Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 20 (1869), ab Seite: 51. (Quelle)
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Nagy, Ignaz (ungarischer Schriftsteller, geb. zu Keszthely in Ungarn 7. October 1810, gest. 19. März 1854). Sein Vater war königlicher Hofrichter zu Keszthely. Der Sohn besuchte die Schulen zu Gyöngyös, Neusatz, Baja, Fünfkirchen, Ofen und Pesth. Als er im Jahre 1829 nach Pesth kam, besaß er nur sehr unvollkommene Kenntnisse in seiner Muttersprache, weil er bis dahin meist unter deutschen Familien gewohnt und hauptsächlich nur mit ihnen verkehrt hatte. Eben damit er die ungarische Sprache erlerne und dadurch zum Eintritte in eine öffentliche Anstellung befähigt werde, hatte ihn der Vater nach Pesth geschickt, wo er sich auch bald in das Studium der ungarischen Sprache und Literatur vertiefte, wobei die Bekanntschaft mit einer geistvollen Ungarin für diese Richtung vornehmlich entscheidend gewirkt haben soll. Nun begann er auch selbst in ungarischer Sprache zu schreiben, und den ersten Arbeiten, die fast unbedeutend waren, folgten 1835 bereits bessere, bis einzelne derselben durch ihre Eigenthümlichkeit in schriftstellerischen Kreisen Aufmerksamkeit erregten. Indessen hatte er auch schon eine Stelle in der ungarischen Hofkammer erlangt und sich bald darauf verheirathet. Sein Amt ließ ihm hinreichende Muße zu literarischer Beschäftigung. Zuerst stürzte er sich in das journalistische Treiben, welches bei [52] den damals unfertigen ungarischen Zuständen und der Bewegung, welche sich der edleren Geister der Nation mit einem Male bemächtigt hatte, ein sehr erregtes und für den Novizen der Journalistik bestechendes war. Nachdem er zuerst am „Jelenkor“ mitgearbeitet, dann an der Redaction des „Budapesti Hirado“ sich betheiligt, auch in eine heftige journalistische Polemik gerathen war, in den verschiedenen ungarischen politischen und schöngeistigen Tag- und Wochenblättern, Almanachen, Albums und Taschenbüchern (als Társalkodó, Regélő, Rajzolatok Honi vezér, Auróra, Emlények, Athenaeum, Nemzeti Almanach, Budapesti Divatlap, Életképek, Honderü, Hölgyfutár) jener Periode humoristische Aufsätze, Novellen, Erzählungen, kleine dramatische Scenen und dergleichen mehr veröffentlicht und so seinen Namen in den weitesten Kreisen bekannt gemacht hatte, begann er im Jahre 1844 die Herausgabe seiner gesammelten dramatischen Dichtungen, unter dem Titel: „Szinmütár“. Schon im Jahre 1840 war er correspondirendes Mitglied der ungarischen Akademie und noch früher Mitglied und Cassier der Kisfaludy-Gesellschaft, welche gleichfalls Förderung literarischer Zwecke im Auge hatte, geworden. Als Schriftsteller entwickelte Nagy eine ungemein große Fruchtbarkeit. Unter dem Namen Zajtay hatte er in der Zeitschrift „Athenaeum“ eine Reihe von Artikeln unter dem Titel: „Budapesti élet“ veröffentlicht, welche durch Sarkasmus und beißende Satire große Aufmerksamkeit erregten. Mit seinem Lustspiele „Tisztujitás“, d. i. Beamtenrestauration, hatte er sich den für das beste National-Lustspiel von der ungarischen Akademie ausgesetzten Preis von hundert Ducaten erschrieben. Mit diesem Stücke, welches im Jahre 1842 zuerst zur Aufführung gelangte und dem Nagy allmälig eine ganze Reihe von Original- und übersetzten Stücken folgen ließ, erscheint er auch als der eigentliche Gründer des ungarischen National-Schauspiels. Aber auch sonst gab er zahlreiche Arbeiten dramatischen, novellistischen, erzählenden Inhalts heraus, welche letzteren immer gleich in größeren Sammlungen unter einem Titel vereint erschienen. Die Titel der dramatischen Schriften Nagy’s sind: „Mátrai rabló, dráma, 3 felv.“, d. i. Räuber Matrai, Drama in 3 Aufz. (Buda 1836); – „Soroksári János. Parodia kéziratban“, d. i. Johann Sorokschari, Parodie in zwei Aufz.; – „Argyrus királyfi. Tüneményes életkép négy rámában“, d. i. Der Königssohn Argyrus (Ofen 1840); – „A hősök. Vigjáték, 1 felv.“, d. i. Die Helden, Lustspiel in einem Acte; – „Egyesüljünk. Vigjáték, 4 felv.“, d. i. Wir sollen uns vereinigen, Lustspiel in 4 Aufz.; – „Az életuntak (jutalmat nyert). Vigját. 5 felv.“, d. i. Die Lebensüberdrüssigen, Lustspiel in 5 Aufz.; – „Vendégszerep“, d. i. Die Gastrolle, Lustspiel in einem Aufz.; – „Vetélytárs, d. i. Der Nebenbuhler, Lustspiel in einem Aufz.; – „Tisztujitás“, d. i. Die Beamtenrestauration, Lustspiel in 4 Aufz.; von diesem bereits genannten Stücke erschienen innerhalb drei Jahren (1842–1845) drei Auflagen; – „Ármány és szerelem. Vigjáték, 1 felv.“, d. i. Kabale und Liebe, Lustspiel in einem Acte. – Nagy’s novellistische und erzählende Schriften erschienen aber unter folgenden Titeln: „Beszélyek, 3 kötet“, d. i. Erzählungen, in 3 Bänden (Ofen 1843); – Torzképek, 4 kötet“, d. i. Carricaturen, in 4 Bänden (ebd. 1844); – „Hajdan és most, 2 kötet“, d. i. Einst und jetzt, in [53] 2 Bänden (ebd. 1845); – „Magyar titkok, 12 füzet“, d. i. Ungarische Geheimnisse, in 12 Heften (ebd. 1844); – „Menny és pokol, 3 füzet“, d. i. Himmel und Hölle, in 3 Bänden (ebd. 1846); – „Bors és paprika, 4 kötet“, d. i. Pfeffer und Paprika; – „Szunyogok“, d. i. Die Wespen. Aber auch nach einer anderen Seite hat Nagy namhafte Verdienste um die magyarische Literatur sich erworben, er hat dieselbe mit mehreren dramatischen Meisterwerken fremder Literaturen in guten Uebersetzungen bekannt gemacht, unter diesen sind anzuführen: „Maria Tudor“ und „Ruy Blas“, beide von Victor Hugo]; „Fiesco“, von Schiller, „Thomas Morus“, von Silvio Pellico, „Das Recht der Geburt“, von Bulwer, und mehrere andere, die eben damals die Runde auf den auswärtigen Bühnen machten; ferner führte er die Roman-Literatur des Auslandes dem ungarischen Publicum in der von ihm redigirten und von der Kisfaludy-Gesellschaft herausgegebenen „Külföldi Regénytár“, d. i. Ausländische Romanhalle, vor. Späterhin trat er aus seinem Amte, um sich ausschließlich der Journalistik und Literatur zu widmen, und damals übernahm er die Redaction der ungarischen Lebensbilder (magyar életképek), welche er jedoch, als er das belletristische Journal „Hölgyfutár“ begründete, niederlegte. Die Redaction dieses letzteren leitete er bis zu seinem im Alter von erst 44 Jahren erfolgten Tode. Das Eigenthumsrecht des Blattes ging auf die ihn überlebende Witwe über. Es ist eine große Vielseitigkeit, die sich in Nagy’s Arbeiten offenbart; die Raschheit des Producirens war der Reinheit und Glätte seines Styls nicht eben förderlich, aber er schuf leicht und besaß eine erfinderische Phantasie, eine angenehme Darstellungsgabe und gesunden Humor. Als Dichter – d. i. wenn er in gebundener Rede schrieb – leistete er nur Unbedeutendes, aber als Prosaist steht er in der Vorderreihe der neueren ungarischen Literatur.

Ungarns Männer der Zeit. Biografien und Karakteristiken hervorragendster Persönlichkeiten. Aus der Feder eines Unabhängigen [C. M. Kertbeny recte Benkert] (Prag 1862, A. G. Steinhauser, kl. 8°.) S. 182. – Croquis aus Ungarn (Leipzig 1843, Otto Wigand, kl. 8°.) 1. Serie, S. 165. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagszeitung (Pesth, 4°.) Jahrg. 1859, Nr. 10: „Nagy Ignacz“. Von Z–y K–ly. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjté Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) I. Theil, S. 335. – Ujabb kor ismeretek tára, d. i. Neues ungarisches Conversations-Lexikon (Pesth 1852, Heckenast. 8°.) Bd. V, S. 450. – Magyar irók arczképei és életrajzai, d. i. Ungarische Schriftsteller in Bildern und Lebensbeschreibungen (Pesth 1858, Heckenast, kl. 4°.) S. 142. – Toldy (Ferenc), Irodalmi arcképei s’ újabb beszedei, kiadta Tárkányi, d. i. Literarische Porträte von Franz Toldy, herausgegeben von Tárkányi (Pesth 1856, Gust. Emich, 8°.) S. 169. – Toldy (Ferenc), A Magyar nemzeti irodalom törtenéte a legrégibb időktől a jelenkorig rövid előadásban, d. i. Geschichte der ungarischen National-Literatur von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart (Pesth 1864–1865, G. Emich, gr. 8°.) S. 408, 423 u. 427. – Porträte. 1) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges Nagy Ignác. Barabás lith. 1856. Nyomtotta Reiffenstein & Rösch Becsben; – 2) auf dem I. Blatte des von Barabás lithographirten Gruppenbildes: „Magyar irók arczképcsarnoka“.