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Artikel „Kern, Anton“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 630–632, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kern,_Anton&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 17:13 Uhr UTC)
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Kern: Anton K., Maler, geb. zu Tetschen in Böhmen 1710, † 1747 zu Dresden, zeigte einen derart ursprünglichen Malertrieb, daß er, kaum zum Gebrauche seiner Hände gelangt, seinem Vater, einem biederen Syndicus, schweren Verdruß machte durch das leidenschaftliche Bekritzeln jedweden erreichbaren Papieres, der Wände, Tische etc. Ihn davon abzubringen, wurde der kaum neunjährige Knabe zu strengerer Zucht in die Lateinschule der Jesuiten in Mariaschein gethan – wo man jedoch die gleiche Noth mit ihm hatte. Denn auch dort kamen allerend jene unliebsamen Talentausbrüche zum Vorschein, und erhielten erst Würdigung nachdem im Laufe des dritten Schuljahrs, zufällig der Hofmaler Friedrich August des Starken, Laurentio Rossi, das Jesuitenhaus besuchte und bemerkte, es stecke etwas mehr wie bloßer Muthwille hinter den vielgetadelten Phantasieergüssen des geistesregen kleinen Latinisten. Dabei rasch entschieden über die Bestimmung des in seinem ganzen Wesen liebenswürdigen Knaben, erwirkte Rossi auch sofort dessen Freigebung aus dem genannten Hause, um ihn nach Dresden mitnehmen zu können. Dort unter seiner Leitung bald zur geregelten Entwickelung des innewohnenden Genius gebracht, galt es fürder nur noch, den über der Frühreife des Geistes zurückgebliebenen Körperkräften entsprechende Nachhilfe angedeihen zu lassen. In Beachtung des Rathes der Aerzte unternahm also Rossi des lieben Schülers wegen eine Reise nach dem Süden, um ihn schließlich bei dem befreundeten Maler Giovanni Pittoni in Venedig auf unbestimmt zu hinterlassen. K. verbrachte daselbst sieben Jahre, in welcher Zeit er sich körperlich gekräftigt, zugleich zum virtuosen Maler herangebildet hatte. Hierauf nach Dresden zurückgekehrt, mochte wol auch ein, wie es scheint, längerer Besuch der Heimath nächste Folge davon gewesen sein. Dafür sprechen eine Anzahl von Bildern in der Nähe von Tetschen, wie in Prag. Von ersteren die in der Kirche von Rosawitz befindlichen Altargemälde: St. Johann Nep., St. Joseph und St. Barbara; eine Trinität in der zu Graupen: ein St. Johann Evang. im Stift Ossegg. Den Prager Aufenthalt bestätigen wieder die Seitenaltarbilder St. Apollonia und St. Barbara in der Lorettokapelle am Hradschin; ein St. Augustinus in der Gemäldesammlung des Prämonstratenserstiftes Strahow; ferner die seiner Zeit im gräfl. Czernin’schen Hause am Hradschin vorgefundenen Gemälde: „Geburt Christi“, „Anbetung der hl. drei Könige“, „Beschneidung Christi“, „Maria, das Jesuskind in die Wiege legend“, „St. Magdalena vor dem Crucifixus“. In die Gallerie patriotischer Kunstfreunde kam auch eine Darstellung der Trinität, von adorirenden Engeln umgeben. – Die Wiederberufung Kern’s nach Dresden dürfte erst anläßlich der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zur Vermählung der königl. sächsischen Prinzessin Amalie mit dem Könige beider Sicilien, Karl III., erfolgt sein. Sicher gestellt ist, daß ihm aus diesem Anlasse zwei große Transparentbilder [631] aufgetragen wurden. Da inzwischen auch der Bau der neuen katholischen Kirche so weit vorgeschritten war, um an deren innere Ausschmückung denken zu müssen, übertrug ihm der König des weiteren die Entwürfe für die Altar- und Deckengemälde und höchst befriedigt von der geistvollen Lösung dieser Aufgabe, gestattete er ihm nun, sich eine besondere Gnade zu erbitten – bescheiden, erbat er sich die Gestattung einer Reise nach Rom behufs besserer Vorbereitung für die ihm zugedachte umfangreiche Kirchenarbeit und ebenso freudig als freigebig stattete ihn der kunstsinnige Regent für dieses Vorhaben aus. Die Arbeiten der Folgezeit lassen auch deutlich erkennen, daß K. während des jetzigen längeren Aufenthaltes in Mittel- und Unteritalien noch um ein bedeutendes fortschritt, seine Conceptionen an Klarheit, sein Colorit an Kraft gewann. Vorzüge, die namentlich an dem von Rom aus dem Könige zugesendeten Gemälde, den Bethlehemitischen Kindermord darstellend, wahrnehmbar wurden, und auch zur Auszeichnung Kern’s mit dem Titel eines königl. sächsischen Hofmalers führten. Mit allen einem solchen zukommenden Ehren bei seiner Rückkunft – 1741 – empfangen, und fast überhäuft mit Aufträgen, hauptsächlich mit der Ausführung seiner Entwürfe für die neue katholische Kirche, unterbrachen diese mit ganzer Energie aufgenommene Thätigkeit nur allzubald, und in verhängnißvoller Weise, eine Reihe von Zwischenarbeiten aus Anlaß der gleichzeitigen Vermählung der königlichen Prinzessin Marianne mit dem Kurfürsten Maximilian Joseph von Baiern und des königlichen Kurprinzen Friedrich Christian mit Marie Antonie, Tochter Kaiser Karls VII. Die Chronisten heben darunter besonders den prachtvollen allgemein bewunderten Brautwagen hervor, den K. auf das reichlichste und geschmackvollste mit Schildereien versehen hatte. Aber kaum davon zu den übrigen mit jenen Festvorbereitungen verbundenen königlichen Anordnungen übergegangen, stellten sich bei dem rastlos arbeitenden Künstler die heftigsten Herzkrämpfe ein und führten binnen 24 Stunden dessen Ende herbei. – Die Trauer über das frühe Ableben Kern’s, der gerade jetzt vor seiner höchsten Aufgabe stand, theilten alle Gesellschaftskreise der sächsischen Residenz, am schwersten betroffen fühlte sich Friedrich August, welcher die mit größter Vorliebe für K. betriebene Ausschmückung der neuen Kirche nun plötzlich vereitelt sah. Obschon die Skizzen dazu vorlagen, fand sich unter den seither und auch später noch mit dem Hofmalertitel Bekleideten keiner ihrer Ausführung zur Genüge gewachsen. Es kam daher zu einer Zersplitterung, wonach ein Theil an Raphael Mengs überging, andere Theile an Rotari, Tonelli, Sylvester, Hütin, Thiele und Palko abgegeben werden mußten. K. hatte vor allen diesen den Vorzug größerer, in der venetianischen Schulung gewonnener Lebensfrische voraus, die ihn auch stetig wieder antrieb, im Gegensatze zu Mengs, anstatt aus dem schon einmal Gemalten, der unmittelbaren Natur seine Motive zu entnehmen. – Außer den bereits angeführten Werken, weiß Dlabacz noch folgende namhaft zu machen: „Jesus, Maria, Joseph“ – in der Josephinischen Stiftskapelle; „Opferung Christi im Tempel“ – in der Hauskapelle der Prinzessin von Weißenfels; „St. Hubertus in einer schönen Landschaft“ – in der kurfürstl. Hofkapelle; beim Grafen von Brühl: „Alexander bei Diogenes“, „Rachel mit Jakob am Brunnen“, „Rebecca mit Eleazar“, „Hl. Dreifaltigkeit“. „Die schöne Blumenhändlerin“ (von Ther. Roussert gestochen) – im Besitze des Hrn. Heineke, „Vier Jahreszeiten“, gestochen von Zuchi. – Schüler Kern’s waren: Franz Toscani und Karl Melchiori. Ein Porträt Kern’s, gestochen von Joh. Balzer, ist in Pelzel’s „Abbildungen böhmischer und mährischer Gelehrten und Künstler“, zu finden.

Benedict K., jüngerer Bruder des vorigen und sein Schüler, galt als guter Maler und bewährte sich als solcher durch historische und Jagdbilder; seiner Kenntniß alter Meister war auch die Wiederherstellung vieler schadhaften [632] Gemälde der Dresdener kurfürstl. Gallerie zu danken. Auf ihn ging der gesammte Kunstnachlaß seines Bruders über.

Tetschner Archivalien. Dlabacz, Künstlerlexikon für Böhmen.