Die Kunstausstellung zu Dresden im Jahre 1800

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Autor: Unbekannt
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Titel: Die Kunstausstellung zu Dresden im Jahre 1800.
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aus: Deutsche Kunstblätter
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Erscheinungsdatum: 1800
Verlag: Arnold und Pinther
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Erscheinungsort: Pirna
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Quelle: Commons
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Die Kunstausstellung zu Dresden im Jahre 1800.[1]

Die Idee, in Sachsen einige Akademien für bildende Kunst zu errichten, verdanken die Bewohner dieses Landes der schönen Gesinnung des Kurfürsten Friedrich Christians. Sein früher Tod verhinderte ihn jedoch an der Ausführung derselben, welche hierauf unter der Regierungsadministration während der Minderjährigkeit des jetzt regierenden Kurfürsten am 1. März 1764 bewirkt wurde. Hiermit verband man im folgenden Jahre eine öffentliche Ausstellung von Werken der Skulptur, Malerei und der [27] mit ihnen verwandten Künste, die am 5ten März, als dem Namenstage des jetzigen Kurfürsten, ihren Anfang nahm. Alljährlich wiederholt man jetzt dieselbe, welche allezeit von jenem Tage, zwei, auch wohl drei Wochen lang dauert, und ihr Ort ist gegenwärtig ein Gebäude, das zu dem ehemaligen Brühlischen Garten gehört.

Einheimische und fremde Künstler benutzen die Erlaubniß, ihre Kunstwerke hier zur Publicität gelangen zu lassen, und die Einwohner von Dresden, Kenner und Nichtkenner, scheinen sich die Beschauung der ausgestellten Bilder für eine sehr angenehme Unterhaltung anzurechnen. Keiner reinlich gekleideten Person wird der Zugang versperrt, und die durch die Verschiedenheit des Alters, der Stände, der Kleider hervorgebrachte anmuthige Mannichfaltigkeit, in welcher der bunte Strom die Zimmer durchwogt, muß dem Beobachter nur ein neues Vergnügen gewähren. Freilich geht die Buntheit nicht selten ins Uebermäßige, und wir hörten daher sehr häufig den Wunsch wiederholen: daß man der ganz gemeinen Klasse einige Tage allein widmen, und [28] sie von der Konkurrenz an den andern ausschließen möge.

Unstreitig ist übrigens eine solche öffentliche Ausstellung der neuesten Werke aus dem Gebiete der bildenden Kunst eine Anstalt, welche denen, so sie errichteten, wie denen, die sie erhalten, den Dank aller Verehrer des Schönen erwirbt. Dem noch unbekannten Künstler gewährt sie das Mittel, das Publikum mit seinem Geiste bekannt zu machen; dem anerkannten Talente das Glück, Zeugen seiner Fortschritte aufzustellen, dem vollendeten Meister endlich die Freude, die Freunde der Kunst mit seinen neuen Schöpfungen zu ergötzen.

Dem Anscheine nach enthält sich die über die Ausstellung gesetzte Inspektion alles Urtheils über den Kunstwerth der auszustellenden Werke. Ein jedes, welches das sittliche Gefühl nicht beleidigt, wird zugelassen, und wir würden uns kaum entschließen, auf das Gute eines solchen Verfahrens erst aufmerksam zu machen, wenn nicht vor Kurzem ein beliebtes Journal[2] den Minister Quinette zu [29] Paris bei derselben Gelegenheit, einer ähnlichen Einrichtung wegen, getadelt hätte.

So lange das Werk des ausgemachten Stimpers kein besseres verdrängt, so hat es, behaupten wir, Ansprüche auf den Platz bei einer öffentlichen Ausstellung. Mehr als irgendwo, wird ihm hier sein Recht angethan werden, denn der Unwille, womit der gebildete Beschauer die Talentlosigkeit in dem Verfertiger desselben rügt, oder das Hohngelächter, das sein Produkt empfängt, ist ihm gewiß eine empfindliche, dazu die natürlichste Strafe für seinen Vorwitz. Ueber die Versagung der Stelle könnte er sich beschweren, er könnte sie ungerecht schelten. Indem ihm der Platz gewährt worden ist, kann er das Verdammungsurtheil über sein Werk zwar auch der Ungerechtigkeit beschuldigen, aber sein Werk ist da, um zwischen ihm und seinen Richtern selbst zu entscheiden.

Man möchte hier die Einwendung machen, daß die Zulassung eines ganz talentlosen Produkts für den Aussteller selbst eine nachtheilige Wirkung äussern [30] könne. Allein, angenommen, daß dieß hier eine Rücksicht verdiene, da doch der Inspektion einer Kunstausstellung die Untersuchung nicht zugemuthet werden darf, ob der Aussteller den Weg zu seinem Glück oder Unglück einschlage, so scheint uns jene nachtheilige Wirkung kaum statt zu finden. Im Gegentheile glauben wir eher, in einer allgemeinen Misbilligung eines solchen Produkts einigen Vortheil für dessen Urheber zu entdecken. Wer durch sein Werk den gänzlichen Mangel des Talents für das Fach zu erkennen giebt, worein das Werk gehört, der kann wohl unmöglich dadurch, daß er fortfährt in diesem Fache zu arbeiten, sich einem glücklichen Ziele nähern. Wenigstens würde, wenn es doch seyn sollte, der Zufall, (auf den kein Vernünftiger rechnen darf,) als Haupttriebfeder erscheinen müssen. Dadurch aber, daß der Künstler ohne Talent seinem Werke mit allgemeinem Misfallen begegnet sieht, entschließt er sich vielleicht, einen neuen glücklichern Wirkungskreis, außer dem Kunstgebiet, aufzusuchen.

Eine andere Einwendung könnte das Vorgeben [31] seyn, als störe die Aufnahme des Schlechten die Bildung eines allgemeinen Kunstsinnes. Allein, abgerechnet, daß die Hoffnung auf diesen viel Chimärisches hat, (denn um sie zu bewahren, müßte man sich ganz aus unsern bürgerlichen Verhältnissen hinausdenken,) so kann doch nun einmal diese Bildung nicht so strenge betrieben werden, daß den Blicken derer, die sie genießen sollen, alles Schlechte entzogen würde. Fast überall, wo sie sonst ihr Auge hinwenden, tritt ihnen etwas Geschmackloses entgegen, und wir sehen nicht ein, warum bei einer Ausstellung von Kunstwerken dieses schädlicher seyn könnte, da grade hier das Schlechte durch das gegenüberstehende Vortreffliche in das Nichts zurückgeworfen wird, aus dem es nie hätte hervorgehen sollen.

Endlich wäre es wohl auch möglich, daß gewisse zarte Naturen den Einwurf machten, sie würden von dem Anblick des Schlechten an dem reinen Genusse des Schönen gehindert. Freimüthig bekennen wir, daß wir keine Antwort für sie aufbringen können, und daß wir fürchten, ihre Zartheit sey so überaus [32] zart, daß eine genaue Betrachtung schon hinreichend wäre, sie in nichts aufzulösen.

Die Zurückweisung des Schlechten würde aber auch ihre großen Schwierigkeiten haben. Denn erstens ist die Linie zwischen dem Schlechten und Mittelmäßigen nicht so genau gezogen, daß eine Gerechtigkeitliebende Inspektion zwischen den Worten: zulässig und nicht zulässig allezeit eine feste Wahl wagen könnte; zweitens würden die bürgerlichen Verhältnisse auch zuweilen die Inspektoren nöthigen, absolut schlechten Produkten die Zulässigkeit zuzusprechen, während sie sie andern Werken verweigern müßten, die lange keinen so hohen Grad von Schlechtheit erreicht hätten.

Dagegen wird aber niemand einen Einwurf geltend machen können, daß, im Falle des Platzmangels, das Schlechte dem Guten nothwendig weichen müsse.

Indem wir diese Einrichtung erwähnt haben, sey es uns erlaubt, einer andern zu gedenken, die [33] uns minder lobenswürdig vorkommt. Sie betrifft die Art, nach welcher die Gemälde geordnet werden. Der Rang der Verfertiger derselben entscheidet größtentheils darüber. Daher giebt es besondere Zimmer für die Professoren, die Meister und die Schüler.

Man könnte vielleicht gegen diese Eintheilung an sich nichts Erhebliches einwenden, wenn Zimmer genug vorhanden wären, um die Zeichnungen und Kupferstiche vor der gefählichen Nähe der Gemälde sicher zu stellen. Allein da dieß nicht der Fall nicht ist, so dünkt uns, möchte eine andere Ordnung der Kunstwerke weit zweckmäßiger werden. Gemälde neben Zeichnungen bringen auf diese allezeit eine sehr nachtheilige Wirkung hervor. Der Zauber der Farbe an einem guten Gemälde zieht den Blick des Beschauers unwillkührlich von der vortrefflichen Zeichnung ab. Denn es gehört ein überaus geübtes Auge dazu, um bei dieser Gelegenheit der Bestechung nicht zu unterliegen. Warum aber soll durch diese Zusammenstellung einem großen Theile des gebildeten Publikums ein Genuß geraubt werden, den die schöne Zeichnung berechtigt ist, in ihm hervorzubringen, [34] warum der Verfertiger derselben so sichtbar Schaden zugefügt werden?

Da eine befriedigende Beantwortung dieser Fragen uns nicht leicht scheint, so theilen wir mit vielen Kunstfreunden den Wunsch, daß die Gemälde in Zukunft von den Zeichnungen und Kupferstichen abgesondert werden möchten.

Freilich müßte auf solche Weise eine gewisse Unterscheidung zwischen Professor, Meister und Schüler verloren gehen. Allein diesen leichten Verlust würden die erstern übersehen können, da der einzig wesentliche Unterschied der, den ihre Werke veranlassen, weniger dadurch aufgehoben, als ins Licht gesetzt werden müßte. Der Mann, welchen der Künstler sich zum Beurtheiler wünscht, pflegt überhaupt nicht zu fragen: Welches Bild hat ein Professor oder Meister gemalt? Von einem schönen Gemälde könnte ihm aber wohl die Frage abgedrungen werden: Welcher Meister hat dieses Werk hervorgebracht?

[35] Und selbst die angenommene Ordnung wird aus Mangel an Raum schon zu viel unterbrochen, um als Ordnung gelten zu können, auch giebt das große Zimmer bereits einen Wink, in welcher Eintracht die vermischten Produkte von Meistern und Schülern neben einander zu hängen verstehen würden.

Eine kurze Beurtheilung der vorzüglichsten oder auffallendsten ausgestellten Kunstsachen, könne, glauben wir von Kunstblättern, welche in Dresden erscheinen, mit Recht gefordert werden, und wir – den Plural im ganz eigentlichen Sinne genommen – wir wollen den Versuch wagen.

Ein Oehlgemälde, die Gräfin von Bibikow vorstellend, von Herrn Professor Grassi[3].

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Mit diesem Portrait wollen wir anfangen, weil es möglich wäre, daß wir damit anfangen müßten, wenn uns daran läge, seinen Rang unter den Gemälden der diesjährigen Ausstellung zu bestimmen. Es ist ein Bildniß, wie wir lange keins sahen, eins, [36] wie wenig Maler unsrer Zeit aufzuzeigen vermöchten. Wie die Geliebte, gebietet es über unsre Blicke, und zehnmal ruft es uns zurück; wie sie, wenn wir schon im ganzen Ernste Abschied genommen haben.

Herr Grassi hat die große Schwierigkeit, einem Portrait allgemeines Interesse zu verschaffen, aufs glücklichste gelöst. Er hat es zum historischen Gemälde erhoben, das in jeder Galerie einen Ehrenplatz verdienen würde. Einfache Größe leuchtet aus dem Ganzen, und aus der völlig gerundeten Oberfläche, dem Eigenthume der Malerei, sehen wir die innere Kraft, das schöne Gemüth in hoher Ruhe, hervortreten. Ein herrliches Köpfchen voll Weichheit und Liebreiz; und die schönen gefalteten Hände! Wir möchten die Hände auch falten; wir möchten, wie Fiesko vor den Phantasien des Malers Romano es will, vor dieses Künstlers Phantasien knien, und der Natur einen Scheidebrief geben.

Die Gewänder endlich. Sie sind mit Größe geworfen und von einer bewundernswürdigen Klarheit der Farben. Gewiß wird so leicht kein Künstler sich [37] erdreusten, einen brennend rothen Shawl auf ein ziemlich hellblaues Kleid und Halbärmel von schönem Gelb zu legen; noch weniger ein grünes Tuch in den Haaren anzubringen. Man besorgt Nachtheil für das Fleisch. Man fürchtet Buntheit, Störung, wenn man nur davon hört. Aber man findet eine zauberische Harmonie, wenn man diese Farben auf diesem Gemälde sieht.

Herr Grassi ist übrigens Geschichtsmaler, und läßt sich auch in seinen Portraits nicht zur Bezeichnung der Stoffe herab. Er kennt, wie der bloß historische Künstler, nur ein Zeug in seinen Gewändern, das weder Atlas, noch Sammt, noch Tafft ist, und will nichts weiter kennen. Wirklich bringt auch seine Draperie an sich schon einen sehr edlen Eindruck hervor. Hauptsächlich aber scheint ihm an der Uebereinstimmung des Ganzen zu liegen, welche durch glänzende Stoffe u. s .w. nothwendig beeinträchtigt werden müßte.

Herr Grassi ist zum Professor und, wie das Gerücht sagt, zum Mitdirektor der hiesigen Akademie [38] ernannt worden. Mit allen Freunden der Kunst wünschten wir dem Gerüchte Wahrheit, weil es einem Orte, über den Natur und Kunst ihre Reichthümer ausstreuten, nie an würdigen Leitern des aufkeimenden Talents mangeln sollte.

Ein großes historisches Blatt in Oehl gemalt, von Herrn Professor Schenau, und fünf kleine Oehlgemälde von demselben, häusliche Szenen.

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Das historische Gemälde soll die Scene aus der Ilias vorstellen, wie Priamus den Achill um den Leichnam seines Sohnes bittet. Aus allem in diesem Bilde bemerkt man, daß die gute Zeit des Künstlers längst vorbei seyn muß. Doch zu seinen Familienstücken.

Gewiß freute sich ein großer Theil des Publikums mit uns bei der Nachricht, daß Herr Schenau wieder einmal in einem Fache aufgetreten wäre, welchem er vormals vielen Beifall verdankte. Allein unsre Hoffnung wurde nicht ganz befriedigt. Seine [39] fünf Darstellungen aus dem häuslichen Leben geben uns den Meister von ehedem nicht wieder. Es fehlt ihnen an Zeichnung und größtentheils auch an Ausdruck. Viele von den Figuren scheinen sich im Traume zu befinden. Selbst die Gewänder stehen seinen vormaligen nach. Die Bezeichnung der Stoffe ist nicht in allen natürlich.

1) Wir sehen eine Mutter, bei ihren zwei schlafenden Kleinen sitzend, einem Knaben Schweigen auferlegen, welcher aus der Schule zurückkommt, wie wir an den Büchern gewahr werden, die, in einen Riemen geschnallt, ihm am Arme hängen. Die Mutter ist nicht ohne Ausdruck und Grazie. Auf den Knaben aber ist ein überaus brauner, unnatürlicher Schatten gefallen.

2) Eine Mutter hinter ihren drei Kindern, die vor dem Vater stehen, dem sie eben einen schriftlichen Glückwunsch überreicht haben, ein Umstand, worüber uns das Blatt in der väterlichen Hand mit den Worten: zum funfzigsten Geburtstage, Auskunft giebt. Auch hier ist die Mutter am bedeutendsten [40] dargestellt. Die Kinder sind unförmliche, aufgeschwollene Menschenmassen, die von ihrer eigenen Existenz nichts, geschweige von ihrer Rolle wissen. Der Vater ist dunkelbraun.

3) Eine Mutter, welche ihr kleines Kind in den Spiegel sehen läßt. Vielleicht das erste unter diesen fünf Stücken. Der Kopf der braunen Alten, welche dahinter steht, möchte wohl am besten gezeichnet seyn.

4) Ein, wahrscheinlich im Laufen nach dem Balle, den man auf der Erde liegen sieht, gefallenes (dem Künstler wohl gerathenes) Kind. Die Wärterin eilt ihm zu Hülfe. Die Mutter hingegen – denn wer als die Mutter könnte die weibliche sitzende Figur sonst seyn sollen? – bleibt ganz ungerührt davon. Ihre Gesichtszüge kündigen keine Verwunderung, vielweniger Schrecken an. Zwar streckt sie die Hand ein wenig aus, aber man sieht wohl, daß sie es nur thut, um nicht ganz müßig zu bleiben. Auf diesem Bilde ist das Dunkelbraun wieder an die alte Wärterin gekommen, und noch ein größeres Unglück in einer äußerst unnatürlichen Stellung.

[41] 5) Eine Mutter, vor ihrem kleinen Kinde stehend. Sie zieht es sanft vom Bette auf. Diese Mutter ist eine reizende Gestalt, wenn sie nur auch ein wenig mütterliches Gefühl zeigte. Allein keine Spur von dem Entzücken, das auf ihr Gesicht gehörte. Sie steht da, seelenlos, als ob sie ohne alles Interesse ein fremdes Kind nur angriffe, damit der Künstler eine Mutter darnach malen könnte? Wir fragen jede gute Mutter, die dieses und das vorige Bild betrachtet hat, um ihr Urtheil darüber.

Drei männliche Portraits von Herrn Professor Graff.

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Sie besitzen die schöne Lebhaftigkeit, das warme Kolorit, die gute Zeichnung, welche alle Portraits dieses verdienstvollen Mannes auszeichnen. Dass eine, ein Kniestück, stellt einen Grafen von Brühl vor. Er sitzt, und scheint über einen Plan nachzusinnen, den er in der Hand hält. Die zwei andern Stücke sind die Brustbilder des hiesigen Kapellmeisters Naumann und des Kupferstechers Chodowiecki, der eben im Begriff ist, seine Brille aufzusetzen.

[42]

Vier getuschte Landschaften von Herrn Zingg.

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In seiner gewöhnlichen Manier. Er ist ein Meister, das sieht man auf den ersten Blick. Allein die Festigkeit seiner Hand ist in Härte ausgeartet. Versteinerte Bäume neben eckigen Figuren. Herr Zingg scheint die Uebergänge verlernt zu haben. Die stärksten Schatten dicht au das hellste Licht, oder ein einfärbiger grauer, unkräftiger Ton zeichnen seine neuen Werke besonders aus. Das schöne Verschmelzen, das der Landschaft ihren höchsten und eigentlichsten Reiz giebt, vermißt man gänzlich in ihnen. Wir möchten nicht für den Abdruck einer seiner ehedem so vortrefflich gestochenen Platten eine solche Zeichnung eintauschen.

Zwei Landschaften in Oehl, von Herrn Professor Klengel.

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1) Man erblickt die Sonne kurz nach dem Aufgange und ihre Wirkungen. Diese sind mit einem Glücke dargestellt, dessen sich vielleicht noch kein Künstler, selbst Claude Lorrain nicht, rühmen konnte. [43] Es ist wirklich das Feuer der Sonne, womit diese Wolken gefüllt sind. Wir sind geblendet und staunen, denn die unbegreifliche Natur dringt aus diesem Kunstwerke auf uns ein. Welch ein Künstler, rufen wir, der aus Schatten, denn was ist die Malerei anders als Schatten? diese erwärmenden Gluten bilden konnte! Der Vorgrund, in dem man vier menschliche Figuren, worunter zwei Badende sind, und einiges Vieh bemerkt, ist noch nicht von dem Strale berührt, wohl aber glänzen die Bäume in einiger Entfernung schon in dem herrlichen Golde. Wir wollen indeß nicht verhehlen, daß wir die Scheibe der Sonne gern hinter die Ruinen gewünscht hätten, neben denen sie hervortritt. Zwar hat der Künstler alles gethan, was er für seinen Gegenstand thun konnte; allein auch sein Genie vermag die Grenzen seiner Kunst nicht zu überschreiten. Wir werden hier eine Kraft gewahr, welche für die Wirkungen, die wir sie hervorbringen sehen, bei weitem zu gering ist, und indem wir das Gelingen der Kühnheit des Künstlers in den letztern bewundern müssen, deckt die Darstellung der Sonnenscheibe unserm Blicke eine Blöße der Kunst auf. Uebrigens [44] hält der mächtige Geist, der aus allen Klengelschen Werken spricht, auch diese Komposition zusammen. Die Luft streicht durch seine schönen Bäume, mit deren Blättern der Sonnenschein spielt.

2) Der erste Schiffer, nach Geßners Idille. Er zeigt zwei erstaunten Mädchen den ausgehohlten Baumstamm , welcher ihn über das Wasser zu ihnen getragen hat.

Herr Klengel ist auch hier, in jedem Baumblatte möchten wir sagen, unverkennbar. Seine warme Harmonie ist wieder über die ganze Landschaft ausgehaucht, und der Einfluß, den er dem Sonnenscheine und der Luft gestattet, giebt den todten Baumgruppen gleichsam Seele und Leben. Die kräftigen Parthien in den hohen, überaus schön gestalteten Bäumen des Vorgrundes, glaubt man rauschen zu hören. Herr Klengel scheint mit jedem Jahre einen starken Schritt vorwärts zu thun. Keine Kleinigkeit wahrhaftig, wenn man bedenkt, daß er vor vielen Jahren schon Werke lieferte, die seinen Namen auf eine ferne Nachwelt zu bringen vermöge.

[45]

Eine Herbstlandschaft in Oehl gemalt, von Herrn Klaß.

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Es ist ein Jagdstück, und mag wohl zu den besten Gemälden dieses Künstlers gehören, dessen Bäume einen geübten Pinsel verrathen. An den einzelnen Gegenständen in den Landschaften des Herr Klaß wäre überhaupt wenig zu tadeln, wenn ihm die Uebereinstimmung des Ganzen allezeit gelingen wollte. Auch in dieser Hinsicht verdient aber das diesmal ausgestellte herbstliche Gemälde einige Auszeichnung. Was bis darauf dargestellte Parforcejagd betrifft, so streitet es gegen alle Erfahrung, dass, wie hier, ein Hirsch, selbst bei der stärksten Angst, versuchen sollte, einen Baum hinaufzuklettern, oder auch nur ihn zu umfassen. Desgleichen mußte, weil denn nun einmal dieser Gegenstand gewählt war, die Jagd gehörig vorgestellt werden, und kein Hund dem Hirsche entgegen kommen.

Das Portrait des Kaufmanns Löhr aus Leipzig, in Kupfer gestochen von Herrn Bause.

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Ein guter Stich nach einem Gemälde von Graff. Doch ist es wohl unläugbar, daß Herr Bause auf [46] seinem Rückwege begriffen ist. Seine reine Arbeit ist noch vorhanden, aber ihr Kräftiges, das Zusammenarbeiten der einzelnen Parthien, scheint ihm verloren gegangen. Es wäre indeß höchst ungerecht, wenn man Bause’s frühere große Verdienste darum vergessen wollte, weil die gewöhnlichen Schwächen des alternden Künstlers auch an seinen Werken sichtbar werden.

Eine ganze weibliche Figur in Lebensgröße, desgleichen ein weibliches und zwei männliche Brustbilder in Oehl, von Herrn Tischbein.

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Die Wahl des Herrn Rath Tischbein aus Dessau zu der durch den Tod des berühmten Oesers erledigten Direktorstelle bei der Kunstakademie zu Leipzig, so wie die oben erwähnte Ernennung des Herrn Grassi zum hiesigen Professor, geben ein ehrenvolles Zeugniß dafür, daß man den besten Willen hat, die Sächsischen Kunstschulen empor zu bringen.

Die weibliche Figur des Herrn Tischbein ist das Portrait der Frau Hausmarschallin Baronesse zu Racknitz. Wem dieses unbekannt wäre, der [47] könnte die Idee zu dieser Gestalt leicht für ein schönes Eigenthum des Künstlers, für einen gelungenen Versuch halten, eine Grazie in moderner Tracht erscheinen zu lassen. Noch mehr würde Herr Tischbein diese Täuschung befördert haben, wenn er das Gesicht des Originals treuer auf die Leinwand getragen hätte. Man findet Aehnlichkeit, aber bei weitem nicht ganz jene edle Anmuth; jene herablaßende Güte, welche aus den Zügen des Urbildes hervortritt. Auch das Kolorit des Gesichts wollte uns nicht recht gefallen. Ueberhaupt möchte die ganze Figur wohl ein wenig zu lang seyn, auch kann man den allzukleinen Füßen, selbst bei den leisen, über den Boden nur schwebenden Tritten dieser Gestalt, deren Aufrechthaltung nicht zumuthen.

Uebrigens fließt das lange, weiße Kleid in schönen Falten um die schönen Glieder. Den einen Theil des darüber hängenden Lilla-Shawls hält die dargestellte Dame so in ihren beiden Händen, daß er den im Garten gepflückten, ziemlich hervorspringenden Blumen, statt eines Körbchens dient. Die Karnation ist, wenn wir das Roth auf dem Gesichte abrechnen, [48] des Meisters würdig, und die blonden, luftigen Haare verläugnen ihn eben so wenig.

Das eine ganz vorzüglich schön behandelte männliche Brustbild stellt den Gatten dieser Dame, den durch mehrere Werke der Kunst sehr schätzbar gewordenen Herrn Hausmarschall, Freiherrn zu Racknitz, vor.

Am zweiten männlichen Portrait hat uns Kolorit und Zeichnung am wenigsten wahr geschienen.

Das weibliche Brustbild hingegen ist wieder ganz in des Künstlers zarter und geistreicher Manier.

Eine heilige Familie, nach dem Bilde eines unbekannten Meisters in der Dresdner Galerie, von Herrn Direktor Seydelmann, in Sepie getuscht.

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Die Zeichnungen des Herrn Seydelmann empfehlen sich besonders durch eine diesem Künstler ganz eigenthümliche Weichheit. Alles ist harmonisch bei [49] ihm, alles wunderbar verschmolzen. Dennoch ist der Geist darüber noch nicht untergegangen. Er spricht uns aus dem liebevollen Mutterköpfchen, wie aus den süßen Minen der Kinder an. Man hat geglaubt, Herrn Seydelmanns Manier könne jede geduldige Hand erreichen. Aber man irrte, wie die Werke der geduldigen Hände von manchem seiner Nachahmer darthun können.

Joseph und Potiphars Weib, nach Cantarini da Pesaro, die Magdalena des Correggio und ein Amor nach Rafael, von Madame Seydelmann.

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Madame Seydelmann; die Gattin des eben erwähnten Künstlers, kündigt der Ruf als eine treffliche Miniaturmalerin an, und ein jedes ihrer neuen Werke beweist, daß er eher zu wenig, als zu viel, für sie thue. Was ihre Magdalene betrifft, so streitet sie einen rühmlichen Kampf mit der Frau von Duchesne, der wir im künftigen Hefte gedenken werden. Beinahe möchten wir sogar den Kampf [50] schon zum Vortheile der Madame Seydelmann für entschieden annehmen.

Ein historisches Gemälde in Oehl, von Herrn Professor Schubert.

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Es ist Koriolans Mutter, wie sie mit dessen Gattin und Kindern vor ihm erscheint, um ihren Sohn seinem Vaterlande wieder zu gewinnen. Eine gute Komposition, in der eine verdienstvolle Zeichnung vorzüglich sichtbar ist. Auch das Kolorit ist gefällig. Sehr viel sagt das Gesicht und die Geberden, der Mutter. Die schönste. Gruppe bildet aber wohl Koriolans reizendes Weib mit den Kindern. Nur würde uns vielleicht auf ihrem Gesicht der Ausdruck zu gering scheinen, wenn wir uns nicht noch zur rechten Zeit einer Wahrheit erinnerten, welche der scharfsinnige Winkelmann[4] bei Gelegenheit der Niobe vorträgt; „Ein Zustand, sagt er, wo Empfindung und Ueberlegung aufhört, und welcher der Gleichgültigkeit ähnlich ist, verändert keine Züge der Gestalt, und der Bildung.“ Das unweit von [51] dem Helden hervorgestreckte lange Bein eines nicht ganz sichtbaren Kriegers schien uns eine üble Wirkung zu machen.

Die verkleinerten Brustbilder des Erzherzogs Karl und des Fürsten Suworow in Pastell gemalt vom Herrn Hofmahler Schmidt.

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Die Portraits des Herrn Schmidt zeichnen sich am meisten durch eine große Aehnlichkeit aus, und Augenzeugen versichern uns, auch diese beiden Männer wären in Hinsicht auf Aehnlichkeit vollkommen dargestellt. Das Bildniß des Fürsten Suworow kann sonach einen neuen Beweis für die Trüglichkeit des physiognomischen Studiums abgeben. Wer fände wohl in diesen wilden, schrecklichen Zügen den edeln Menschenfreund wieder, dessen Lob von allen Zungen tönt, für dessen Wohl alle Herzen schlagen?

Wie rühmlich für den Mann, daß seine Thaten nichts dazu beitragen, wenn unser Blick sich furchtsam von seinem Gesicht abwendet, um bei der ruhigen Heldengröße auf dem Gesichte des Erzherzogs wieder Athem zu schöpfen.

[52]

Vier Kindergemälde in Oehl von Herrn Vogel.

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Herr Vogel gehört zu den Künstlern, welche im zweiten Stücke des zweiten Bandes des Propyläen den Namen der Imaginanten erhalten. Ueber alle Gestalten zieht er einen dünnen Schleier um sie gleich übersinnlichen feinern Wesen erscheinen zu lassen. Das Angenehme seiner Manier ist indes wohl nicht zu läugnen.

Am glücklichsten äussert sich das Genie dieses Meisters in Kindergestalten, und seine vier ausgestellten Blätter können diesem Urtheile unmöglich widersprechen. Es sind Portraits; aber man könnte sie eben so gut für idealische Kindergestalten ansehen. Die Nothwendigkeit und die Grazie scheinen die vereinigten Schöpferinnen dieser Züge gewesen zu seyn, und keine blinde Naturgewalt sich in ihr schönes. Wirken gemischt zu haben. Auch den Charakter der Jahre hat der Künstler artig angedeutet. Das sichtbar ältere Mädchen scheint die Blumen in der Hand für ihren Putz, für einen Busenstrauß zu bestimmen. Ein kleineres Mädchen hingegen ruht [53] mit seinem Händchen auf einem Rosenkorbe und schaut mit seinen klaren Augen aus der heiligen Unschuldwelt in die unsrige. Ein herrliches Köpfchen! Eben so lieblich ist ein andres sitzendes Kind, dessen ganzer Körper sichtbar ist, auch von diesem Meister gemalt, jedoch noch unvollendet. Weniger Zartheit und Anmuth glauben wir in den beiden sich umarmenden Kindern bemerkt zu haben.

Die Himmelfahrt der heiligen Jungfrau von Herrn Gareis.

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Eins der erhabensten Sujets, welche das Christenthum bietet. Die schöne Jungfrau, aus deren Schosse der Ewige seinen Sohn darum auf die Erde gehen ließ, weil das Streben nach Göttlichkeit in ihrer reinen Brust keiner irrdischen Begierde einigen Raum verstattete, steht am Ziele. Zuvor aber mußten die Leiden der Menschheit alle auf sie eindringen. Ihr großes Herz blutete, doch erlag es nicht. Des Unglaubens schmähende Zunge tastete die Reinheit ihrer Sitten an. Er trieb seine Lästerung so weit, daß er in der Belohnung selbst, wodurch der ewige Geist sie für die würdigste der Frauen [54] erklärte, den Beweis ihres unwürdigen Wandels finden wollte. Ihr schönes Bewustsein, ihr hoher Sinn, entrissen sie der Verzweiflung, und selbst als unter dem Kreuze des göttlichen Sohnes ihre Seele zerreißen wollte, lehnte sich noch ihr Vertrauen an die alles leitende Vorsehung an. Sie steht am Ziele; die Göttlichkeit ist durch ihre Kraft errungen. Die Erde ist nun ihr Element nicht mehr, denn keine Prüfung ist groß genug, um sich mit ihren überstandenen messen zu können. Der Boden, welcher den Sterblichen an sich zieht, hat keine Gewalt weiter über sie. Sie ist ein Eigenthum einer bessern Sphäre geworden, und wie der Mensch, seinem Wesen nach, aus den Höhen des Himmels auf die Erde herabfallen würde, so erhebt sich die Göttliche, kraft ihres Wesens, von der Erde zu den Höhen des Himmels. Eine Wolke, von himmlischen Geistern getragen, nimmt sie auf. So schwebt sie empor.

Der Künstler hat diesen letzten Moment ergriffen, und in das Gesicht der Heiligen eine wahrhaft überirrdische Andacht und Hoheit gebracht. Wir sehen [55] in ihren erhobenen Augen, daß der menschliche Flor derselben zerrissen ist, daß sie ihren vormals gekreuzigten Sohn in seiner Herrlichkeit erblickt. Dieser einzige Marienkopf würde hinreichen, Herrn Gareis einen Rang zu verschaffen.

Vorwerfen könnte man ihm vielleicht, allzuviel Gewand an dieser Figur gezeigt zu haben. Was einem irrdischen Weibe zur Zierde dienen kann, ist für die Hohe zu klein geworden, eben weil es irrdisch ist.

Die Engel um sie her sind liebliche Kindergestalten und gut gruppirt. Die Köpfe der erstaunten Apostel, deren Kreise sie entschwebte, haben schöne Wahrheit und mannichfaltigen Charakter, nur glauben wir einige darunter nicht zum ersten Male zu sehen. Wir wünschten sehr uns hierin zu irren, weil ein Künstler von so vieler Kraft, wie Herr Gareis nie zu solchen Hülfsmitteln greifen sollte.

Daß unter diesen Alten keine einzige ganze Figur sich befindet, dies verhindert vielleicht eine noch größere Wirkung.

(Die Fortsetzung nächstens.)



[23]
Die Kunstausstellung zu Dresden im Jahre 1800.[5]




(Fortsetzung.)

Ausser der im vorhergehenden Hefte gerühmten Himmelfahrt Mariens hat Herr Gareis drei in Wolken schwebende noch nicht fertige, Figuren ausgestellt, die, glauben wir, Horen bedeuten sollen. Herr Gareis scheint sich’s zuweilen etwas leicht zu machen. Zwar ist nicht zu läugnen, daß die beiden an den Seiten befindlichen, luftigen Wesen ein Paar liebliche Köpfchen haben, auch wirklich schweben. Aber die Mittelfigur ist doch in der That, sowohl [24] an richtiger Zeichnung, als an schöner Form verwahrloset. Auch müssen wir an dem untern Theile der einen Seitenfigur die ganze Lage seiner erwähnten Maria, bis auf die Farbe und den Wurf des Gewandes, noch einmal sehen.

Herr Gareis sollte nicht ungerecht gegen sich selbst handeln.

Ein historisches Blatt in Oel, den Orpheus vorstellend, von Herrn Pochmann.

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Herr Pochman sucht, seit vielen Jahren schon, durch Geschichtsmalerei sich einen Beifall zu erwerben, den er vormals einzig dem Portrait verdankte, daß er bei seiner guten Zeichnung, und seinem trefflichen Kolorit, mit vieler Feinheit zu behandeln weiß. Die allgemeine Zustimmung indessen, welche seine überaus glücklichen Nachbildungen aus dem wirklichen Leben erhielten, scheint seinen idealischen Gemälden nicht entgegen zu kommen. Für ausgemacht kann es wohl aber gelten, daß dieser Orpheus welcher durch die Macht seiner Töne den Cerberus besiegt, gut gestellt, richtig gezeichnet und von kräftigem [25] Kolorit ist, auch daß sein Gewand einen schonen Wurf und brave Ausführung hat.

Ein historisches Blatt in Oel, Magdalene, Johannes und Petrus bei der Auferstehung Jesu, halbe Figuren, vom Grafen von Skotnizki.[6]

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Gewiß ein vorzügliches Bild der dießjährigen Ausstellung. Es zeigt uns Fleisch, wie die Natur es hat, und Formen, wie sie die Natur selten erreicht. Die Heilige sagt eben voll Schmerz zu Petrus und Johannes, daß ihr Freund, der Sohn Gottes, nicht im Grabe ist. Welch ein Gesicht hat dieser Petrus, wie schön ist der Jüngling Johannes, und Magdalene, wer wünschte nicht den Kummer zu theilen, der ihre reizende Brust erfüllt! Wie fließen die blonden Locken um den anmuthigen Kopf, wie ihre Gewänder um die weichen Körperumrisse! Für eine reuige Sünderin möchte indeß freilich der Busen zu wenig verhüllt seyn, auch die schon an sich übergroße Fülle, ein zu warmes, üppiges Leben verrathen.

[26] Die Draperie zeigt uns einen verständigen, gelungenen Faltenwurf.

Das Kolorit des Ganzen ist schön, und der Künstler, wie man sagt, ein noch sehr junger Mann, berechtigt um so mehr zu den höchsten Erwartungen, da er sich die gegenwärtige Fertigkeit in der kurzen Zeit einiger Jahre erworben hat, und noch immer unter der Leitung des Herrn Grassi arbeitet..

Was uns jedoch nicht recht an diesem Gemälde gefallen wollte, waren die Hände. Die der Magdalene sind nicht schön, und die eine Hand des Johannes steht dem Arme des Petrus so nahe, daß sie, wie letzterm gehörig, erscheint, auch ist sie für den schönen Jüngling viel zu alt. Die aufgehobene Hand des Petrus endlich, erscheint, wie abgerissen dastehend. Wir sehen den Arm gar nicht, zu dem sie gehört, und wie sie hier hinter dem Gewande hervorsteigt, thut sie einen übeln Effekt.

Zwei Akte in Kreide, und einer in Oel von demselben Künstler, bestätigen die gute Meinung von seiner Geschicklichkeit.

[27]

Zwei Miniaturgemälde, eine Kopie der Danae nach Tizian und eine Magdalene nach Correggio, von der Frau von Duchène.

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Zwei Gemälde, welche die Meisterin in dieser Gattung verrathen. Bei einer sehr fleißigen Ausführung, die möglichste Wärme! Wie schön ist die überströmende Sinnentrunkenheit in dem Köpfchen dieser Danae, wie heilig die fromme Ergebung auf dem Gesicht der Büsserin Magdalene!

Drei Landschaften in Sepie von Herrn Veith.

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Zwei davon sind nach der Natur. Sie stellen das Dorf Ottewalde und das Schloß Lohmen vor.

Die Werke dieses rühmlich bekannten Künstlers, zeichnen sich sowohl im Ganzen als im Einzelnen durch ein zartes Verschmelzen aus. Auch fällt seine Wahl gemeiniglich auf Gegenstände, welche schon für sich gefallen, und denen er durch seine Behandlung einen vorzüglichen Reiz zu geben versteht. Besonders gelingen ihm die Mondbeleuchtungen, wovon er auch dießmal, in dem dritten Blatte ein schönes Beispiel lieferte. Möchte Herr Veith doch den [28] Grabstichel, den er ebenfalls vortrefflich zu gebrauchen versteht, über seinen lieblichen Zeichnungen nicht ganz vergessen.

Zwei Blumenstücke in Wachs gemalt, von Herrn Klinger.

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Herr Klinger hat es in der Wachsmalerey schon sehr weit gebracht, und hört nicht auf, nach größerer Vollkommenheit zu streben. Die beiden trefflichen Blumenstücke voll Leichtigkeit und Leben, geben ihm dieses ehrenvolle Zeugniß aufs neue.

Das Portrait eines Mädchens in Pastell von Herrn Günther.

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Herr Günther, dessen Fach eigentlich die Landschaft ist, beweist uns durch dieses Bild, daß er sich auch ausser seinem Kreise nicht ganz ohne Anmuth zu bewegen versteht.

Ein männliches und ein weibliches Portrait in Pastell von Herrn Börner.

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Der Verfertiger, hören wir, ist nur ein Dilettant, der erst seit kurzer Zeit anfing, sich mit der Kunst zu [29] beschäftigen. Unter dieser Voraussetzung könnte das männliche Portrait immer noch einiges Lob verdienen.

Drei Zeichnungen in Sepie getuscht von Herrn Nachtigall.

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Die eine davon ist ein Portait, die zweite ist nach einem Gemälde des van Dyk, und die dritte nach der Venus des Tizian. Herr Nachtigall arbeitet mit vielem Fleiße. Mehr Festigkeit in der Zeichnung wäre ihm aber zu wünschen.

Das Portrait eines churfürstl. Jagdpagen von Herrn Winkelmann.

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Das Silber der Achselbänder und der Uniform überhaupt, schien uns an diesem Bilde vorzüglich gut ausgedrückt.

Ein Stillleben in Oel gemalt von Demoiselle Friedrich.

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Ohne uns auf Lob oder Tadel des Gegenstandes dieses Stilllebens das in Backwerk und dergleichen besteht, einzulassen, worüber bei Gelegenheit, ein Anderer in diesen Blättern sprechen wird, reden wir [30] nur von dem Gelingen der Ausführung. Die Nachahmung der Wirklichkeit in dem Backwerke ist täuschend, auch wäre es kein Wunder, wenn irgend eine empfindsame Seele unter den Zuschauern sich dem Bilde zu nahen gescheut hätte, weil sie den Genuß der (gemalten) Fliege nicht stören wollte, welche den Zucker auf der Torte nach ihrem Geschmack findet. Die Weinflasche und das halbvolle Glas darneben sind nicht minder gelungen. Durchaus verfehlt aber ist der Spiegel in dem, zur Erbauung jedes wohleingerichteten Gaumens, die anlockende Torte noch einmal erscheinen soll. Es ist ein graues, glattes Papier, aber kein Spiegel, und nur der angebrachte Wiederschein, und die Spiegelschleife belehren uns eines andern.

Ein Blumenstück in Oel, von Demoiselle Richter, Schülerin der vorerwähnten Künstlerin.

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Gewiß, ein recht niedliches Gemälde.

Ein weiblicher Kopf von Demoiselle Reinow[WS 1] gezeichnet.

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Eine in Andacht versunkene Beterin, voll Charakter. Wahrscheinlich eine Kopie, die wohlgelungen, [31] aber weniger fleißig von der Künstlerin ausgeführt ist, als gewöhnlich.

Ein Amor nach Mengs und drei Portraits nach der Natur in Miniatur auf Elfenbein, von Herrn Greve aus Holland.

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Herrn Greve’s Miniaturgemälde zeugen von viel Geschicklichkeit. Ein sehr zarter Pinsel ist in allen sichtbar. Die Kopie des Amor ist vorzüglich gerathen.

Eine Partie des Schonergrundes in Oel gemalt von Herrn Thiele.

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Eine Landschaft, die in der That nicht ohne Verdienst ist, und sich vor den übrigen Landschaften dieses Künstlers auszeichnet.

Drei Pastellgemälde, eine heilige Familie nach Raphael, ein Amor nach Guercino und eine Magdalene nach Corregio, von Demoiselle Stock.

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Die Galanterie fordert einem zuweilen für Personen des andern Geschlechts den Namen der Künstlerinnen ab, für Demoiselle Stock verlangt ihn die Gerechtigkeit. Es find zwar nur Kopien, was sie [32] uns darstellt, aber wenn man in seinen Nachbildungen den Geist solcher Meister aufzuzeigen versteht, so darf man auf eine sehr ehrenvolle Stelle in den Künstlerwelt Ansprüche machen. Die heilige Familie und der Amor haben uns vorzüglich gefallen. Schöne Farbengebung und überaus zarte Behandlung empfehlen sie besonders.

Zwei Landschaften in Oel und eine in Wasserfarben von Herrn Mechau.

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Herr Mechau zeigt, daß er den Ruf eines verdienten Landschaftmalers zu behaupten wisse. Seine Werke gefallen uns am meisten von Seiten der Erfindung, denn er gehört nicht zu denen, welche den Glauben haben, daß ein jeder Strauch oder Sandhaufen werth sey, als Kunstwerk aufbehalten zu werden. Er führt nicht selten menschliche Handlungen in seinen Werken auf, und dichtet dazu gemeiniglich eine passende Gegend. Auch bei diesen drei Blättern hatte er es nicht unterlassen. Zu den beiden in Oel, die sich durch einen hohen Ernst und schöne Fernen auszeichneten, hatten Herders zerstreute Blätter den Stoff geliefert. Schade, daß die [33] Ausführung der Figuren nicht gelungen war. Die dritte Landschaft stellte die von der Wölfin gesäugten Erbauer Roms dar.

Ein Viehstück in Oel vom Herrn v. Watzdorf.

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Die Gemälde des Herrn von Watzdorf zeichnen sich vorzüglich durch Nettigkeit und eine fleißige Ausarbeitung aus, die um so mehr geschätzt werden muß, da der Künstler das Wesentliche darüber nicht verabsäumt.

Drei Portraits in Pastell nach der Natur von Herrn Wagner aus Köthen.

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Von Pastellbildern kann man wohl mit dem größten Recht mehr Weichheit verlangen, als diese uns zeigten. Doch scheinen sie sich von Seiten der Aehnlichkeit zu empfehlen.

Ein Haut-relief in Marmor, den Kindermord zu Bethlehem vorstellend, von Herrn Demmler, desgleichen zwei Brustbilder nach der Natur von demselben, ebenfalls in Marmor.

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Die Darstellung des Kindermords ist noch nicht vollendet. Doch zeigt sie schon in dem Künstler den [34] Mann der mit seinem Werkzeuge umzugehen weiß. Besonders gut scheint uns der Schmerz auf dem Gesicht einer Mutter ausgedrückt, welche ihr Kind in der Hand des Mörders erblickt. Vor allen Dingen aber sollte es dem Bildhauer um richtige Zeichnung zu thun seyn. Hierin jedoch können wir diesem Künstler nicht das beste Zeugniß geben. Die Verhältnisse die der menschliche Körper erfordert, sind an den vorkommenden Figuren stark verletzt, und jemehr Anlagen in Herrn D. zu liegen scheinen, desto mehr wünschten wir, daß er die Zeichnung künftig weniger vernachläßigen möge. Was endlich den Gegenstand des Hautreliefs betrift, so möchte er sich schwerlich rechtfertigen lassen, wenn wir nicht annehmen, daß es, wie einst in dem Tempel zu Ake, auch in dem Tempel der Kunst erlaubt sey, den Grazien und den Eumeniden zu gleicher Zeit Opfer zu bringen.

Die Portraits machen dem Künstler keine Schande. Doch hätte er bedenken sollen, daß der Marmor niemals zur Nachbildung von Haarbeuteln und ähnlichen Moden gemißbraucht werden dürfe.

[35]

Ein Basrelief in buntem Wachs, ein Weib vorstellend, welche eine Lyra hält, von Herrn Micksch.

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Es ist längst zum Grundsatz angenommen, daß der gute Geschmack keine Malerei an erhobenen menschlichen Figuren gestatte. Wir wunderten uns daher wohl zuweilen schon, wenn Herr Micksch mit Portraits en Basrelief auftrat, in denen wir Fleisch und Gewänder in ihren eigenthümlichen Farben sahen. Doch fiel uns der Fehler nicht sonderlich auf. Vielleicht, weil wir uns die heutige Kleidertracht auch ohne Farbe, auf einem Werke der Bildnerey nicht viel glücklicher vorstellen konnten, oder weil Herr Micksch durch eine überaus gefällige Behandlung unser Auge bestach. Bei seinem dießjährigen Werke aber erschraken wir wirklich, ja, wir würden es für die Darstellung einer Pariser Poißarde gehalten haben, die bei einem Gelage ihre Kleider verlohr, wenn die Leier mit Minervens Vogel geschmückt, welche diese Figur in der Hand hält, nicht auf ein besseres Wesen hingedeutet hätte. Herr Micksch hat ein historisches Portrait zu machen geglaubt, und [36] eine idealische Kleidung gewählt, aber die dargestellte Person ist längst nicht mehr in den Jahren der Blüte, und nur die reizendste Blüte möchte so viel Nackendes und Halbnackendes entschuldigen können. Welches Kolorit übrigens, welche Farbenzusammenstellung! Das Fleisch ist ziegelroth, und der bunte Blumenkranz in den Haaren schreit laut auf, noch lauter aber ein überaus schweres rothes Gewand. Wir hören indeß, daß der Künstler selbst, dieses Werk, besonders wegen dessen Farbe, nicht unter seine gelungensten zählt, und wir würden uns freuen, wenn der Mann von Geschmack, den wir in ihm schätzen, hierdurch von dem Abwege geleitet würde, seine gemeiniglich sehr ähnlichen und zart behandelten Portraits nach der Natur zu koloriren.

Vier Landschaften in Oel gemalt von Demoiselle Freystein in Leipzig.

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Die eine davon ist eine Kopie der Ruisdalschen Jagd in der Dresdner Gallerie, und so vortrefflich gerathen, daß man leicht keine bessere davon sehen wird. Die drei andern Blätter scheinen nach der Natur zu seyn. Der Pinsel dieser Künstlerin nähert [37] dem von Klengel, ihrem Meister. Zuweilen fehlt ihren Werken nur die Wirkung im Ganzen. Ihre Kompositionen scheinen nicht immer auf einen Totaleindruck berechnet. Unsre Phantasie: will, daß der Landschaftmaler durch Massen auf sie wirke, und zwar durch schöne Massen. Hierinn versieht es aber vielleicht die Künstlerin manchmal. Die Natur schwebt ihr immer vor, davon zeugen ihre Werke, doch nicht immer die schöne Natur. Sie verschwendet daher oft ihre treffliche Darstellung an einzeln stehende Bäume, die nicht gut genug sind, um in die Kunst übertragen zu werden. Bey alledem leistet sie außerordentlich viel. Am meisten gefiel uns dießmal eine Landschaft mit dem Monde, der eben erst anfängt durch die hereinbrechende Dämmerung seinen Glanz zu werfen. In dieser Landschaft war alles so geordnet, daß das Ganze nicht über dem Einzelnen vergessen werden konnte.

Zwei Gemälde in Oel, Isaaks Opferung, nach Oeser, von Herrn Wiese, in Leipzig.

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Wir kennen die Originale nicht, doch glauben wir kaum, daß Oeser diesen überaus gemeinen Judencharakter als den Erzvater Abraham dargestellt [38] habe. Ist es aber doch, so hätte Herr Wiese keine Kopieen davon nehmen sollen; und ist es nicht, so mußte er seine Originale nicht durch solche Kopieen in üblen Ruf bringen. Das eine Bild stellt Abraham vor, wie er mit seinem Sohne zum Opfer geht. Das zweite ist eine Darstellung des Augenblicks, wo die himmlische Erscheinung das Opfer unterbricht. Beide sind überdieß sehr verzeichnet. Das letzte ist indeß besser als das erste, aber noch lange nicht gut.

Zwey Blätter in Pastell nach der Natur gemalt, von Herrn Caffee aus Leipzig.

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Herr Caffee hat den Ruf eines guten Portraitmalers, in Pastellfarben, den wir ihn durch unsre Privatmeinung über diese beiden Gemälde keinesweges streitig machen wollen; um so weniger, da wir selbst schon sonst von seinem Talent überzeugt worden sind. Die beiden, dießmal ausgestellten Bilder scheinen, aus gewissen Grundzügen zu urtheilen, die besonders in dem weiblichen alten, und den fünf Kinderköpfen, die nämlichen sind, Eine Familie auszumachen. Das eine mag wohl der Vater mit seinen zwei kleinen Söhnen, das andere seine Gattin mit [39] drei weiblichen Kindern vorstellen. Der Vater, der am Schreibetische sitzt, ist der einzige Kopf welcher dem Künstler interessant werden konnte. „Des Künstlers Erdewallen“ fiel uns bei den übrigen sogleich ein. Lauter schlaffe gedehnte Züge. Wir vermißten auch Zeichnung und Anordnung. Es ist gar keine Komposition in beiden Gemälden, und das gelbgraue, geschwollene Fleisch macht einen sehr widrigen Eindruck. Wir wollen hier die Bemerkung nicht unterdrücken, daß alle wohlgetroffene Portraits zwar in Familien-Sälen einen Platz verdienen, aber nicht alle in Kunstausstellungen erscheinen sollten.

Zwei Bilder nach der Natur, in Oel gemalt, von Herrn Gladysz aus Posen.

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An dem einen, welches die gelungenen Bildnisse des zweiten Inspektors der hiesigen Gemäldes-Gallerie Herrn Pechwells und seiner Gattin enthält, mißfiel uns die Anordnung der Gruppe. Die Scene ist unter freyem Himmel, und der Mann steht tiefer als seine Gattin sitzt, so, daß er seinen Kopf, ohne große Anstrengung, nach ihrem Schoose zuwendet, wohin durch die gekrümmte Stellung der [40] Letztern der Medaillon an ihrem Halse herabhängt. Ihr Gatte betrachtet ihn hier mit der Lorgnette. Außer dieser Anordnung nun, die sich nicht gut ausnimmt, möchte aber auch noch die Idee, welche die Beschäftigung veranlaßt, in der wir den dargestellten Mann erblicken, für letztern nachtheilig seyn. Der Medaillon hängt zwar so, daß wir den Gegenstand nicht bemerken, welcher hier betrachtet wird. Jedoch der allgemeine Gebrauch der Weiber in dergleichen Medaillons die Bilder ihrer Männer zu tragen, bringt uns sogleich auf den Gedanken, Herr Pechwell sey in die Betrachtung seines eignen Bildes versunken. Eben so gut hätte ihn der Künstler einem Spiegel gegenüber stellen können. Gewiß ist dem Dargestellten die Beleidigung nicht eingefallen, die dadurch seiner eignen Delikatesse geschieht. Er verzeihe uns aber, daß wir, indem wir ihm diese Gerechtigkeit wiederfahren lassen, die Sache erwähnten. Es war uns nur um den Wink zu thun, daß man nicht jede Handlung, welche an sich zu den unschuldigsten gehört, für würdig halten möge, sie durch die Kunst zu einer immer fort währenden zu machen.

[41] Das Kolorit des Bildes ist recht gut. Wahrheit im Fleische und schöne Falten in den Gewändern. Besonders artig nahm sich an der weiblichen Figur die Lage des Shawls aus, und dessen so täuschend nachgeahmter, roth und grün schillernder Taffet. Weniger gelungen war der dunkelblaue Atlas an ihrem Kleide. Auch schien uns Herr Gladysz in dem weiblichen Arme der Natur allzugetreu geblieben zu seyn.

Das andere Portrait zwei Mädchen (die Töchter des Herrn Pechwell) vor einem Clavier, hat uns vorzüglich gefallen. Das eine Mädchen hält mit einer Hand ein Notenblatt auf dem Pulte, wohin sie auch ihr Gesicht richtet, während die andere Hand die Töne dieser Noten auf dem Claviere herauszubringen sucht. Die zweite Figur sitzt sinnend da, den einen Arm um der Schwester Nacken geschlagen, den andern sanft untergestemmt. Neben dem Claviere liegen andere musikalische Instrumente.

Eine wirklich reizende Komposition, und viele Harmonie ist diesem Bilde nicht abzusprechen. Die auf dem Claviere spielende Hand ist so schön, daß die leise Ahndung uns befällt, sie könne nichts als [42] schöne Töne hervorbringen. Die Draperie ist ebenfalls vortrefflich. Es ist wahrer hellblauer Atlas, den wir an dem Kleide der Clavierspielerin entdecken. Aber freilich bemerken wir auch, daß der Glanz der Gewänder den Gesichtern keinen Vortheil bringt.

Zwei kleine Portraits in Oel gemalt, von Herrn Rößler in Wien.

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Sie sind weniger gut als seine ehemaligen. Das Kräftige, was vielleicht darin seyn soll, ist nur grob und hart. Die Hände sind sehr schlecht. Uebrigens sollen sie, wie wir hören, die Kapellmeister Haydn und Salieri vorstellen.

Gnandstein und Dohna, gezeichnet und getuscht von C. A. Richter, Schüler von Herrn Zingg.

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Herr Richter hält sich freilich noch zu viel an die harte Manier seines Lehrers, dennoch beurkunden diese beiden Zeichnungen sein Talent. Besonders [43] gefiel uns die Harmonie in der Darstellung von Gnandstein. Doch ist es kein Mondschein, der Mond hängt hier müßig am Himmel. Denn das Halbdunkel, welches auf den Gegenständen ruht, ist nicht sein duftiger Schimmer. Möchte doch Herr Richter sich des guten Mondes erbarmen, und ihn von einem Platze nehmen, wo er gar nicht weiß, was er vor Langerweile anfangen soll, und wo die Zuschauer ebenfalls nicht wissen, was sie mit ihm anfangen sollen.

Herr Richter hat außerdem noch mehrere brave Zeichnungen geliefert. Bey den übrigens recht gut dargestellten Ruinen des Schlosses Frauenstein ist ihm aber ein ähnliches Unglück, wie dort mit dem Monde, durch den Versuch, einen Regenbogen zu zeichnen, begegnet. Diese Naturerscheinung möchte wohl über die Kräfte des Landschaftmalers hinausgehen, der Landschaftzeichner aber, dem die Vortheile des Malers nicht einmal zu Gebote stehen, sollte nie versuchen, einen grauen halbzirkelformigen Streifen, als Regenbogen aufzuführen.

[44]

Eine historische getuschte Zeichnung von Herrn Schnorr in Leipzig.

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Der Gegenstand ist die Ausstellung von Raphaels Leichnam in seiner Offizin neben seinem letzten Werke. Die Freunde des herrlichen Künstler stehen um ihn, in Betrübniß versunken, über den frühen Tod des Mannes, dessen Unsterblichkeit in dem Gemälde neben ihm so klar erscheint. Der heilige Vater selbst ist unter ihnen. Eine vortreffliche Komposition! Die weiblichen Gestalten sind vorzüglich gelungen, und das Gewand der ganz Verhüllten, welche der tiefe Schmerz zu dem Geliebten hinabzieht, ist sehr reizend geworfen. In den alten Köpfen aber, schien uns zu wenig Alter zu liegen.

Herr Schnorr hatte die Bitte um Mittheilung einer kolorirten Kopie der Transfiguration beygefügt, indem er diese Zeichnung in Oel auszuführen gedachte. Wir wiederholen sie hier, weil sich in der That von dem Talente des Künstlers viel erwarten läßt. Man schreibe dieses Urtheil übrigens ja nicht einer partheyischen Vorliebe für Herrn Schnorrs Werke zu, denn der neue Theater-Vorhang in Leipzig, zum [45] Beispiel scheint uns nichts weniger, als den Posaunenstoß zu verdienen, welcher in einem beliebten Journale[7] vor kurzem geschah, und wir wünschten um Herrn Schnorrs willen, daß er den Vorhang nicht geliefert hätte.

Der heilige Sebastian nach Guido Reni, in Oel gemalt von Herrn Matthäi in Wien.

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Herr Matthäi von Dresden bringt seinem Lehrer, dem berühmten Füger nicht wenig Ehre, und wir bedauern, daß es ihm nicht gefiel, eine eigne Komposition aufzustellen. Seine Kopie des heiligen Sebastian ist indeß vortrefflich gerathen.

Zwei Landschaften in Wasserfarben und eine in Oel, von Herrn Wright.

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Die eine davon zeigt die Andromache bey Hektors Grabmale. Herzlich schlechte Figuren. Die Landschaften sind indeß nicht ohne harmonischen Ton. Die Ferne besonders ist recht wohl gelungen.

[46]

Ein männliches und ein weibliches Portrait en mignature, von Herrn Kästner.

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Herr Kästner soll, hörten wir, im Treffen glücklich seyn, eine Eigenschaft, die ihm bey vielen Leuten, die lange nicht so absurd sind, wie Bruder Motitz der Sonderling, zur sattsamen Empfehlung gereichen wird.

(Der Schluß folgt.)



  1. Ein gedrucktes Verzeichniß der vorzüglichsten Kunstsachen der dießjährigen Ausstellung ist in dem Museum zu Dresden für 2 Gr. zu bekommen. Die zu späte unverhoffte Erscheinung mancher Stücke hat indeß der Vollständigkeit desselben geschadet. Für das künftige Jahr aber wird die Direktion der Akademie selbst, die Besorgung eines Verzeichnisses übernehmen, und die Hindernisse der Vollständigkeit aus dem Wege räumen.
  2. London und Paris, 2ter Jahrg. Num. 8.
  3. Hierzu gehört das Kupfer No. 1.
  4. Geschichte der Kunst, 1ster Th. S. 826.
  5. Die Herausgeber der deutschen Kunstblätter sowohl, als den Verfasser der Beurtheilung der ausgestellten Tischbeinschen Gemälde, befremdete ein Wort, das sich in den ersten Heft dieser Zeitschrift S. 47. ganz ohne ihr Wissen, eingefunden hat. Es ist das Beiwort herablassend, das zu sehr gemißbraucht wurde und wird, um der trefflichen, geistvollen Dame, von welcher dort die Rede ist, zu einer Bezeichnung dienen zu können. Man ersucht hiermit die Besitzer der Kunstblätter die Worte: jene herablassende Güte zu durchstreichen, und dafür: jene, erhabenen weiblichen Seelen eigene Güte, zu setzen.
  6. Einen Umriß davon enthält das Kupfer No. 2.
  7. Jener ungeschickte Lobredner ist ein Paar Monat später – wenn wir nicht irren in demselben Journale – gehörig abgefertigt worden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. 2. Buchstabe unleserlich