenspannung dieser Linien gegen einander; alles hängt, [542] meiner Ansicht nach, davon ab, daß die Vertheilung eine Wirkung anliegender Theilchen des di-elektrischen Mittels ist, welche durch ihre Kräfte in einen Polarisations- und Spannungszustand versetzt und nach allen Richtungen gegenseitig verknüpft sind.

1225. Als einen anderen Beweis, daß alle die Wirkungen vertheilender Art sind, kann ich noch ein, genau vorauszusehendes Resultat anführen, nämlich, daß, wenn man eine nicht isolirte leitende Substanz neben und nahe an die erregte Schellackstange bringt, die Vertheilungskraft sich gegen diese richtet, und nicht oben auf der Halbkugel gefunden werden kann. Entfernt man diese Substanz, so nehmen die Linien der Kraft ihre frühere Richtung wieder an. Der Versuch erweist die Seitenspannung dieser Linien, und zugleich die Nothwendigkeit, solche Substanzen bei dieser Untersuchung zu entfernen.

1226. Nach diesen Resultaten über die Gekrümmtheit der Vertheilung in der Luft dehnte ich die Versuche auf andere Gase aus, zuerst auf Kohlensäure und dann auf Wasserstoff. Die Erscheinungen dabei waren den schon beschriebenen ganz ähnlich. Bei diesen Versuchen fand ich, daß, wenn man die Gase in Gefäße einschließt, diese sehr groß genommen werden müssen; denn sowohl bei Glas als bei Steingut ist das Leitungsvermögen so groß, daß die Vertheilungskraft des erregten Schellackcylinders gegen sie eben so bedeutend ist wie gegen Metall; und wenn die Gefäße klein sind, richtet sich ein so beträchtlicher Theil der Vertheilungskraft gegen sie, daß die zuvor erwähnte Seitenspannung oder die gegenseitige Abstoßung der Linien der Kraft (mutual repulsion of the lines of force) (1224), wodurch ihre Beugung veranlaßt wird, so sehr in andere Richtungen gehoben wird, daß die Tragekugel in den Lagen , , , , , (Fig. 12) keine Vertheilungsladung empfängt. Eine sehr gute Anstellungsweise der [543] Versuche ist die, daß man breite Gasströme durch die Luft auf- oder absteigen läßt und in diesen die Versuche anstellt.

1227. Nun wurden die Versuche dahin geändert, daß man statt der Luft oder der Gase eine di-elektrische Flüssigkeit, nämlich Terpenthinöl nahm. Eine Glasschale wurde mit einer dünnen Schicht Schellack überzogen (1272), und nachdem sie wohl isolirend befunden, höchst rectificirtes Terpenthinöl zu einer Höhe von einem halben Zoll in dieselbe gegossen. Dann setzte man sie auf die messingene Halbkugel (Fig. 12), und stellte die Beobachtungen mit der Tragekugel wie zuvor an (1224). Die Resultate waren dieselben, und es machte keinen merklichen Unterschied, ob die Kugel bei einigen Lagen in oder außer der Flüssigkeit war.

Taf. II Fig. 14

1228. Zuletzt wandte ich einige starre di-elektrische Media zu demselben Zweck an, und mit demselben Erfolg. Es waren Schellack, Schwefel, geschmolzenes und ausgegossenes borsaures Blei, Flintglas, wohl überzogen mit einer Lackschicht, und Wallrath. Wie mit allen diesen Substanzen verfahren wurde, mag folgender Versuch mit Schwefel zeigen. Aus diesem goß man eine quadratische Platte von zwei Zoll Seite und 0,6 Zoll Dicke, in der Mitte mit einer kleinen Vertiefung zur Aufnahme der Tragekugel, diese Platte legte man auf die, wie früher, auf der erregten Schellackstange ruhende Metallhalbkugel (Fig. 14 Taf. II) und stellte die Versuche in , , und an. Mit großer Sorgfalt wurde bei diesen Versuchen der Schwefel oder die andere starre Substanz von jeder etwa vorherigen Ladung befreit, nämlich durch Behauchen und Abwischen (1203). Nachdem sie von aller elektrischen Erregung frei befunden worden, wurde sie zum Versuch angewandt, dann fortgenommen und abermals untersucht, um zu ermitteln, ob sie eine Ladung erhalten habe; allein sie hatte wirklich als ein di-elektrisches Mittel gewirkt. [544] Bei allen diesen Vorsichtsmaßregeln waren die Resultate dieselben; und es war sehr befriedigend die krummlinige Vertheilung durch starre Substanzen zu erhalten, da jede mögliche Wirkung eine Verschiebung der geladenen Theilchen, welche einige Personen vielleicht bei Flüssigkeiten oder Gasen voraussetzen könnten, hier gänzlich beseitigt war.

1229. Bei diesen Versuchen mit starren di-elektrischen Substanzen war der Grad der von der Tragekugel in den Lagen , , (Fig. 14) angenommenen Ladungen entschieden größer, als im Fall, bei denselben Lagen der Kugel, bloß Luft zwischen ihr und der metallnen Halbkugel vorhanden war. Diese Wirkung stimmt, wie späterhin gezeigt werden wird, überein mit den verschiedenen Vermögen dieser Körper, die Vertheilung durch ihre Masse hin zu erleichtern (1269. 1273. 1277).

Taf. II Fig. 13

1230. Ich könnte viele andere, theils alte, theils neue Erfahrungen für die Vertheilung in krummen Linien anführen, allein ich halte dieß nach den vorhergehenden Resultaten für überflüssig, und will daher nur zwei erwähnen. Wird ein Conductor (Fig. 13) elektrisirt, und eine nicht isolirte Metallkugel oder selbst Metallplatte (nur keine mit zu dünnen Rändern) vor ihm gehalten, so giebt ein kleines nicht isolirtes Elektrometer in oder Anzeigen von Elektricität, die in Bezug auf die von entgegengesetzter Art, also durch Vertheilung bewirkt ist, obgleich die influencirende und der influencirte Körper durch die Luft hin nicht durch gerade Linien verbunden werden können. Wenn aber nach der Fortnahme der Elektrometer eine Spitze auf der Rückseite der Kugel, in nicht isolirtem Zustande, befestigt wird, wie bei , so wird diese Spitze leuchtend, und entladet den Conductor . Der letztere Versuch ist von Nicholson beschrieben, welcher aber falsche Schlüsse daraus gezogen hat[7]. Er wurde hier angeführt, [545] weil, obgleich er ein Fall von Entladung ist, der Ladung eine Vertheilung vorherging, und diese Vertheilung in krummen Linien geschehen mußte.

1231. Ich sehe nicht ab, wie man die vorstehenden Resultate als Argumente gegen die herkömmliche Theorie der Vertheilung und für die von mir aufgestellte von der Hand weisen könne. Die Wirkungen sind offenbar Vertheilungswirkungen, erzeugt nicht von strömender, sondern von statischer Elektricität, und diese Vertheilung wird ausgeübt in Linien (lines of force), die, obgleich sie in manchen Versuchen gerade seyn mögen, hier nach den Umständen mehr oder weniger gekrümmt sind. Ich gebrauche den Ausdruck Linie der Vertheilungskraft hier nur als eine temporäre conventionelle Bezeichnungsweise der Richtung der Kraft bei Vertheilungen. In den Versuchen mit der Halbkugel (1224) ist es sonderbar zu sehen, wie, wenn gewisse Linien an der Unterfläche und dem Rande des Metalls geendigt haben, diejenigen, welche zuvor lateral zu ihnen waren, sich aus- und von einander breiten, indem einige sich herumbiegen und ihre Wirkung auf der oberen Fläche der Halbkugel endigen, während andere oben in ihrem Gange nach Außen zusammentreffen und ihre Kräfte vereinigen, um der Tragekugel in einem größeren Abstande von der Kraftquelle eine verstärkte Ladung zu geben, und so auf einander einwirken, daß sie eine zweite Biegung in entgegengesetzter Richtung mit der ersten veranlassen. Alles dieß scheint mir zu beweisen, daß die ganze Wirkung eine zwischen anstoßenden, mit einander verknüpften Theilchen ist, nicht bloß in den Linien, welche sie, wie man annehmen kann, quer durch das isolirende Medium zwischen den vertheilenden und vertheilten Oberflächen bilden, sondern auch in Seiten-Richtungen. Es ist dieß, was die Wirkung gleichsam zu einer Seiten-Abstoßung oder Ausbreitung in den besprochenen Kraftlinien macht, und die Vertheilung befähigt [546] um die Ecke zu gehen (1304). Die Kraft ist nicht gleich der Schwerkraft, welche die Theilchen durch gerade Linien verknüpft, was für Theilchen auch zwischen ihnen liegen mögen, sondern hat mehr Analogie mit der einer Reihe von Magnetnadeln oder dem Zustande der Theilchen, die, wie man annimmt, das Ganze eines geraden oder krummen Magnets bilden. Wie ich auch die Sache ansehen mag, und mit welchem Argwohn auf den Einfluß von Lieblings-Meinungen auf mich selbst, so kann ich doch nicht begreifen, wie die gewöhnliche Theorie der Vertheilung eine richtige Vorstellung von dem großen Naturprincipe der elektrischen Wirkung seyn könne.

1232. Bei Beschreibung der zum Gebrauch des Vertheilungs-Apparats nöthigen Vorsichtsmaßregeln habe ich Gelegenheit gehabt auf eine zu verweisen, die auf Vertheilung in krummen Linien beruht (1203); und nach den schon beschriebenen Versuchen wird man leicht einsehen, welch großen Einfluß die Schellackstange auf die Ladung der Tragekugel ausüben kann, wenn sie ohne diese Vorsicht an den Apparat (1218) angelegt wird.

1233. Ich halte es für dienlich zunächst einige noch nicht anticipirte Vertheilungs-Effecte zu beschreiben, die mit Körpern, wie Glas, Schwefel u. s. w. erhalten wurden. Richtig verstanden, lehren sie uns gewisse Vorsichtsmaßregeln, die bei Untersuchung der großen Frage über das specifische Vertheilungsvermögen nothwendig sind.

1234. In einen der schon beschriebenen Vertheilungs-Apparate (1187) wurde eine halbkugelförmige Schale von Schellack gelegt, die den Zwischenraum zwischen der inneren Kugel und der unteren Halbkugel beinahe ausfüllte. Wenn also der Apparat geladen worden, so war der Schellack das di-elektrische oder isolirende Medium, durch welches hin die Vertheilung in diesem Theile stattfand. Wenn der Apparat zuerst mit Elektricität [547] (1198) bis zu einer gewissen Intensität, z. B. 400°, des Coulomb’schen Elektrometers (1180), geladen wurde, so sank er weit schneller von diesem Grade herab, als er von einem höheren Grade der Ladung auf 400°, oder von einer abermaligen Ladung von 400° weiter herabgesunken seyn würde; wenn auch alle übrigen Umstände gleich blieben. Wenn er ferner, nachdem er eine Zeit lang, z. B. 15 bis 20 Minuten, geladen worden, plötzlich und vollkommen entladen, und selbst der Stange alle Elektricität entzogen wurde (1203), so nahm er doch, sich selbst überlassen, allmälig wiederum eine Ladung an, die nach neun oder zehn Minuten auf 50° oder 60°, einmal sogar auf 80° stieg.

1235. Die Elektricität, welche in diesen Fällen aus einem scheinbar latenten Zustand in einen sensiblen zurückkehrte, war immer von gleicher Art wie die durch die Ladung ertheilte. Die Rückkehr fand an beiden vertheilenden Oberflächen statt. Denn wenn der Apparat, nach seiner vollständigen Entladung, isolirt ward, nahm die äußere Kugel negative Elektricität an, so wie die innere wieder positiv wurde.

1236. Dieser Vorgang unterschied sich zugleich von dem, welchen die geriebene Stange durch Wirkung in krummen Vertheilungslinien (1203. 1232) ausübte, durch den Umstand, daß alle wiedergekehrte Elektricität vollkommen und augenblicklich entladen werden konnte. Er schien von dem inneren Schellack abzuhängen, und einigermaßen herzurühren von Elektricität, die, in Folge eines früheren Zustandes, in den der Lack durch die Ladung der metallischen Belege oder Kugeln versetzt worden, aus diesem entwickelt wurde.

1237. Um diesen Zustand genauer zu untersuchen, wurde der Apparat, versehen mit seiner halbkugeligen Schellackschale, etwa 45 Minuten lang bis über 600° mit positiver Elektricität an den Kugeln und geladen (Fig. 6 Taf. II des vorigen Bandes). Dann wurde [548] er entladen, geöffnet, die Schellackschale herausgenommen und deren Zustand untersucht. Dieß geschah, indem die Tragekugel nahe an die Schellackstange gebracht, ableitend berührt, isolirt, und nun auf ihre Ladung untersucht wurde. Da es nur eine Vertheilungsladung seyn konnte, so mußte die Elektricität der Kugel entgegengesetzter Art seyn mit der an der Oberfläche des Schellacks, welcher die Ladung erzeugt hatte. Anfangs schien das Schellack ganz frei von jeder Ladung, allein allmälig nahmen seine beiden Oberflächen entgegengesetzte Elektricität an; die concave, an der inneren oder positiven Kugel gelegene Oberfläche zeigte positive Elektricität, und die convexe, mit der negativen Belegung in Berührung gewesene, die negative. Beide elektrischen Zustände nahmen eine Zeit lang an Intensität zu.

1238. Da die rückkehrende Wirkung offenbar sogleich nach der Entladung am größten war, so setzte ich den Apparat wiederum zusammen, und lud ihn wie zuvor 15 Minuten lang, die innere Kugel positiv. Ich entlud ihn dann, nahm sogleich die obere Halbkugel mit der inneren Kugel ab, und untersuchte die Schellackschale, sie in der unteren unisolirten Halbkugel lassend, auf ihrer inneren Oberfläche mit der Tragekugel wie zuvor (1237). Auf diese Weise fand ich die Oberfläche des Schellacks wirklich negativ oder im entgegengesetzten Zustand zu der vorhin in ihr gewesenen Kugel. Dieser Zustand verschwand aber rasch, und ihm folgte ein positiver, der eine Zeit lang an Intensität zunahm, in derselben Weise wie zuvor. Der erste negative Zustand der Oberfläche, entgegengesetzt der positiven ladenden Kugel, ist eine natürliche Folge des Zustandes der Dinge, da die ladende Kugel nur in wenigen Punkten mit dem Schellack in Berührung steht. Er widerstreitet nicht dem allgemeinen Resultat und dem jetzt betrachteten besonderen Zustand, vielmehr hilft er den endlichen [549] Uebergang der Schellackflächen in einen elektrischen Zustand, ähnlich dem der anliegenden Metallflächen, in einer sehr hervorstechenden Weise erläutern.

1239. Ich untersuchte nun Glas rücksichtlich seiner Fähigkeit zur Annahme dieses besonderen Zustands. Ich hatte eine dicke hemisphärische Schale von Flintglas machen lassen, die in den Raum der unteren Halbkugel (1188. 1189) paßte; sie war erhitzt und mit einer alkoholischen Lösung von Schellack gefirnißt worden, um die Leitungsfähigkeit ihrer Oberfläche zu zerstören. Darauf, erwärmt, untersucht, fand ich, daß auch sie denselben Zustand annahm, doch, wie es schien, nicht in demselben Grade, indem die rückkehrende Wirkung in verschiedenen Fällen nur auf 6° bis 18° stieg.

1240. Wallrath, auf dieselbe Weise versucht, gab auffallende Resultate. Wenn die ursprüngliche Ladung 15 bis 20 Minuten lang auf ungefähr 500° gehalten worden, betrug die rückkehrende Ladung 95° bis 100°, und erreichte nach etwa 14 Minuten ihr Maximum. Auf eine nicht länger als 2 oder 3 Secunden fortgesetzte Ladung folgte eine rückkehrende Ladung von 50° bis 60°. Die früher (1234) gemachten Beobachtungen bestätigten sich bei dieser Substanz. Der Wallrath, obwohl eine schwache Ladung eine Zeit lang isolirend, ist ein besserer Leiter als Schellack, Glas und Schwefel, und seine Leitungsfähigkeit ist verknüpft mit einer Leichtigkeit, den hier betrachteten besonderen Effect zu äußern.

1241. Schwefel. Ich war begierig, den Betrag des Effectes dieser Substanz kennen zu lernen, erstlich, weil sie ein vortrefflicher Isolator ist, und in dieser Beziehung den Zusammenhang des Effects mit dem Leitungsvermögen eines di-elektrischen Mediums (1247) darthun würde, und dann, um, für die Erforschung der Frage über das specifische Vertheilungsvermögen (1277), den Körper zu erhalten, welcher den nun betrachteten Effect im schwächsten Grade zeige.

[550] 1242. Mit einer guten halbkugelförmigen Schale von gegossenem und rissefreiem (sound) Schwefel erhielt ich die Rückladung zum Betrage von 17° bis 18°. Glas und Schwefel, welche durch ihre Masse hin (bodily) schlechte Elektricitätsleiter oder wirklich fast vollkommene Isolatoren sind, gaben demnach nur eine sehr kleine Rückladung.

1243. Denselben Versuch wiederholte ich bloß mit Luft in dem Vertheilungs-Apparat. Nachdem er einige Zeit hindurch stark geladen worden, konnte ich eine schwache Rückwirkung erhalten, die aber, wie sich zuletzt auswies, vom Schellack der Stange herrührte.

1244. Ich suchte Etwas diesem Zustande Aehnliches mit Einer elektrischen Kraft und ohne Vertheilung hervorzubringen; dieß schien nach der Theorie von einer oder zwei elektrischen Flüssigkeiten nicht unmöglich, und dann würde ich eine absolute Ladung (1169. 1177) oder etwas Aehnliches erhalten haben. Allein es mißlang. Ich erregte die Außenseite eines Schellackcylinders eine Zeit lang sehr stark, entlud ihn darauf rasch (1203), und wartete nun, ob eine Rückladung erscheinen würde; allein vergebens. Dieß ist eine zweite Thatsache zu Gunsten der Untrennbarkeit beider elektrischen Kräfte, und ein zweites Argument für die Ansicht, daß die Vertheilung, mit den sie begleitenden Erscheinungen, auf einer Polarität der Körpertheilchen beruht.

Taf. II Fig. 15

1245. Obgleich anfangs geneigt diese Erscheinungen auf einen besonderen versteckten Zustand einer gewissen Portion der Kräfte zu beziehen, so glaube ich doch sie seitdem richtig auf bekannte Principien der elektrischen Action zurückgeführt zu haben. Die Rückladungen scheinen herzurühren von einem wirklichen Eindringen der Ladung in das di-elektrische Medium bis zu einer gewissen Tiefe an beiden Seiten desselben, vermöge dessen, was wir Leitung nennen; so daß, um die [551] gewöhnliche Sprache zu reden, die die Vertheilung unterhaltenden elektrischen Kräfte nicht bloß auf den metallischen Oberflächen verweilen, sondern auf und in dem di-elektrischen Medium, bis zu einer größeren oder geringeren Tiefe von den metallenen Belegen ab. Sey Taf. II Fig. 15 der Durchschnitt einer Platte von irgend einem di-elektrischen Stoff, und die metallenen Belege; sey unisolirt und positiv geladen. Werden und entladen, isolirt und sogleich untersucht, so wird keine Elektricität auf ihnen gefunden. Allein nach kurzer Zeit, nach 10 bis 15 Minuten, erweisen sie sich bei abermaliger Untersuchung wieder geladen, in derselben Weise wie zuvor, aber nicht in demselben Grade. Gesetzt nun die positive Kraft sey, unter dem zwingenden Einfluß aller betreffenden Kräfte, in das di-elektrische Medium eingedrungen und habe auf der Linie Platz genommen; eine entsprechende Portion der negativen Kraft wird dann ihre Stellung auf der Linie nehmen, so daß in der That das di-elektrische Mittel an diesen beiden Stellen positiv und negativ geladen worden ist. Dann ist klar, daß die Vertheilung (Induction) dieser beiden Kräfte jetzt, da sie durch den kleinen Abstand getrennt sind, größer gegen einander und geringer nach außen seyn wird, als damals, wo sie in der größeren Entfernung waren. Werden nun und entladen, so ist alle äußere Vertheilung zerstört oder neutralisirt, und die Belege werden daher durch die Tragekugel unelektrisirt befunden; allein die Entladung hat auch fast die gesammten Kräfte, durch welche die elektrische Ladung in das di-elektrische Mittel getrieben ward, fortgenommen, und obgleich ein Theil wahrscheinlich vorwärts geht, und in dem, was wir Entladung nennen, endigt, so kehrt doch ein größerer Theil zu den Oberflächen von zurück, folglich zu den Leitern und , die demnach eine Rückladung erhalten.

Taf. II Fig. 16

1246. Folgendes ist der Versuch, der mir die Richtigkeit [552] dieser Ansicht bezeugt. Zwei Platten von Wallrath, und , Fig. 16 Taf. II, wurden zusammengelegt zur Bildung des di-elektrischen Mittels; und waren die metallischen Belege dieser zusammengesetzten Platte. Das System wurde geladen, dann entladen, unisolirt und geprüft; es gab der Tragekugel keine Anzeigen von Elektricität. Darauf wurden die Platten und von einander getrennt; augenblicklich zeigten sich nebst in dem positiven Zustand, und nebst in dem negativen; fast alle Elektricität befand sich in den Belegen und . Hieraus ist klar, daß von den gesuchten Kräften die positive in der einen Hälfte der zusammengesetzten Platte, und die negative in der andern Hälfte war; denn als sie (bodily) mit den Platten aus ihrem gegenseitigen Vertheilungs-Einfluß entfernt wurden, erschienen sie an getrennten Orten, und nahmen daher ihre Kraft, durch Vertheilung auf die Elektricität umgebender Körper zu wirken, nothwendig wieder an. Hätte der Effect bloß auf einer eigenthümlichen Relation der angrenzenden Körpertheilchen beruht, so würde jede Plattenhälfte, und , positive Kraft an der einen Oberfläche, und negative an der anderen gezeigt haben.

1247. Es erhellt demnach, daß die besten starren Isolatoren, wie Schellack, Glas und Schwefel, in dem Grade leitend sind, daß die Elektricität in ihre Masse eindringen kann, doch immer unter dem überwältigenden Einfluß des Vertheilungszustandes (1178). Anlangend die Tiefe, bis zu welcher die Kräfte in dieser Form von Ladung der Theilchen eindringen, so sollte sie, theoretisch genommen, sich durch die ganze Masse erstrecken; denn so wie die Ladung des Metalls auf das nächste Stück des di-elektrischen Mediums wirkt, so müßte das geladene Stück des di-elektrischen Mittels auf das nächst folgende wirken; allein wahrscheinlich wird sich in den besten Isolatoren die freie Ladung nur bis zu einer sehr kleinen Tiefe erstrecken; denn sonst würde sie, bei Unterhaltung [553] der ursprünglichen Ladung, in dem ersten Augenblick verschwinden, weniger Zeit würde zur Annahme des besonderen Zustandes erforderlich seyn, und mehr Elektricität als Rückladung wieder erscheinen.

1248. Der Umstand, daß Zeit zum Eindringen der Ladung erfordert wird, ist wichtig, sowohl hinsichtlich der allgemeinen Beziehung dieser Fälle auf Leitung, als für die Beseitigung eines Einwurfs, den man sonst mit Fug gegen gewisse, weiterhin (1269. 1277) aufgeführte Resultate über specifische Vertheilungs-Fähigkeiten erheben könnte.

1249. Daß das Glas zwischen den Belegen der Leidner Flasche zur Annahme dieses Zustandes Zeit gebraucht, giebt Anlaß zu der bekannten Erscheinung, welche gewöhnlich durch eine Verbreitung der Elektricität über den unbelegten Theil des Glases erklärt wird, nämlich der rückständigen Ladung. Der Betrag der Ladung, welche eine große Batterie, nach vollkommener Un-Isolation beider Oberflächen, freiwillig wieder annehmen kann, ist sehr bedeutend, und bei weitem der größte Theil derselben rührt her von der Rückkehr der Elektricität in der beschriebenen Weise. Eine Platte von Schellack, sechs Quadratzoll groß und einen halben Zoll dick, oder eine ähnliche Platte von Schellack, einen Zoll dick, bekleidet an beiden Seiten mit Zinnfolie wie eine Leidner Flasche, zeigt diese Erscheinung ungemein gut.

1250. Der eben beschriebene besondere Zustand der di-elektrischen Körper vermag offenbar eine Wirkung hervorzubringen, welche mit den Resultaten und Schlüssen aus dem Gebrauche zweier Vertheilungs-Apparate, wenn in einem oder beiden Schellack, Glas u. s. w. angewandt wird (1192. 1207), in Widerspruch steht. Denn nach Theilung der Ladung in solchen Fällen gemäß der beschriebenen Methode (1198. 1207) ist klar, daß der eine, welcher eben die halbe Ladung empfangen [554] hat, schneller in seiner Spannung fallen muß als der andere. Denn gesetzt, Apparat I sey zuerst geladen, und Apparat II theile die Ladung mit ihm. Wenn auch beide wirklich gleich viel verlieren, so wird doch Apparat I, welcher die eine Hälfte abgegeben hat, durch einen gewissen Grad von Rückladung (1234) in seiner Spannung erhalten werden, während Apparat II desto rascher durch das Anrücken des besonderen Zustandes herabsinkt. Ich habe mich bemüht diese Störung dadurch zu vermeiden, daß ich den ganzen Proceß des Vergleichs so schnell wie möglich vollzog und die Kraft des Apparats II sogleich nach der Theilung bestimmte, ehe aus der Annahme des besonderen Zustandes eine merkliche Verringerung der Spannung entspringen konnte. Da zwischen der ersten Ladung des Apparats I und der Theilung, und eben so zwischen der Theilung und der Entladung, als die Kraft der nicht übertragbaren Elektricität gemessen ward, ungefähr drei Minuten verstrichen, so habe ich angenommen, daß die entgegengesetzten Tendenzen in diesen Perioden den Apparat während der letzten Periode in einem ziemlich constanten und gleichförmigen Zustand erhalten hatten.

1251. Die beschriebene eigenthümliche Wirkung findet statt sowohl am Schellack der Stange als an der in dem Apparat angewandten di-elektrischen Substanz. Sie ist daher eine Ursache, weshalb die Außenseite der Stange, unabhängig von der Wirkung von Staub und schwebenden Theilchen (1203), bei einigen Operationen mit Elektricität geladen wird.


V. Specifische Vertheilung oder specifisches Vertheilungsvermögen.

1252. Ich beginne nun, die große Frage über das specifische Vertheilungsvermögen zu untersuchen, nämlich zu untersuchen, ob die verschiedenen di-elektrischen Körper wirklich einen Einfluß auf den Grad der durch [555] sie hin stattfindenden Vertheilung ausüben. Wäre es der Fall, so schien mir dieß nicht nur höchst wichtig für das weitere Verständniß der Gesetze und Resultate der Vertheilung, sondern auch ein abermaliges und sehr kräftiges Argument für die von mir aufgestellte Theorie, daß das Ganze auf einer Molecular-Action beruhe, nicht auf einer in merkliche Ferne.

Die Frage kann so gestellt werden: Gesetzt sey eine elektrisirte Platte, aufgehängt in der Luft, und seyen zwei ganz ähnliche Platten, zu beiden Seiten von , in gleichen Abständen, parallel mit derselben, unisolirt angebracht. wirkt dann gleich stark vertheilend auf und . Wenn nun bei dieser Stellung der Platten irgend ein anderes di-elektrisches Mittel als Luft, z. B. Schellack, zwischen und gebracht wird, wird dann die Vertheilung zwischen ihnen noch dieselbe bleiben? Wird dann das Verhalten von und zu , trotz der Verschiedenheit der zwischen sie eingeschalteten di-elektrischen Stoffe, ungeändert seyn?

1253. So weit ich mich erinnere, ist angenommen, daß eine solche Variation der Umstände keine Aenderung bewirke, und das Verhalten von und zu gänzlich von den Abständen derselben abhänge. Ich entsinne mich nur einer experimentellen Erläuterung dieser Frage, und das ist die von Coulomb[8], in der er zeigt, daß ein Draht, von Schellack umgeben, genau dieselbe Elektricitätsmenge aus einem geladenen Körper zog, als von Luft umgeben. Der Versuch war mir kein Beweis von der Richtigkeit der Annahme. Denn es sind nicht bloß die den geladenen Körper umgebenden Schichten der di-elektrischen Substanzen, welche man zu untersuchen und vergleichen hat, sondern die Gesammtmasse zwischen jenem Körper und den umgebenden Leitern, woran die Vertheilung endet. Ladung beruht auf [556] Vertheilung (1171. 1178); und wenn die Vertheilung den Theilchen des umgebenden di-elektrischen Mittels angehört, so gehört sie allen Theilen dieses von den umgebenden Leitern eingeschlossenen Mittels an, nicht bloß den wenigen in nächster Umgebung des geladenen Körpers. Mochte nun der von mir gesuchte Unterschied existiren oder nicht, so fand ich doch bald Grund zum Zweifel an dem Schluß, der aus Coulomb’s Resultat gezogen werden könnte; und deshalb verfertigte ich den Apparat, welcher, nebst seinem Gebrauch, bereits beschrieben worden ist (1187 u. s. w.), und mir für die Untersuchung der Aufgabe wohl geeignet zu seyn scheint.

1254. Glas und viele andere Körper, welche auf den ersten Blick als sehr geeignet für die Prüfung dieses Satzes erscheinen könnten, erwiesen sich für diesen Zweck außerordentlich unpassend. Das Glas, wie gut erwärmt und getrocknet es auch seyn mag, ist, hauptsächlich wegen seines Alkali-Gehalts, auf seiner Oberfläche in gewissem Grade leitend, vermöge der Feuchtigkeit der Atmosphäre, und dies macht dasselbe zu einem Probeversuch untauglich. Harz, Wachs, Steinöl, Terpenthinöl und viele andere Substanzen mußten auch wegen eines geringen Grades von Leitvermögen verworfen werden. Endlich wurden Schellack und Schwefel gewählt, und diese zeigten sich, nach vielen Versuchen, als die am besten für diese Untersuchung tauglichen di-elektrischen Mittel. Es kann nicht schwer halten einzusehen, wie ein Körper, durch den Besitz eines schwachen Grades von Leitungsfähigkeit, Wirkungen hervorzubringen vermag, die anzudeuten scheinen könnten, er habe eine größere Fähigkeit, eine Vertheilung durch sich hin zu gestatten, als ein anderer vollkommen isolirender Körper. Diese Fehlerquelle war die einzige, welche zu vermeiden ich bei den Probeversuchen sehr schwierig fand.

[557] 1255. Vertheilung durch Schellack hin. Als einen vorläufigen Versuch ermittelte ich zuerst, daß überhaupt, wenn ein Theil der Oberfläche einer dicken Schellackplatte erregt oder geladen ward, kein merklicher Unterschied in dem Charakter der von diesem geladenen Theil unterhaltenen Vertheilung vorhanden war, diese Vertheilung mochte durch Luft hin in der einen Richtung, oder durch die Schellackplatte hin in der andern ausgeübt werden; sobald die zweite Oberfläche der Platte nur nicht durch Berührung mit Leitern, durch Wirkung von Staub oder auf andere Weise geladen worden war (1203). Vermöge ihrer Starrheit hielt sie die erregten Theilchen in einer permanenten Lage; aber das schien auch Alles zu seyn. Denn diese Theilchen wirkten auf der einen Seite just so frei durch den Schellack hin, als auf der anderen durch die Luft. Denselben allgemeinen Versuch machte ich, indem ich eine Scheibe Zinnfolie an einer Seite der Schellackplatte befestigte und darauf elektrisirte. Die Resultate waren dieselben. Schwerlich wird irgend eine andere Substanz als Schellack und Schwefel, noch irgend eine andere Flüssigkeit, die ich untersucht habe, diese Prüfung ertragen. Glas in seinem gewöhnlichen Zustand taugt nichts; doch war es wesentlich nothwendig, diesen ersten Grad von Vollkommenheit in den angewandten di-elektrischen Mitteln zu erlangen, bevor ein weiterer Fortschritt in der Hauptuntersuchung gemacht werden konnte.

1256. Schellack und Luft wurden zunächst verglichen. – Zu dem Ende wurde eine dicke, halbkugelförmige Schale von Schellack in die untere Halbkugel eines der Vertheilungs-Apparate gelegt (1187), so daß sie den unteren Theil des Zwischenraumes , Fig. 6 Taf. II, beinahe ausfüllte. Dann geladen und getheilt, nach der schon beschriebenen Weise (1198. 1207), wurde der zweite Apparat zum Empfange der ersten Ladung vor der Theilung mit dem andern angewandt. Da [558] man wußte, daß die Apparate, wenn beide Luft enthielten, gleiches Vertheilungsvermögen besaßen (1209. 1211), so mußte jeder durch die Einführung des Schellacks entspringende Unterschied eine besondere Wirkung in diesem anzeigen, und wenn er unzweideutig auf einen specifischen Vertheilungs-Einfluß zu beziehen war, den gesuchten Punkt feststellen. Die zur Anstellung der Versuche nöthigen Vorsichtsmaßregeln habe ich bereits angeführt (1199 u. s. w.), und was den Fehler betraf, der aus der Annahme des besonderen Zustandes entspringen konnte, so schützte ich mich bestmöglich gegen denselben, indem ich zuvörderst schnell operirte (1248), und späterhin, indem ich von Glas oder Schwefel, einem di-elektrischen Mittel, welches den besonderen Zustand sehr langsam und im schwächsten Grade annimmt (1239. 1241), Gebrauch machte.

1257. Die Schellack-Halbkugel wurde in Apparat I gebracht und Apparat II mit Luft erfüllt gelassen. Die Resultate eines Versuchs, in welchem die Ladung durch Luft hin mit dem Schellack-Apparat getheilt wurde, waren folgende:

Apparat I Schellack. Apparat II Luft.
Kugeln 255°
00 .... ....
.... .... 304°
.... .... 297°
Ladung getheilt
113° .... ....
.... .... 121°
000° .... .... nach Entlad.
.... .... 007° dito dito.

1258. Hier können 297°–7° oder 290° als die theilbare Ladung des Apparats II angesehen werden (indem die 7° die constante Wirkung der Schellackstange (1203. 1232}), wovon 145° die Hälfte ist. Der Schellack-Apparat [559] gab 113° als die nach der Theilung erlangte Kraft oder Spannung. Der Luft-Apparat II gab 121°–7° oder 114° als das, was er von der theilbaren Ladung von 290° behielt. Diese beiden Zahlen sollten gleich seyn, und sie sind es auch sehr nahe, bis weit innerhalb der Beobachtungsfehler. Allein diese Zahlen weichen sehr ab von 145° oder von der Kraft, welche die halbe Ladung gehabt haben würde, hätte der Apparat I, statt Schellack, Luft enthalten; und es erhellt, daß, während bei der Theilung die Vertheilung durch die Luft hin 176° an Kraft verlor, die durch Schellack hin nur 113° gewann.

1259. Nimmt man an, dieser Unterschied hänge gänzlich davon ab, daß der Schellack die vertheilende Wirkung durch seine Masse mit größerer Leichtigkeit gestatte oder veranlasse als die Luft durch die ihrige, so würde diese Fähigkeit für elektrische Vertheilung sich umgekehrt verhalten wie respective der eben angeführte Gewinn und Verlust, und, die Fähigkeit des Luft-Apparats als Eins angenommen, würde die des Schellack-Apparats oder 1,55 seyn.

1260. Dieser außerordentliche Unterschied war in seinem Betrage so unerwartet, daß er den größten Verdacht auf die Genauigkeit des Versuches werfen mußte, wiewohl die vollständige Entladung des Apparats I nach der Theilung zeigte, daß die 113° leicht aufgenommen und abgegeben wurden. Einleuchtend war, daß er, wenn er wirklich existirte, entsprechende Wirkungen in umgekehrter Ordnung erzeugen mußte, daß, wenn eine Vertheilung durch Schellack in eine durch Luft hin verwandelt würde, die Kraft oder Spannung des Ganzen wachsen müßte. Der Apparat I wurde daher zuerst geladen, und seine Kraft getheilt mit Apparat II. Folgendes waren die Resultate:

[560]

Apparat I Schellack. Apparat II Luft.
.... .... 00
215° .... ....
204° .... ....
Ladung getheilt
.... .... 118°
118° .... ....
.... .... 000° nach Entlad.
000° .... .... dito dito.

1261. Hier muß 204° das Höchste der theilbaren Ladung seyn. Die Apparate I und II gaben 118° als ihre respectiven Kräfte, beide betragen also bedeutend mehr als die Hälfte der ersten Kraft oder als 102°, wogegen sie im vorhergehenden Fall geringer waren. Der Schellack-Apparat I hat nur 86° verloren, und doch hat er an den Luft-Apparat II 118° abgegeben, so daß also der Schellack um vieles die Luft übertrifft. Das Vertheilungsvermögen des Schellack-Apparats I zu dem des Luft-Apparats II ist wie 1,37 zu 1.

1262. Der Unterschied zwischen 1,55 und 1,37, den Ausdrücken für das Vertheilungsvermögen des Schellacks, scheint beträchtlich; allein er ist unter den stattfindenden Umständen wirklich sehr annehmbar, da beide Zahlen in entgegengesetzten Richtungen fehlerhaft sind. So fiel in dem letzten Versuch, während der Operationen mit dem Elektrometer und der zur Erlangung jener beiden Resultate erforderlichen Anlegungen der Tragekugel, durch die vereinten Effecte der Entweichung (Dissipation) und Absorption, die Ladung von 215° auf 204° (1192. 1250). Fast eine gleiche Zeit verstrich zwischen der Anlegung der Tragekugel, welche das Resultat 204° gab, und der Theilung zwischen den beiden Apparaten. Da der Kraftverlust allmälig abnimmt (1192), so wird, nimmt man ihn nur zu 6° an, die ganze übertragbare Ladung zur Zeit der Theilung auf 198° zurückkommen, [561] statt 204. Dieß verringert den Verlust des Schellacks von 86° auf 80°, und erhöht das Vertheilungsvermögen desselben von 1,37 auf 1,47, das der Luft dabei gleich eins.

1263. Macht man dieselbe Berichtigung bei dem vorhergehenden Versuche, bei welchem die Luft zuerst geladen wurde, so ist das Resultat entgegengesetzter Art. Dann war keine Schellack-Halbkugel in dem Apparat, und deshalb mußte der Verlust hauptsächlich aus Entweichung (Dissipation) und nicht aus Absorption entspringen; er mußte also dem Unterschied der Zahlen 304° und 297° näher kommen, und, zu 6° angenommen, würde sich darin die theilbare Ladung auf 284° reduciren. In diesem Fall würde die Luft 170° verloren und nur 113° dem Schellack mitgetheilt haben, und das relative specifische Vertheilungsvermögen des Letzteren würde 1,50 seyn, was nur wenig abweicht von 1,47, dem Resultat, welches der zweite Versuch, nach derselben Berichtigung, liefert.

1264. Nun wurde der Schellack aus dem Apparat genommen und in den Apparat II gelegt, und der Theilungsversuch wieder angestellt. Ich gebe die Resultate, weil ich glaube, daß die Wichtigkeit des Gegenstandes es rechtfertigt und sogar erfordert.

Apparat I Luft. Apparat II Schellack.
Kugeln 200°
.... .... 00
286° .... ....
283° .... ....
Ladung getheilt
.... .... 110°
109° .... ....
.... .... 0°,25 nach Entlad.
Spur .... .... dito dito.

Hier behielt der Apparat I 109°, nachdem er 174° verloren, als er 110° dem Apparat II mittheilte. Das [562] Vertheilungsvermögen des Luft-Apparats verhält sich also zu dem Lack-Apparat wie 1 : 1,58. Wird die getheilte Ladung nach einem angenommenen Verlust von 3°, als dem Betrage des früheren Verlustes in derselben Zeit, berichtigt, so ergiebt sich das Vermögen des Lack-Apparats nur zu 1,55.

1265. Nun wurde Apparat II geladen und die Ladung getheilt.

Apparat I Luft. Apparat II Schellack.
00 .... ....
.... .... 256°
.... .... 251°
Ladung getheilt
146° .... ....
.... .... 149°
Wenig .... .... Nach Entlad.
.... .... Wenig. Nach. Entlad.

Hier erlangte Apparat I eine Ladung von 146°, während Apparat II, bei Mittheilung dieses Kraftbetrages an I, nur 102° verlor. Die Vertheilungsfähigkeiten verhalten sich also wie 1 : 1,43. Berichtigt man die gesammte übertragbare Ladung wegen eines Verlustes von 4° vor der Theilung, so bekommt man 1,49 für die Fähigkeit des Schellack-Apparats.

1266. Die vier Werthe 1,47; 1,50; 1,55 und 1,49 für das Vertheilungsvermögen des Schellack-Apparats, obwohl durch verschiedene Abänderungen des Versuchs erhalten, kommen einander sehr nahe. Das Mittel hieraus kommt 1,50 sehr nahe, welche Zahl demnach für späterhin als der Ausdruck des Resultats gebraucht werden mag. Es ist ein sehr wichtiges Resultat: es ergiebt für das angewandte Stück Schellack eine entschiedene Ueberlegenheit über die Luft in Gestattung oder Veranlassung des Acts der Vertheilung; es erweist die wachsende [563] Nothwendigkeit einer näheren und strengeren Untersuchung der ganzen Aufgabe.

1267. Der Schellack war von der besten Beschaffenheit, war sorgfältig ausgelesen und gesäubert worden. Allein da, wenn er leitende Theilchen enthalten hätte, seine Menge oder Dicke merklich verringert worden wäre, oder dieselben Erscheinungen entstanden wären, wie wenn man die vertheilenden Flächen der Leiter in dem Apparat einander näher gebracht hätte, als in dem bloß mit Luft gefüllten, so verfertigte ich eine andere Halbkugel aus Schellack, der zuvor in Weingeist aufgelöst, und, nach Filtration der Lösung, durch Abdampfung wieder daraus abgeschieden worden. Dieß ist keine leichte Operation, denn es hält schwer die letzten Portionen des Alkohol auszutreiben, ohne den Schellack durch die angewandte Hitze zu verletzen, und ehe jener nicht ausgetrieben ist, leitet der Schellack zu gut, als daß er zu diesen Versuchen angewandt werden könnte. Ich verfertigte auf diese Weise zwei Halbkugeln; eine derselben war untadelhaft, und mit dieser wiederholte ich die früheren Versuche mit aller Vorsicht. Die Resultate waren genau von derselben Art. Folgendes waren die unmittelbar von den Versuchen gegebenen Werthe der Vertheilungsfähigkeit des Schellack-Apparats, es mochte Apparat I oder Apparat II angewandt sein; 1,46; 1,50; 1,52; 1,51. Der Mittelwerth aus diesen und mehren anderen ist nahe 1,5.

1268. Zuletzt brachte ich noch, in dem Luft-Apparat, die vertheilenden Flächen, an der dem Schellack in seinem Apparat entsprechenden Stelle, näher zusammen, indem ich in die untere Halbkugel des kein Schellack enthaltenden Apparats (1213), ein metallisches Futter legte. Der Abstand der Metallfläche von der Tragekugel war dadurch von 0,62 auf 0,435 Zoll verringert, während in dem anderen Apparat der vom Schellack eingenommene [564] Zwischenraum 0,62 blieb wie zuvor. Trotz dieser Abänderung zeigte der Schellack-Apparat seine frühere Ueberlegenheit, und es mochte er oder der Luft-Apparat zuerst geladen seyn, so verhielt sich doch die Vertheilungsfähigkeit des ersteren zu letzteren wie 1,45 : 1.

1269. Aus allen von mir gemachten Versuchen und deren constanten Resultaten kann ich nicht anders als den Schluß ziehen, daß das Schellack ein specifisches Vertheilungsvermögen besitzt. Ich habe mich bemüht, die Versuche auf jede Weise zu controliren, und jede Fehlerquelle, wenn auch nicht zu entfernen, doch wenigstens abzuschätzen. Daß das Endresultat nicht von gemeiner Leitung herrührt, ergiebt sich aus der Fähigkeit des Apparats, die Ladung zu behalten; daß es nicht entspringt aus dem Leitungsvermögen eingeschlossener Theilchen, die dadurch, als Leiter, einen polarisirten Zustand hätten annehmen können, zeigen die Wirkungen des durch Alkohol gereinigten Schellacks; und daß es nicht herrührt von dem früher (1250) beschriebenen Ladungszustand, einer anfänglichen Absorption und nachherigen Entwicklung von Elektricität, folgt aus der instantanen Ladung und Entladung der in den Phänomenen begriffenen Portionen, indem die Wirkung in diesen Fällen so geschieht, wie in allen anderen der gewöhnlichen Vertheilung durch geladene Conductoren. Das letztere Argument ist besonders schlagend in dem Fall, wo der Luft-Apparat zur Theilung der Ladung mit dem Schellack-Apparat angewandt wird; denn er bekommt seine Portion Elektricität in einem Moment, und doch ist er weit über dem Mittel geladen.

1270. Angenommen für jetzt, die gesuchte allgemeine Thatsache sey erwiesen, so ist doch 1,5, obwohl es das Vermögen des die Schellack-Halbkugel enthaltenden Apparats ausdrückt, keineswegs der Ausdruck des Verhältnisses des Schellacks zur Luft. Denn das Schellack nimmt in seinem Apparat nur die Hälfte des Raumes [565] ein, durch welchen hin die Vertheilung unterhalten wird; der Rest ist mit Luft gefüllt wie in dem anderen Apparat. Wird die Wirkung der beiden oberen Hälften der Kugeln abgezogen, dann ergiebt sich das Verhältniß der Schellack-Kräfte in der unteren Hälfte der einen Kugel zu der Luft-Kraft in der Unterhälfte der andern, wie 2 : 1. Und selbst dieß muß noch unter der Wahrheit liegen; denn die Vertheilung des oberen Theils des Apparats, d. h. des Drahts und der Kugel (Taf. II Fig. 6) gegen die äußeren Gegenstände muß in beiden (Apparaten) dieselbe seyn, und den Unterschied, der vom Einfluß des inwendigen Schellacks abhängt und wirklich von ihm erzeugt wird, bedeutend verringern.

1271. Glas. – Das Glas schließt die Möglichkeit einer Leitung auf seiner Oberfläche ein; aber es erlaubt nicht die Vorstellung von leitenden, nicht zu seiner Masse gehörenden Theilchen in seinem Innern (1267). Ueberdieß nimmt es den Ladungszustand (1239) nicht so leicht oder nicht in dem Grade an wie das Schellack.

1272. Eine dünne, halbkugelförmige Schale von Glas wurde erwärmt, mit einem Ueberzuge von in Alkohol gelöstem Schellack bekleidet, dann mehre Stunden an einem heißen Ort getrocknet, in den Apparat gebracht und zum Versuch verwandt. Sie gab so schwache Wirkungen, daß sie, obwohl eine Ueberlegenheit des Glases über die Luft andeutend, doch als Beobachtungsfehler gelten konnten. Das Glas wurde daher als nicht merklich wirkend angesehen.

1273. Nun verschaffte ich mir eine dicke, halbkugelförmige Schale von Flintglas, die der von Schellack (1239) ähnlich war, doch aber den Raum nicht so gut ausfüllte. Ihre Dicke betrug im Mittel 0,4 Zoll, so daß zur Ausfüllung des 0,62 Zoll betragenden Zwischenraums zwischen den vertheilenden Metallflächen noch eine Luftdicke von 0,22 Zoll übrig blieb. Sie wurde, nach [566] Bekleidung mit einer Schellack-Schicht (1272), wie die frühere erwärmt, in den ebenfalls erwärmten Apparat gebracht, und mit ihr wie in den früheren Beispielen (1257 u. s. w.) verfahren. Im Allgemeinen war das Resultat dasselbe wie bei Schellack, d. h. das Glas übertraf die Luft in dem Vermögen, eine Vertheilung durch sich hin zu gestatten. Die beiden besten Resultate, in Bezug auf den Zustand des Apparats zur Festhaltung der Ladung u. s. w., gaben, wenn der Luft-Apparat zuerst geladen wurde, 1,336, und, wenn der Glas-Apparat zuerst die Ladung empfing, 1,45 für das specifische Vertheilungsvermögen des Glases, beides ohne alle Berichtigung. Die Mittelzahl aus neun Versuchen, vier mit dem Glas-Apparat zuerst geladen, und fünf mit dem Luft-Apparat zuerst geladen, gab 1,38 für die Kraft des Glas-Apparats; 1,22 und 1,46 waren die kleinsten und größten Zahlen, behaftet mit allen Beobachtungsfehlern. Bei allen Versuchen nahm der Glas-Apparat seine Vertheilungsladung augenblicklich an, und gab sie auch eben so leicht ab. Während der kurzen Zeit eines jeden Versuchs erlangte er den besonderen Zustand nur in so geringem Grade, daß der Einfluß dieses Zustandes und der Leitung auf die Resultate nur klein gewesen seyn konnte.

1274. Zugegeben, daß das specifische Vertheilungsvermögen erwiesen und in diesem Falle thätig gewesen, auch 1,38 der Ausdruck für den Glas-Apparat sey, wird das specifische Vertheilungsvermögen des Flintglases über 1,76 seyn, nicht zu vergessen dabei, daß dieser Ausdruck für ein Stück Glas von solcher Dicke gilt, daß es den Raum, durch welchen hin die Vertheilung geschieht, zu zwei Dritteln ausfüllt (1273. 1253).

1275. Schwefel. – Die früher (1242) erwähnte Halbkugel von Schwefel wurde jetzt im Apparat II angewandt. Die Versuche waren gut angestellt, d. h. der Schwefel selbst war frei von Ladung, sowohl vor als [567] nach jedem Versuch, und keine Wirkung seitens der Stange war sichtbar (1203. 1232), so daß dieserwegen keine Berichtigung erforderlich war. Folgendes waren die Resultate, wenn der Luft-Apparat zuerst geladen und getheilt wurde:

Apparat I Luft. Apparat II Schwefel.
Kugeln 280°
00 .... ....
.... .... 00
438° .... ....
434° .... ....
Ladung getheilt
.... .... 162°
164° .... ....
.... .... 160°
162° .... ....
.... .... 000° nach Entlad.
000° .... .... dito dito.

Hier behielt Apparat I 164°, nachdem er 270° verloren hatte, um Apparat II 162° mitzutheilen. Das Vermögen des Luft-Apparats zu dem des Schwefel-Apparats ist also wie 1 : 1,66.

1276. Nun wurde der Schwefel-Apparat zuerst geladen:

........ 00
00 ........
........ 395°
........ 388°
Ladung getheilt
237° ........
........ 238°
000° ........ Nach Entlad.
........ 000° dito dito.

Hier behielt Apparat II 238°, und verlor 150°, indem er Apparat I eine Ladung von 237° mittheilte. Das [568] Vermögen des Luft-Apparats zu dem des Schwefel-Apparats ist also wie 1 : 1,58. Diese Resultate kommen einander sehr nahe; wir können daher das Mittel 1,62 als Ausdruck für das specifische Vertheilungsvermögen des Schwefel-Apparats betrachten. In diesem Fall wird das specifische Vertheilungsvermögen des Schwefels selbst, verglichen mit dem der Luft = 1 (1270) beinahe oder etwas über 2,24 sein.

1277. Dieß Resultat mit Schwefel halte ich für eins der untadelhaftesten. Der Schwefel war, im geschmolzenen Zustand, durchsichtig und frei von Schmutztheilchen (1267), so daß keine Störung durch leitende Theilchen das Resultat unrichtig machen konnte. Im starren Zustand ist der Schwefel ein vortrefflicher Isolator, und er nahm, wie sich zeigte, jenen Zustand (1241. 1242), welcher allein im Stande zu seyn schien, die Schlüsse zu stören, nur mit großer Langsamkeit an. Daher bedurften die Versuche durchaus keiner Berichtigung. Trotz aller dieser, für die Ausschließung von Fehlern so günstigen Umstände lieferte doch der Versuch für den Schwefel ein größeres specifisches Vertheilungsvermögen als für irgend einen anderen Körper; und wiewohl dies zum Theil davon herrühren mag, daß der Schwefel ein bessere Gestalt besaß, d. h. den Raum (Taf. II Fig. 6) vollständiger ausfüllte als die Schalen von Glas und Schellack, so halte ich es doch durch diese Versuche für vollkommen erwiesen, daß zwischen den di-elektrischen Mitteln, rücksichtlich ihres Vermögens, eine Vertheilung durch sich hin zu gestatten, eine Verschiedenheit da ist, eine Verschiedenheit, welche für jetzt durch die Benennung specifisches Vertheilungsvermögen ausgedrückt werden mag.

1278. Nachdem so der Punkt in den günstigsten Fällen, die ich voraussehen konnte, festgestellt war, schritt ich zur Untersuchung anderer Körper, starrer, flüssiger [569] und gasiger. Die Resultate will ich nun in Kürze angeben.

1279. Wallrath. – Eine gute Halbkugel von Wallrath wurde, noch während sie in der zinnernen Form war, die zu ihrer Gestaltung benutzt worden, auf ihr Leitungsvermögen untersucht, und dabei, selbst im noch warmen Zustande, merkbar leitend gefunden. Nach Herausnahme aus der Form, in einem der Apparate angewandt, gab sie für den Apparat, der sie enthielt, ein specifisches Vertheilungsvermögen von 1,3 bis 1,6. Allein da das Verfahren nur darin bestand, den Luft-Apparat zu laden, und dann, nach schneller Berührung, mit dem Wallrath-Apparat, zu ermitteln, wie viel in dem ersteren geblieben war (1281), so kann in die Resultate kein großes Zutrauen gesetzt werden. Sie stehen zwar nicht im Widerspruch mit dem allgemeinen Schluß, können aber nicht als Beweisgrund für denselben angeführt werden.

1280. Ich bemühte mich, eine Flüssigkeit zu finden, die gut isolire und für diese Versuche in hinreichender Menge zu erhalten sey. Terpenthinöl, gereinigtes Steinöl, Oel des condensirten Steinkohlengases schienen, nach den gewöhnlichen Erfahrungen, am meisten für die Isolation zu versprechen. Als sie einige Tage auf geschmolzenem kohlensauren Kali, Chlorcalcium und Aetzkalk gestanden hatten, und darauf filtrirt wurden, zeigte sich ihr Isolationsvermögen sehr geschwächt; allein nach der Destillation war ihr Zustand der beste, wiewohl sie sich leitend erwiesen, wenn große Metallflächen mit ihnen in Berührung gesetzt wurden.

1281. Rectificirtes Terpenthinöl. – Ich füllte den Apparat I in seiner unteren Hälfte mit dieser Flüssigkeit, und da er eine Ladung nicht fest genug hielt, um sie erst messen und dann theilen zu können, so lud ich den Apparat II, welcher bloß Luft enthielt, theilte seine Ladung [570] mit Apparat I durch eine schnelle Berührung, und maaß den Rückstand in Apparat II. Wenn, theoretisch genommen, ein schneller Contact zwischen den beiden Apparaten eine Theilung zu gleicher Spannung bewirken sollte, doch ohne merklichen Verlust wegen Leitungsvermögen des Apparats I, und dennoch Apparat II eine Ladung von größerer Spannung als die Hälfte der ursprünglichen behielt, so mußte dieß anzeigen, daß das Terpenthinöl ein geringeres specifisches Vertheilungsvermögen als die Luft besaß; oder, wenn er unter dem mittleren Spannungszustand geladen blieb, so mußte es andeuten, daß die Flüssigkeit ein größeres Vertheilungsvermögen besaß. Bei einem Versuche dieser Art gab Apparat II, für seine Ladung vor der Theilung mit Apparat I, 390°, nach derselben 175°, was weniger ist als die Hälfte von 390°. Die Ladung von 175° abermals getheilt, gab 79°, was auch weniger als die Hälfte ist. Die Ladung von 79° noch einmal getheilt, fiel sie auf 36°, ebenfalls weniger als die Hälfte von 79°. Das sind die besten Resultate, welche ich erhalten konnte. Sie sind nicht unvereinbar mit der Annahme, daß das Terpenthinöl ein größeres specifisches Vertheilungsvermögen als die Luft habe; allein sie beweisen es nicht, weil das Verschwinden von mehr als der Hälfte der Ladung bloß von dem Leitungsvermögen der Flüssigkeit herrühren konnte.

1282. Steinöl. – Diese Flüssigkeit gab Resultate von ähnlicher Art und Richtung als das Terpenthinöl.

1283. Jetzt kamen die für das specifische Vertheilungsvermögen interessantesten Substanzen an die Reihe, nämlich die Gase. Sie sind so eigenthümlich construirt und durch viele so auffallende physikalische und chemische Beziehungen mit einander verknüpft, daß ich merkwürdige Resultate von ihnen erwartete. Zuerst wurde Luft in verschiedenen Zuständen zu den Versuchen angewandt.

[571] 1284. Luft, lockere und dichte. – Einige Theilungsversuche (1208) schienen zu zeigen, daß dichte und lockere Luft in der beschriebenen Eigenschaft sich gleich verhalten. Ein einfaches und besseres Verfahren bestand darin, einen der Apparate mit einer Luftpumpe zu verbinden, ihn zu laden und dann, wenn mehr oder weniger verdünnte Luft darin war, die Spannung der Ladung zu untersuchen. Auf solche Weise ergab sich, daß, angefangen mit einer gewissen Ladung, diese Ladung ihre Spannung oder Kraft beim Verdünnen der Luft nicht änderte, so lange die Verdünnung nicht den Grad erreicht hatte, daß eine Entladung durch den Raum (Fig. 6 Taf. II) stattfand. Diese Entladung war der Verdünnung proportional. Allein, nachdem sie stattgefunden und die Spannung bis auf einen gewissen Grad vermindert worden, wurde dieser Grad durch Wiederherstellung des Drucks und der Dichte der Luft auf die frühere Größe durchaus nicht verändert. So war

beim Druck von 30° Quecksilber die Ladung 88°
Abermals 30 88
Abermals 30 87
Verringert auf 14 87
Erhöht auf 30 86
Vermindert auf 03,4 81
Erhöht auf 30 81.

1285. Die Ladungen bei diesen Versuchen waren schwach, erstens damit sie bei geringem Druck nicht überspringen möchten, und zweitens damit der Verlust durch Entweichen (dissipation) klein wäre. Ich machte sie nun noch schwächer, damit ich weiter verdünnen könnte, und zu dem Ende wandte ich zu den folgenden Versuchen nur ein Meß-Intervall von 15° in dem Elektrometer an (1185). Nachdem der Luftdruck in dem Apparat auf 1,9 Zoll Quecksilber vermindert worden, zeigte sich die Ladung =29°; als darauf die Luft bis [572] zu einem Druck von 30 Zoll hineingelassen wurde, war die Ladung ebenfalls 29°.

1286. Bei Wiederholung dieser Versuche mit reinem Sauerstoffgas ergaben sich dieselben Resultate.

1287. Diese Unveränderlichkeit der elektrischen Spannung bei Veränderungen in der Dichte und dem Druck der Luft stimmt vollkommen mit den von Hrn. Harris erhaltenen, und in seiner schönen und wichtigen Abhandlung beschriebenen Resultaten[9], nämlich, daß die Vertheilung in dichterer und lockerer Luft gleich ist, eben so wie die Divergenz des Elektrometers, sobald nur keine Elektricität aus demselben entweicht. Dieß Resultat ist ganz unabhängig von der Erscheinung, daß Leiter in dichter Luft eine stärkere Ladung annehmen als in lockerer, eine Erscheinung, auf welche ich späterhin zurückkommen werde.

1288. Ich verglich darauf heiße und kalte Luft mit einander, indem ich den einen Vertheilungsapparat so stark erwärmte als es ohne Schaden für ihn geschehen konnte, und dann die Ladung mit dem anderen, kalte Luft enthaltenden Apparat theilte. Die Temperaturen waren ungefähr 50° und 100°. Dennoch schien das Vertheilungsvermögen ungeändert. Auch wenn ich den Apparat dahin abänderte, daß ich einen Apparat kalt lud und dann durch eine Weingeistlampe erwärmte, konnte ich keine Veränderung in dem Vertheilungsvermögen bemerken.

1289. Auch beim Vergleiche von feuchter und trockener Luft konnte ich keinen Unterschied in den Resultaten finden.

1290. Gase. – Zur Vergleichung verschiedener Gase mit einander wurde nun eine sehr lange Reihe von Versuchen unternommen. Alle ergaben sich als gut isolirend, mit Ausnahme derer, die auf das Schellack der Stange wirkten, wie Chlor, Chlorwasserstoff und Ammoniak. [573] Sie alle wurden, vor der Einführung in den Apparat, durch die geeigneten Mittel wohl getrocknet. Es würde hinreichend gewesen seyn, sie alle mit Luft zu vergleichen; allein wegen des auffallenden Resultats, welches sich dabei ergab, nämlich daß alle ein gleiches Vertheilungsvermögen besitzen (was man vielleicht erwarten konnte, nachdem gefunden worden, daß Veränderungen in der Dichte oder dem Druck ohne Einfluß sind), wurde ich veranlaßt, sie paarweise mit einander auf verschiedene Weise zu vergleichen, damit keine Verschiedenheit mir entgehe, und die Gleichheit des Resultats bei der Verschiedenheit in den Eigenschaften, der Beschaffenheit und Zusammensetzung der Gase desto mehr hervortrete.

Die Versuche wurden mit folgenden Gaspaaren angestellt:

1. Sauerstoff und Stickstoff 14. Wasserstoff und Ammoniak
2. dito und Luft 15. dito und Arsenwasserstoff
3. dito und Wasserstoff 16. dito und Schwefelwasserstoff
4. dito und Kohlensäure 17. Stickstoff und ölbildend. Gas
5. dito und ölbildendes Gas 18. dito und Salpetergas
6. dito und Salpetergas 19. dito und Stickstoffoxydul
7. dito und schweflige Säure 20. dito und Ammoniak
8. dito und Ammoniak 21. Kohlenoxyd und Kohlensäure
9. Wasserstoff und Luft 22. dito und ölbildendes Gas
10. dito und Kohlensäure 23. Stickstoffoxydul u. Salpeter
11. dito und ölbildendes Gas 24. Ammoniak u. schwefl. Säure
12. dito und schwefl. Säure 25. Chlorwasserstoff und Luft.
13. dito und Fluorkieselgas

1292. Ungeachtet der schneidensten Contraste aller Art, welche diese Gase in ihrer Natur, als einfach oder zusammengesetzt, als Anionen oder Kathionen (665), in den Eigenschaften, der Dichte, dem Druck (1284. 1286) oder der Temperatur (1238) darboten, zeigten sie nicht den geringsten Unterschied in dem Vermögen, eine elektrische Vertheilung durch sich hin zu gestatten oder zu begünstigen. Dieß erscheint um so wichtiger, wenn man [574] es als erwiesen ansieht, daß in allen Gasen die Vertheilung durch eine Wirkung angrenzender Theilchen geschieht. Die auffallenden Eigenschaften der Gase sind dadurch um eine neue vermehrt. Eine andere wichtige elektrische Eigenschaft der Gase, welche im nächsten Aufsatz untersucht werden soll, ist die: daß in ihnen allen, bei gleichem Druck die Leiter denselben oder verschiedene Grade von Ladung behalten. Diese beiden Resultate scheinen für die elektro-chemische Erregung und Zersetzung wichtig zu seyn; denn da alle diese Erscheinungen, so verschieden sie auch zu sein scheinen, von den elektrischen Kräften der Körpertheilchen abhängen müssen, so wird der wahre Abstand, in welchem sie von einander zu stehen scheinen, gehörig betrachtet, viel beitragen, das Princip, welches sie im gemeinschaftlichen Verband hält, zu erläutern, und sie, wie es geschehen muß, Einem gemeinschaftlichen Gesetz zu unterwerfen.

1293. Es wäre möglich, daß die Gase in ihrem specifischen Vertheilungsvermögen von einander abwichen, allein um Größen zu klein, um sie noch in den angewandten Apparaten erkennen zu können. Es ist jedoch zu erinnern, daß die Gase bei den Versuchen sämmtlich den Raum (Fig. 6 Taf. II) zwischen der inneren und äußeren Kugel, bis auf den von der Stange eingenommenen Theil, ganz ausfüllten, und daß daher die Resultate noch einmal so genau sind als die von den starren di-elektrischen Körpern.

1294. Bei allen angeführten Versuchen war die Isolation gut, ausgenommen bei No. 8, 14, 20 und 24, bei welchen Ammoniakgas mit den übrigen Gasen verglichen wurde. Wenn Schellack in Ammoniakgas gebracht wird, so wird es auf der Oberfläche allmälig leitend, und auf diese Weise wurde der Schellack-Theil der inwendigen Stange so verändert, daß der Schellack-Apparat keine Ladung fest genug hielt, um eine Theilung zu erlauben. Bei diesen Versuchen lud ich daher [575] den anderen Apparat, maaß die Ladung, und theilte sie mit dem Schellack-Apparat durch einen schnellen Contact. Der Rückstand nach der Theilung wurde wieder gemessen (1281); er war so nahe die Hälfte der ursprünglichen Ladung, daß man mit Recht beim Ammoniakgas ein gleiches Vertheilungsvermögen wie bei den übrigen Gasen annehmen konnte.


1295. Sonach scheint die Vertheilung wesentlich eine Wirkung angrenzender Theilchen zu seyn, durch deren Vermittlung die an einer Stelle entsprungene oder erschienene elektrische Kraft fortgepflanzt und unterhalten wird bis zu einer gewissen Entfernung, wo sie als eine Kraft derselben Art von genau gleichem Betrage, aber entgegengesetzter Richtung und entgegengesetzten Tendenzen erscheint (1164). Die Vertheilung erfordert keine merkliche Dicke bei den Leitern, welche zur Begrenzung ihrer Erstreckung angewandt werden. Ein unisolirtes Goldblatt kann an der einen Oberfläche sehr stark positiv gemacht werden, und an der andern eben so stark negativ[10], ohne daß, bei fortgesetzter Vertheilung, die beiden Zustände im geringsten gestört werden. Auch wird sie nicht durch die Natur der begränzenden Leiter abgeändert, sobald nur diesen, falls sie langsam leiten, Zeit gelassen wird, den Endzustand anzunehmen (1170).

1296. Was aber die di-elektrischen oder isolirenden Mittel betrifft, so verhalten sich die Sachen ganz anders (1167). Ihre Dicke hat einen unmittelbaren und wichtigen Einfluß auf den Grad der Vertheilung. Und was ihre Beschaffenheit betrifft, so finden sich, obwohl [576] alle Gase und Dämpfe in jeglichem Zustand gleich wirken, unter den starren Körpern, und zwischen diesen und den Gasen Unterschiede, und in einigen Fällen sehr große, welche das Daseyn eines specifischen Vertheilungsvermögens beweisen.

1297. Die directe Vertheilungskraft, welche, so läßt sich annehmen, in Linien zwischen zwei geladenen und leitenden Begrenzungsflächen ausgeübt wird, ist begleitet von einer lateteralen oder transversalen Kraft, die einer Dilatation oder Repulsion der repräsentativen Linien (1224) aequivalent ist; oder die Anziehungskraft, welche unter den Theilchen des Isolators (dielectrics) in Richtung der Vertheilung vorhanden ist, wird begleitet von einer Repulsions- oder Divergenzkraft in der Querrichtung (1304).

1298. Die Vertheilung besteht, wie es scheint, aus einem gewissen Polarisationszustand der Theilchen, in welchen sie durch den die Wirkung unterhaltenden elektrisirten Körper versetzt werden, und wobei die Theilchen positive und negative Punkte oder Stellen annehmen (the particles assuming positive and negative points or parts), die in Bezug auf einander und die vertheilenden Oberflächen oder Theilehen symmetrisch angeordnet sind[11]. Dieser Zustand muß ein gezwungener seyn; denn er wird nur durch eine Kraft hervorgerufen und unterhalten, und sinkt in den Normal- oder Ruhezustand zurück, sobald die Kraft entfernt wird. Er kann in Isolatoren nur durch dieselbe Portion Elektricität unterhalten (continued) werden, weil sie nur diesen Zustand der Theilchen behalten (retain) können (1304).

[577] 1299. Das Princip der Vertheilung ist von höchster Allgemeinheit bei der Elektricitäts-Wirkung. Es constituirt die Ladung in jedem gewöhnlichen Fall, und wahrscheinlich in jedem Fall. Es scheint die Ursache aller Elektricitäts-Erregung zu seyn, und jedem Strom voranzugehen. Der Grad, bis zu welchem die Theilchen afficirt sind in diesem ihrem gezwungenen Zustand, ehe eine Entladung der einen oder anderen Art eintritt, scheint das, was wir Intensität nennen, auszumachen.

1300. Wenn eine Leidner Flasche geladen wird, so werden die Glastheilchen durch die Elektricität des ladenden Apparats in diesen Polarisations- und Zwangs-Zustand versetzt. Entladung ist die Rückkehr der Theilchen aus ihrem Spannungszustand, allemal wenn den beiden elektrischen Kräften erlaubt ist, sich in einer anderen Richtung zu ordnen.

1301. Jede Ladung eines Leiters ist eine oberflächliche, weil sie wesentlich vertheilender Art ist; it is there only that the medium capable of sustaining the inductive state begins. Ist der Leiter hohl, und enthält er Luft oder ein anderes di-elektrisches Mittel, so kann keine Ladung auf der inneren Oberfläche erscheinen, weil das di-elektrische Mittel dort den Polarisationszustand nicht durch und durch annehmen kann, wegen der Gegenwirkungen (opposing actions) in verschiedenen Richtungen.

1302. Der bekannte Einfluß der Gestalt stimmt vollkommen überein mit der aufgestellten Corpuscular-Ansicht von der Vertheilung. Ein elektrisirter Cylinder wird, durch den Einfluß umgebender Leiter (welche die Bedingung zur Ladung vervollständigen) stärker an den Enden als in der Mitte ergriffen, weil die Enden einer größeren Summe von Vertheilungskräften ausgesetzt sind, als die Mitte. Und eine Spitze erlangt eine höhere Spannung (condition) als eine Kugel, weil, durch Relation zu den umgebenden Leitern, mehr Vertheilungskraft auf [578] seiner Oberfläche endigt (terminates), als auf einer gleichgroßen Fläche der mit ihr verglichenen Kugel. Hier überdieß kann man besonders den Einfluß der Lateral- oder Transversal-Kraft (1297) wahrnehmen, welche, als eine Kraft von repulsiver Art (a power of the nature of or equivalent to repulsion), eine solche Anordnung der Linien der Vertheilungskraft im Laufe derselben durch die di-elektrische Substanz veranlaßt, daß sie sich auf der Spitze, dem Ende des Cylinders oder irgend einem vorragenden Theil, anhäufen.

1303. Der Einfluß der Entfernung stimmt auch mit derselben Ansicht. Es ist vielleicht keine Entfernung so groß, daß nicht eine Vertheilung durch sie hin geschehen könnte[12]; allein bei derselben Zwangskraft (constraining force) findet sie um so leichter statt, als die Erstreckung des di-elektrischen Mittels, durch welches hin sie ausgeübt wird, geringer ist. Und da die Theorie annimmt, daß die Theilchen des di-elektrischen Mittels, obwohl sie in einem normalen Zustand zu bleiben streben, während der Vertheilung in einen Zwangszustand (forced condition) versetzt werden, so scheint zu folgen, daß, je weniger von diesen intermediären, sich der Annahme des neuen Zustandes widersetzenden Theilchen da sind, desto größer die Veränderung seyn werde, welche sie erleiden, d. h. desto höher die Spannung (condition), welche sie annehmen, desto beträchtlicher die vertheilende Wirkung, welche durch sie hin ausgeübt wird.

1304. Die Benennungen Linien der Vertheilungskraft [579] und krumme Kraftlinien (1231. 1297. 1298 1302) habe ich nur im allgemeinen Sinn gebraucht, gerade wie wir von Linien der magnetischen Kraft sprechen. Die Linien sind imaginär, und die Kraft in irgend einem Theile derselben ist demnach die Resultante von Componenten, indem jedes Molecül verknüpft ist mit jedem andern Molecül in allen Richtungen durch die Spannung und Reaction derjenigen, welche angränzen. Die Transversalkraft ist bloß diese Relation, betrachtet in einer schiefen Richtung gegen die Linien der Vertheilungskraft, und für jetzt meine ich nichts mehr als dieß mit der Benennung. Was den Ausdruck Polarität betrifft, so meine ich damit für jetzt auch nur eine Disposition von Kraft (force) durch welche dasselbe Molecül entgegengesetzte Kräfte (powers) an verschiedenen Stellen erlangt. Die besondere Weise, in welcher diese Disposition geschieht, wird später in Betracht kommen, und wahrscheinlich variirt sie in verschiedenen Körpern, und bewirkt so eine Mannichfaltigkeit von elektrischer Relation. Vor Allem wünsche ich nicht, daß den von mir gebrauchten Ausdrücken eine spcciellere Meinung beigelegt werde, als ich beabsichtige. Fernere Untersuchungen, glaube ich, werden uns allmälig in den Stand setzen, den Sinn derselben mehr und mehr zu beschränken, und so die Erklärung der elektrischen Erscheinungen von Tag zu Tag bestimmter zu machen.

1305. Um meine Ansichten auf die Probe zu stellen, habe ich sie, während meiner ganzen Experimental-Untersuchung verglichen mit den Schlüssen, welche Poisson aus seinen schönen mathematischen Untersuchungen gezogen hat[13]. Ich bin ganz außer Stande ein Urtheil über diese bewundernswürdigen Aufsätze zu fällen; allein so weit ich sie verstehen kann, sind die von mir aufgestellte Theorie und die von mir erhaltenen Resultate nicht im Widerspruch mit denjenigen dieser Schlüsse, [580] welche die endliche Disposition und den endlichen Zustand der Kräfte in der kleinen von ihm betrachteten Zahl von Fällen vorstellen. Seine Theorie setzt eine ganz andere Wirkungsweise als die von mir aufgestellte voraus, und wahrscheinlich würde sie ihre mathematische Begründung finden, wenn man sich bemühen wollte, sie auf Vertheilungen in Curven anzuwenden. Meiner Ansicht nach ist sie unzureichend in der Erklärungsweise von dem Zurückhalten der Elektricität auf der Oberfläche der Leiter durch den Druck der Luft, eine Erscheinung, welche, wie ich zu zeigen hoffe, einfach und mit der gegenwärtigen Ansicht verträglich ist. Sie berührt auch weder die Volta’sche Elektricität, noch bringt sie diese und die sogenannte gemeine Elektricität unter ein gemeinsames Princip.

Ich habe auch mit einiger Aengstlichkeit die Resultate durchgesehen, welche der unermüdliche Hr. Harris bei seiner Untersuchung der Vertheilungsgesetze erhalten hat[14], da ich wußte, daß sie experimentell waren, und die volle Ueberzeugung von ihrer Richtigkeit hatte. Allein ich bin so glücklich für jetzt keine Collision zwischen ihnen und den von mir aufgestellten Ansichten wahrzunehmen.

1306. Endlich erlaube ich mir zu sagen, daß ich meine eigenthümliche Ansicht mit Zweifel und Besorgniß, ob sie die Probe einer allgemeinen Untersuchung ertragen würde, aufgestellt habe; denn sobald sie nicht richtig wäre, würde sie die Fortschritte der Elektricitätslehre nur aufhalten. Ich habe sie lange mit mir herumgetragen, aber ich stand an sie zu veröffentlichen, bis die wachsende Ueberzeugung von ihrer Uebereinstimmung mit allen bekannten Thatsachen, und die Weise, wie sie Effecte von anscheinend sehr verschiedener Art mit einander verknüpft, mich antrieb, diese Abhandlung zu schreiben. Bis jetzt sehe ich keine Unverträglichkeit zwischen [581] ihr und der Natur, glaube vielmehr, daß sie neues Licht auf die Operationen der letzteren werfen werde.


Nachtrag.

1307. Kürzlich habe ich die Frage über das specifische Vertheilungsvermögen, in der allgemeinen Form, wie sie in §. 1252 hingestellt wurde, dem Versuch unterworfen, und ein Resultat erhalten, das man mir erlauben wird, in diesem Nachtrage mitzutheilen. Drei runde Messingscheiben von etwa fünf Zoll im Durchmesser wurden neben einander auf isolirenden Ständern angebracht. Die mittlere hatte einen festen Stand, die beiden äußeren (d. h. deren Ständer. P.) aber waren in Fugen verschiebbar, so daß man alle drei fast mit ihren Seiten in Berührung bringen oder bis zu jedem erforderlichen Abstand trennen konnte. Zwei Goldblättchen wurden in einer Glasflasche an isolirten Drähten aufgehangen. , die eine der äußeren Platten, war mit dem einen Goldblatt, die andere mit dem zweiten Blatt verbunden. Die äußeren Platten und waren fünf Viertelzoll von der mittleren Platte entfernt, und die Goldblättchen in zwei Zoll Abstand aufgestellt. Nun gab ich eine schwache Ladung, und zu gleicher Zeit berührte ich und mit ihren Goldblättchen ableitend, sie dann isolirt lassend. Solchergestalt war auf dem Wege der Vertheilung (inductrically) positiv, und und in Folge der Vertheilung (inducteously) negativ geladen; und da dieselbe di-elektrische Luft in den beiden Zwischenräumen befindlich war, so hingen die Goldblättchen natürlich einander parallel, in einem relativ unelektrisirten Zustand.

1308. Nun wurde eine Schellackplatte von drei Viertelzoll Dicke und vier Quadratzoll Größe, an einem sauberen Faden weißer Seide hängend, nachdem sie sorgfältig von jeder Ladung befreit worden (1203), so [582] daß sie, wenn ungeladen war, auf die Goldblättchen keine Wirkung ausübte, zwischen die Platten und gebracht. Sogleich wurde das elektrische Verhalten der drei Platten gestört, und eine Anziehung zwischen den Goldblättchen hervorgerufen. Bei Fortnahme des Schellacks verschwand diese Anziehung. Bei seiner Einschaltung zwischen und war sie wieder da; bei abermaliger Fortnahme desselben verschwand sie wiederum. Der Schellack, mit einem empfindlichen Coulomb’schen Elektrometer untersucht, zeigte sich auch jetzt noch ohne Ladung.

1309. Da positiv war, so waren und natürlich negativ; allein da das specifische Vertheilungsvermögen des Schellacks ungefähr das doppelte des der Luft ist (1270), so wurde erwartet, daß, bei Einstellung des Lacks zwischen und , stärker gegen als gegen vertheilend wirken werde, daß demnach negativer als zuvor gegen seyn werde, und folglich, wegen seiner Isolation, positiv nach außen, wie an seiner Rückseite oder an den Goldblättchen, während weniger negativ gegen und deshalb nach außen oder an den Goldblättchen positiv seyn werde. Dieß war auch wirklich der Fall. Denn an welcher Seite von das Schellack auch eingeschoben sein mochte, so war doch an dieser Seite die äußere Platte positiv, und die äußere Platte an der andern Seite negativ, gegen die andere und gegen unisolirte äußere Körper.

1310. Bei Anwendung einer Platte von Schwefel, statt der Schellackplatte, wurden dieselben Resultate erhalten, übereinstimmend mit den Schlüssen, die sich aus dem hohen specifischen Vertheilungsvermögen dieses Körpers (1276) ergaben.

1311. Diese Wirkungen des specifischen Vertheilungsvermögens können auf verschiedene Weise erhöht werden, und diese Fähigkeit macht den Apparat sehr werthvoll. So schob ich den Schellack zwischen und [583] , verband dann und für einen Augenblick, berührte sie ableitend, und isolirte sie darauf. Die Goldblättchen hingen demnach einander parallel. Bei Fortnahme des Schellacks zogen die Goldblättchen einander an. Bei Einschaltung des Schellacks zwischen und wuchs diese Anziehung (wie aus der Theorie vorhergesehen worden), und die Blätter kamen zusammen, obwohl sie nicht weniger als vier Zoll lang waren und drei Zoll auseinander hingen.

1312. Durch bloßes näher Aneinanderrücken der Goldblättchen vermochte ich den Unterschied des specifischen Vertheilungsvermögens schon bei Anwendung einer dünnen Schellackplatte, wenn der Rest des di-elektrischen Raumes mit Luft erfüllt blieb, nachzuweisen. Durch weiteres Anrücken von und gegen wurde ein neuer Grad von Empfindlichkeit erlangt. Durch Vergrößerung der Platten, so wie durch Verkürzung der mit den Goldblättchen verknüpften Drähte u. s. w., entstand wieder eine höhere Wirkung, so daß die Goldblättchen auf diese Weise eben so empfindliche Anzeiger von specifischer Vertheilungswirkung wurden, als sie es in Bennet’s und Singer’s Elektrometern von der gewöhnlichen elektrischen Ladung sind.

1313. Klar ist, daß, wenn man die drei Platten, mit gehöriger Vorsicht in Bezug auf Isolation u. s. w., als Seiten von Zellen gebraucht, dieser Apparat mit größerem Erfolg als der frühere (1187. 1230) zur Untersuchung von Gasen gebraucht werden kann, und vielleicht Unterschiede angiebt, die mir entgangen sind (1292. 1293).

1314. Es ist auch einleuchtend, daß zwei Metallplatten ganz hinreichend zur Bildung des Instruments sind. Nach Auswechslung des di-elektrischen Mittels wird der Zustand der einfachen Vertheilungs-Platte (inducteous plate) untersucht, entweder indem man ihren Goldblättchen einen in bekannter Weise elektrisirten Körper nähert, [584] oder, was mir besser scheint, indem man die Tragekugel statt des Goldblatts anwendet, und diese durch Coulomb’s Elektrometer untersucht (1180). Die beiden Vertheilungsflächen (the inductive and inducteous surfaces) können auch kürzer seyn, die eine könnte selbst die Tragekugel der Coulomb’schen Elektrometer sein (1181. 1229).

1315. Zur Erhöhung der Wirkung kann mit großem Vortheil ein kleiner Condensator angewandt werden. Wenn z. B. beim Gebrauche zweier Seitenplatten (inducteous plates) ein kleiner Condensator statt der Goldblättchen genommen wird, so zweifle ich nicht, daß die drei Hauptplatten (principal plates) auf einen und selbst einen halben Zoll im Durchmesser verkleinert werden können. Selbst die Goldblättchen wirken eine Zeit lang als Condensatorplatten auf einander. Beim Gebrauche von nur zwei Platten könnte durch eine zweckmäßige Anbringung des Condensators dieselbe Verkleinerung bewirkt werden. Diese Erwartung wird durch einen schon beobachteten und beschriebenen Effect (1229) vollkommen gerechtfertigt.

1316. In diesem Fall ist die Anwendbarkeit des Instruments zu sehr ausgedehnten Untersuchungen einleuchtend. Es können verhältnißmäßig kleine Massen di-elektrischer Stoffe, z. B. Diamanten und Krystalle, angewandt werden. Die Vermuthung, daß das specifische Vertheilungsvermögen der Krystalle nach den Richtungen verschieden ist, je nachdem die Linien der Vertheilungskraft (1304) mit den Krystallaxen parallel sind oder anders gegen dieselben liegen, kann auf die Probe gestellt werden. Ich habe mir vorgesetzt, diese und andere Gedanken über das specifische Vertheilungsvermögen und die Polarität der Theilchen di-elektrischer Mittel, sobald es meine Muße erlaubt, auf die Probe zu stellen.

1317. In der Hoffnung, daß dieß Instrument von [585] beträchtlichem Nutzen seyn werde (that this apparatus will form an instrument of considerable use), schlage ich, auf Anrathen eines Freundes, für dasselbe den Namen »Differential-Inductometer« vor.


  1. Mémoires de l’acad. 1786, pp. 67, 69, 72; 1787, p. 452.
  2. Nach allem diesen könnte man vielleicht fragen: Was denn Vertheilung (Induction) eigentlich sey?
    P.     
  3. Mémoires de l’academie 1785, p. 570.
  4. Philosoph. Transact. 1830.
  5. Des vorigen Bandes!
    P.     
  6. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, daß die Tragekugel, was für einen Zustand sie auch im Allgemeinen irgend da, wo sie unisolirt und darauf isolirt worden, erlangt haben mochte, diesen nach [539] Entfernung von dieser Stelle behielt, wenn sie auch durch andere Stellen geführt worden, die ihr, unisolirt, einen anderen Zustand gegeben haben würden.
  7. Encyclop. Britannica, Vol. VI p. 504.
  8. Mémoires de l’Acad. 1787, p. 452, 453.
  9. Phil. Trans. 1834, p. 220, 224, 237, 244.
  10. Der Satz ist wohl so zu verstehen, daß ein Goldblatt an der einen Seite eines isolirenden Mittels eben so stark positiv seyn kann, als ein zweites Goldblatt negativ an der andern Seite oder Oberfläche jenes Isolators.
    P.     
  11. Die von mir aufgestellte Theorie der Vertheilung behauptet nicht zu entscheiden, ob die Elektricität eine oder mehre Flüssigkeiten sey, oder bloß eine Kraft oder ein Zustand von bekannter Substanz. Das ist eine Aufgabe, welche ich vielleicht in der nächsten oder folgenden Reihe dieser Untersuchung betrachten werde.
  12. Ich habe sie experimentell verfolgt von einer Kugel, die sich in der Mitte des früher (1173) beschriebenen großen Würfels befand, bis zu den Seiten des Würfels in sechs Fuß Entfernung, und von derselben Kugel, als sie in der Mitte unseres großen Hörsaals aufgestellt war, bis zu den Wänden dieses Saals in 26 Fuß Entfernung; die Ladung der Kugel geschah nur mittelst Vertheilung durch diese Entfernungen.
  13. Mémoires de l’Institut, 1811, T. XII p. 1 et p. 163.
  14. Phil. Transact. 1834, p. 213.