BLKÖ:Paar, die Grafen und Fürsten von, Genealogie

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 21 (1870), ab Seite: 144. (Quelle)
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I. Zur Genealogie der Grafen und Fürsten von Paar. Die Paar sind ein ursprünglich italienisches, aus der Landschaft Bergamasco stammendes Geschlecht, das sich Belliboni – n. A. Bellidoro de Casnio – nannte und schon zu Barbarossa’s Zeiten als rittermäßig erkannt wurde. Den Namen Paar soll es von einer unweit des rechten Serioufers und des Städtchens Clusone gelegenen Besitzung Namens Parre, welche schon Kaiser Friedrich I., im Jahre 1170 einem Belliboni verliehen hatte, angenommen haben. Die Genealogen führen die Geburtsregister dieses Hauses bis in’s zwölfte Jahrhundert, und zwar bis auf Marco Bellidoro de Casnio zurück, jedoch fehlen für die nächstfolgenden vier bis fünf Generationen alle positiven Daten, da die Famille, wie es aus einem Diplom über die Erhebung Rudolph’s von Paar in den Freiherrnstand, ddo. 21. Jänner 1606, heißt, bei dem Einfalle der Rebellen in Steiermark, alle Briefe, Urkunden, Instrumente, worin die ihnen in früherer Zeit verliehenen Freiheiten enthalten waren, verloren hatte. Zenio, der Urenkel des Marcus, ein Zeitgenosse der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I., war von diesen mehrmals in mailändischen Angelegenheiten gebraucht worden. Ein Urenkel dieses Zenio wieder, Peter (VII.), hat sich um die Einführung des Postwesens in Oesterreich verdient gemacht, wie auch schon sein Vater Martin, welcher in Ungarn die ersten Posten angelegt hat und als oberster Postmeister zu Preßburg gestorben ist. Der vorgenannte Peter und seine Brüder Joseph, Johann Baptist und Mundinus erhielten im Jahre 1559 von Kaiser Ferdinand I. die Bestätigung aller von Kaiser Maximilian I. ihrem Ahnherrn Zenio und von König Ludwig II. von Ungarn ihrem Vater Martin verliehenen Rechte und Privilegien, nebst einer Wappenbesserung. Nachdem sich das Geschlecht allmälig um das Postwesen in den österreichischen Erblanden und auch im Reiche namhafte Verdienste erworben hatte, erlangte Johann Baptist um 1570 von Kaiser Rudolph II. das Erbland-Postmeisteramt in Steiermark. Im Jahre 1622, am 24. October, erkaufte Johann Christoph, des Johann Baptist Sohn, von Johann Jacob Magni um 15.000 fl. und sechs Kutschpferde das Obersthof-Postmeisteramt, und erhielt im Jahre 1623 die Bestätigung aller Privilegien, sowie am 4. September 1624 aus der österreichischen Kanzlei für sich und seine männliche Nachkommenschaft die Belehnung mit dem obersten Hofpostmeister-Amte in Ungarn, Oesterreich und Böhmen und den Nebenländern, Schlesien ausgenommen. Im Jahre 1629 erhielt er auch noch das innerösterreichische Obersthof- und Erbland-Postmeisteramt und im Jahre 1630 jenes für Schlesien. Die weiteren Veränderungen, welche betreffs dieses Lehens in der Familie statthatten, sind in den Lebensskizzen Johann Christoph’s [Nr. 3], Karl’s [Nr. 5] und Wenzel Johann Joseph’s [Nr. 16] dargestellt. – Was die Grafen- und Fürstenstandswürde dieses Hauses betrifft, so erhielt erstere Johann Christoph auf dem Reichscollegiattag zu Regensburg im Jahre 1636, deren er sich aber nicht bediente, wahrscheinlich aus dem Grunde, weil das Diplom erst [145] am 21. October 1652 ausgefertigt worden, und Johann Christoph noch im Jahre der Verleihung gestorben ist. Zum Fürsten wurde der Graf Wenzel Johann Joseph, und zwar mit Diplom vom 1. August 1769 zum österreichischen und mit einem zweiten vom 5. August d. J. zum Reichsfürsten für sich und denjenigen seiner Familie, der das Majorat antritt, erhoben. Mit Diplom vom letztgenannten Datum erhielt Fürst Wenzel Johann Joseph das Palatinat. Am 13. Februar 1603 wurde Johann Friedrich mit seinen Brüdern Rudolph, Johann Christoph und Vespasian in die steirische Landmannschaft angenommen. Schließlich, wenn Herausgeber dieses Herausgeber dieses Lexikons Constant nicht irrt, wurde Fürst Wenzel im Jahre 1757 ungarischer Magnat. – Was die Besitzveränderungen des Hauses betrifft, so treten sie bei demselben seltener ein, als bei anderen höheren Adelsfamilien des österreichischen Kaiserstaates. Schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts besitzt die Familie die große Herrschaft Hartberg in der Steiermark, in Folge dessen sich die Mitglieder auch den Titel der Freiherren von Hartberg beilegen. Ueber die Ansprüche, welche Graf Karl in Folge seiner Heirath mit Franziska Polyxena von Schwanberg auf die Güter des Hauses Schwanberg und auf jene Peter Woks von Rosenberg erhob, vergleiche die Biographie von Karl [S. 146, Nr. 5]. Der heutige Besitz des Paar’schen Hauses umfaßt in der Steiermark die Herrschaften Hartberg und Stein im Gratzer Kreise; in Böhmen im Taborer Kreise die Allodialherrschaft Bochin mit dem Gute Draschitz, Waporzan und Bernarditz, Kordasch Rzetschitz mit dem Gute Pluhowy-Zdiar; im Chrudimer Kreise das Allodialgut Zdehowitz; im Bidschower Kreise die Allodialgüter Groß-Genzim und Hoch-Wesely. Noch Fürst Wenzel besaß in Böhmen die große Herrschaft Smirzicz, hatte aber dieselbe um 787.000 fl. an die Hofkammer verkauft. Auch die Postrente per 80.000 fl. soll erst in neuerer Zeit (um 1830) von der Familie um 900.000 fl. an die Hofkammer verkauft worden sein. – Die ehelichen Verbindungen des Hauses fanden in ersterer Zeit mit italienischen Adelsfamilien Statt, später aber, als sie sich in den Erblanden niedergelassen, schlossen die Paar ihre Ehen mit den ersten Familien des österreichischen, böhmischen, ungarischen und deutschen Adele, wie z. B. mit den Häusern Schwanberg, Sternberg, Rottal, Trautmannsdorf, Oettingen, Althann, Fünfkirchen, Eßterházy, Liechtenstein, Bucquoy, Andrassy, Salm, Mercy-Argenteau, Kuefstein, Hoyos-Sprinzenstein, Falkenhayn u. A. Die Sproßen des Hauses zeichnen sich durch ihre Ergebenheit an das Kaiserhaus, welche sie im Staatsdienste wie im Dienste der Waffen bethätigen, besonders aus. Die Familie zählt drei Ritter des goldenen Vließes, den Grafen Karl Joseph [Nr. 7], den Grafen Joseph Ignaz [s. d. Nr. 5, zu Ende] und den Fürsten Karl [Nr. 6], zwei Ritter des Maria Theresien-Ordens, die beiden Brüder Johann Baptist und Karl, ein dritter Bruder, Graf Wenzel, fand den Heldentod vor San Giacomo im Jahre 1800. – Wie einzelne Farmlienglieder der schönen Kunst gehuldigt, dafür sind Belege die schöne Kupferstichsammlung des Fürsten Karl, wie der Umstand, daß Mehrere, wie Fürst Wenzel, Fürst Karl und seine Gemalin, trefflich zeichneten und mehrere Blätter schabten und radirten. Der heutige Familienstand ist aus der angeschlossenen Stammtafel ersichtlich. [Quellen. a) Urkunden. Fürstenstands-Diplome vom 1. August und 5. August 1769, und Verleihung des Palatinats ddo. 5. August 1769. – b) Werke Allgemeines historisches Lexikon (Leipzig 1731, Thom. Fritschen’s Erben, Fol.) Bd. III, S. 192; Suppl. Bd. S. 986. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 67. – Schmutz (Carl), Historisch-topographisches Lexikon von Steyermark (Gratz 1822, Andr. Kienreich, 8°.) Theil II, S. 23. Artikel Hartberg; Theil III, S. 90, Artikel Paar. – Schönfeld (Ignaz Ritter v.), Adels-Schematismus des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Schaumburg u. Comp. 8°.) II. Jahrgang (1825), S. 34. – Kneschke (Ernst Heinrich Prof. Dr.), Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon (Leipzig 1863, Voigt, 8°.) Bd. VII, S. 24. – Hübner (Joh.), Genealogische Tabellen (Leipzig 1733, Gleditschens Erben, kl. Qu. Fol.) Bd. III, Taf. 871 u. 872. – Hopf (Karl Dr.) (Historisch-genealogischer Atlas. Seit Christi Geburt bis auf unsere Zeit (Gotha 1861, Friedr. A. Perthes, kl. Fol.) S. 389. – Gothaisches genealogisches Taschenbuch nebst diplom. statist. Jahrbuche (Gotha, J. Perthes, 32°.) 73. Jahrg. (1836), S. 179; 85. Jahrg. (1848), S. 177; 87. Jahrg. (1850), S. 167; 106. Jahrg. (1869), S. 214.]

[144a] [WS 1]
Stammtafel der Grafen und Fürsten von Paar.
Marco Belidoro de Casaro,
1170 Freiherr Paar.

Peter (I.).
Bernhard. Peter (II.).
Bernhard jun. Zenio Scurrino.
Anna Borella.
Peter (III.).
Peter (IV.). Martin. Mundino.
1) Franziska de Castellis.
2) Johanna de Borellis.

Martin (III.)[1].
1) Camilla de Spino.
2) Anna Carello.
Peter (V.).

Pompejus.     Petrus (VI.).
Martinus jun.
Karl,
Abt.
Julius.
N. von Berwang.
Maximiliana. Johann Baptist. Anna
vm. Stepan
Robare.
Joseph.
Domherr.
Johann Baptist † 1592.
1) Afra Sidonia Freiin v. Haym.
2) Demutha von Gleinitz.
Petrus (VII.).
N. von Bossetto.
Mundino. Philipp.
Maximilian. Julius Rupert.
Maria Gräfin Paar.

Maria Anna
vm. Rudolph Freih.
von Talenberg.
Johann Friedrich.
Katharina Benigna
Freiin von Haunsberg.

Eine Tochter.
Anna †. Maria †. Rudolph
† 1626,
Johanniter.
Johann Christoph [3]
† 1636, erster Graf.
Katharina von Herbersdorf.
Camilla †. Katharina †. Bassian.
Franziska Chiroga.
Franz Ernst. Jacob †. Maria
vm. Julius Rupert
von Paar.
Rudolph [15]
† 1627.
Anastasia Baronin
Teufel.
Ferdinand. Karl [5]
† 1661.
Franziska Polyxena
von Schwanberg.
Jacob. Perpetua. Veronika Eleonore.
Theresia,
Nonne.
Auguste,
Nonne.
Karl Joseph [7],
Ritter d. gold. Vließes
geb. 20. Mai 1654, † 12. Mai 1725.
Maria Renata Gräfin Sternberg.
Franz Elias
jung †.
Joseph Ignaz,
Ritter d. gold. Vließes,
geb. 31. Mai 1660,
† 22. December 1735. Maria Anna Franziska
Gräfin Waldstein.
Franziska
geb. 1661, †.
Maria Euphrosine
geb. 1663, †.
Marianne
geb. 1665, †.
Maria Josepha
geb. 23. December
1667,
† 23. August 1707,
vm. Michel Wenzel
Gf.
Ithan.
Maria Esther
vm. Leopold Gf.
Fünfkirchen.
Theresia
vm. 1) Johann Joseph
Gf. Trautmannsdorf
.
2) Leopold Gf. Rottal.
Johann Adam
geb. 7. November 1680,
† 3. Mai 1737.
Maria Josepha Antonia [11]
Gräfin Oettingen-Spielberg

geb. 17. Jänner 1686,
22. März 1771.
Johann Leopold
geb. 4. Juli 1693,
† 25. Juni 1741.
Maria Theresia Gräfin
Sternberg, verwitwete
Gf. Gastheim
† 29. März 1761.
Adolph †. Guido Joseph
† 1751.
Karl Maximilian
geb. 22. August
1716, †.
Wenzel Johann Joseph [16]
erster Fürst 1769,
geb. 7. August 1719, † 4. Juli 1792
Antonia Gräfin Eßterházy
geb. 31. März 1719. † 12. März 1771.
Maria Anna Josepha
geb. 1718, † 1726.
Wenzel Fürst [16, im Texte]
geb. 27. Jänner 1744,
† 22. November 1812.
Maria Antonia Prinzessin Liechtenstein
geb. 13. Juni 1749, † 28. Mai 1813.
Maria Theresia [12 u. 18]
geb. 3. Mai 1746., † 21. Mai 1818[2],
vm. Johann Joseph Gf. Bucquoi
† 12. April 1803.
Maria Antonia [2]
geb. 6. December 1768, †.
vm. Karl Joseph Fürst
Salm-Reifferscheid.
Wenzel [17]
geb. 18. Jänner
1770.
⚔ 30. April
1800.
Joseph
geb. 1770,
† 1773.
Johann Karl Fürst [S. 150]
geb. 15. Juni 1772,
† 30. December 1819.
Maria Aloisia Guidobaldine
Gräfin Cavriani [1 u. 10]
geb. 16. October 1783, †.
Ferdinand
geb. u. † 1774.
Maria Theresia
Henriette
geb. 12. Juli
1778, †,
vm. Graf Joseph
Mercy-Argenteau.
Johann Baptist
[S. 143]
geb. 12. April
1780,
† 23. October
1839.
Maria Claudia
geb. 1781,
† 1783.
Ludwig [9]
geb. 2. September 1783,
† 17. October 1849.
1) Maria Henriette Gräfin
Schallenberg
geb. 2. November 1807,
† 3. April 1824.
2) Maria Pauline Gräfin
Andrassy
geb. 3. Jänner 1809,
später verm. Karl v. Sailer.
Niklas Franz
geb. 10. October
1785,
† 2. August 1824.
Alfred
geb. 30. December
1806.
Karl Fürst [6],
Ritter d. gold. Vl.,
geb. 6 Jänner 1806.
Ida Leopoldine Prinzessin

Liechtenstein
geb. 12. September
1811.
Guidobaldine
geb. 2. December
1807.
vm. Franz Gf.
Kuefstein.
Wenzel
geb. 1. November
1810.
Ludwig
geb. 26. März 1817,
Maria Anna Gräfin Eßterházy
geb. 31. Mai 1834, † 1. Nov. 1863.
Antonia
geb. 1814, †.
Ludwig
geb. 1. Juni 1859.
Karl
geb. 18. October 1863.
Guidobaldine
geb. 5. Juli
1833.
Karl
geb. 7. Juli 1834.
Leopoldine Markgräfin
Pallavicini
geb. 7. October 1845.

Ida Marie
geb. 1. März 1867.
Eleonore
geb. 1. August 1835,
vm. Ernst Karl Gf.
Hoyos-Sprinzenstein.
Rudolph
geb. 17. August 1836.
Antonia Gräfin
Meraviglia-Crivelli
geb. 4. Mai 1840,
† 10. November 1867.
Eduard
geb. 5. Dec.
1837.
Josephine
geb. 1. Jänner 1839,
vm. Ladislaus Gf.
Falkenhayn
† 2. Februar 1865.
Alois
geb. 19. Nov.
1840.
Franziska
geb. 10. Mai 1842,
vm. Leopold Gf.
Podstatzky-Liechtenstein.
Maria
geb. 8. September
1843.
Leontine
geb. 5. November
1844,
vm. Oswald Gf.
Kielmausegge.
Sophie
geb. 12. Mai
1850.
Karl Rudolph
geb. 3. Juni 1865.
Ernst Rudolph
geb. 4. Nov. 1867.

  1. Die in den Klammern [ ] befindlichen Zahlen weisen auf die kürzeren Biographien, welche auf S. 146–150 (Nr. 1–18) sich befinden, wenn aber ein S. voransteht, auf die Seitenzahl, auf welcher die ausführlichere Lebensbeschreibung des Betreffenden steht.
  2. Stramberg in Ersch und Gruber’s, „Encyklopädie“ gibt als der Gräfin Todestag den 12. April 1803 an; dieß ist unrichtig, an diesem Tage starb ihr Gemal Graf Bucquoi.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. In der Vorlage ohne Seitenzahl.