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Artikel „Lamboy, Wilhelm Graf“ von Hermann Hallwich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 557–564, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lamboy,_Wilhelm_Graf_von&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 03:24 Uhr UTC)
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Lamboy: Wilhelm Graf L., kaiserl. Feldmarschall. – Man kennt weder Ort noch Jahr der Geburt des Stifters der gräflichen Familie L.; nur so viel ist sichergestellt, daß er, einem „nicht eben berühmten“ ritterlichen Geschlechte des Hochstiftes Lüttich entsprossen, wo demselben die Herrschaft Desseneer-Wintershove (zwischen Hasselt und Bilsen) gehörig gewesen, eben in den spanischen Niederlanden geboren und erzogen worden, an derselben „hohen Schule der Kriegswissenschaften“, aus welcher die große Ueberzahl der bedeutenderen Feldherren seiner Zeit, wie die Oranier, die Alba, Parma, Spinola, Basta, Buquoy, Tilly etc. hervorgegangen. Buquoy selbst soll es gewesen sein, der L. [558] mit nach Deutschland, nach Böhmen, brachte. Von seinen ersten Kriegsthaten ist keinerlei Kunde auf uns gekommen. Bald nach Buquoy’s Tode († Juli 1621) wurde er kaiserlicher Oberst, ohne daß jedoch das Buch der Geschichte noch ein weiteres Jahrzehnt hindurch auch nur seines Namens gedächte. Erst die Schlacht bei Lützen am 16. Novbr. 1632 stellte, wie so manchen andern, auch den bisher fast unbekannten Namen L. in den Vordergrund. Sie wurde für ihn der Anfangspunkt einer von nun an relativ raschen, glänzenden Laufbahn. Im Gegensatz zu den Regimentern Bönninghausen, Sparr und Hagen, deren feige Flucht zu Beginn der Schlacht das Kriegsglück Wallenstein’s auf eine harte Probe stellte, bethätigte L. mit seinen Reitern an jenem heißen Tage eine außerordentliche, rühmenswerthe Tapferkeit. Sowol er selbst als auch sein Oberstlieutenant Tavigni – von Wallenstein’s erstem Schlachtbericht an den Kaiser todtgesagt – geriethen nach verzweifeltem Widerstande schwer verwundet in schwedische Gefangenschaft. Ihm lohnte nach seiner Freilassung ein sehr schmeichelhaftes kaiserliches Dankschreiben, Tavigni ein solches seines Oberfeldherrn. Gleichzeitig erhob Wallenstein den Oberstwachtmeister, einen Rittmeister und Cornet, sowie acht gemeine Reiter des Regiments L. in Anerkennung ihrer vortrefflichen Haltung vor dem Feinde sämmtlich in den Adelsstand und verlieh er Jedem derselben außer einem ansehnlichen Geldgeschenke eine goldene Gnadenkette im Gewichte von 200 Ducaten. L. selbst erhielt außer dem kaiserlichen Handschreiben, das ihm eine bestimmte „Gnadenrecompens“ in Aussicht stellte, von seinem Generalissimus das Gut Oels in Böhmen, mit der von Zdenko von Waldstein kurz vorher erbauten Veste Neuschloß bei Arnau, als Lehen des Herzogthums Friedland.

Im folgenden Jahre dem Holk’schen Corps zugetheilt, unternahm L. mit diesem einen Plünderungszug nach Meißen und Sachsen und wohnte der Eroberung von Leipzig bei; der plötzliche Tod des Führers unterstellte ihn unmittelbar den Befehlen Gallas’. Auf dessen Weisung brach er noch im October 1633 wieder in Meißen und Thüringen ein, überfiel die aus Neustadt a. d. O. entweichende schwedische Besatzung und schlug dieselbe, um sich hierauf nach Weimar und Erfurt, dann aber gegen Naumburg zu wenden und zu Anfang Novembers nach Böhmen zurückzukehren, wo er am 4. dieses Monats unter Melchior Hatzfeld bei Graupen gegen den daselbst mit ziemlicher Heeresmacht eingedrungenen Marschall Arnim ein glänzendes Reitergefecht bestand, durch welches dieser gezwungen wurde, eine mit Bernhard von Weimar vereinbarte combinirte Diversion nach Böhmen gänzlich aufzugeben.

Wir finden L. im Januar 1634 zu Pilsen wieder, wo er mit den meisten Wallenstein’schen Obersten den bekannten Revers unterzeichnete, durch welchen sich dieselben „anstatt eines körperlichen Eides“ verpflichteten, „bis zum letzten Blutstropfen“ bei ihrem Generalissimus auszuharren, um so durch dessen Verbleiben im Obercommando die Befriedigung der eigenen Ansprüche an die kaiserliche Casse desto sicherer durchzusetzen. Wenige Wochen nachher wurde L. von Wallenstein zum Generalwachtmeister ernannt. Als solcher trat er noch im Kriegsrathe am 19. Febr. dem Votum des intimsten und entschiedensten Anhängers des General-Herzogs, seines Schwagers Adam Trczka, mit dem Gelöbniß bei, „mit all den Seinigen dabei zu leben und zu sterben“. So setzte er auch seinen Namen unter den zweiten sogenannten Pilsener Schluß. Kaum vier Tage später stand er mit seinem Regiment in Prag und publicirte dort mit General Suys das kaiserliche Manifest, das den Friedländer mit seinen Getreuen in Acht und Bann that. Die Belohnung für solche „Treue und Gesinnungstüchtigkeit“ blieb nicht aus. Nach dringender Empfehlung seiner Person durch Gallas und Piccolomini, als „eines der zumeist verdienten“ um die Katastrophe Wallenstein’s, erfolgte [559] mit Patent vom 16. März 1634 Lamboy’s Ernennung zum Generalwachtmeister durch den Kaiser. Der Begnadete verstand es aber, die Gelegenheit zu nützen. Am selben Tage, der ihm seine Generalsbestallung brachte, nahm er sich die Freiheit, den Monarchen zu erinnern, daß ihm die vorlängst handschriftlich versprochene kaiserliche „Recompens“ noch immer nicht zu Theil geworden; ein Diplom Kaiser Ferdinands II. vom 20. Mai verlieh L. als „Herrn v. Desseneer, Wintershove, Neuschloß, Oels und Mean“ die Würde eines kaiserlichen Kämmerers und ihm und seinem Bruder Georg. der zur Zeit als Rittmeister in kaiserlichen Diensten stand, den Reichsfreiherrnstand. Demselben folgte später die Schenkung der confiscirten Wallenstein’schen Herrschaft Arnau (mit kaiserl. Resolution vom 5. Novbr. 1635).

Von Leitmeritz aus zu Anfang Mai’s 1634 gegen Görlitz detachirt, erstieg L. im Sturm die Mauern dieser Stadt, hieb deren Besatzung von 200 Mann nieder und schlug ein sächsisches Regiment, das zum Succurs zu spät heranzog. Am 15. Mai stieß er in Trautenau wieder zu dem Feldmarschall Rudolf Colloredo, dessen Bruder Hieronymus jedoch Tags vorher bei Liegnitz eine schwere Niederlage erlitten hatte, so daß der Vormarsch der siegreichen Schweden und Sachsen gegen Böhmen nicht aufgehalten werden konnte. Sie nahmen Leitmeritz ein (18. Juli), erzwangen trotz der Vereinigung R. Colloredo’s und Lamboy’s mit dem Feldmarschall Marrades den Elbübergang bei Melnik und rückten bis vor Prag (23. Juli). Die Uneinigkeit der feindlichen Feldherren Banér und Arnim verhütete den Fall der Landeshauptstadt. – Ende des Jahres befand sich L. wieder bei der kaiserlichen Hauptarmee „im Reiche“, wo ihm der Sieg von Nördlingen eine Reihe namhafter Vortheile ermöglichte. Noch im genannten Jahr zwang L. die Stadt Culmbach zur Uebergabe, ohne jedoch die feste Plassenburg nehmen zu können; die Besatzung nöthigte ihn jedoch bald, auch die Stadt zu verlassen. Er legte sich vor Coburg, die „ernestinische Trutzburg“, in die er nach mehrmonatlicher Belagerung am 28. März 1635 einzog. Das Facit aller dieser und noch vieler anderer, großer und geringer Erfolge der kaiserlichen Waffen bestätigte aber trotzdem nur die traurige Wahrheit der Prophezeiung, die der nun ermordete Friedländer mit den bedeutsamen Worten ausgesprochen hatte, „auch mit zehn Victorien sei doch nichts gewonnen“ sondern nur das Eine erreicht, „daß Frankreich und andere aemuli sich auch darein mischten“. Bereits stand Frankreich neben Schweden auf dem Kriegsschauplatze. Gallas, der schon Mainz belagerte, mußte sich vor der Uebermacht der Gegner zurückziehen. Immerhin verlief das J. 1635 noch günstig für die habsburgischen Heerführer. Am 20. August nahm L. Sachsenhausen, die Vorstadt Frankfurts a. M., durch Accord ein. Mit Hatzfeld und Carretto vereinigt, erlitt er aber bald nachher (14. Septbr.) gegen Bernhard von Weimar eine blutige Schlappe und entging er nur mit Mühe der Gefangenschaft. Die höchst kritische allgemeine Lage der Dinge zwang indeß die verbündeten Gegner zum Rückzug über den Rhein.

Noch gegenwärtig feiert die Bürgerschaft von Hanau im Lamboywalde in der Nähe dieser Stadt ein Volksfest, das jetzt sogenannte „Lambofest“ – nicht zum besonderen Ruhme unseres Helden. In nahezu halbjähriger Belagerung (Januar bis Juni 1636) war L. nicht im Stande, den kühnen Vertheidiger der nicht allzufesten Kinzigstadt, Generalmajor Ramsay, zum Accord zu bewegen. Bei einem der vielen Ausfälle hart verwundet, mußte er mit dem Schaden auch den wohlfeilen Spott hinnehmen, da ihn Ramsay um „einige neue Zeitung“ bat, „insonderheit, ob es wahr, daß Hanau belagert; man wolle dergleichen bei ihm sagen“. Daß Hanau nicht fiel, war übrigens zu allernächst die Schuld Gallas’, der es trotz wiederholten Drängens von Seite Lamboy’s unterließ, den Belagerer rechtzeitig zu verstärken. Schon war die völlig umzingelte [560] und ausgehungerte Stadt aufs Aeußerste gebracht, als L., kaum 3000 Mann stark, vor der Mehrzahl der Truppen des Landgrafen Wilhelm von Hessen und des schwedischen Marschalls Leslie nach heftiger Gegenwehr sich zurückziehen und zu Gallas nach dem Rhein wenden mußte.

Es ist fraglich, ob L. nicht schon an dem ersten unglücklichen Kriegszuge Gallas’ nach Frankreich im J. 1635 persönlich Theil nahm. Wol aber war ihm bei der Erneuerung desselben im Sommer 1636 eine hervorragende Rolle zugedacht. Nachdem König Ferdinand III. in Gallas’ Lager erschienen war, wurde L. mit der Reiterei über Breisach vorausgeschickt, um sich zunächst mit Karl von Lothringen zu verbinden. Beide zwangen den Prinzen Heinrich von Bourbon (Condé) die Belagerung von Dole aufzugeben und verfolgten ihn bis Dijon. Von Bernhard von Weimar hart bedrängt, vereinigten sie sich bei Montbeliard mit Gallas und Mercy und nahmen eine vortheilhafte Stellung ein, während der Gegner gleichfalls ein festes Lager bezog, bis Gallas am 20. October, abermals verstärkt, zur Offensive griff und in das südliche Frankreich einbrach – um jedoch nach vielen und schweren Verlusten mit den Trümmern seines Heeres im tiefen Winter über den Rhein zurückzukehren.

Eine Reihe von Jahren hindurch fand hierauf L. in seiner niederländischen Heimath Verwendung. Nur vorübergehend finden wir ihn 1638 in Deutschland, am Mittelrhein; die große Nothlage des wichtigen Breisach ließ für die vorderösterreichischen Lande das Schlimmste befürchten. Die Doppelschlacht bei Rheinfelden. welcher Lamboy’s Bruder, Georg, der inzwischen zum Oberstlieutenant avancirt war, mit Auszeichnung beiwohnte, entschied das Schicksal von Breisach, das weder die Feldmarschälle Savelli und Götz noch auch L., die erst nacheinander, dann mit vereinten Kräften ihr Glück gegen den Belagerer Bernhard von Weimar versuchten, abzuwenden vermochten. Es fiel am 17. December 1638, und L. begab sich wieder in die Niederlande, wo er auf kaiserlichen Namen große Werbungen anstellte. Damals (9. Dcbr. 1639) erhielt Georg Lamboy die Bestallung eines kaiserlichen Obersten. Auch der ältere Bruder sollte bald zu größeren Ehren gelangen. Er brachte 1640 (24. Juni) vor Arras durch verstellte Flucht den Franzosen unter Marschall Meilleraye eine blutige Niederlage bei. Noch bedeutender war sein Sieg vom 6. Juli 1641 bei Marfée unweit Sedan. Mit nur 5000 Mann war er aus seinen niederrheinischen Quartieren durch Luxemburg in Frankreich eingerückt und am 5. Juli bis Sedan gelangt, wo er an 3000 Mann zu Fuß und Roß unter dem Duc de Bouillon und Ludwig von Bourbon, Grafen von Soissons, an sich zog. Jenseits der Maas hielt Marschall Chatillon die Höhe von Marfée mit überlegenen Streitkräften besetzt. Gleichwol setzte L. andern Tags unter strömendem Regen über den Fluß und griff den Feind mit solcher Entschlossenheit an, daß die französischen Reiter sofort die Flucht ergriffen und nach kurzer Gegenwehr auch das Fußvolk geworfen wurde. Viertausend Todte, darunter viele vornehme Herren, blieben auf dem Platze. Sämmtliche Fahnen und Kanonen sammt dem Gepäck wurden eine Beute des Siegers. Ihm ertheilte Kaiser Ferdinand III. in Anerkennung der bewiesenen Bravour noch unterm 18. Juli 1641 das Patent eines kaiserlichen Feldzeugmeisters.

Hiemit hatte L. die Höhe seines Kriegsruhmes erklommen. Wol eroberte er, den errungenen Sieg verfolgend, am 12. Juli Donchery. Als aber bald nachher Ludwig XIII. selbst mit Marschall Brezé und Angoulême heranrückte, mußte L. darauf verzichten, tiefer in Frankreich einzudringen, und gegen Terrouanne zurückgehen, um sich mit dem Kardinal-Infanten zu vereinigen. Nach kurzer Zeit rief ihn der Kaiser wieder nach Deutschland zum Schutze der niederrheinischen Lande. L. überschritt am 6. Januar 1642 abermals die Maas bei [561] Venloo und bezog auf der Haide von St. Tonis, zwischen Kempen und Creveld, ein festes Lager. Hier sollte er Hatzfeld, der mit 6000 Mann aus der Wetterau und dem Nassauischen im Anzug war, erwarten, um sodann den Hessen und Weimaranern unter Marschall Guebriant die Spitze zu bieten. Allzu sicher geworden, erklärte L. dem Kurfürsten von Köln, dem Feinde allein gewachsen zu sein. Wohl verschanzt, durch dreifache Brustwehren gedeckt, hatte er sich am 17. Januar eben zum Frühstück gesetzt, als Guebriant, bevor noch L. die Zeit fand, seine Regimenter in Schlachtordnung aufzustellen, über das Lager herfiel und Lamboy’s Heer in kaum einer Stunde vollständig vernichtete. 1500 Kaiserliche wurden erschlagen, 4000 gefangen; ebenso gingen alle Geschütze und Fahnen verloren. Auch L. und Mercy und nicht weniger als 15 Oberste geriethen in Gefangenschaft. Im Uebermuth war der Preis langjähriger schwerer Mühen und Kämpfe dahingegeben. – Lamboy’s Entschuldigungen wurden in Wien nicht angenommen, was die Trostlosigkeit seiner Lage nur erhöhen konnte. Ein Fluchtversuch mißlang. Von Ludwig XIII. der Gewalt Guebriant’s überlassen, wurde L. zu Schiffe über Holland nach Frankreich gebracht, wo er im Bois de Vincennes seiner Erledigung entgegenharrte. Erst nach mehr als Jahresfrist erhielt er gegen ein Lösegeld von 25 000 Kronen, die der Sieger von Marfée aus eigener Tasche zahlen mußte, die Freiheit zurück. Und erst nach weiteren drei Jahren, während welcher er abermals der Krone Spanien diente, erscheint er wieder auf dem deutschen Kriegstheater. Im Frühjahr 1645 übernahm er auf Befehl des Kaisers die Aufgabe, in der er Meister war, neue Werbungen anzustellen, und führte Piccolomini 8000 Mann in die Niederlande zu; mit Patent vom 15. November desselben Jahres erhielt er Titel und Rang eines kaiserl. Feldmarschalls, ohne jedoch bis 1647 eben der kaiserlichen Armee gegenüber davon Gebrauch zu machen. Das beweist die Thatsache, daß L. im März des letztgenannten Jahres dem Kaiser wieder seine Dienste anbot, deren Annahme Ferdinand III. von der Entscheidung seines Bruders, des kurz vorher zum Statthalter der Niederlande ernannten Erzherzogs Leopold Wilhelm, abhängig machte – „ob und wie sie für nöthig befinden“, heißt es in dem bezüglichen Schreiben an L., „sich Eurer Person in des Königs Liebden Diensten noch ferner zu bedienen, oder aber ob sie vermeinen, daß Ihr wohl herauf zu meiner Armada und eigenen kaiserlichen Diensten zu entlassen seyn werdet“.

Es war am 3. Mai 1647 – wenige Wochen nach Abschluß des verhängnißvollen Ulmer Vertrages, mit welchem Kurfürst Maximilian von Baiern und nach ihm bald auch Kurfürst Ferdinand von Köln mit den Kronen Frankreich und Schweden und mit Hessen einen „Waffenstillstand bis zum Frieden“ eingingen – als dem Feldmarschall Grafen Peter Holzapfel, genannt Melander, das „General-Commando über alle Ihrer kaiserl. Majestät Armaden“ übertragen wurde. Vom folgenden Tage ist ein kaiserliches „Gehorsams-Patent“ für L. „als Kriegs-Commandanten in dem Westphälischen Kreis“ datirt, wo seit October 1645 Holzapfel commandirt hatte. Mit großem Eifer faßte L. seine neue Aufgabe an. Er ging zunächst in das Erzbisthum Köln, wo er sich durch Werbungen nach Kräften zu verstärken suchte, während Königsmark in Westfalen ärger als in Feindesland hauste und eine Stadt nach der andern in schwedische Gewalt brachte. Das bewog Kurfürst Ferdinand schon am 15. August den Waffenstillstand wieder zu kündigen und sofort auch seine Truppen den Befehlen Lamboy’s zu unterstellen. Dieser, also verstärkt, unternahm, um Königsmark von dem hartbedrängten Paderborn abzulenken, noch im August einen Streifzug durch das Münster’sche nach Ostfriesland, daselbst die Quartiere der mit Schweden verbündeten Hessen aufzuschlagen. Er erreichte vollständig seine eigentliche Absicht; Königsmark folgte ihm nach. [562] Nun wandte sich L. und gewann die Ems, wo er bei Rheine wieder ein befestigtes Lager bezog; das Gleiche that Königsmark, der ihm auch dahin gefolgt war. Fast zwei Monate lagen sich so die Heere gegenüber. Am 26. Septbr. gelang es L., seinem Gegner durch Eroberung einer festen Brückenschanze einen wesentlichen Vortheil abzugewinnen, ohne jedoch dadurch zum Ziele zu kommen. Endiich am 30. October sah sich Königsmark durch Mangel an Proviant gezwungen, das Lager zu verlassen, um die Wiedereroberung der von den Kaiserlichen eingenommenen Orte in Ostfriesland zu versuchen, während L. durch das Sauerland wieder nach dem Rhein marschirte; auf dem Wege dahin nahm er die Schlösser Windeck, Niedeck etc. ein. Kleinere glückliche Gefechte, insbesondere aber die Eroberung von Düren, sicherten ihm ein gutes, wenngleich nur kurzes Winterquartier im Jülich’schen.

Noch im December 1647 kam L. nach Köln zurück und schon im Februar 1648 stand er wieder in Westfalen, das die Schweden nunmehr geräumt und den Hessen allein zur Vertheidigung überlassen hatten. Fest entschlossen, das Gebiet des Kurfürsten von Köln, zugleich Bischofs von Münster, gänzlich von den Feinden zu säubern, gedachte L. vorerst das Stift Hildesheim, ja womöglich auch Bremen zu besetzen. Ueber Dortmund und Soest vorgerückt, stieß er unweit Lippstadt auf Johann Geiso, den hessischen Feldherrn, der zurückweichend sich in die Festung Gesecke warf (1. März), deren Belagerung L. alsbald eröffnete. Trotz wiederholter heftiger Stürme und trotz empfindlichen Mangels an Munition und Proviant, hielt die Besatzung mehr als drei Wochen Stand, als sich ihr Landgraf Ernst von Hessen mit einem kleinen Heere zum Entsatz näherte. Ein nächtlicher Ueberfall des Lamboy’schen Lagers bot Geiso die Möglichkeit, mit dem größten Theil seiner Reiterei zu entkommen, wogegen L. den Landgrafen nach tapferem Widerstand mit der Mehrzahl seiner Mannschaft gefangen nahm (25. März). Gleichwol blieb ein neuerlicher Sturm auf Gesecke erfolglos, worauf L. nach dem Rhein zurückging. Hier legte er sich, durch neue Werbungen wieder gestärkt, vor das Schloß Breidenbend, das nach vierwöchentlicher Belagerung am 1. Juni capitulirte und geschleift wurde. Nachdem er sein Heer um Bonn gesammelt hatte, während die Hessen unter Geiso, ebenfalls bedeutend gestärkt, gleich ihm den Rhein überschritten und nächst Grevenbroich sich lagerten, brach L. am 12. Juni von Bonn auf, „in aller Stille und Geschwindigkeit“, die Reiterei zu Lande, das Fußvolk zu Schiffe nach Zons dirigirend. Der Sieg schien ihm gewiß. Es kam am 14. Juni zum Treffen bei Grevenbroich, welches, von L. bereits gewonnen, dadurch wieder verloren ging, daß sein Fußvolk, die feindliche Bagage plündernd, Verwirrung in die eigenen Reihen brachte, welche der gegnerische Feldherr trefflich zu benutzen wußte. Kaum 700 von 3000 Mann der Infanterie Lamboy’s entkamen; er selbst rettete sich mit dem Rest der geschlagenen Reiterei, einen mächtigen Sumpf durchreitend, nach Zons. Ein Glück für L., daß Geiso es nicht verstand, seinen Sieg zu verfolgen.

Mit oft erprobter Zähigkeit und Unverzagtheit, die wir an ihm aufrichtig bewundern müssen, brachte L., von Erzherzog Leopold Wilhelm und dem Erzbischof mit Geld unterstützt, durch abermalige Werbungen, sowie durch das Heranziehen der Besatzungen aus den kleineren Städten in kürzester Zeit wieder ein schlagfertiges Heer, namentlich aber eine stattliche Cavallerie zusammen, mit der er bereits Mitte Juli’s wieder im Feld erschien, wo er sich freilich einem an Zahl nun weit überlegenen Feind gegenüber nur mehr defensiv verhalten mußte. Er schlug bei Worringen ein verschanztes Lager, konnte aber nicht hindern, daß sozusagen vor seinen Augen die Stadt Düren verloren ging (September). Als jedoch hierauf der wieder befreite Landgraf Ernst in Verbindung mit Geiso nach Westfalen marschirte, des Willens, noch vor Abschluß des Friedens, der täglich gewärtigt wurde, die so oft vergeblich bekämpfte Hauptstadt des Stiftes Paderborn zur [563] Uebergabe zu zwingen, folgte ihnen L. auf dem Fuße und wußte, nachdem er einen Zuzug lothringen’scher Truppen erhalten, durch allerhand Scheinbewegungen, mit welchen er Cassel zu bedrohen schien, die Feinde von Paderborn so weit abzulenken, daß er nach einer plötzlichen Wendung zweitausend Mann frischer Truppen mit vielen Mundvorräthen in die hartbedrängte, nun mit erneutem Muth vertheidigte Stadt zu werfen und dadurch die Pforte des „Hellweges“ glücklich zu retten vermochte (17. October). Acht Tage später machte der in nächster Nähe geschlossene heißersehnte Friede dem unseligen Kriege ein Ende. In Anerkennung der letzten gelungenen Waffenthat erwies Kaiser Ferdinand III. seinem vielgeprüften Feldherrn die Ehre, ihn mit Diplom vom 22. Januar 1649 in den österreichischen erblichen Grafenstand zu erheben – und zwar, wie die Acte selbst das Haupt des neuen Grafenhauses begrüßt, „in Erwägung des alten Adels Deines Geschlechtes, Wilhelm L., welches seit vielen vergangenen Jahrhunderten unter den ersten Familien des Bisthums Lüttich durch eine Anzahl Männer florirte, um die Fürsten, den Staat und das Vaterland wohlverdient, deren lobwürdiges Exempel Du nicht blos nachzuahmen sondern vielmehr zu überbieten wacker bestrebt gewesen, indem Du von frühester Jugend auf, getrieben von angeborener Tapferkeit und natürlicher Ehrbegierde, der Führung des Schlachtengottes Dich vertrautest und unter des unüberwindlichen kaiserlichen Adlers Auspicien glückhaft die ersten Kriegsdienste nahmst, in diesem Dienste jederzeit das Beispiel besonderer Kriegserfahrenheit und Tapferkeit liefernd, so daß Du bereits vor sechsundzwanzig und mehr Jahren die Bestallung eines Obersten erlangtest (ut iam ante 26 et amplius annos ad Colonelli munus … promoveri merueris), dann allmählich zu weiteren militärischen Aemtern und endlich zu der ansehnlichen Würde selbst eines kaiserlichen Feldmarschalls durch eigenes Verdienst allein emporzusteigen verdientest, im ganzen Verlaufe dieser Zeit aber in häufigen Scharmützeln mit dem Feinde, nicht minder jedoch in höchst blutigen Schlachten, wie es bei wandelbarem Glück Vernunft und der Dinge Beschaffenheit erheischten, mit also großer, rühmlicher Klugheit, Ehrenhaftigkeit und Ausdauer Dich hervorthatest, daß Du des Sieges Palme wieder und wieder tapfer erfochtest und weder das Unglück feindlicher Gefangenschaft noch die Vergießung Deines ehrlichen Blutes den Heldensinn und die Standhaftigkeit des Führers oder dessen Treue zu erschüttern vermochte, indem Du vielmehr zahlreiche Deiner Vertheidigung anvertraute Pässe und Plätze, der Kriegskunst und dem Ansturm der Feinde zum Trotz, uns zu erhalten wußtest, andere wieder, durch die Natur wie durch feindliche Besatzungen stark vertheidigt, den Händen der Gegner mannhaft zu entreißen verstandest.“ … In der That ist in diesen urkundlichen Worten alles zusammengefaßt, was sich vom Standpunkte eines Panegyrikers über die kriegerische Laufbahn Lamboy’s im Allgemeinen berichten ließe.

Noch ein Jahrzehnt genoß L. der Segnungen des Friedens. Auf seine Güter in Böhmen, die er später (1654) um Bielohrad und Dimokur vermehrte, zurückgezogen, schien er jedoch – ein übereifriger Katholik – nur noch eine Lebensaufgabe zu kennen: mit allen Mitteln der Güte und der Gewalt seine protestantischen Unterthanen zur „alleinseligmachenden“ katholischen Kirche zurückzuführen, was er denn auch mit Hülfe von Jesuiten und Dragonern glücklich sehr bald erreichte. Eine im J. 1651 in der Stadt Arnau gegründete ständige „Mission“ des Jesuitenordens sollte allmählich zu einem „Collegium“ erweitert werden, wozu jedoch der von L. gewidmete Stiftungsbetrag von 15 000 Gulden nicht genügte. Da nun der Stifter, ungeachtet seines fanatischen Katholicismus, zu einer Vermehrung des Kapitals durchaus nicht zu bewegen war, sondern im Gegentheil die unnachsichtige Bedingung stellte, daß eine solche Vermehrung, sei [564] es an Geld oder Grundstücken, niemals begehrt werden dürfe, zogen es seine Freunde, die Jesuiten, vor, die Stiftung später gänzlich aufzugeben und Arnau zu verlassen, wo sich an ihrer Stelle die genügsamen Franziscaner habilitirten. – L., vermählt mit Sibylla, geb. Freiin von Boyneburg-Hohenbruck (nicht Beck), starb auf dem Schlosse Dimokur am 12. Decbr. 1659 (nicht 1651) mit Hinterlassung eines unmündigen Sohnes Johann Lambert, der jedoch, vermählt mit Anna Franzisca, geb. Gräfin Martinitz, schon 1669 das Zeitliche segnete. Mit dessen posthumem Sohne Johann Maximilian erlosch am 16. April 1683 das Geschlecht der Grafen L.

Nach Urkunden der k. k. Archive, insbesondere des Kriegs- und des Adelsarchivs, in Wien; sowie nach urkundl. Daten der Grund- und Pfarrgedenkbücher zu Niederöls, Neuschloß und Arnau. – Man vgl. unter Anderen C. A. Schweigerd, Oesterreichs Helden und Heerführer, II, 52 ff.; Chr. v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius, II. Abth., 9. Bd., 592–711.