Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Thann, Andreas
Band: 44 (1882), ab Seite: 168. (Quelle)
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Thann, Moriz von (Historien- und Bildnißmaler, geb. zu Ó-Becse in Ungarn im Jahre 1828). in Bruder des Karl von Thann [siehe den Vorigen]. Um sich dem Advocatenstande zu widmen, studirte er 1848 in Pesth die Rechte, gab aber schon zwei Jahre später das Studium auf und wendete sich 1851 nach Wien, wo er die Akademie der bildenden Künste besuchte und zunächst unter Führich’s, sodann , unter Rahl’s Leitung in seinem Fache sich vervollkommnete. Von seinen Arbeiten aus jener Zeit (1852–1855) sind anzuführen: „Scene in einer ungarischen Csárda“, Aquarell (80 fl.); – „Ungarische [169] Puszta im Frühling“. Aqu. (40 fl.); – „Gefangennahme Lorenz Nyáry’s und des Lieutenants Gabriel Pekoi bei der Einnahme von Szolnok durch die Türken im Jahre 1542“, Oelbild (600 fl.); – „Angelica und Medor in der Grotte“: – „Angelica findet Medor“, Oelb., beide aus Ariost’s „Rasendem Roland“ und Eigenthum der Frau von Usovics; – „Aus Ungarn“, Genrebild (150 fl.), – und „Himmelfahrt Mariae“, Altarbild für Ó-Becse in Ungarn. Alle diese Bilder waren in den Monatsausstellungen des österreichischen Kunstvereins zu sehen. 1855 verließ er Wien, reiste durch Belgien nach Paris, wo er sich längere Zeit aufhielt und sein berühmt gewordenes Bild „Die Schlacht um Mohács“ malte. 1856 begab er sich nach Rom und blieb dort drei Jahre, in seinen Arbeiten von Cornelius, Overbeck, Riepenhausenund Wagner auf das günstigste beeinflußt. Während seines Aufenthaltes in Paris und Rom beschickte er wieder die Monatsausstellungen des österreichischen Kunstvereins mit mehreren Arbeiten, so sah man in denselben 1856, im August: „Ruhende Räuber“ und „Ungarische Bauern“ (je 150 fl.); – 1857, im Juli: „Ungarischer Csikós“; – „Ungarischer Schafhirt“; – im August: einen weiblichen „Studienkopf“ (150 fl.); – 1858, im September: einen männlichen und einen weiblichen „Studienkopf“ (100 und 150 fl.), – und ein Altargemälde, dessen Gegenstand dieser Monatskatalog nicht näher bezeichnet (!); – in mehreren Ausstellungen des Jahres 1859 nur verschiedene „Studienköpfe“ (zu 100, 150, 200 fl.); – 1860, im März: „Pifferari vor einer Madonna spielend“ (550 fl.); – 1861: „Das italienische Moraspiel“, Aqu., – und „Die wahrsagende Zigeunerin“. In Rom malte er auch im Auftrage des Barons Sina die zwei mythologischen Gemälde: „Odysseus und Nausikaa“ und „Odysseus and Penthesilea“. Nach seiner um den Anfang der Sechziger-Jahre erfolgten Rückkehr aus Italien begab er sich in sein Vaterland, wo er das schon früher behandelte Thema „Angelica und Medor“ für das Pesther Museum wiederholte und außerdem für dasselbe das seinerzeit vielbesprochene Bild „Die Tragödie des Menschen“ nach dem gleichnamigen Gedichte von Madách [Bd. XVI, S. 227] malte, ohne gerade damit zum Verständniß der ziemlich mystischen Dichtung beizutragen. Einiges Aufsehen machte er aber mit seinem Gemälde „Fata Morgana“, das im Pariser Salon des Jahres 1867 zur Ausstellung gelangte und durch seine sorgfältige technische Ausführung allgemeine Anerkennung fand. Der Katalog erläutert dieses Bild, wie folgt: „Fata Morgana taucht als eine in unglücklicher Liebe schmachtende Fee aus dem stillen Wasser empor und küßt den zu ihr sich herabsenkenden Sonnengott, während ihr Feind, der sie immer verscheuchende Wind, im Gebüsche schläft“. Die Gruppe ist auch in der That trefflich componirt, das Ganze mit großem Farbenreiz und feinem Formgefühl ausgestattet, aber die herrliche Volkssage läßt sich durch ein noch so schön ausgeführtes Gemälde kaum ersetzen, es wäre denn, daß Caspar Scheuren der Maler sei. In der Zwischenzeit malte er auch mehrere Altarbilder für verschiedene Kirchen, und erregte namentlich ein 1863/64 im Redoutensaale zu Pesth ausgestelltes zweiunddreißig Schuh langes Wandgemälde allgemeine Aufmerksamkeit. Es behandelte das ungarische Märchen der Wiedervereinigung des Königssohns mit der Zauberin Helene, mit mehreren allegorischen Gestalten. Um diese Zeit erhielt er auch den Auftrag, das Stiegenhaus des Pesther Redoutengebäudes zu malen. [170] Nicht minder als vorerwähntes Bild fesselte die Beschauer sein Gemälde „Das Gastmahl Attila’s“, worin namentlich die Klarheit der Darstellung, die Anmuth der Gestalten und der ausdruckvolle Charakter der Köpfe gerechte Anerkennung fanden. Nun wurde er mit seinem Freunde Karl Lotz [Bd. XVI, S. 64] beauftragt, das Treppenhaus des ungarischen Museums in Pesth mit Fresken auszuschmücken. Er übernahm die Ausführung des zwanzig Klafter langen Frieses mit Darstellungen aus der Culturgeschichte Ungarns, deren weiter unten noch des Näheren gedacht wird. Um diese Zeit entstand auch sein großes historisches Bild „Scene aus dem Landtage zu Onod am 6. Juni 1706“. Auf der dritten allgemeinen deutschen Ausstellung in Wien befanden sich folgende Erzeugnisse seines Pinsels: „Sonnenuntergang auf der Puszta“; – „Die in der Nähe des Maeotischen See’s zur Erlangung der Feenherrschaft versammelten Jungfrauen werden durch die von Hunor und Magyar angeführten auf der Jagd sich verirrenden jungen Kämpfer überrascht und gewaltsam entführt, während die Feen fliegend sich retten“: das Bild stellt eine Episode aus dem Volksepos Arany’s: „Der Tod Buda’s“ dar. Minder glücklich war Thann mit dem dritten Oelgemälde auf dieser Ausstellung: „Die Königin-Witwe Isabella Zápolya und Bischof Martinuzzi“: der Maler erfaßt den Moment, wie Isabella Zápolya durch ihren Minister Bischof Martinuzzi zu Mühlbach in Siebenbürgen 1552 in Gegenwart ihres Sohnes Sigismund und des hiezu besonders entsendeten königlichen Commissärs Thomas Nádasdy zur Abtretung des Landes im Sinne des Friedens von Großwardein an König Ferdinand I. überredet wird. Ist der Stoff schon an und für sich – eine Ueberredung läßt sich ja nicht mit Farben malen – unmalbar, so ist auch die Behandlung durchaus nicht in jenem Style gehalten, den wir eben den historischen zu nennen pflegen. Von anderen Arbeiten des Künstlers, die in die Zeit von 1865 bis 1872 fallen, sind uns bekannt geworden: Die Decoration der Redoutensäle in Pesth, auf welcher er in sinniger Weise die vier Hauptflüsse Ungarns: die Donau, die Theiß, die Save und Drave, in vier kräftigen Paaren allegorisirt. Der Gedanke ist kein originaler, denn im Wiener Belvedere befindet sich ein Bild von Rubens, in welchem die vier Welttheile durch die Flußgötter der vier Hauptströme mit ihren Najaden allegorisch dargestellt sind. Aber Thann entlehnte eben nur den Gedanken, in der Ausführung bewahrte er seine Selbständigkeit, indem er ungarische Charaktertypen mit der ihm eigenen trefflichen Technik und großer Lebenswahrheit behandelt; – das Gemälde „König Emerich nimmt seinen aufständischen Bruder Andreas im Jahre 1204 gefangen“ ist ein in Folge eines vom ungarischen Kunstverein ausgeschriebenen Concurses gemaltes Bild, welches mit dem Preise von 1000 fl. gekrönt, von Lemercier in Paris lithographirt und den Mitgliedern des ungarischen Kunstvereins als Prämienbild gewidmet wurde; das Original aber schenkte der Kunstverein der ungarischen National-Galerie; – „Der Tod Zápolya’s“ (1862); – „Hylos wird von den Nymphen ins Wasser gezogen“ (500 fl.); –,Die h. Cäcilia“; – „Nach der Marchfelder Schlacht“. Concursskizze; – „Dante in Begleitung Virgil’s in der Hölle spricht mit Francesco da Rimini“ (1000 fl.); – „Die Zusammenkunft des Königs Ladislaus mit Rudolph von Habsburg auf dem Schlachtfelde nach dem Siege über Ottokar“. Auf der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 war Thann in der Kunsthalle durch eine [171] stattliche Menge von Werken vertreten, vor Allem durch mehrere Cartons für den Fries des Stiegenhauses im ungarischen Nationalmuseum, deren Darstellungen hier in kurzer Skizze erwähnt seien: Ladislaus der Heilige wird von den Kreuzfahrern zum Anführer gewählt; – König Coloman verbietet die Hexenprocesse; – Bela III. führt die schriftlichen Instanzen ein; – Béla IV. bevölkert das Land von Neuem; – Ludwig der Große empfängt die Huldigung fremder Gesandten; – seine Mutter Elisabeth beschützt die Künste: Adam Kolosvári erscheint mit dem Statuenmodell des h. Ladislaus; – Johann Hunyadi wird als Vertheidiger des Christenthums vom Papste mit einem kostbaren Kreuze beschenkt; – König Matthias im Kreise seiner Gelehrten: Johann Cesinga, Averulano, Bischof Geréb, vor dem Könige sitzt der Buchdrucker Heß, im Hintergrunde der Astrolog, der Maler Lippi, Galeotti u. A.; – A. Nádasdy nimmt den Sänger Tinoky in Schutz, neben ihm Peter Pázmán mit einem protestantischen Geistlichen streitend; – Bethlen, der Gründer von Schulen und Bibliotheken; – Bocskay und Susanna Lorántfy als Beschützer des Protestantismus; – Maria Theresia führt das Urbarium ein und gründet die Universität; – Palatin Joseph gründet das Nationalmuseum und empfängt darin die Gemäldegalerie des Erzbischofs Ladislaus Pyrker; im Hintergrunde Stephan Horváth, der erste Custos des Museums; – Neuere geistige Entwicklung: Széchenyi’s Wirksamkeit; Kossuth verkündet die Emancipation des Volkes (!); Opfer des Freiheitskampfes; – die Göttin Pannonia krönt den Genius der Künste und Wissenschaften. Im officiellen Ausstellungsbericht heißt es anläßlich dieses Cyclus, welchem die historischen Gemälde der Polen (Matejko) entgegengehalten werden: „daß das Compendium der ungarischen Geschichte, welches Lotz und Thann für das Treppenhaus des Nationalmuseums entworfen haben, und welches gerade von Attila bis auf Kossuth herabreicht, daß dieser nationale Geschichtspanegyricus der Magyaren, aus dessen bildlicher Darstellung man förmlich die Éljenrufe herausschreien hört, jedenfalls unter der historischen Elegie der Polen stehe. In den Bildern der Ungarn fehlt es allenthalben an der künstlerischen Sichtung und Auslese des Gegenstandes und an der dramatischen Concentration des bedeutsamen Momentes, das stofflich patriotische Interesse ist durchaus entscheidend. Alles erscheint ohne Unterschied malenswerth, was sich zu irgend einer Zeit in Ungarn zugetragen hat. Nur Thann macht hier eine rühmliche Ausnahme und hat in der That ein Gefühl für dasjenige, was der historische Styl“. Außer diesen Cartons enthielt die Kunsthalle von Thann noch die Oelgemälde: „Nach der Marchfelder Schlacht (1273)“; – „Ladislaus der Kühne übergibt die Gefangenen an Kaiser Rudolph I.“; – „Der Abendstern“ (auch: „Nach Sonnenuntergang“); – „Christus am Kreuz“: – „Dante und Beatrice“; – „Dante und Virgil in der Unterwelt“; – „Die Nacht“, – und „Das Porträt Pulszky’s“. Im Jahre 1868 hatte der Künstler den König und die Königin für den Berathungssaal der ungarischen Nordostbahn, 1877 das Bildniß Franz Deák’s für die königlich ungarische Akademie der Wissenschaften zu malen. Außerdem lieferte er für ungarische Kirchen viele Altarbilder, deren Kenntniß sich uns, da dieselben selten in die Ausstellungen kamen, ganz entzieht. Ueberhaupt ist [172] Thann einer der fleißigsten und vielseitigsten Künstler, und einzelne seiner Arbeiten kamen auch über die Grenzen seines engeren Vaterlandes hinaus. Sonderbarer Weise ist er in der Abtheilung der modernen Schule der Belvedere-Galerie durch kein Werk vertreten, während die Pesther Nationalgalerie mit mehreren Schöpfungen seines Pinsels ausgestattet ist. Der Künstler, der im besten Mannesalter steht, hat bereits Bedeutendes geleistet und zählt zu den hervorragendsten Malern Ungarns in der Gegenwart. Wenn er auch Munkácsy in der Kraft und Großartigkeit des Styls nachsteht und sich durch seine Beschränkung auf den nationalen Kreis selbst eine Grenze steckt, die er bei seiner lebendigen Phantasie und glänzenden Technik mit Erfolg überschreiten dürfte, so scheint er in seiner Selbsterkenntniß es vorzuziehen, lieber unter den Ersten in seinem Vaterlande zu glänzen, als sich in der Fremde unter der Menge ihm gleichbegabter Künstler eben als Fremder zu verlieren. Der Kaiser zeichnete Thann am 9. Juni 1867 mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens aus.

Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst (Leipzig, 4°.) V. Jahrgang (1876), Sp. 12–16. – Neues Wiener Tagblatt, 1868, Nr. 309, im Feuilleton: „Die Oesterreicher auf der dritten deutschen Kunstausstellung“. Von Ludwig Eckard. – Neue Freie Presse, 1865, Nr. 170: „Decoration der Redoutensäle in Pesth“. – Pesther Lloyd, 1861, Nr. 157, im „Feuilleton“. – Pesth-Ofener Zeitung, 1861, Nr. 5, im Feuilleton: „Die Pesther Kunstausstellung“. – Dieselbe, 1861, Nr. 34, im Feuilleton: „Die Pesther Kunstausstellung“. – Neues Fremdenblatt (Wien, 4°.) 1868, Nr. 268: „Die dritte allgemeine Kunstausstellung im neuen Künstlerhause in Wien“. – Zellner’s Blätter für Theater. Musik und Kunst (Wien, kl. Fol.) 7. Juni 1864, Nr. 46. – Dieselben, 21. November 1865, Nr. 93: „Kunst und Kunstverein in Ungarn“. – Ungarische Nachrichten (Pesther polit. Blatt, gr. Fol.) 1864, Nr. 76 und 239, im Feuilleton: „Ueber die Ausstellung der ungarischen Gesellschaft für bildende Künste“. Von Em. Medve.