Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Umlauft, Friedrich
Band: 49 (1884), ab Seite: 34. (Quelle)
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Umlauft, Johann (Reichstags-Abgeordneter und Wiener Gemeinderath, geb. in Prag 17. Mai 1807). Der Sohn eines Prager Kaufmannes. Frühzeitig den schönen Wissenschaften sich zuneigend, gab er nur mit Widerstreben dem Wunsche seiner Eltern nach, daß er den rechtswissenschaftlichen Studien sich widme, die er dann auch an der Hochschule in Wien beendete. Eben daran, das erste Rigorosum zur Erlangung der juridischen Doctorwürde zu bestehen, wurde er durch den 1832 erfolgten Tod seines Vaters nach Prag zurückberufen und blieb nun daselbst durch zwei Jahre damit beschäftigt, das hinterlassene Handelsgeschäft durch allmälige Abwickelung der Geschäftsbeziehungen zu Ende zu führen. Nach Abschluß dieser kaufmännischen Thätigkeit kehrte er zu seiner ursprünglichen Neigung, der Belletristik, zurück und arbeitete, seinen Aufenthalt zwischen Wien und Prag [35] wechselnd, an verschiedenen Journalen. Dann gründete er in letzterer Stadt 1838 selbst ein literarisches Unternehmen, betitelt: „Der Novellist. Eine Zeitschrift für moderne und unterhaltende Lecture. Nebst Feuilleton für literarisch-artistische und tagesgeschichtliche Neuigkeiten“, wovon ein einziger Jahrgang in 104 Nummern erschien. Wegen Mangels an Theilnahme hörte das Blatt auf, von welchem Herausgeber dieses Lexikons irgendwo las, daß es sich „unter den damals schwierigen Verhältnissen zur Fahne des jungen Deutschland bekannte“. Im Jahre 1840 kam Umlauft wieder nach Wien und suchte daselbst eine Anstellung bei der artistischen Leitung des Hofburgtheaters zu erlangen. Da seine Bemühungen erfolglos blieben, trat er als Conceptspractikant bei dem Wiener Bücherrevisionsamte in den Staatsdienst, zugleich aber übernahm er auch an der von Adolph Bäuerle herausgegebenen „Wiener Theater-Zeitung“, dem vormärzlichen tonangebenden Hauptblatte Oesterreichs, das stehende Referat über das Hofburgtheater. Nun war es mit der vormärzlichen Theaterkritik in Wien schlimm genug bestellt, und da soll denn gegen deren Verflachung und Corruption Umlauft zum ersten Male Front gemacht haben. Ob aber dies in einem Blatte wie die „Theater-Zeitung“ überhaupt möglich war, muß dem Kenner der Verhältnisse derselben zu beurtheilen überlassen werden. Beim Bücherrevisionsamte bewährte sich Umlauft auch in solcher Weise, daß er in kurzer Zeit zur obersten Polizei- und Censur-Hofstelle – letztere längst als vormärzliche Gedankenmordanstalt anrüchig – einberufen und daselbst mit der Handhabung der Journal-Censur, in welcher Graf Sedlnitzky bekanntlich das Unglaublichste leistete, betraut wurde. Diese Stellung war nicht danach angethan, Umlauft in literarischen Kreisen Sympathien zuzuwenden, und auch im weiteren Verlaufe seines öffentlichen Lebens kamen seine zahlreichen Gegner immer wieder auf diesen wunden Punkt zurück, und selbst die liberalen Anschauungen, denen er später huldigte und welche er mit gewisser Ostentation vertrat, waren nicht nur nicht vermögend, die Erinnerung daran auszulöschen, sondern wurden vielmehr benützt, ihn als politischen Renegaten hinzustellen. Aus dieser nichts weniger als beneidenswerthen Stellung riß ihn mit einem Male das Jahr 1848. Gleich in den ereignißschweren Märztagen erklärte er sich offen für die Volksbewegung, und mit dieser Zeit tritt ein Wendepunkt in seinem Leben ein. Umlauft kehrte dem Absolutismus den Rücken, entfaltete zunächst das Banner der Freiheit und trat später in die Reihen der Demokratie, ohne indeß jetzt unangefochten zu bleiben. Als Streiter der akademischen Legion wurde er am 23. Mai in den ominösen Sicherheitsausschuß gewählt, in welchem er eines der thätigsten Mitglieder war bis zur Eröffnung des Reichstages. Daß er damals die öffentliche Meinung auf seiner Seite hatte, beweist die Thatsache, daß ihn der Wahlbezirk Tulln als Abgeordneten in den Reichstag wählte. Da er aber auch im böhmischen Wahlbezirke Leitmeritz gewählt wurde, lehnte er erstere Wahl ab und entschied sich zur Annahme der letzteren. Im Reichstage nahm er seinen Platz auf der äußersten Linken ein, anfangs zwischen Oheral und Fischhof, später zwischen Rauscher und Kossowski. Aus seiner parlamentarischen Wirksamkeit, welche aus den stenographischen Protokollen ersichtlich ist, führen wir die minder bekannten Thatsachen an: daß er zu [36] Kremsier in keinen der verschiedenen Ausschüsse des Reichstages gewählt wurde, obwohl es vorkam, daß ein und derselbe Abgeordnete in mehreren saß, wie z. B. Karl Uchazy in dem zur Prüfung der Reichstagsrechnungen und in jenem für den Gesetzentwurf bezüglich der Aufhebung der Unterthänigkeitsverhältnisse; ferner daß er bei der Abstimmung über den bekannten Kudlich’schen Antrag: Aufhebung der Unterthänigkeit, eine Coalition der bäuerlichen Abgeordneten zu Stande brachte, um durch deren Enthaltung von der Abstimmung den Beschluß „auf entgeltliche Ablösung der Giebigkeiten“ unmöglich zu machen. Man sieht, der Censurbeamte war, ohne die Tragweite seines Benehmens und die Rechtsfrage zu ermessen, über Nacht ein Radicaler von reinstem Wasser geworden. Glücklicher Weise aber wurde durch andere Mitglieder der Linken jener Schritt hintertrieben. In den Octobertagen saß Umlauft im Ausschusse des Reichstages, und in Kremsier, wo er bis zum Schlusse der Sitzungen an der Berathung der Grundrechte sich betheiligte, hielt er eine Rede für die Aufhebung der Todesstrafe. Da das Personal der aufgelassenen Polizeihofstelle bereits im April 1848 dem Ministerium des Innern einverleibt worden war, so wurde er nach Auflösung des Reichstages durch eine Verfügung des Ministers Stadion der Tiroler Statthalterei zur Dienstleistung zugewiesen. Die anfänglich geplante einfache Entlassung Umlauft’s, zu welcher dessen Verhalten im Bewegungsjahre genügenden Anlaß bot, gab Graf Stadion aus dem Grunde auf, um selbst den Anschein zu vermeiden, als wolle die Regierung für das incorrecte Verhalten eines Staatsdieners sich an demselben rächen. Tirol war damals das unfreiwillige Exil manches als nicht ganz zuverlässig erkannten Beamten, und als Umlauft in dem glaubensstarken Tirol gegen die religiöse Partei auftrat, da geschah etwas, was er sich wohl kaum geträumt hätte: er wurde von seinem gleichfalls nach Tirol verbannten Collegen Karl Stegmayer [Bd. XXXVII, S. 324] im Namen seiner Freunde besungen und als Held apostrophirt, „der als ein Ritter uns’rer Zeit gewagt mit Frömmlern, Herren, Knechten – kühnen Streit!“ Die nächste Veranlassung zu dieser poetischen Verherrlichung bot ein kleines Witzblatt, welches Umlauft während der Zeit seines Innsbrucker Aufenthaltes herausgab, und in welchem er die für die Glaubenseinheit im Lande Tirol kämpfende Partei mit den Waffen der Satyre und Persiflage rücksichtslos angriff. Nun wurde er nach Wien zurückberufen und bald darauf, im December 1851, pensionirt. Des Staatsdienstes ledig, trat er mit Beginn des Jahres 1852 bei der Buchhandlung Sallmayer und Comp. als stiller Gesellschafter ein und gründete sich so in bürgerlicher Sphäre eine neue Existenz. In diesem Jahre mußte er auch, damit ja kein Blatt zur politischen Märtyrerkrone ihm fehle, wegen Besitzes von Druckschriften aus dem Jahre 1848 eine kurze Kerkerhaft abbüßen. Als nach dem Umschwunge der politischen Verhältnisse, welcher dem Jahre 1859 folgte, auch die Großcommune Wien 1861 aus freier Wahl ihre Vertreter in der Gemeinde erkor, gelangte auch Umlauft in einer Nachwahl im vierten Wahlbezirke (Wieden) in den Wiener Gemeinderath. Auch bei den späteren Wahlen ging, freilich nicht immer ohne Widerspruch, der, wie im Jahre 1867, einen sehr ernsten Charakter annahm, sein Name aus der Urne hervor. [37] Ueber seine rührige Thätigkeit im Gemeinderathe, in welchem er bei verschiedenen Anlässen, insbesondere aber in Schulfragen, als energischer Sprecher und Vertreter seiner Partei auftrat, geben die Protokolle des Gemeinderathes Aufschluß. Im Jahre 1873, als die directen Wahlen für das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrathes vollzogen wurden, kam Umlauft auch in dasselbe, doch fand später seine Wiederwahl nicht statt. Als Schriftsteller schrieb er unter dem Pseudonym Lumau.

Feierstunden. Redigirt von Ebersberg (Wien, 8°.) 1835, S. 1025. – Geißel (Wiener Blatt) 1848, Nr. 56, S. 131: „Politische Charade“ [deren Lösung: Umlauft]. – Helfert (Freiherr von). Die Wiener Journalistik im Jahre 1848 (Wien 1877, Manz, 8°.) S. 127 und 190. – (Neustadt Adolph). Reichstags-Galerie. Geschriebene Porträts der hervorragendsten Deputirten des ersten österreichischen Reichstages (Wien 1849, Jasper, Hügel und Manz, 8°.). Drittes und viertes Heft, S. 77–80. – Neues Fremden-Blatt. Herausgegeben von Isidor Heller und Wilhelm Wiener (Wien, 4°.) III. Jahrg., 19. Jänner 1867, Nr. 19: „Zweiter Leitartikel“. – Springer (Ant. Heinrich). Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1865, Hirzel, gr. 8°.) Bd. I, S. 424. – Oesterreich im Jahre 1840. Staat und Staatsverwaltung, Verfassung und Cultur. Von einem österreichischen Staatsmanne (Leipzig 1840, Otto Wigand, gr. 8°.) Bd. II, S. 319. – Harfe und Zither. Zeitschrift für moderne Unterhaltungslecture (Innsbruck, 4°.) 1851, 8. Juli, Nr. 54: „Nachruf an Johann Umlauft“. Von Karl Stegmayer im Namen der Freunde Umlauft’s. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1867, Nr. 862, unter „Eingesendet“; Nr. 865: „Die Geschichte von den stinkenden Fischen“ Nr. 868: „Correspondenz aus Wien 28. Januar“; Nr. 869: „Eingesendet“. – Neues Wiener Tagblatt (kl. Fol.) 1870, Nr. 9, Beilage: „Die Bestechungsversuchsfrage“. – Floh (Wiener Witz- und Spottblatt) 1869, Nr. 10, zweite Beilage: „Aus dem Schwarzbuche der Wiener Polizei“. – Dunder (Wenz. Georg). Denkschrift über die October-Revolution in Wien... (Wien 1849, 8°.) S. 190 und 434.
Chargen. 1) Der „Floh“, V. Jahrg., 15. November 1873, Nr. 64. C. v. Stur (del.). Tomassisch sc. (Ganze Figur). – 2) Derselbe, 30. Jänner 1876, Nr. 5: „Abenteuer eines liberalen Gemeinderathes“. Von Theodor Z.