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Artikel „Gallinarius, Johannes“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 336–338, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gallinarius,_Johannes&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 16:36 Uhr UTC)
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Gallinarius: Johannes G. (Henlin), Humanist, zu Ende des 15. und im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Um das Jahr 1475 zu Heidelberg, nach anderen zu Durlach (B. Rhenanus Germania lib. III. Budoris, unter „Budoris“ bezeichnete man damals und so Trithemius immer, sowol Heidelberg als auch Durlach) geboren – näheres über sein Geburts- und Todesjahr läßt sich nicht ermitteln – und ein Verwandter, Schüler und Freund Wimpfeling’s, erhielt er seine wissenschaftliche Vorbildung auf den Schulen Heidelbergs und wurde an deren Universität unter dem zweiten Rectorate des Marcus Wendalinus de Husen als „Joannes Henlin de heydelberga Wormac. dioecesis, prima die aprilis 1495“ immatrikulirt. Hier erlangte er auch die Würde eines Magisters und lebte und lehrte daselbst, wie es scheint, bis zum J. 1508, nachdem er schon in Heidelberg nach der Sitte der damaligen Zeit seinen Familiennamen „Henlin“ (Hänlein) in Gallinarius latinisirt hatte. Im J. 1509 finden wir ihn zu Köln, in deren Universitäts-Matrikel er unter dem letzten Juni 1509 als „dominus et magister Joannes gallinarius de heidelberga ad Jura juravit et solvit“ verzeichnet steht. Von Köln aus widmete er als „Magister der freien Künste“ am 10. Januar 1509 seine Uebersetzung des Palinurus von Lukianus (Weller, Repert. typogr. S. 84) der Sibylla, geb. Markgräfin von Baden und [337] Gräfin zu Hanau und Lichtenberg, und befand sich daselbst noch (ob als Lehrer der Hochschule, ist mir unbekannt) im J. 1512 (Erhard, Geschichte der Wiederherst. d. Wissensch. III., S. 328). Bald darauf erhielt er eine Lehrerstelle zu Schlettstadt i. E., wo er mehrere Jahre lang mit großem Ruhme Grammatik und Rhetorik unterrichtete, und war dann (1516) Prediger zu Breisach (Röhrich, Gesch. d. Reform. im Elsaß, I, S. 85), in welcher Eigenschaft er wahrscheinlich auch daselbst gestorben ist. – Ein sehr gelehrter Mann (W. Pirkheimer bei Böcking, Hutteni Op. I. p. 15316) und ein eifriger Anhänger der humanistischen Bestrebungen jener Zeit (Hutteni Opp. III. p. 78), stand er bei seinen gleichgesinnten Zeitgenossen wie Joh. Zasius, Jac. Sturm (Philesius (Ringmann) in Wimpfeling’s Epistola excusatoria ad Suevos) u. a. in großem Ansehen, und Thomas Wolffius der jüngere widmete ihm 1505 Wimpfeling’s Buch „De integritate“, dessen zweite Ausgabe (1506. XI. Kalendas Nouembris) Gallinarius selbst durch ein lateinisches Gedicht, so wie schon früher Wimpfeling’s Comödie Stylpho, in welcher derselbe die Unwissenheit der Geistlichen mit Spott und Satire gegeißelt hatte, mit einem dedicatorischen Briefe versehen, empfohlen hatte. Längere Stellen aus seinen Gedichten hat auch der Ulmer Buchdrucker Ludwig Hohenwang seiner Ausgabe der beiden quodlibetarischen Scherzreden des Jacob Hartlieb aus Landau und des Paulus Olearius von Heidelberg (vergl. diese) um das J. 1500 beigefügt. Einzelne seiner Gedichte stehen auch in Wimpfeling’s Germania, wo er denselben ausdrücklich als seinen „praeceptor“ und sich selbst „Jo. Gallinarius H.“ (also Heidelbergensis) nennt, in dessen Annuntiatio angelica (Straßb. Joh. Prüß, 1501, 4), vor des Phil. Beroaldus declamatio de tribus fratribus, sowie in mehreren anderen, damals gedruckten lateinischen Schriften seiner Freunde. Ebenso findet sich ein Brief von ihm aus dem J. 1503 in des Bapt. Mantuanus Bucolica, Argent. 1503, 4, und ein anderer vor der Oratio in laudem civit. Heidelberg. s. a. 4 des Pet. Ant. de Clapis. Außerdem besorgte er wiederholt seit 1502 die Ausgaben der „Adolescentia“ des Wimpfeling und vermehrte sie nicht nur sämmtlich mit anderweitigen Zuthaten („cum novis quibusdam additionibus per Gallinarium“), sondern auch mit eigenen lat. Distichen. Indessen findet sich jedesmal der ursprüngliche Inhalt der ersten Ausgabe (1500) wiedergegeben, nur daß allenthalben mehrere Abschnitte in einen vereinigt sind. Vergl. insbesondere über die Ausgaben 1511 und 1515 A. Asher Catal. XCI 524 und XCIII, 591, beide Exempl. aus der Bibliothek der Brüder Grimm, jetzt in der k. Bibliothek zu Berlin. Ueber sein Wirken endlich als Lehrer schreibt Wolffius „Tu aliquot iam annis hic apud Tribotes (Sletstadii) in diui Petri templo Grammaticam, Rhetoricam et id genus alias disciplinas non sine laude docuisti: quotidie tradens praecepta eloquentiae.“ (Vergl. Th. Sincerus, Neue Nachrichten von lauter alten Büchern, I. S. 23.) – Mit Johannes Gallinarius ist nicht zu verwechseln Eucharius Gallinarius, über dessen Leben jedoch sich nur sehr spärliche Nachrichten finden, wie auch sein Geburts- und Todesjahr unbekannt sind. Gebürtig aus Bretten in der Kurpfalz und wahrscheinlich ein Bruder oder Verwandter des vorigen, sowie gleichfalls ein Schüler und Freund Wimpfeling’s, war er Canonicus zu Speyer und betheiligte sich für letzteren in dem Streite „De Germania“ gegen Murner. Sein Studium muß er indessen, obgleich ein Kurpfälzer und nicht weit von Heidelberg geboren, nicht auf dieser Universität betrieben haben, denn er findet sich in deren Matrikel weder unter dem Namen Gallinarius, noch als „Henner“ oder „Haner“, oder „Henlin“ oder „Henel“, oder einem ähnlichen eingetragen. Uebrigens ist er wahrscheinlich (Epist. O. V. 27312. Böcking) jener „alius doctor, qui fuit artista de via modernorum, et cum aliis in hospitio coronae (Wirthshaus [338] zur Krone) Moguntiae Magistris nostris et fratribus de ordine praedicatorum faciebat summas nequitias“ (Hänseleien und Grobheiten). Nach Trithemius (Opp. Francofurti. 1601. Fol. P. II. pag. 483 ff.) bestand zwischen diesem und dem Eucharius G. „Nemetensis“ (Spirensis) im J. 1505, und später ein Briefwechsel, der bis jetzt nicht aufgefunden ist. – Ein Speyrer Drucker um 1480, Eucherius G.“, dessen sonst bei keinem Literaturhistoriker Erwähnung geschieht, begegnet in den Supplementen zu Maittaire’s typograph. Annalen von M. Denis (Wien 1789. I. S. 126) als unter einer Speyrer Ausgabe des Stylpho von Wimpfeling befindlich. Der Vorname scheint lediglich auf einem Satz- oder Druckfehler anstatt Eucharius zu beruhen, welcher Name vermuthlich auf dem Titel des Druckes (der mir nicht zugänglich war) gleichfalls vorkommt, und dessen Träger allerdings „ex Spiris ad Bertholdum Kyrsmannum de Horb; philosphiae magistrum, Stylphonem transmisit“ und dem Buche blos einen empfehlenden Brief hatte vorandrucken lassen.

Vergl. außerdem über beide Gallinarius Riegger, Amoen. Friburg. p. 255, 183, 215, und dessen Zasius, p. 391. – Böcking, Hutteni Opp. Supplem. II. p. 366, 765. – Wiskowatoff, Jak. Wimpfeling (Berlin, 1867) S. 39.