BLKÖ:Schwanberg, die Herren von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 32 (1876), ab Seite: 272. (Quelle)
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Schwanberg, unrichtig auch Schwamberg, die Herren von. Ein altes böhmisches Dynastengeschlecht, das nach seiner Stammburg Krasykow auch den Namen der Herren Krasykowsky führte, mehrere berühmte Sproßen zählte, nach dem Erlöschen des Rosenberg’schen Hauses mit dem 1611 erfolgten Ableben Peter Wuk’s von Rosenberg die Herrschaften desselben ererbte, mit seinem Stammwappen jenes der Rosenberge vereinigte und mit Adam von Schwanberg, der am 24. December 1664, ohne Nachkommen aus seiner Ehe mit Katharina Repicky von Sudomeř zu hinterlassen, starb, erloschen zu sein schien. Die älteste urkundliche Nachricht dieses Geschlechtes reicht in den Anfang des 13. Jahrhunderts zurück, wo zwei Brüder, Neustup und Bohuslaw von Schwanberg, in der Bestätigungsurkunde der Stiftungen und Besitzungen des Klosters Ostrow, welche König Przemysl Ottocar ddo. 17. Jänner 1205 erließ, als Zeugen erscheinen. Das Geschlecht breitete sich bald in mächtiger Weise aus und seine Mitglieder sprachen in entscheidender Weise in Angelegenheiten der böhmischen Krone mit. – 1) Bohuslaw von S. hatte 1419–1421 für den König und die katholische Religion gegen Žiska und die Taboriten gekämpft. Als diese nun seine Burg zerstörten und ihn selbst gefangen nahmen, die Königlichen aber für seine Befreiung keine Schritte machten, sich überhaupt nicht mehr um ihn kümmerten, machte Bohuslaw weiters auch keine Umstände mehr, trat zur Partei der Taboriten über und wurde in kurzer Zeit einer der größten Anführer derselben und nach Žiska’s Tode an dessen Stelle deren oberster Feldhauptmann. Nachdem er im November 1425 die Stadt Retz in Niederösterreich erobert, starb er wenige Tage darnach an einer in diesem Kampfe erhaltenen Verwundung. – 2) Sein jüngerer Bruder Hynek Krusyna (gest. um 1455) blieb treu der Sache des Königs, bekämpfte, energisch die Hussiten und verfocht mit unerschütterlicher Standhaftigkeit das königliche Interesse und den katholischen Glauben. – 3) Sein einziger Sohn Bohuslaw (gest. 1489), hob in ansehnlicher Weise Besitz und Einfluß seines Geschlechts; er gehörte dem von Zdenko von Sternberg gegen Georg von Podiebrad in’s Leben gerufenen Grünberger Herrenbunde an und war ein standhafter Anhänger des Gegenkönigs Mathias von Ungarn. – 4) Johann Erasmus von S. (gest. 1580) war 1561–1566 Oberst-Münzmeister des Königreichs Böhmen, 1572 Mitglied der Commission zur Untersuchung der Joachimsthaler Silberwerke und noch 1575 Mitglied des Landtags. Eine auf ihn geprägte Denkmünze zeigt uns noch sein Ebenbild. [273] 5) Ein Adam Schwanberg auf Přimda und Voleš, Sohn eines Johann S. und der Crescentia gebornen Krajiř von Krayk, war in den Jahren 1560–1577 Oberstlehenrichter und 1577–1581 Oberstlandrichter von Böhmen. Er starb im Jahre 1590, ohne Erben von zwei Gemalinen: a) Anna von Reizenstein (gest. 1576) und b) Griseldis von Lobkowic, zu hinterlassen. Sein Name würde geschichtlich kaum sich erhalten haben, wenn er nicht mit noch Anderen am 15. März 1562 die Gründung des Jesuiten-Collegiums in Prag, mit welchem der Glanz der alten Prager Hochschule zu erlöschen begann, unterschrieben hätte. – 6) Johann Georg von S. (geb. 1548, gest. 1617) war 1600–1609 Oberst-Hoflehenrichter, 1609–1611 Oberst-Landkämmerer in Böhmen; er vereinigte den oberwähnten Besitz der Rosenberg- und Schwanberg’schen Güter nach Peter Wuk’s von Rosenberg 1611 erfolgtem Tode in seiner Person. Wie wenig wissenschaftlichen Sinn dieser edle Herr besaß, erhellet aus seiner beharrlichen Weigerung, eine Rosenberg’sche Stiftung, nämlich die zu Soběslaw von Peter Wuk von Rosenberg gestiftete Schule, nach Prag übertragen zu lassen, welcher Plan eben an Johann Georg’s Widerstand scheiterte. [Vergl.: Tomek, Geschichte der Prager Universität (Prag 1849, 8°.) S. 235.] – 7) Sein Sohn Peter (gest. 1620) betheiligte sich in hervorragender Weise am böhmischen Aufstande und 1619 ernannte ihn der Gegenkönig Friedrich von der Pfalz zum Obersthoflehenrichter von Böhmen; seine Witwe Anna Maximiliana geb. v. Oppersdorf verließ mit ihren Kindern Böhmen und scheint in Elbing sich niedergelassen zu haben. Eine im Jahre 1858 in der Elbinger Marienkirche eröffnete Gruft, in deren Leichen mehrere Schwanberg nach einem in der Gruft befindlichen Gebet- und Stammbuche erkannt wurden, führt auf diese Vermuthung. Nach Peter’s noch während des Aufstandes im Jänner 1620 erfolgten Tode wurden sämmtliche Schwanberg’sche Güter confiscirt. Peter’s Andenken wurde noch in neuerer Zeit durch mehrere, auf seine Vermälung und die von ihm bekleidete Landeswürde geprägte Jettons, welche auf Tafel LXI der „Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen“ dargestellt sind, erneuert. Sein Wahlspruch war: „Spes altera vita“. – 8) Nach bewältigtem Aufstande hat Adam von Schwanberg, Peter’s damals minderjähriger Bruder, der gar nicht am Aufstande sich betheiligt hatte, Ansprüche auf Peter’s Güter erhoben, da er die väterlichen Güter mit Peter gemeinschaftlich und ungetheilt besaß; aber erst nach langwierigen Verhandlungen und indem er einmal bereits (1652) abgewiesen worden, wurde ihm endlich die Hälfte des Werthes der Herrschaften Worlik und Zwikow nach Abzug der Lasten zugesprochen und diese ihm zuerkannten Entschädigungsansprüche hat er gemeinschaftlich mit seiner Gemalin Katharina Repicky von Sudomeř am 4. Februar 1655 an Karl Grafen Paar [Bd. XXI, S. 146, Nr. 5] abgetreten. Adam und Katharina wurden, wie im Eingange bemerkt worden, für die letzten Sproßen des Hauses Schwanberg gehalten. Da tauchte zu Anbeginn des laufenden Jahrhunderts eine Familie Krušina von Schwanberg, die sich nun Schwanberg von Krusina nennt, auf und behauptete, von den Schwanbergs abzustammen. [274] Thatsächlich haben sich neben der von Bohuslaw gestifteten Hauptlinie der Schwanberg zu Ende des 15. und Anbeginn des 16. Jahrhunderts mehrere Nebenlinien, wie die Schwanberg auf Střebel, auf Hradek, auf Muckow, auf Přimda-Königswarth, auf Rokican u. s. w. gebildet, mehrere derselben sind allmälig erloschen und ihr Besitz ist auf andere Linien ihres Hauses oder auch auf fremde Familien übergegangen; mehrere hingegen sind verarmt. Unter diesen letzteren befindet sich eine Seitenlinie, die sich auf einer Rusticalwirthschaft im Dorfe Jesenic schon seit Beginn des 16. Jahrhunderts niedergelassen, in ihren beschränkten Verhältnissen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf die ihr zukommenden Standesprärogativen stillschweigend verzichtet und unter dem einfachen Namen Kruchina (Krušina) sich fortgepflanzt hat. Die Abstammung dieser Linie wird auf Grund eines Majestätsbriefes des Königs Wladislaw ddo. Prager Burg, Mittwoch vor Christi Himmelfahrt 1509, von Bohuslaw [Nr. 3], Sohn Hynek’s v. Schwanberg (gest. 1489), abgeleitet, sie hat im Anbeginne dieses Jahrhunderts ihre Standesrechte reclamirt und die Abkömmlinge derselben wurden im Jahre 1806 von Kaiser Franz I. für Freiherren Kruchina von Schwanberg anerkannt. Jedoch haben die Träger desselben gegenwärtig das Prädicat von Schwanberg an die Stelle des Namens Kruchina gesetzt und diesen letzteren als Prädicat beibehalten. – Auch eine andere Familie, Rettel von Schwanberg in Schlesien, aus welcher der kaiserliche Geheimrath Felix Rettel von Schwanberg im Jahre 1734 in den Reichsfreiherrnstand erhoben worden, soll ihren Ursprung von den oberwähnten böhmischen Schwanberg ableiten. – Die Abstammung der obengenannten Jeseniczer Schwanberg leitet sich folgendermaßen auf die Gegenwart: ein Bohuslaw (Busek) von Schwanberg, wahrscheinlich ein Sohn des berühmten gleichnamigen Taboritenführers [Nr. 1], war vor den Verfolgungen der katholischen Partei um 1466 nach Frankreich geflohen und hatte über 20 Jahre sich dort aufgehalten, bis er im Jahre 1489 wieder in die Heimat zurückkehrte und herzlich von seinen Verwandten aufgenommen wurde. Er hielt sich zunächst bei Johann von Machovič auf und nahm dessen Tochter Anna zur Frau. Auf Verwendung des genannten Johann von Machovič wurde unserem Bohuslaw das Adelsdiplom erneuert. Von Kavka von Rican kaufte Bohuslaw ein kleines Anwesen zu Jesenic bei Selčan und lebte da in ländlicher Zurückgezogenheit bis an sein im Jahre 1519 erfolgtes Ableben. Nachdem er seine Frau durch den Tod verloren, verrichtete er Kirchendienste zu Jesenic. Seine Nachkommen lebten nun immerfort in diesem Orte als einfache, mittellose Landleute, und ein Enkel oder Urenkel, Namens Wenzel, gab den Namen Schwanberg gänzlich auf und nannte sich nur Wenzel Krušina, welch letzteren Beinamen schon Hynek [Nr. 2] Schwanberg führte. Unter diesem Namen pflanzte sich dieser Nebenzweig des Schwanberg’schen Geschlechts unbeachtet fort. Adalbert Krušina (geb. 1739), ein Sohn Simon’s (geb. 1709), eines Urenkels des vorgenannten Wenzel Krušina, war Architekt in Diensten des Fürsten Lobkowitz auf der Herrschaft Chlumec. Adalbert hatte drei Söhne: Franz (geb. 1775), der, wie sein Vater Architekt, gleichfalls in Fürst Lobkowitz’schen Diensten stand; [275] ein zweiter Sohn, Wenzel (geb. 1778), kam als Kaufmann nach Ungarn, wo seine Nachkommen noch leben sollen; der jüngste, Ignaz (geb. 1790, gest. 1850), widmete sich den Studien, trat nach deren Beendung in den Staatsdienst, erreichte, stufenweise vorrückend, eine Hofrathsstelle, und dessen Sohn Moriz, gleichfalls im Staatsdienste, einige Zeit Secretär im Ministerium des Innern, schreibt sich nunmehr Moriz Schwanberg, Freiherr von Kruchina. Noch ist die Nachkommenschaft zweier Brüder des obigen Adalbert, nämlich des Matthäus und Thomas, vorhanden. Matthäus (geb. 1742) hatte zwei Söhne: Franz (geb. 1779), gleichfalls Baumeister in Fürst Lobkowitz’schen Diensten zu Raudnitz, dessen Nachkommenschaft zur Stunde fortblüht; sein Bruder Johann (geb. 1792) war Förster zu Čachorice bei Chlumec, ist auch der Stifter einer besonderen Linie. Der dritte Bruder Adalbert’s, Thomas (geb. 1748, gest. 1810), hatte auch zwei Söhne: Franz, Landmann zu Jessenic, und Adalbert, dessen Sohn Karl und sein Onkel Adalbert leben zu Pilsen. Dieses Adalbert (geb. 1799, gest. zu Pilsen als Kaufmann 1854) Söhne: Julius (geb. 1832) und Joseph (geb. 1837) dienten oder oder dienen noch in der kaiserlichen Armee. Es gibt noch mehrere Schwanberg, denn der obgenannte Simon hatte außer den erwähnten Söhnen Adalbert, Matthäus und Thomas noch drei andere Söhne, die wohl auch Nachkommenschaft gehabt haben; doch haben dieselben weiter keine Bedeutung. Die Schwanberg erscheinen öfter auch – jedoch unrichtig – Schwamberg geschrieben; im Čechischen kommen sie mit völlig entstellter Schreibart, Šwamberk, vor, und auch ihr Prädicat erscheint baß Krušina, Kruszyna, Kruchyna u. s. w. geschrieben. – Das Wappen, dessen sich die Freiherren von Schwanberg bedienen, ist ein der Lange nach getheilter Schild; im rechten silbernen Felde gewahrt man eine goldene, besamte, fünfblättrige Rose von natürlicher Gestalt und Farbe; im linken rothen Felde befindet sich ein freistehender silberner Schwan mit goldenen Füßen und Schnabel. – Zum Schlusse sei noch bemerkt, daß der Abt des Benedictinerstiftes St. Paul im Lavantthale Kärnthens, Hermann II., aus dem Rittergeschlechte der Schwanberg, der in den Jahren 1391–1401 Abt war, nicht der böhmischen Familie der Schwanberg angehöre, sondern im Schlosse Schwanberg, welches im Marburger Kreise der Steiermark gegen die kärnthnische Grenze zu gelegen ist, geboren war. Der Salzburger Erzbischof Gregor aus dem Hause der Schenk von Osterwitz, welcher 1396 bis 1403 regierte, hatte 1399 auf päpstlichen Befehl den Abt Hermann seines Amtes entsetzt, dieser jedoch sich geweigert, seinen Posten zu verlassen, worauf Herzog Wilhelm von Oesterreich gegen ihn zu Felde zog. Aber Abt Hermann hatte seine Partei und da ergab sich der merkwürdige Fall, daß im Stifte St. Paul zwei Aebte zu gleicher Zeit fungirten: Abt Hermann hielt das Regiment über Keller, Küche, Vorrathskammern und das Urbar; Abt Kaspar aus dem Geschlechte der Fürholzer von Sonnegg verwaltete die Reliquien, die h. Gewänder und Paramente und das Archiv. Erst Herzog Wilhelm brachte es dahin, daß beide Aebte ihre Würden niederlegten. Hermann starb am 23. Mai 1400 und Kaspar am 7. Juli 1403. Seit dieser Zeit verlor das Stift St. Paul seine [276] Selbständigkeit und wurde den Bischöfen und Erzbischöfen von Salzburg untergeordnet. Ob zu seinem Heile, ob zu seinem Nachtheile? wie Neugart fragt, ist schwer zu sagen.

Balbinus (Bohusl. Aloys), Miscellanea historica regni Bohemiae, Decas I, lib. 5, unter dem Namen Krušina von Schwanberg. – Neugart (Trudpert). Historia monasterii Ord. S. Benedicti ad S. Paulum in valle inferioris Carinthiae Lavantina (Clagenfurti 1854, J. Leon, 8°.) p. 79. – Miltner (Heinrich Otokar), Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen. Herausgegeben von dem Vereine für Numismatik zu Prag (Prag 1862, 4°.) S. 535–549 u. Taf. XL u. XLI. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) 1821, S. 135. – Vlasák (Franz), Der altböhmische Adel und seine Nachkommenschaft nach dem dreißigjährigen Kriege. Historisch-genealogische Beiträge (Prag [1866], Styblo, 12°.) S. 41. – Großes vollständiges (sogenanntes Zedler’sches) Universal-Lexikon (Halle und Leipzig, Joh. H. Zedler, kl. Fol.) Bd. XXXV, Sp. 1843. – Kneschke (Ernst Heinrich Prof. Dr.), Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon (Leipzig 1863, Voigt, 8°.) Bd. VIII, S. 382. – Poutnik od Otavy d. i. Der Bote von der Otava (8°.) 1858, S. 31: „Bohuslav ze Svamberka“