ADB:Hartlieb, Jacob
Maximilian I. auf dem Reichstage zu Worms 1499 neu ausgestellten Adelsbrief bestätigen lassen. In der Heidelberger Matrikel findet sich wenige Jahre später (15. Nov. 1500) auch ein „Joannes Hartlieb de landaw Spir. dioec.“ eingetragen. Da aber für die ersten hundert Jahre in der Genealogie des Landauer Hartlieb’schen Geschlechtes außer dem Stammvater nur zwei „Johannes“ (oder Hanß) begegnen, so ist es fraglich, ob unter diesem der Bruder unseres Redners oder gar der eigene Sohn „Johannes“, der jedoch erst im J. 1485 geboren wurde, zu verstehen sei. Gegenwärtig ist dieser wie auch der Name „Walsporn“ in der Stadt Landau sowol als auch in Neustadt an der Haardt und deren beider Umgegend gänzlich erloschen, der erstere jedoch als bürgerlicher Name litterärisch bis in die neueren Zeiten herab fast in allen Theilen Deutschlands und Oesterreichs und als adeliger auch in Baiern vertreten. Hartlieb’s Rede gehört zu jenen ergötzlichen akademischen Scherzreden oder Quaestiones fabulosae seu facetosae (vgl. d. Art. Jodocus Gallus und Barthol. Gribus,) die, bis in die neuere Zeit herab nur als pseudonyme Pamphlete betrachtet, zu ihrer Zeit öffentlich vorgetragen wurden und das Universitäts- wie Culturleben in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wie wenige andere Aeußerungen auf eine drastische und anziehende Weise zu charakterisiren [670] geeignet sind und gerade Hartlieb’s Schrift gehört ihres culturhistorischen Inhalts wegen zu den interessantesten ihrer Art. Sie führt den Titel: „De fide meretricum in suos amatores“ und wurde unter dem Präsidium des Rectors Joh. Hilt von Rotweil zu Heidelberg und vermuthlich im J. 1500 gehalten. Daß sie nicht über 1499 zurückgesetzt werden kann, geht aus einem in sie aufgenommenen Briefe hervor, der vom Ende Februar 1499 datirt ist und den jüngsten Termin gewährt ein Brief des Crato von Udenheim (jetzt Philippsburg am Rhein), Rectors der Schule zu Schlettstadt, der am Ende des August 1501 geschrieben ist. Dieser Brief, zugleich das Vorwort der Rede, bezeichnet uns zugleich auf treffende Weise die Tendenz derselben. Wenn der eine Theil derselben (ihr geht nämlich eine ähnliche „De fide concubinarum in sacerdotes“ von Paul Olearius voran, vgl. den Art.) allerdings gegen die Hurenbuben unter den Pfaffen gerichtet ist, so war dies doch keineswegs der Hauptzweck der Herausgabe des Ganzen. Vielmehr die Warnung der studirenden Jugend vor den Lastern der Zeit, der Aufruf zu sittlicher Kräftigung ist der Hauptton, der durch die Rede Hartlieb’s durchklingt, es ist zugleich die Hauptfarbe der lebensvollen Bilder dieser beiden Schriften, in denen bald die moralische Erbärmlichkeit derer, die das Salz der Erde sein sollen, dem Abscheu und der Verachtung, bald ihre geistige Hohlheit und unglaubliche Ignoranz dem Hohn und Gelächter, nicht selten in der derben Weise jener Zeit, preis gegeben wird. Unter allen uns überlieferten Scherzreden wurde gerade diejenige Hartlieb’s, wozu wol auch Titel und Inhalt verlockten, am meisten wieder gedruckt, und es sind bis jetzt 21 Ausgaben, theils allein, theils in Verbindung mit der des P. Olearius, theils mit den Epist. obsc. viror. und den Generibus ebriosorum sowie anderen Schwankbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts nachweisbar. Die Editio pr. und zwei folgende erschienen o. O. u. J. (seit 1501) durch Ludwig Hohenwang in Ulm (vgl. d. Art.) mit vortrefflichen Holzschnitten, die noch weit mehr sehen als der Text hören lassen. Die späteren Nachdrücke sind vielfach durch Zuthaten erweitert und wie die Ausgabe bei Hupfuff in Straßburg 1506 auch mit Schelmenliedern versehen, wie z. B. „Pertransivit clericus, Durch einen grünen Waldt …“ („Im thon: Es wolt ein meytlin spatzieren gan, spatzieren vber den brunnen“). Die jüngste Ausgabe der Rede wurde durch Zarncke in dessen deutsche Universit. im Mittelalter S. 67 ff. besorgt. Eine neue Ausgabe sämmtlicher auf uns gekommener quodlibetarischer Scherzreden nach den Originaldrucken mit Commentar nebst einigen in Form und Geist denselben sich anschließenden latein. Dissertationen späterer Zeit ist durch den Unterzeichneten vorbereitet.
Hartlieb: Jacob H. (Hartliep), Verfasser einer quodlibetarischen Scherzrede zu Anfang des 16. Jahrhunderts, aus Landau in der Pfalz, daher „Landoiensis“. Die einzige, bis jetzt unbenützte Quelle, welche zuverlässige und wenn auch nicht erschöpfende so doch genügende Auskunft über das äußere Leben des Mannes und seine alte Familie gewährt, ist ein Codex der königl. Staatsbibliothek zu München (Cod. germ. 4970. 1. 8 Bl. 8). Diese Nachrichten würden sich ohne Zweifel vervollständigt haben, wären nicht während der Occupation Landau’s durch die Franzosen (1680–1815) durch deren Schuld alle Tauf- und Ehebücher dieser Stadt vor 1564 und ebenso die Rathsprotocolle vor März 1529 bis October 1541 sowie alle Todtenbücher vor 1685 zu Grunde gegangen. Der genannte Codex, von drei verschiedenen Händen des 16. und aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts geschrieben und mit der Ueberschrift versehen: „Hartliebischer Ankunfft von ao. 1420“ berichtet, daß „Hanß Hartlieb, gebürtig von der Neustadt uf der Hart am Rhein der Churpfalz gehörig (auch wiederholt erwähnt als „Hanß Hartliep schultheiß“ unter der Burgmannschaft Landau’s in dem lib. feud. Reinh. episc. I, 1 [1439–1456; im Karlsr. Archiv])“ sich mit „Agnes Walspornin“ zu Landau verheirathet habe, weshalb alle seine Nachkommen „sich nicht allein Hartlieb nennen, sondern auch Walsporn, „weils so am Rheinstrom vil vnd gebrauch ist.“ „Jakob H.“ aber, der Enkel des Stammvaters und Verfasser der Scherzrede, „genannt Walsporn“, berichtet der erwähnte Codex des weiteren, „hat sich zu Heidelberg, als er daselbst studirt, mit Elisabetha Cleinheimerrin verheirathet, deren Vatter zu Moßbach gesessen … nach deren absterben hat sich Jacob H. gen Heidelberg begeben. Er hat mit besagter seiner Fraw 15 Kinder, nemlich 8 Sohn und 7 Tochteren erzeugt. Dieser Jacob H. ist zu Landau Schultheiß gewest vnd allda den 8. Febr. 1504 gestorben.“ In der Heidelberger Matrikel ist derselbe als „Jacobus Hartliep de landow spirens. dioec.“ unterm 23. August 1493 eingetragen (gef. Mittheil. des Herrn Biblioth. Dr. Bender daselbst). Obgleich von Adel, weigerte sich doch unser H., so lang er lebte, sich desselben zu bedienen, weil sein Bruder Hanß „das althergebrachte Walsporn’sche Wappen verändert und sich des alten hergebrachten nicht genügt habe“; diese Aenderung hatte Hans durch einen für sich und Jacob so wie ihre beiden Erben durch Kaiser