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Artikel „Guntram“ von Albrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 178–180, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Guntram&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 01:04 Uhr UTC)
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Guntram, ein Sohn König Chlothars I. und der Ingundis, erhielt 561 nach seines Vaters Tode bei der Theilung des Reiches das Reich Burgund mit der Residenz in Orleans, später in Chalons s. S. So war er räumlich zwischen seinem Bruder Sigibert in Austrasien, dem Gemahl der Brunhilde, und [179] seinen Stiefbruder Chilperich, den Gatten der Fredegunde, eingeschoben. Auch in seiner Politik suchte er die Mitte zu halten, schwankte aber statt dessen bald nach der Seite der Fredegunde, bald nach der Brunhildens und gestattet durch seine unsichere Haltung den Großen des Reiches Spielraum genug für ihre Pläne gegen das Merovingergeschlecht. Nur an der Geistlichkeit hat er eifrige Lobredner, weil gerade ihr seine Schwäche sich in Gestalt freigebiger Frömmigkeit zeigte. – Nach dem Tode seines dritten Bruders Charibert 567 empfing er eine beträchtliche Erweiterung seines Besitzes an der unteren Loire und in Aquitanien. Er wurde so Grenznachbar der Briten in der Bretagne und Westgothen in Septimanien. Die Einfälle der ersteren hat er wiederholt abgewehrt, gegen die letzteren focht er ohne bleibenden Erfolg, während der Westgothenkönig Leovigild im eignen Reiche mit seinem Sohn Hermenegild im Kampf lag (585–9). Die Zurückweisung der Langobardeneinfälle überließ er dem Patricius der Provence, Mummolus. – Wichtiger sind seine Beziehungen zu den Brüdern. Da seine Söhne sowol von seiner Gattin Markatrude, wie von seinen Zuhälterinnen Veneranda und Austrechilde in früher Jugend starben, so war Guntrams Freundschaft und Erbschaft ein begehrtes Gut. Den Frieden der drei Brüder sollte ein Vertrag zu Troyes im J. 571 stützen, aber G. gestattete trotzdem nach kaum geschlossenem Vertrage dem Sigibert Durchzug durch burgundisches Gebiet gegen Chilperich und schon das nächste Jahr sah ihn auf Seiten Chilperichs gegen Sigibert stehen. Er wechselte nochmals die Partei und war im Todesjahr des Sigibert 575 dessen Verbündeter. Der Tod Sigiberts bewirkte auch für G. den Frieden mit Chilperich. Der Friede dauerte nicht lange; denn als G. die bisher mit Sigibert gemeinsam besessene Stadt Marseille für sich allein nahm und darüber mit Sigiberts Sohne Childebert in Streit gerieth (581), benutzte Chilperich dies zu einem Einfalle in Guntrams Land und nahm ihm mehrere Städte ab, wurde aber vor Melun zum Rückzuge gezwungen. Von da ab stellte sich G. auf Seite der Brunhilde und ihres Sohnes Childebert II., den er auf einer Zusammenkunft zu Pont-Pierre an der Maas als Sohn und Erben annahm, nachdem er ihm den streitigen Antheil an Marseille zurückerstattet hatte. Dennoch hütete er sich vor seinem Neffen Childebert mit eifersüchtigem Argwohn und engere Verbindung mit demselben ward erst geschlossen, als 582 der Thronprätendent Gundobald, wahrscheinlich ein außerehelicher Sohn Chlothar I., ein Werkzeug des Herzogs Guntram-Boso und der ihm gleichgesinnten Großen, im Reiche Anhang fand. Derselbe gewann bald solche Bedeutung, daß sowol Brunhilde wie Fredegunde sich um seine Freundschaft bewarben. Gerade damals schloß sich G. zu Chalons s. S. enger an Childebert an, den er zugleich vor den Plänen seiner Mutter warnte. Gundobald ward in Cominges getödtet. Eine neue Verwicklung trat ein, als 584 Chilperich ermordet wurde. G., jetzt der einzig überlebende unter den Söhnen Chlothar I., wurde von der Wittwe Fredegunde zum Schutz ihres Söhnchens Chlothar angerufen, den er in Paris aus der Taufe heben sollte. Allerdings wehrte G. den herbeieilenden Childebert von Paris ab und wurde (erst 591) Chlothars Taufpate, aber das hinderte ihn nicht, längere Zeit die Legitimität des Kindes anzuzweifeln und zu eigenem Besitz Paris und alles das aus Chilperichs Erbschaft zu nehmen, was einst Chariberts Antheil gewesen war. Die Verbindung Guntrams mit Fredegunde lockerte sich vielleicht schon dadurch, jedenfalls sehen wir schon 586 den Beppolenus von Fredegunde abfallend zu G. übergehen und 587 war G. bereits wieder der Bundesgenosse der Brunhilde; mit ihr und ihrem Sohne Childebert schloß er (28. November 587) den Vertrag von Andelot, welcher ihm Paris, Limousin, die Beauce und Brie, das Bourdelais, Béarn und Bigorre sicherte zu dem, was er in Aquitanien nach Chilperichs Tode an sich gerissen hatte. Zugleich [180] ward dem Childebert II. wiederholt die Nachfolge in Guntram’s Reiche zugesichert mit Ausnahme weniger Städte, welche Chlothar II. erhalten sollte. Vermittelnd trat nach dieser Zeit G. auf zwischen Childebert und dem Langobardenkönig Autharis, wiederholt kämpfte er gegen Bretonen und Westgothen, jetzt gegen deren König Reccared, den Verlobten von Chilperichs Tochter Rigundis, wiederholt hatte er den Abfall der Großen niederzuhalten (Rauching, Mummolus), bis er im J. 593 starb, ein rechter Vertreter der unzuverlässigen, habgierigen und in der Wahl ihrer Mittel wenig bedenklichen Merovinger.