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Artikel „Güntzer, Christoph“ von Ludwig Spach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 180–181, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%BCntzer,_Christoph&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 00:00 Uhr UTC)
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Güntzer: Christoph G., Kanzler und Syndicus der Stadt Straßburg, geboren den 11. December 1633, gestorben den 11. December 1695. Seine Herkunft ist keineswegs ausgezeichnet; sein Vater war Assessor im Rathe der Handwerkerzünfte, wurde aber aus triftigen Ursachen entlassen. Sein älterer Bruder wurde der Falschmünzerei beschuldigt, flüchtete auf das rechte Rheinufer, wurde ausgeliefert, und ertränkte sich beim Uebersetzen über den Fluß. Christoph G., der jüngere Bruder, hatte in seiner Jugend die Gunst der Edlen von Bernhold und Zorn von Plobsheim genossen, erwies sich jedoch gegen die einen und die andern sehr undankbar, wußte sogar durch Urkundenfälschung, so hieß es, die Zorn’sche Wittwe aus ihrem Eigenthum zu Plobsheim zu vertreiben. Seine genaue Kenntniß der französischen Sprache, seine Stellung als Secretär der Kammer der XIII (das Auswärtige) verschafften ihm die Gelegenheit in den zehn Jahren vor der Uebergabe der Stadt, mit den höheren französischen Beamten und Feldherren, u. a. mit Vaubrun, Turenne, Duc de Luxembourg, Monclar zu verkehren und unterhandeln. So war er bereits a. 1671 in Paris mit Louvois bekannt geworden. Die Beschuldigung, auf dieser Reise von Ludwigs des XIV. Regierung bestochen worden zu sein, lastete von diesem Augenblicke auf ihm. Coste (s. unten) bestimmt sogar dies Quotum der Anweisungen, die er auf die Domänen der Stadt erhielt (35,000 fr.), – dagegen erhebt sich Reuß (s. unten) in seiner gewissenhaften Ausgabe des Memoriales von Baumeister Reißeissen, er verschweigt zwar die Mißachtung nicht, worin G. unter seinen Mitbürgern stand; aber ist überzeugt, daß „die Bestechung in den damaligen Umständen durchaus unnöthig gewesen wäre“. – Daß jedoch G. für Frankreich günstig gestimmt war, erhellt zuvörderst aus der Anerkennung seiner Dienste, die ihm gleich nach der Uebergabe der Stadt, wobei er sich bethätigte, zu Theil ward. Bereits am 9. November 1681 erfolgte seine Einsetzung als königlicher Syndicus und Kanzler, in Gegenwart des Intendanten de la Grange und des Generallieutenants de Chamilly, Gouverneurs der Stadt; darüber besteht ein Verbalproceß. – In seiner Correspondenz mit Louvois dagegen sucht G. eher zu beschwichtigen und seine Mitbürger gegen vorgefaßte Urtheile und strenge Maßregeln des allmächtigen Ministers zu vertheidigen; so z. B. erlangte er die Nichtauslieferung der Privatwaffen der Einwohner. – Zur katholischen Religion trat er sehr bald über; nur konnte er seine Gattin nicht sogleich zu diesem, in Straßburg verpönten Schritte bewegen, und erhielt deshalb von seinen Obern die heftigsten Vorwürfe. Er hielt als Convertit gleichen Schritt mit seinem Freunde Prof. Obrecht (s. d. Art.), dem nachmaligen königlichen Prätor, der sich indeß nur von Bossuet bekehren ließ (!). Mit einem Theil der glaubensfesten Familie Dietrich (s. d. Art.) befand er sich dagegen, selbstverständlich, auf gespanntem Fuße. – Der Vorwurf, eine goldene Kette von der k. Regierung empfangen zu haben, war im Grunde nach allem Vorhergegangenem, eine kindische Anklage; ein derartiges Geschenk war das Aequivalent einer heutigen Ordensverleihung. Zur Verbreitung der Staatsreligion trug er das Seinige bei. So wird er a. 1686 von Louvois sehr belobt nach einer Absetzung lutherischer Civilbeamten in den städtischen Aemtern von Waßlenheim und [181] Marlenheim. – Sein böser Ruf in der großen Capitulationsfrage wird ihm, auch nach der theilweisen von Reuß unternommenen Rehabilitation, nicht ganz von den Schultern abgenommen; zu seinen Gunsten sprechen nur die zwingenden Umstände in der damaligen politischen Sachlage. – Nach seinem, den 11. December 1695 erfolgten Ableben wurde er, nach den Einen in der Magdalenenkirche, nach Andern in Plobsheim beigesetzt. – Zu bemerken wäre noch, als Curiosum, daß sein letzter Nachkomme a. 1851 als französischer Forstinspector zu Saargemünd starb.

Vgl. Réunion de Strasbourg à la France, documents pour la plupart inédits, réunis par M. Coste, Avocat, Strasbourg 1841, in 8°, chez Heitz. Das ganze Werkchen ist zu beachten. – Straßburger Chronik von 1667–1710. Memorial des Baumeisters Franciscus Reißeissen, herauss gegeben von Rudolf Reuß, Straßburg 1877, in 8°, passim. – Die Hauptnachweise sind angegeben p. 212, col. I. Die Angaben bei Strobel sind ganz unbedeutend.