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Artikel „Reineccius, Christian“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 15–17, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reineccius,_Christian&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 18:22 Uhr UTC)
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Reineccius: Christian R., geb. zu Großmühlingen in Anhalt-Zerbst am 22. Januar 1668, Privatdocent an der Universität Leipzig seit 1700, Rector des Gymnasiums zu Weißenfels seit 1721, † am 18. October 1752. Winer, Hdb. d. th. Lit. II, 726. – Seine wissenschaftliche Thätigkeit concentrirte sich um die Bibel, vorzugsweise das alte Testament, dessen Text und Sprache er festzustellen und besser zu verstehen suchte. Danach lassen sich seine Arbeiten gruppiren in Bibelausgaben, Concordanzen und Lexika. – Wir betrachten 1) die Ausgaben: a) der hebräischen Bibel. Eine solche erschien zuerst 1725. Sie gab den Text der Antwerpener Polyglotte und theilte unter demselben das Qeri und die wichtigsten Abweichungen der Massora in der Accentuation mit. Seine eigne Zuthat bestand in kurzgefaßten lateinischen Summarien, die über jedem Capitel standen. Die zweite Ausgabe von 1739 in 8° ist ein genauer Abdruck der ersten, einschließlich sämmtlicher Druckfehler. Die dritte Ausgabe in 4° ebenfalls von 1739 ist eine unglaubliche Verballhornisirung der beiden früheren, indem die Bücher in derselben nach der Reihenfolge in der deutschen Bibel geordnet sind, die Paginirung nach der Manier deutscher Bücher gegeben ist, also dem hebräischen Text beständig zuwiderläuft und der Druck ohne Zeilenabsätze fortläuft. Eine vierte Ausgabe ward nach Reineccius’ Tode 1756 von Pohl veranstaltet. Wesentlich verbessert durch Angabe Kennicott’scher und de Rossi’scher Varianten erschien 1793 die fünfte Ausgabe, welche J. Chr. Doederlein und J. H. Meisner besorgt hatten, vgl. Rosenmüller, Hdb. f. Lit. d. bibl. Krit. Bd. I, S. 236–238, wo auch die vollständigen Titel aller dieser Ausgaben zu finden sind. – b) Polyglotten. Neben obigen Arbeiten her gingen Polyglottenausgaben. α) Des Alten Testaments: „Biblia sacra quadrilingua V. T. hebraici …“ [16] erschien zuerst in 3 Bdn. Fol. 1748 (s. den vollständigen Titel bei Hetzel, Gesch. der hebr. Sprache, S. 305), dann in 2 Bdn. 1750/51 (s. den vollst. Titel bei Rosenmüller a. a. O. Bd. III S. 363 f.). – Diese Polyglotte enthielt den hebräischen Text nach der oben genannten Bibelausgabe, daneben die LXX nach dem Grabe’schen Text (cod. Alexandrinus), dann die lateinische Uebersetzung von Sebastian Schmidt und zuletzt Luther’s deutsche Uebersetzung. Anhangsweise sind die Apokryphen, aber in größerer Vollständigkeit, als in unsern deutschen Bibeln (z. B. auch 3. Esra, 3. Macc. etc.), beigefügt. Ueber die Einrichtung der Texte bei dieser Abtheilung s. Rosenmüller a. a. O. Bd. 3, S. 365. – Die ganze Arbeit war, wie man sieht, mehr compilatorisch als kritisch und ist diese Polyglotte für die Bedürfnisse der Gegenwart durchaus ungenügend. β) Des Neuen Testaments. Für das Neue Testament hatte R. 1747 eine Polyglotte veranstaltet. Auf der einen Blattseite stand hier der griechische Text des Neuen Testaments, links von der syrischen, rechts von einer neugriechischen Uebersetzung umgeben; auf der andern Seite stand Seb. Schmidt’s lateinische und Luther’s deutsche Uebersetzung. Unter dem griechischen Text stehen Glossen aus den Ausgaben von Mill und Küster, lateinische exegetische Anmerkungen u. a. m., s. Rosenmüller a. a. O. Bd. III, S. 362 f., wo auch der vollst. Titel. – c) Septuaginta-Ausgaben. Die erste Ausgabe seines „Vetus Testamentum graecum“ (s. d. Titel bei Rosenmüller a. a. O. Bd. II, S. 315 f.) erschien 1730. Sie beruht auf der editio Vaticana von 1587, gab also den Text des codex Vaticanus mit einigen wichtigen Lesarten des cod. Alexandrinus und anderer Handschriften und konnte damals als brauchbare Handausgabe des vaticanischen Textes gelten. Die Einrichtung derselben findet man bei Meyer, Gesch. der Schrifterklärung, Bd. IV, S. 232 f. beschrieben. Eine zweite Ausgabe von 1757 ist unverändert. Die bei de Wette-Schrader, Lehrb. der Einl. in die Bibel des Alten Testaments 1869, S. 563 als Ausgabe der βίβλοι απόxϱυφοι angeführte Schrift ist nur ein Theil des Vetus Testamentum graecum von 1757, dem die Apokryphen beigefügt waren, vgl. auch Meyer a. a. O. Bd. V, S. 304. Im Allgemeinen s. über diese Litteratur Diestel, Gesch. des Alten Testaments, S. 599. – d) Ausgabe der deutschen Bibel. Nach Meyer a. a. O. Bd. IV, S. 374 ist eine solche 1708 erschienen und verwickelte R. in Streit mit Joh. Melch. Krafft über die bei Ausgaben einer Lutherbibel zu Grunde zu legende Textgestalt, vgl. darüber Meyer a. a. O. Bd. II, S. 193, 208; Bd. IV, 373, wo noch andere Litteratur angegeben ist. – Wenden wir uns nun 2) zu den Concordanzen. R. gab 1718 in 2 Foliobänden „Die deutsche hebräische und griechische Concordantzbibel“ von Friedr. Lanckisch (zuerst 1677 erschienen) heraus. Er arbeitete selbständig 1708, in zweiter Ausgabe 1735 eine concordia germanico-latina (s. den Titel bei Winer a. a. O. I, 321). – 3) Lexikalische Arbeiten. Seine früheste Arbeit, die „Janua hebraica linguae Veteris Testamenti“ erschien 1704. Sie hatte großen Erfolg, weniger, weil sie eine so vortreffliche Leistung gewesen wäre, als weil sie der menschlichen Schwäche auf dieselbe gefällige Art entgegenkam, welche noch jetzt diesem Industriezweige zur Blüthe verhilft. Er hatte alle Worte und Formen aufs Genaueste analysirt ut linguae huius studiosi facilius eandem addiscere et felicius in perlegendis libris hebraicis progredi possint d. h. also, er nahm ihnen die Mühe ab, die Formenerklärung zu suchen und den Sinn selbständig zu finden. Kein Wunder, daß das Buch acht Auflagen erlebte, deren letzte 1788 J. F. Rehkopf besorgte, vgl. Winer a. a. O. Bd. I, S. 120. Eichhorn, Allg. Bibl. der bibl. Lit. Bd. VIII, S. 681. – 1731 erschien Reineccius’ „Lexicon hebraico-chaldaicum“, wieder aufgelegt 1741, mit der Janua 1788 vereinigt, vgl. Meyer a. a. O. Bd. IV, S. 88. – Bei Hetzel a. a. O. S. 305 findet sich noch angeführt ein Index memorialis [17] von 1730, offenbar eine Art hebräisch-lateinisches Vocabularium. Andere kleine Schriften s. bei Winer a. a. O. Bd. I, S. 527, 591.