BLKÖ:Habsburg, Maria Dorothea von Württemberg
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 7 (1861), ab Seite: 43. (Quelle) | |||
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[44] Nassau-Weilburg, ist im Jahre 1858 gestorben. Ein Bruder der Frau Erzherzogin Maria Dorothea, Herzog Alexander von Württemberg (geb. 9. September 1804), ist k. k. General der Cavallerie und Inhaber des Huszaren-Regiments Nr. 11. Die Erzherzogin wurde am 24. August 1819 zu Kirchheim unter Teck mit Erzherzog Joseph, Palatin von Ungarn [Bd. VI, Nr. 125], vermält und war dessen dritte Gemalin. Erzherzog Stephan (geb 14. September 1817) ist ein Sohn aus zweiter Ehe des Erzherzogs Joseph (mit Prinzessin Hermine von Anhalt-Bernburg), und sonach ein Stiefsohn der Erzherzogin Maria Dorothea. Ihre Kinder sind: Erzherzogin Elisabeth (geb. 31. Juli, gest. 23. August 1826); Erzherzog Alexander (geb. 6. Juni 1825, gest. 12. November 1837); Erzherzogin Elisabeth Franzisca Maria ( geb. 17. Jänner 1831) [Bd. VI, Nr. 74]; Erzherzog Joseph (geb. 2. März 1833) [Bd. VI, Nr. 127], und Erzherzogin Maria Henriette (geb. 23. August 1836) [s. d. Nr. 234]. Der Tod der Erzherzogin erfolgte unerwartet nach kurzem Leiden. Sie hatte sich kurz zuvor von Wien, wo sie seit ihres Gemals Tode im Augartenpalais residirte, nach Ofen begeben, um Ihre durchlauchtigste Tochter, die Frau Erzherzogin Elisabeth, Gemalin des Erzherzogs Karl Ferdinand, im Wochenbette zu pflegen. Der neugeborne Sohn der Erzherzogin Elisabeth lebte nur wenige Tage, die Großmutter folgte ihm bald. So ist auch Ihr oft geäußerter Wunsch, wenn sie Ihr Lebensende nahen fühle, nach Ofen sterben zu gehen, und dort, wo sie dreißig Jahre hindurch geweilt und die reinsten Freuden des Familienglückes an der Seite Ihres Gatten und Ihrer Kinder erlebt, auch an Seiner Seite zu ruhen, in Erfüllung gegangen. Was die Erzherzogin war, über Ihr Wesen und Wirken stimmen alle Biographen überein; denselben folgend, wird hier versucht, ein treues Bild dieser edlen Fürstin zu geben. Eine entschiedene Freundin der Musik, der Künste und Wissenschaften im ausgedehntesten Sinne des Wortes; mit der Literatur Deutschlands und Frankreichs, und mit Englands merkwürdigeren Schriften gründlich bekannt, in der Völkerkunde vorzüglich bewandert, reiht sie sich würdig den gebildetsten Frauen der älteren und neuern Zeit an. Worin sie aber einzig in ihrer Art dastehen dürfte, das ist die religiös-gemüthliche Seite ihres Lebens. Eine tiefe Erkenntniß und Einsicht in die Wahrheiten der christlichen Religion, die vorzüglich aus dem Lesen der h. Schrift in den Ursprachen, aus dem vertrauten Umgange mit den alten classischen Werken, wie mit den erbaulichen Schriften der ausgezeichnetsten Gottesgelehrten hervorging; hierdurch wurde sie in ästhetischer sowohl, als auch in religiös moralischer Beziehung im höchsten Grade ausgebildet, jedoch so, daß sie die Grenzen der zarten Weiblichkeit durchaus nicht überschritt, und nichts von jenem nachtheiligen Eindrucke behielt, den man gelehrten Frauen nachredet. Daher die ausgezeichnete Gattin und Mutter in Erfüllung ihrer heiligen Pflichten. An dem Kranken- und Sterbebette Ihres Gemals, des Palatins Joseph, kam sie 18 Tage nicht aus ihren Kleidern; im edelsten Sinne des Wortes war sie eine Mutter und Trösterin der Armen. Ihre süßeste Freude bestand im Geben und im Retten der Unglücklichen. Wenn es irgendwo Hungrige zu speisen, Nackte zu kleiden, Witwen und Waisen zu trösten gab, betrachtete sich die edle Frau als [45] Werkzeug Gottes und handelte in diesem Sinne. Ihre freundlichen, von religiöser Weihe durchdrungenen Worte, waren ein kräftiger Trost und machten manche ihrer Gaben auf ewig unvergeßlich. Einem todtkranken Prediger, von dessen Noth und Leiden sie durch fremde Menschen zufällig hörte, schickte sie einst einen Brief mit 100 fl. C. M. und den freundlich tröstenden Worten: „Der Herr legt seine Gaben in unsere Hände, damit wir sie weiter fördern.“ Die Armen in der Leopoldstadt in Wien erhielten durch den katholischen Pfarrer ebenso regelmäßig bedeutende Unterstützungen, wie die evangelischen Armen, Witwen und Kranken durch die dem evangelischen Prediger in Ofen eingeschickten regelmäßigen Liebesgaben betheiligt werden konnten. Aus allen Theilen der Monarchie, ja auch vom Auslande liefen bei der erlauchten Frau wöchentlich zahlreiche Bittschriften ein, und nie blieb eine unberücksichtigt, wo wirkliche Noth nachgewiesen ward und die Mittel und Kräfte ausreichten. Die evangelischen Gemeinden im großen Kaiserreiche wendeten sich mit besonderem Vertrauen an die Erzherzogin, so oft eine Schule oder Kirche zu erbauen war. Einen Prediger, der durch Grübeln über die Geheimnisse der Dreieinigkeit geisteskrank geworden war, ließ die edle Frau Erzherzogin mehrere Jahre im Auslande auf ihre Unkosten in eine derartige Heilanstalt bringen, um ihn für seine Gemeinde und Familie wieder herzustellen. Arme Gelehrte und amtlose Lehrer verließen nie unbeschenkt ihre Schwelle. Jeder wahrhaft religiöse Mensch war ihr werth und theuer. Die Israeliten fanden in ihr einen Engel, der sein mildes Fürwort auch dann einlegte, wenn es Nichtchristen zu Statten kommen sollte. Auf Verfolger der Juden war sie übel zu sprechen. Der Proselytenmacherei war sie vom Herzen abhold, freute sich aber, wenn Jemand aus wahrer innerer Ueberzeugung sich zu Christo bekannte. Einen Araber, der vor 14 Jahren nach Ofen kam, um als Derwisch am Grabe des auf dem Calvarienberge beerdigten türkischen Heiligen zu beten, ließ die erhabene Frau zu sich kommen und beschenkte ihn. Die Worte, die nun die Erzherzogin zu dem frommen Pilger des Orients sprach, machten auf ihn einen solchen Eindruck, daß er in Thränen zerfloß und nach seiner Heimkehr aus dem fernen Morgenlande mehrere Fläschchen von dem weltberühmten Rosenöl zum Zeichen seiner Erinnerung mit der Bitte einsandte, es von ihm, als einem armen und geringen Manne anzunehmen und nicht zu verschmähen. Vor aller Lüge und allem Unrecht hatte sie ungewöhnlichen Abscheu und durch eine einzige Unwahrheit oder Falschheit konnte man ihre Gunst für immer verscherzen; hingegen war sie wieder milde und versöhnlich, wo Menschen ihre Fehler aufrichtig erkannten und vergaß und vergab besonders leicht solche Kränkungen und Beleidigungen, die sie persönlich betrafen. Einer ihrer Biographen schreibt noch über die Erzherzogin. „Man frage Straßen auf, Straßen ab in der Leopoldstadt (wo sie unter dem Namen der „Erzherzogin Dorothee“ im Volksmunde lebt) und es werden allüberall Arme und Nothleidende rührende Geschichten von ihrer wohlthätigen Hilfe zu erzählen wissen. Das Augartenpalais, das sie bewohnte, war eine Crêche im eigentlichen Sinne des Wortes, wer bekümmerten Herzens war, fand bei ihr Trost und sie half überall und jederzeit, wenn es in ihren Kräften stand. Sie übte die hohe Tugend der Nächstenliebe im hochpriesterlichen Sinne des Evangeliums. Dem letzten ihrer [46] Diener dankte sie für treue Dienstleistungen durch persönlichen Besuch, wenn er in Krankheit verfiel; man frage im Augartenpalais nach und wird charakteristische Züge ihres Wohlthuns erfahren, die durch die Thränen die letzte Oelung der Wahrheit erhalten. Der war ihr Freund, der sie auf eine Familie aufmerksam machte, die der Hilfe werth und bedürftig war, sie hätte aber Niemand Dank dafür gewußt, wenn er ihre Hilfeleistung in das Gerede der Leute gebracht haben würde. Sie war stets mit Handarbeiten beschäftigt und diese bestanden in Bekleidungsstücken für die Armen. Gegen Weihnachten wurde unermüdlich im Augarten gearbeitet und die Mühe galt der Freude und Nothabhilfe der Armuth.“ Dieß ist das Bild der erhabenen Frau, welche im 58. Lebensjahre, zu früh, der Todesengel in’s Jenseits führte. Ihre sterbliche Hülle wurde neben jener ihres Gemals in Ofen beigesetzt. Eine ausführlichere Biographie dieser edlen hochherzigen Fürstin, die leider bisher nicht erschienen ist, würden die seltenen Tugenden derselben durch viele und viele Thatsachen bekräftigen.
229. Maria Dorothea von Württemberg, Erzherzogin von Oesterreich (geb. 4. September 1800, gest. zu Ofen 30. März 1855). Die Erzherzogin ist die Tochter des Herzogs Ludwig von Württemberg, des Vaterbruders des jetzt regierenden Königs Wilhelm I. von Württemberg. Ihre am 20. September 1817 verwitwete Mutter, Herzogin Henriette, eine Prinzessin von- Ostdeutsche Post (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1855, Nr. 77: „Erzherzogin Maria Dorothea“, von N(ordmann). – Wanderer (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1855, Nr. 153: „Nekrolog“. – Sonntags-Zeitung (Pesth, G. Heckenast, 4°.) 1855, Nr. 16: „Erzherzogin Maria Dorothea“ [mit der Abbildung der erlauchten Todten auf dem Paradebette]. – Pester Lloyd, Nummer vom 1. April 1855: „Erzherzogin Maria Dorothea, weiland Palatinissa von Ungarn“. [Die Redaction verdankt, einer Anmerkung zu Folge, diese Zeilen einem Manne, den die hohe Verblichene jahrelang mit ihrem Vertrauen beehrte.] – Protestans Naptár. Masodik évfolyam, d. i. Protestantischer Kalender, II. Jahrg., 1855 (Pesth, Landerer u. Heckenast, 4°.). Enthält eine biographische Skizze von Dr. M. Ballagi. Porträt. Lithogr. (Wien, Neumann, 4°.).