BLKÖ:Habsburg, Joseph Anton Johann

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 328. (Quelle)
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125. Joseph Anton Johann, Erzherzog von Oesterreich, Palatin (geb. zu Florenz am 9. März 1776, gest. am 13. Jänner 1847). Sohn des Kaisers Leopold II. und Maria Ludovica’s, kön. Prinzessin von Spanien. Der Siebente in der Reihe seiner Brüder. Gemalinen: 1) Alexandrina Pawlowna, Tochter Sr. Majestät des Kaisers Paul (geb. 9. August 1783, gest. 16. März 1801), dem Erzherzoge verlobt am 3. März und vermält zu Gatschina bei St. Petersburg am 30. October 1799; 2) Hermine, Tochter des Herzogs Victor Karl Friedrich von Anhalt-Bernburg-Schaumburg (geb. 2. Dec. 1797, gest. 14. Sept. 1817), dem Erzherzoge vermält zu Schaumburg am 30. August 1815; 3) Maria Dorothea, Tochter des Herzogs Ludwig Friedrich Alexander von Württemberg (geb. 1. November 1797, gest. zu Ofen 30. März 1855), dem Erzherzoge vermält zu Kirchheim unter Teck am 24. August 1819. Witwe seit 13. Jänner 1847. Kinder. Aus erster Ehe: Alexandra Pawlowna (geb. und gest. 8. März 1801). Aus zweiter Ehe: Hermine Amalie Marie (geb. 14. September 1817, gest. zu Wien 13. Februar 1842); Stephan (geb. 14. September 1817). Aus dritter Ehe: Elisabeth Karoline Henriette (geb. 31. Juli, gest. 23. August 1826); Alexander Leopold Ferdinand (geb. 6. Juni 1825, gest. 12. November 1837); Elisabeth Franzisca Maria (geb. 17. Jänner 1831) [s. Nr. 74]; Joseph Karl Ludwig (geb. 2. März 1833); Maria Henriette Anna (geb. 23. August 1836), vermält durch Procuration in Wien am 10., in Person zu Brüssel am 22. August 1853 mit dem Prinzen Leopold, Herzog von Brabant (geb. 9. April 1835). Wichtigere Lebensmomente. Der Erzherzog betrieb in seiner Jugend vornehmlich das Studium der Kriegs- und diplomatischen Wissenschaften; nach dem Tode seines Bruders Alexander [s. Nr. 15] wurde der Erzherzog durch die Wahl der Nation, welche die von dem Primas beantragte Entsiegelung der kön. Proposition von vier Candidaten gar nicht vornahm (12. Nov. 1795), und durch die Bestätigung seines Bruders, des Kaisers Franz, Palatin von Ungarn, welche Würde er durch eine Reihe von 51 Jahren ununterbrochen bekleidete. Unter ihm und durch seine thätige Mitwirkung hob sich die bisher wenig gepflegte ungarische Sprache und bildete eine für die kurze Zeit bemerkenswerthe Literatur. Die wissenschaftlichen Anstalten in Pesth-Ofen, die ungarische Akademie der Wissenschaften, das Museum, deren Protector der Palatin wurde, blühten unter ihm auf. Nicht weniger lag ihm die Förderung des materiellen Wohles Ungarns am Herzen. Gebahnte Fahrstraßen wurden an mehreren Stellen angelegt, insbesondere in den nördlichen gebirgigen Comitaten und in der Bacska, wo nebstdem durch Trockenlegung der vielen Sümpfe und neuanlegte Canäle große Strecken des Landes dem Ackerbaue gewonnen wurden; ebenso förderte er auf das eifrigste die Donau-Dampfschifffahrt. Um die Bodencultur Ungarns zu heben, setzte er nicht nur Preise für Garten- und Bodenerzeugnisse aus, sondern ließ in brachliegenden, jedoch fruchtbaren Gegenden Colonien mit niedlich und zweckmäßig gebauten Häusern anlegen, welche mit allen nöthigen Werkzeugen zur Feldwirthschaft eingerichtet waren und deren Bewohner überdieß Vorschüsse zum Beginne ihrer neuen Wirthschaft bekamen. Solche Colonien sind: Vajda Hunyad in Siebenbürgen (1803), Zsigmondfalva [329] und Lukacsfalva im Torontaler Comitate (1809), Herczegfalva im Stuhlweißenburger Comitate (1810); auch an den in der Grenze seit 1812 errichteten Ortschaften: St. Helena, Elisabethfeld, Eibenthal, Lindenfeld, Wellenthal, Wolfsberg, welche mit Czechen bevölkert wurden; ferner an der Begründung der nach 1840 an der Theiß entstandenen Tabakpflanzer-Ansiedlungen: Apatzka, Aurelhaz, Mednyanskihaz, Urmenyhaz, wie endlich an dem 1842 im Wieselburger Comitate gegründeten und nach dem Orte des Sieges des Erzherzogs Friedrich: Saïda, benannten Dorfe hatte der Erzherzog wesentlichen Antheil. Für die Auffindung und Erhaltung der alten historischen Denkmäler Ungarns ernstlich bedacht, ließ der Erzherzog auf eigene Kosten Nachgrabungen in verschiedenen Theilen Ungarns und Siebenbürgens anstellen und die gefundenen Alterthümer und Denkmäler im Pesther Museum aufstellen und bewahren. Für die Veredelung der einheimischen Pferdezucht sorgte der Erzherzog, indem er die besten ausländischen Racen in den Gestüten verwenden ließ; ebenso wurden spanische Merinos zur Hebung der Schafzucht in’s Land gebracht und namentlich auf den erzherzoglichen Gütern in großer Anzahl gehalten; auch ließ er zur Förderung der Seidenzucht, welche nach den örtlichen Verhältnissen Ungarns eines großen Aufschwunges im Lande fähig war, auf seinen eigenen Gütern mannigfaltige Versuche anstellen, welche dann in verschiedenen Orten mit Erfolg nachgeahmt wurden. Als die bedrängnißvollen Kriegsjahre 1805, 1808 und 1809 über das Kaiserthum hereinbrachen, half der Erzherzog Palatin durch außerordentliche Recrutirungen und durch Kriegsbeiträge und stellte sich selbst an die Spitze der Insurrection. Nicht minder hilfreich und um Beistellung entsprechender Vorkehrungen besorgt, zeigte sich der Palatin, als 1831 die Cholera ausbrach und die Bevölkerung in nicht geringe Angst versetzt wurde. Als Kaiser Ferdinand nach seines Vaters Franz I. Tode am 2. März 1835 den Kaiserthron bestieg, bestätigte der Monarch durch ein liebevolles Handschreiben den Erzherzog in seiner hohen Würde. Als es am 20. März 1845 ein halbes Jahrhundert wurde, daß der Erzherzog seinen bleibenden Sitz im Lande aufgeschlagen und den Posten eines königlichen Statthalters angetreten hatte, feierte das ganze Land auf das festlichste diesen denkwürdigen Tag, an welchem auch die Säcularfeier der wiedererlangten Privilegien der Jazygen und Kumanen in Jaszbereny stattfand. Im folgenden Jahre aber wurde auf des Kaisers ausdrücklichen Befehl am 12. November die 50jährige Feier seiner, durch die einhelligen Wünsche der Nation erfolgten Ernennung zum Palatin im ganzen Lande begangen. Aber nur ein paar Monate sollte der Palatin dieses letzte Fest überleben. Ein mit Beginn des Jahres 1847 eingetretenes Unwohlsein ließ kaum die nahe traurige Katastrophe ahnen; nach einer vorübergehenden Besserung stellte sich das Uebel mit verdoppelter Kraft wieder ein und entriß den geliebten Fürsten im Alter von 71 Jahren dem Lande, dessen Trauer über den Verlust seines Palatins eine allgemeine war. Sein Leichnam wurde nach vorausgegangenen Trauerfeierlichkeiten in Ofen nach Wien gebracht und daselbst in der Kaisergruft beigesetzt. Die Liebe des Volkes hat das Andenken seines Palatins, der mit einem liebenswürdigen Charakter einen gebildeten Geist verband, der ebenso ein Freund und Beschützer von Kunst und Wissenschaft war, wie er sich in allen [330] schwierigen Zeitverhältnissen durch Besonnenheit, Kraft und Einsicht ausgezeichnet hatte, in der Gegenwart (1. Mai 1860) durch Aufstellung eines Denkmals geehrt. Leider erfüllt dieses, so schön es gearbeitet ist, die Aufgabe der monumentalen Kunst nicht. Statt vor Allem Blick und Aufmerksamkeit auf die Persönlichkeit selbst zu lenken und uns in seiner Erscheinung den eigentlichen Kern seiner Individualität, seinen Geist und seine Bedeutung zu vergegenwärtigen, hat es das Außenwerk, das prächtige Ornat des St. Stephans-Ordens zur Hauptsache gemacht. Hier aber wird durch die lebendige Erinnerung an sein segensvolles Wirken ersetzt, was im Entwurfe des Standbildes ist verfehlt worden.

Schimmer (Carl August), Bilder aus der Heimath (Wien 1854, Lex. 8°.) S. 360: „Die Brüder des Kaisers Franz“ (S. 370: Joseph Anton Johann). – Oesterreichische National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835 u. f.) Bd. III, S. 96. – Oesterreich. Militär-Konversations-Lexikon, herausg. von Hirtenfeld. Bd. III. S. 370. – Gallerie denkwürdiger Persönlichkeiten der Gegenwart. Nach Originalzeichnungen, Gemälden, Statuen und Medaillen (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) Sp. 7, Tafel 9. – Vásarnapi ujság (Pesth, 4°.) 1860, Nr. 27, S. 324: „József Főherczeg nádor érczsobra“ [mit Abbildung der von Halbig gearbeiteten Statue]. – Preußische Zeitung 1860, Nr. 177. – Monument. Auf Kosten der Stadtgemeinde in Pesth wurde dem Erzherzog ein Denkmal gesetzt, dessen feierliche Enthüllung am 7. Mai 1860 stattgefunden hat. Die Statue ist von dem Professor Halbig in München modellirt und von dem Inspector von Miller in Erz gegossen. Sie stellt den Erzherzog aufrecht stehend dar, im weiten herabwallenden Ornate des St. Stephan-Ordens, welches der Erzherzog mit der Linken etwas hebt, während die Rechte den Kalpak hält. Die Ausschmückung des reichen Ordensgewandes ist durch eine sorgfältige bis in’s Kleinste gehende Ciselirung, welche den Haupteindruck des Bildes eher stört, denn fördert, nachgebildet. Die Statue ist 14 Fuß, der Sockel, auf dem sie steht, 17 Fuß hoch. Die Inschrift des Monumentes lautet:
JOSEPHO
ARCHIDUCI AUSTRIAE
REGNI HUNGARIAE
LI ANNI
PALATINO
PIA MEMORIA DICATUM
MDCCCLX. –
Porträte. 1) Nach Eybl gez. von Geiger (Wien, Glöggl, Fol.), mit allegor. Umgebung; – 2) fein punctirt von Weiß (Wien, Joseph Bermann); – 3) nach Einsle lithogr. von Stadler (Wien, Neumann, halb Fol.); – 4) nach Monten lithogr. (Kohler und Comp., Fol.), zu Pferde; – 5) lithogr. (Wien, Förster’s artist. Anstalt. gr. 4°.); – 6) Stahlstich im „Gothaischen Hofkalender“ (Gotha, J. Perthes, 8°.); – 7) A. Conte sc. (4°.); – 8) Ritt pinx. 1799, J. S. Klauber sc. (4°.); – Kreutzinger p. 1779, J. Neidl sc. (Fol.); – 9) Bl. Höfel sc.; – 10) D. Weiß sc. – Die Erinnerung an des Erzherzogs erste Gemalin Alexandra Pawlowna wurde erst in jüngster Zeit durch ein Werk aufgefrischt, wovon eine Doppelausgabe in deutscher und ungarischer Sprache in prächtigster Ausstattung erschienen ist. Es führt den Titel: „Üröm und die Grabkapelle daselbst, die letzte Ruhestätte Ihrer kaiserlichen Hoheit der verewigten Erzherzogin Großfürstin Alexandra Pawlowna, Gemalin Sr. kön. kais. Hoheit des Erzherzogs Joseph Palatin von Ungarn. Von Heinrich Ortenburg“ (Pesth 1860, G. Geibel, kl. 4°., mit Porträt und 4 lithogr. Oelfarbenbildern, 4°.).