BLKÖ:Zimmermann, Johann August

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 60 (1891), ab Seite: 121. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Johann August Zimmermann in Wikidata
GND-Eintrag: {{{GND}}}, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Zimmermann, Johann August|60|121|}}

Zimmermann, Johann Aug. (Schulmann und Poet, geb. zu Bilin in Böhmen am 14. Mai 1793, gest. in Diewic nächst Prag am 25. April 1869). Sohn eines in Oesterreich eingewanderten Sachsen, dessen Familie zu Ruhla in Thüringen ansässig war, der österreichische Kriegsdienste nahm und seiner Braut zuliebe zum Katholicismus übertrat. Johann August besuchte 1803 das Gymnasium in Prag, begann 1810 unter Bolzano’s Führung, mit dem er bis zu dessen 1848 erfolgtem Tode in inniger Freundschaft verbunden blieb, die philosophischen Studien, beendigte auch jenes der Rechte, wandte sich aber vornehmlich auf Bolzano’s Rath dem Lehramte zu und erhielt im Jahre 1817 eine Professur an den Humanitätsclassen (wie zu seiner Zeit die beiden obersten Gymnasialclassen hießen) am Gymnasium zu Iglau. 1819 kam er in gleicher Eigenschaft nach Pisek und 1822 nach Prag (auf der Kleinseite), wo er bis zum Jahre 1844 verblieb. In diese Zeit fällt seine Betheiligung an der damals unter Palacký’s Redaction gestandenen „Monatsschrift des vaterländischen Museums“, an der (freisinnig geübten) Censur der belletristischen 1838 von Johann Umlauft redigirten Zeitschrift „Der Novellist“, an den Entwürfen der Statuten des damals (unter dem Grafen Thun) aufblühenden Prager Kunstvereines und der unter dem Schutze der Erzherzogin Sophie (von Jelen) gegründeten Sophien-Akademie zur Emporbringung classischer Musik in Böhmen, sowie des (vom Fürsten C. Rohan) beabsichtigten Schullehrer-Seminars. Im Jahre [122] erhielt er von dem damaligen Staats- und Conferenzminister Grafen Kolowrat den Auftrag, einen Plan für die Reform der österreichischen Gymnasien auszuarbeiten, wurde infolge dessen 1844 zu der (damaligen) kaiserlichen Studienhofcommission in Wien einberufen und nahm von da an den im Laufe der folgenden Jahre stattgefundenen, zeitweise unterbrochenen, nach der Errichtung eines selbständigen Unterrichtsministeriums (unter Leo Thun) erneuerten Reformberathungen der Gymnasialstudien mit Exner, Bonitz und Anderen wirksamen Antheil, zog sich aber, zum Theil andauernder Kränklichkeit halber, zum Theil, weil er mit der völligen Beseitigung des Classen- und der ausschließlichen Anwendung des Fachlehrsystems aus pädagogischen Gründen nicht einverstanden war, im Jahre 1849 in den bleibenden Ruhestand zurück. Den Rest seiner Tage verlebte er theils in Wien, theils auf dem Gute seines Schwiegervaters, eines freisinnigen Advocaten aus der josephinischen Zeit und lebenslänglichen Freundes und Gesinnungsgenossen Bolzano’s, Dr. Franz Pistl auf Raditsch, zuletzt auf seiner eigenen Besitzung Herzowka in Diewic nächst Prag, der Literatur und Philosophie ausschließlich gewidmet, wo er auch, in den letzten Jahren leidend, nach kurzer Krankheit starb. Zimmermann war ein dichterisch und philosophisch begabter, an originellen Gedanken auf den mannigfaltigsten Gebieten reicher, ebenso feinsinnig empfindender als logisch scharfer Geist, der mit der vielseitigsten Empfänglichkeit eine durchdringende Gründlichkeit und mit überlegener Intelligenz die nachsichtigste Schonung und das freundlichste Wohlwollen für Andere verband, so daß er bei seinen zahlreichen Schülern ein bleibendes dankbares Andenken zurückgelassen hat. Als Schriftsteller litt er wie fast alle Zeitgenossen unter der Ungunst der damaligen Verhältnisse, als philosophischer Schriftsteller überdies unter dem Drucke, der auf dem Namen seines 1820 vom Lehramte als kirchlich und politisch verdächtig entfernten Lehrers Bolzano, [Band II, Seite 35], und dessen Schule lastete. Seine größeren poetischen Arbeiten sind meist Bruchstücke geblieben, seine philosophischen meist ohne seinen Namen aus Licht getreten. Unter den ersteren nehmen seine geistlichen Lieder durch Innigkeit und Wärme den ersten Platz ein. Außer seinem „Gebet des Herrn, in acht Liedern“ (Prag 1828), das mehrere Auflagen erlebte, sind viele derselben in Zeitschriften und Werken zerstreut, so in Staudenmeyer’s[WS 1] „Geist des Christenthums“, Pletz’s „Katholischer Vierteljahrschrift“ u. a. O. Eines derselben, ein Meßlied für die Prager Universitätskirche (Salvatorkirche), hat seinen Weg in die katholische Hofkirche in Dresden und durch König Otto von Griechenland in die katholische Hofcapelle zu Athen gefunden. Von seinen weltlichen Liedern sind einige, darunter sein „Schwimmerlied“, in Braunthal’s „Oesterreichischem Musenalmanach“ (1837), andere in der ehemaligen „Monatschrift des vaterländischen Museums“ in Prag u. a. O. erschienen. Dieselbe Zeitschrift enthält auch seinen auf Hormayr’s Antrieb entstandenen Versuch, die ältesten Legenden der böhmischen Geschichte, z. B. die der h. Ludmilla, in poetische Form zu bringen, und den ersten Act seines Trauerspiels „Johannes Nepomucenus“, dessen eigentlicher Held aber, wie die im Nachlaß vorgefundenen Bruchstücke beweisen, vielmehr der König Wenzel (IV.) geworden wäre, und [123] dessen Vollendung wohl aus diesem Grunde unterblieb. Ein die Legende des vorgenannten Heiligen behandelnder „Romanzenkranz“ erschien im Jahre 1829 selbstständig mit Illustrationen von der Hand seines Bruders Karl, des Historienmalers [siehe diesen S. 127][WS 2]. Auch Volkslieder aus dem Čechischen hat Zimmermann übersetzt, die zum Theil mit Musik von J. W. Tomaschek selbständig, zum Theil in John Bowring’s bekannten „Slavish melodies“ abgedruckt sind. Von seinen gedruckten philosophischen Arbeiten ist außer einer ausführlichen und vortrefflichen Recension der Geschichte der Philosophie von Kant bis Hegel von Chalybaeus („Ost und West“ 1837) und einer ebensolchen der Schrift von Tafel „Supplement zu Kant’s Biographie“ in Schmidl’s „Oesterr. Blättern für Literatur und Kunst“ (1847), besonders seine zur Vertheidigung Bolzano’s gegen des Leipziger Professors Krug Angriffe verfaßte Schrift: „Krug und Bolzano“ (Sulzbach 1839) zu nennen. Das Wort Schelling’s über Baader: „er theile geistige Almosen aus“, paßt auch auf Joh. Aug. Zimmermann, dessen Zimmer nie leer wurde von Dichtern und Schriftstellern, jüngeren und älteren, die seinen Rath und sein Urtheil suchten, aus seinen freigebig ausgestreuten Goldkörnern Münze schlugen und dadurch ihm selbst die Zeit zum Arbeiten raubten. Sein reicher poetischer und insbesondere philosophischer Nachlaß, darunter eine Reihe von Sonetten zum größten Theil politischen Inhalts, zu denen ihm die Zeitereignisse Stoff genug boten, und Anderes, meist aus der Muße seines Lebensabends stammend, ist bisher ungedruckt geblieben. Im November 1823 vermälte er sich mit Francisca, Tochter des obgenannten Advocaten Dr. Franz Pistl, aus welcher Ehe drei Söhne: Robert [siehe die besondere Biographie S. 131], Winfried (Architect, gest. 1881), Ottokar (lebt als k. k. Bezirksrichter zu Katharinaberg im Erzgebirge) und drei Töchter stammen, von welchen die jüngste, Francisca (geb. 1842), sich gleichfalls schriftstellerisch[WS 3] bekannt gemacht hat. Im Jahre 1841 erwählte ihn die königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaft zu ihrem Mitgliede.

Mittheilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Redigirt von Dr. Ludwig Schlesinger (Prag, Lex. 8°.) X. Jahrg. (1871). S. 204–215: „Joh. Nep. Aug. Zimmermann“. Von Clemens Ritter von Weyrother. – Seidlitz (Julius). Die Poesie und die Poeten in Oesterreich im Jahre 1836, Bd. II, S. 44. – (Meyer’s) Conversations-Lexikon. III. Aufl., 15. Band.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. ADB:Staudenmaier, Franz Anton
  2. Vorlage: S. 128
  3. Vorlage: schrifstellerisch