Über das Transito-Commerz auf dem Main, oder Gedanken über eine Mainschiffer-Rechnung

Textdaten
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Autor: Anonym
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Titel: Über das Transito-Commerz auf dem Main, oder Gedanken über eine Mainschiffer-Rechnung
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 3, S. 41–69
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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II.
Über das Transito-Commerz auf dem Main, oder Gedanken über eine Mainschiffer-Rechnung.
Ich wandelte am südlichen Ufer des Mainstroms, beobachtete dessen hier und da willkürlich schädlichen Gang, und die von den| Zollherrschaften unbesorgten Versandungen, that Wünsche für den mühseligen Schifferstand, und trat plötzlich auf Papiere. Ich hob sie auf, sah sie durch, und staunte, als ich das Summarium las. Betäubt verfolgte ich meinen Weg, und erst nach einigen Tagen nahm ich die indessen mir schätzbar gewordenen Papiere wieder in die Hand. Ich fand auf dem ersten Blatte: Rechnung über eine Bergreise von – – – 1790, und dann auf den folgenden Blättern alle auch die kleinsten Ausgaben von Mainz bis Kitzingen specificirt; am Ende die Einnahme des Frachtlohns von 2300 Centner, und eine Bilanz. Der Name des Schiffers, den ich an gehörigen Orten zu nennen gar kein Bedenken trage, ward mir Bürge für die Ächtheit und Redlichkeit der Rechnung. Nun las ich die Rechnung mit aller Bedachtsamkeit, rechnete nach, und harrte, da ich die Bilanz vor mir hatte. – Wie, die väterlich gütigen Regenten Frankens sollten gegen den Nutzen oder Schaden ihres Commerzes gleichgültig seyn, sollten so viele Familien unbekümmert ins Verderben fahren lassen können; sollten nicht wissen, daß sie noch obendrein ihre eigenen Einkünfte zur Verarmung| ihrer getreuen Unterthanen hergäben! Nein! ihre Vaterliebe ist zu groß... ihre Herzensgüte zu sehr bewiesen. – Aber sie wissen nicht alle Bedrückungen der Unterthanen; derselben Laue und Verdienst ist ihnen unbekannt. Neid, Bosheit, Eigennutz, Stolz, Unwissenheit, Eigensinn halten die Wahrheit gar zu oft von ihrem Throne zurück; lassen dieselbe oft sogar nicht einmahl in die Studirzimmer ihrer getreuen Räthe kommen. Dieses sagte ich zu mir selbst; las nochmahls jedes Wort, jede Zeile und jedes Blatt; fing wieder von vorne an, und so vielleicht mehr, als zehnmahl. Ich stieß auf manchen mir damahls noch unerklärbaren oder unbewußten Gegenstand, über den ich erst Erläuterung suchen mußte, um die Ursache der mißlichen Bilanz zu ergründen, oder doch genauer zu kennen. Vaterlandsliebe war die Triebfeder meines Forschens und Denkens, und ist die Ursache, daß ich meine Gedanken durch die Publicität meinen Mitbürgern und Zeitgenossen bekannt mache.
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 Unter ihnen werde ich Männer finden, deren Einsichten mehr Gewicht bey ihren Regenten haben, und deren Patriotismus wirksamer| seyn kann, als der meinige. Sie werden sich bemühen, die Nahrungsbedrückungen ihrer Mitbürger zu mindern, und, so viel möglich, ganz zu vernichten: sie werden sich mit anhaltendem Muthe beeifern, den rechtmässigen Nutzen des Mainstromes ihrem Vaterlande wieder zu verschaffen, und demselben diese Wohlthat des Himmels und der Natur wieder vortheilhaft machen. Ich will mich dann freuen, daß auch ich ein Schärflein zum allgemeinen Wohl geben konnte, und diese Freude meinen Lohn seyn lassen.

 Daß ich der folgenden Rechnung eine gedrängtere Gestalt gegeben, und die bekanntern Auslagen summarisch angezeigt, muß ich noch erinnern, um dem Verfasser derselben nichts Unwahres aufzubürden.

| | Die ganze Schiffsladung betrug 2300 Centner. Nach vorstehender Rechnung kostete also dem Schiffer jeder Centner
51/4 kr. in Mainz für Kost und Lohn des bey der Schifferey seit 1/4 Jahr gelassenen Knechtes, dann für Einladungskosten, Waag und Kranen, Schiffsvisitationsgelder und Douceurs an die Bedienten
81/2 kr. für Zoll auf 9 Meinz. Zöllen, wovon der Seeligenstädter aber nur zur Weichselzeit im Junii und Julii gegeben wird; und für Accidenzien auf den 2 Rheinzöllen, oder Mainz und Höchst.
101/4 kr. für Reiseauslagen, die in den Kurmainzischen Ortschaften, durch oder an welchen vorbey die Fahrt ging, verzehret wurden.
24 kr. per Centner oder fl. 920 – blieben also in den Kurmainz. Landen für Zölle, Zehrung, Pferdslohn und Futter von dieser Schiffahrt.
 In Frankfurt, Hanau, Wertheim, Kloster Neustadt und Langen Prozelten mußte der Centner geben
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61/2 kr. (beynahe) für Zölle und Accidenzien, und
6 kr. per Centner trifft es für Zehrung etc. in diesen Orten.
271/2 kr. also für 5 fremde Mitzollherrschaften.
21/2 kr. für die Hanauischen Reiter. Der Fremden Pferd-Lohn gehören noch hieher, wo dann
15 kr. per Centner oder fl. 575 in fernere fremdherrische Länder durch eines Fränkischen Schiffers Sorge und Arbeit gebracht wurden.

In Freudenburg und übrigen Wirzburgischen Zollstätten mit Wirzburg zahlte der Centner

31/4 kr. weil man auf selben die fatale Reise des Schiffers erkannte, und menschlicher dachte, überhaupt aber gegen den Schiffer billig handelte.
73/4 kr. per Centner kommen für Knechtlohn und andere im Lande ausgegebene Kosten.
111/2 kr. per Centner oder fl. 423 kr. 35 brachte diese Reise oder Fahrt eines Schiffers im Hochstift Wirzburg bis dahin in Umlauf, und
501/2 kr. für jeden Centner seiner Ladung mußte
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derselbe bis Wirzburg ins Lagerhaus baar auslegen.
 Von Wirzburg bis nach Kitzingen, wohin der Schiffer aber nur wenige Güter brachte, hatte er
3/4 kr. auf jeden Centner Zoll und Accidenzien für Ochsenfurt, Marktbreit und Kitzingen, und dann
3 kr. auf den Centner für Knecht und Pferdt auszulegen.
33/4 kr. per Centner also mehr von Wirzburg bis Kitzingen und überhaupt für den Centn.
541/4 kr. bis dahin von Mainz aus. Auch bey einer mehrern oder vollen Last würde die nämliche Summe bis Kitzingen bestehen, indem die Aufenthalts- und sonstige Nebenkosten den Zoll in Kitzingen gewiß bestreiten können.
 In Allem hätte nun das Hochstift Wirzburg von dieser Schiffer-Reise per Centner 121/2 kr. oder fl. 461 kr. 55 inne behalten; folglich von seinem Einwohner und Burger um fl. 458 kr. 5 weniger als Kurmainz, und um fl. 113 kr. 5 weniger als die Reichsstadt Frankfurt etc. erhalten, obgleich dasselbe 7 bis 8 Zollstätte,| und ein merkliches Terrain für den Durchzug und Aufenthalt der Schiffer hat.

 Hier ist das Resultat dessen, was ich auf meine Fragen bey Sachverständigen hierüber erforscht habe.

 Unsere ältern Schiffer wurden meistens reiche Leute, aber mit unsern jüngern gehet es nicht vor sich. Kurmainz und die andern Zollherrschaften können also vor 20 Jahren etwa nicht so hoch verzollet haben, wie dermahlen? Nein! Vor 1768, wo das Haus Onolzbach einen besondern, und das Hochstift Wirzburg ebenfalls, aber später, einen besondern Vertrag zu mehrerer Emporbringung des Main-Transito-Commerzes mit Kurmainz schloßen, und zur sicherern Bewirkung desselben ersterer merkliche Nachlässe des Landzolls, und letzteres eben so merkliche des Wasser- und Landzolls anbot, und wirklich gab: vor diesem 1768 Jahre konnte der Mainschiffer den Centner Frachtgut mit 7 Kr. durch alle Mainzischen Zollstätten führen, und zugleich die Einladungskosten in Mainz damit bestreiten: denn an Douceurs oder Schmiralien für die Bedienten wurde damahls nicht gedacht, obschon der Mainschiffer niemahls ganz unerkänntlich gegen diese war. Nach dem| Abschluß mit Onolzbach und Wirzburg fingen die Kurmainzische Zöllner in Mainz und Höchst zuerst an, und nachher auch jene in Steinheim etc. bis Lohr, diese aber wegen Aufhebung der sonst gewöhnlichen Accidenzien, höhere Abgaben von den beladenen Mainschiffen zu fordern, und zwar so, daß bis 1772 der Centner schon bey 9 kr. im Kurmainzischen für Ladungskosten und Zölle lassen mußte. Von dieser Epoche an ging es alle Jahre höher, und seit etwa 8 Jahren kamen zu den Zollsteigerungen auch die Ladungs-Douceurs der Bedienten; und so stiegen die im Kurmainzischen von den Mainschiffs-Ladungen bleibenden Zölle und andere Ausgaben bis auf 22-24 Kr. und oft oder bald im Allgemeinen, auch auf 25 kr. per Centner. Die Douceurs der Spediteursbedienten, die 3 kr. per Centner für etwa 4 Jahren im Durchschnitt auf alle Mainschiffer betragen; (denn es sind noch einige, denen jene gewisser Ursachen wegen mehr nachsehen,) sollen auf folgende Art entstanden seyn. In Wirzburg, wovon seit den 1740ger Jahren zu Kitzingen eine Rangfahrt für Mainzer Berg-| und Thalgüter eingerichtet war, wurden bogenlange schriftliche Beweise gemacht, daß das Commerz durch jeden Zwang gehindert würde; daß dieser Rangzwang gerade der neuen Niederlage in Wirzburg am schädlichsten wäre, und der Zug der Transito-Güter auf dem Main noch dreymahl stärker werden könnte. Natürlicherweise gab man gegen diesen scheinbaren (aber falsch erwiesenen, wie die in Amsterdam voriges Jahr errichtete Rangfahrt nach Cöln dagegen behaupten mag) Vorstellungen in Wirzburg nach, und so ward zum Ruin des Mainschiffers ein weites Feld der Beutelfegerey dem Mainzer Bedienten eröffnet, und die für das Vermögen der Mainschiffer sichernde Rangfahrt bald zerstöret.
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 Die Reichsstadt Frankfurt steigerte, wie Mainz, auch bald ihre Zollforderungen. Was sonst für 20 fl. vorbeyging, mußte 60 fl. zahlen, und nach dem 1763ger Jahre wurde sogar der 10 fl. Fuß auch für diese Abgabe eingeführet. Hanau machte alles dieses nach, und seit 1784 oder 85 sind die Zollabgaben daselbst noch etwas höher geworden. Ja dem Schiffer, der zu Thal seinen zur Bergfahrt nöthigen| Futterhaber mitnimmt, läßt Hanau nun eben so wenig als Mainz denselben zollfrey, und Wirzburg rechnet dafür oft zweymahl so viel an diesem und an Schifftrunk, wenn der Schiffer Wein führet, im Zoll ab, als er wahrscheinlich zur Bergfahrt gebrauchen könnte: ja Wirzburg erhebet seit 1768 oder 69 von jedem Centner Transitogut 11/2 kr. so gar noch weniger als vordem, um das Commerz auf dem Mainstrom lebendiger zu machen.

 Ist Kurmainz berechtiget, seinen Zoll zu erhöhen, und nach Belieben zu steigern?

 Der Westfälische Friede und die kaiserl. Wahlcapitulation widersprechen allen Zollneuerungen unter jeder Gestalt, und annulliren sogar die widerrechtlich und ohne Einstimmung sämmtlicher Kurfürsten nach und in dem 30jährigen Kriege eingeführten Zölle. Man lese den IX Art. § 1 des Oßnabr. Fr. und den VIII Art. der Wahlcapitulation Joseph II und LeopoldII. Warum muß der Mainschiffer den Goldgulden auf den Zollstätten zu Mainz und Höchst mit 2 fl. 32 kr. und 2 fl. 8 kr. in Reichsgeld bezahlen, da der Pfälzische Schiffer denselben nur mit 1 fl. 40 kr. auf der Mainzischen Zollstatt Gernsheim vergüten darf?

|  Kurmainz hat – zu welcher Zeit und mit welcher Befugniß, weiß ich nicht – das Niederlagsrecht von Miltenberg nach der Residenzstadt gezogen; die Mainschiffer dürfen mit Handelsgütern nicht über Mainz hinabfahren, und dennoch müssen dieselben noch das Niederlagsrecht oder Überschlaggeld in Miltenberg bey jeder Berg- oder Thalfahrt mit 15 kr. von jedem Gulden Zollgeld besonders zahlen.

 Wenn das zu Miltenberg und in andern Mainzischen Orten von Früchte führenden Schiffern gefordert werdende Marktrecht auf kaiserl. Privilegien gegründet ist, kann sich dasselbe auch auf die eigene Nothdurft des wiederkehrenden Schiffers erstrecken? Oder soll der Mainschiffer gezwungen seyn, den Haber, den er zu seiner Rückfahrt gebrauchet, nachdem er denselben dem Frankfurter, Darmstädter oder Mainzer verkauft hat, wieder zu kaufen?

 Hat das Recht des Weichselzolles, den das Kloster Seeligenstadt am Main, zur Zeit da diese Frucht wächset, oder vom Junii bis Julii oder August, erhebet, auch eine rechtliche Ausdehnung und Macht auf Handelsgüter? Sagt nicht schon der Name dieser Abgabe, daß solche nur für mit Weichsel, Kirschen und dergleichen| Obst beladene Schelche gegeben worden, nicht aber für Handelswaaren?

 Das gedrukte Zollreglement der Reichsstadt Frankfurt bestimmet für alle Handelswaaren eine gewisse Abgabe, wenn dieselbe in die Stadt oder aus derselben gehen. Auch lieset man in demselben einen bestimmten Zoll für Holz- und Kohlen-Schiffe, wenn sie vorbeyfahren; keinen aber für Handelswaaren.

 In ältern Zeiten, – so sagen 60jährige und ältere Schiffer – wurden diese auch, nach der Maaß ihrer Last, nicht höher im Zolle zu Frankfurt gehalten, als die vorbeygehenden Holz- und Kohlen-Schelche. Erst seit etwa 20 Jahren hat man die Thor-Zoll-Rolle auch auf die zu Schiff vorbeygehenden Handelsgüter anzuwenden angefangen, und die Last des Schiffers von Jahr zu Jahr vermehrt. Wenn Frankfurt ein kaiserl. Privilegium darüber hat, warum steigerte man den Wasserzoll erst dann, als Kurmainz ein Gleiches schon gethan hatte? Hat dieses Vorspiel eines mächtigern Reichsstandes nicht auch Frankfurt und Hanau zur Zollerhöhung angereizet, und derselben zur Einführung des 20 Guldenfußes bey Bezahlung| der Zollgebühren, als zu einer heimlichen Zollerhöhung, Anlaß gegeben?

 Könnten die Regenten Ober und Niederöstreichs, Böhmens, Bayerns, der Obern Pfalz; die Fürsten von Salzburg, Passau, Eichstädt, Coburg, Bayreut, die Reichsstädte Regensburg, Nürnberg, Windsheim, Rothenburg und noch viele andere Reichsstände nicht mit allem Rechte gegen dergleichen Zollsteigerungen klagen, oder sich selbst helfen? Ich dächte, ja! Aber sie fühlen dieses nicht, denn der Schiffer bekommt nicht mehr Frachtlohn als sonst, und die Fuhrleute nehmen schon einige Jahre her einen so geringen, daß verschiedene gar nicht mehr fahren – können – mögen[.] Wirzburg und Onolzbach liegt am mehrsten daran, daß die Mainschiffahrt im Flor bleibet: alle opfern durch Zollerleichterungen jährlich etwas beträchtliches auf. Da der Schiffer das Frachtlohn nicht willkürlich erhöhen kann, so erhält sich zwar der etwas stärkere Durchzug der Güter noch auf dem Main; allein der Schiffer muß die Zeche bezahlen.

 Die Fracht nach Wirzburg ist vom Centner fein Gut 48 kr. für ordinair Gut,| als Eisen, Farbholz, Bley, Smirglsteine 45 kr. Im Durchschnitt 461/2 kr., oder weil der letztern immer weniger als der erstern sind, 47 kr. per Centner. Davon gehen für den Spediteur noch 2 kr. für Provision ab, und also ist die reine Frucht nur 45 kr. bis Wirzburg. Nach unsrer Rechnung brauchte der Schiffer 501/2 kr. für jeden Centner bis dahin, und verlor auf jeden 51/2 kr. Hätte er alle 2300 Centner daselbst ausgeladen, so würde er 210 fl. 50 kr. verloren haben. Zum Glück aber lud er nicht die Hälfte seiner Ladung aus. Mit der übrigen fuhr er nach Marktbreit, Markt-Steft und Kitzingen; wo für den Centner fein Gut 58 kr. für Mittelgut 53 kr. und für Ordinair Gut 50 kr. bezahlet wird. Der kostet also dem Empfänger im Durchschnitt und nach Abzug der 2 kr. Provision 511/3 kr. Nach besagter Rechnung mußte der Schiffer für denselben bis nach Kitzingen 541/4 kr. Auslagen zahlen; er hätte also, wenn er alle 2300 Centner nach Kitzingen geführet hätte, nur 115 fl. – kr. ungefähr verloren.
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 Wie soll nun dabey der Fränkische Schiffer bestehen? Seine Schifferey kostet ihm wenigstens 1500 fl. Zu einer Bergreise muß er| 2000 fl. Capital haben. Woher nimmt er die Interessen dafür; womit ernähret er zu Hause Weib und Kinder? Seine Fahrten sind nicht alle so mißgünstig; er kann das Jahr durch zweymahl fahren, sagt man. Ich weiß es, aber es ist nicht ganz gewiß, daß er zwey Bergfahrten machen könne; nicht gewiß, ob er günstiges Wasser dazu und eine dem Wasser angemessene Last jedesmahl erhalte. Der Strom ist immer unstät, bald zu hoch, um mit vorzüglichem Vortheil, und bald zu klein, um ohne Schaden zu fahren. Sieht der Schiffer diesen auch voraus, so darf er sich doch nicht weigern; die Güter müssen weiter befördert werden; und er macht sich dadurch einen Anspruch zu einer vortheilhaftern Ladung bey größerm Wasser. Wie diese nun immer ausfället, so darf man nach der Natur des Stromes nicht jederzeit eine gute volle Ladung gegen eine geringe, Verlust bringende rechnen. Der Gewinn entstehet theils durch die wenigern Auslagen für Pferde, Knechte, Geschirre, Lohn und Kost; theils durch eine größere Last bey einer anhaltenden günstigen Wasserhöhe von etwa 28 Zollen; der höchst mögliche Gewinn ist 10 kr. auf den Centner für| wenigere Auslagen, so daß dieselben bis Wirzburg nur auf 161/2 kr. und bis Kitzingen nur auf 191/2 kr. kämen. Wenn nun jeder Schiffer eine so glückliche und eben eine so mißliche Fahrt jährlich macht, wie die gefundene Rechnung zeiget, und alle seine Güter in Wirzburg allein ausläde; wenn die glückliche Fahrt jedesmahl eine Last von 3000 Centner hätte, so gewänne er dabey höchstens
150 fl. – kr. denn an Douceurs, Kranen etc. Zoll und Accidenzien kann er zur Zeit nichts – oder wenig ersparen.
210 fl. – kr. hätte er bey seiner ersten Reise im kleinen Wasser verloren, und also von zwey Reisen
40 fl. – kr. erübriget. Hiezu setze man noch für 2 Thalfahrten, die beyde als mittelmäßig gelten sollen, wenn schon die meisten gering sind, noch einen Gewinn von
60 fl. – kr. so wird der Schiffer
100 fl. – kr. jährlichen Gewerbsverdienst bey vier Wirzburger Fahrten zusammen bringen. Hätte aber der
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Schiffer beyde Ladungen nach Kitzingen geführet, dafür auch etwas mehr als 41/2 kr. per Centner an den Wirzburgischen Zöllen gegeben, und für alle und jede Auslagen per Centner 441/3 kr. bezahlet, so würde er von 3000 Centner Last
350 fl. – kr. erworben haben
115 fl. – kr. wären ihm für die mißliche Fahrt daran abzuziehen, und blieben ihm
235 fl. – kr.
80 fl. – kr. Gewinn an 2 Thalreisen, da die Fracht von Kitzingen besser ist, als von Wirzburg aus bis Mainz oder Frankfurt, sollen ihm nun jährlich auch zu gute kommen, so hätte er
315 fl. – kr. jährlichen Gewerbsverdienst bey vier Kitzinger Fahrten. Der in Wirzburg wohnende Schiffer mag das Jahr durch etwa 2 Reisen mehr machen, und er mag auch in allem jährlich 100 fl. verdienen. Der Marktstefter Schiffer soll, da er
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weniger Kosten für die dasigen Güter hat, auch jährlich 60 fl. mehr gewinnen. Ja noch mehr, jeder Schiffer soll jährlich 350 fl. gewiß verdienen, denn jeder führet doch Wirzburger Güter, die selten einen Kreuzer Gewinn geben, und der Wirzburger auch Marktbreiter etc. Güter; wie kann nun dabey der Schiffer bestehen, der zu seiner Schifferey und Reisen fremde Gelder verzinsen muß, und eine Familie von 3 oder 4 Köpfen zu Hause zu ernähren hat. Doch wir wollen einen vermögenden Mann annehmen, der seine Schifferey, ein eignes Haus, und die nöthigen 2000 fl. Reisegelder eigenthümlich besitzet: er rechnet also nicht auf Zinsen, sondern nur geradeweg auf Gewinn.


Seine Frau und 3 Kinder sollen für Kleidung, Kost, Holz und Licht, jedes jährlich nur 60 fl. brauchen, so ergeben sich schon 240 fl. – kr.
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für Kleidung 1/4 Jahr Kost des Schiffers zu Hause 40 fl. – kr.
für herrschaftliche Giebigkeiten vom Gewerbe und Haus jährlich 25 fl. – kr.
für Unterhaltung der hauslichen Baulichkeiten 15 fl. – kr.
für gewöhnliche Reparaturen der Schiffgeräthschaften, als: Anker, Bretter, Seilwerk und Blahen, Darren etc. 20 fl. – kr.
für Schiffreparaturen, die nach 10-12 Jahren oft 6 a 800 fl. fordern, jährlichen 40 fl. – kr.
wenigstens also jedes Jahr 380 fl. – kr.
 Unter den 20-21 Frachtgüter führenden Wirzburger, Marktstefter und Kitzinger Schiffern sollen 10 seyn, die 1000 fl. fremdes verzinsliches Capital, oder 1-2 Kinder, oder ein kränkelndes Kind haben, so wird jeder derselben jährlich 100 fl. zusetzen, wie man es Leider! seit 10 Jahren an verschiedenen sehen, und von ihnen selbst erzählen hören kann. Eben so viel weniger gewinnet jährlich der Reichere, und noch mehr als 100 fl. verliert der Ärmere, und derjenige, welcher 6-8 Kinder hat; 2-3| Jahre hinter einander nur geringe und Mittel-Reisen machet; durch Anfahren oder langes Schleifen der Geschirre, bey kleinem Wasser, auf den Sandadern oder Bänken, theurere Reparaturen zu machen gezwungen ist.

 Kann Onolzbach, und noch mehr Wirzburg, diese Bedrückung ihrer Unterthanen, die man ganz sicher seit 15 Jahren auf 30000 fl. Schaden für sie berechnen darf, noch länger fortdauren lassen? Soll ersteres unbekümmert 8 bis 10 Schiffer und damit 10-12 Schiffknechte mit ihren Familien in 5-6 Jahren zu Bettlern werden, und letzteres ihre wenigern Schiffer umsonst und ohne Nutzen für Fremde arbeiten und sorgen lassen?

 Wäre es nicht der Billigkeit, unsrer dermahligen politischen Lage und dem allgemeinen Nutzen angemessener, wenn

1) alle Transito-Güter einerley Zoll auf jeder Mainzollstatt, ohne Unterschied der Gattungen, zahlten, und dagegen nur einerley Frachtlohn zu empfangen hätten. Die Zollherrschaften würden dadurch Nichts oder Wenig verlieren, und der Schiffer könnte in Rücksicht der leichtern Güter, als Wurzel, Kräuter, Hüte, Nürnberger Holzwaaren etc. dadurch| gesichert werden, daß derselbe davon niemahls mehr als 1/3 seiner Ladung anzunehmen gehalten wäre. Wenn dann

2) die Verzollung nicht mehr nach dem Auge des Zöllners, das von Willkür und Laune oft geleitet, und durch Unwissenheit oft irre geführet wird, sondern nach dem wirklichen und auf jedem Ladeplatz nach Wien. Gewicht genau abgewogenen Centner[1] genommen würde, wo dann der Waagschein statt eines Zollzettels gelten, und manches Zollpersonale zu etwas nützlichern verwendet werden könnte.

 Wäre es dann dem allgemeinen Nutzen, den Grundgesetzen des R. Reichs und der| Billigkeit nicht angemessen, indem Wirzburg an Land- und Wasserzöllen, und Onolzbach an Landzöllen seit 20-22 Jahren merkliche, und die Summe von 80,000 fl. gewiß erreichende, Aufopferungen zur Emporbringung des Main-Commerzes, davon Kur-Mainz durch 8 Zölle gewiß mehr, als durch 2 Zölle nach Mannheim zu, gewinnet, gemacht hat, wenn
3) Kur-Mainz zu Mainz per Centner 1 kr.
3) Kur-Mainz zu Höchst " " 1 kr.
3) und auf jeder übrigen Zollstätte 1/2 kr. 4 kr.
in Allem also nur  6 kr.
nähme; wenn Frankfurt, soferne es dazu berechtiget ist, Hanau und Wertheim jedes nur 1 kr. also 3 kr.
Langen Prozelten, Neustatt, Ochsenfurt und Marktbreit jedes zu 1/2 kr. 2 kr.
Freudenberg 1 kr. und jeder der übrigen 8 Wirzb. Zollstätte 1/2 kr. in Allem 5 kr.
nähme, mithin alle Zölle dem Schiffer 16 kr.
in Zukunft nur kosteten, – der Seeligenstädter Weichselzoll mag nach Untersuchung wegfallen oder bestehen, so macht er keine große Änderung, und mag daher ohne Ansatz bleiben – daß dann die Fracht nach| Wirzburg vom Centner zu 50 kr. und nach Kitzingen zu 53 kr. gesetzt und bestimmt würde, und zwar für alle und jede Güter.

 Wären indessen die Preise der Victualien so theuer, wie dermahlen, so müßte dennoch dem Schiffer ein Zusatz von 4 kr. oder mehr ausgemacht werden, so wie bey manchmahl anhaltenden kleinen Wasser. Bey wohlfeilern Zeiten aber könnte die Fracht auch um 2 kr. oder mehr vermindert werden, welche Vermehrung oder Minderung jedoch jederzeit mit Zusammenstimmung aller Niederlagsplätze geschehen müßte. Wenn ferner

4) die Rangfahrt in Mainz wieder und sogleich eingeführet, und das Schiffklopfen allda für Mainschiffer abgestellet würde; denn ersteres ist das beste Mittel gegen die bisherigen Gelderpressungen der Herren Bedienten der Mainzer Spediteurs, und letzteres hat jede Herrschaft, die einen Rangschiffer stellet, selbst zu besorgen, und der einladende Spediteur auch.

 Wäre es nicht der Teutschen Reichs- und nachbarlichen Verbindung angemessen, wenn

5) die von jeder Zollherrschaft zu stellende Schifferzahl freundschaftlich bestimmet würde,| oder könnte nicht dieses zum Maaßstab genommen werden, daß jede Wasserzollherrschaft, wenn dieselbe ein unmittelbarer Reichsstand ist, einen Rangschiffer für jede Mainzollstatt stellen dürfte; und dann Onolzbach wegen der Landzölle, wodurch das Main-Commerz erleichtert und gedrücket werden kann, wegen der Niederlage in Marktsteft 3 Rangschiffer, und Wirzburg für jene in Wirzburg und Kitzingen ebenfalls wegen der Landzölle nach Nürnberg und Schwaben zu, noch 6 Rangschiffer dazu brächten. Hievon ist aber Kurmainz doch einigermaßen auszunehmen: a) wegen des täglichen Frankfurter Marktschiffs, welches den obern Mainschiffern keine Ladung oder Fahrt nach Miltenberg, welche Kurmainz mit eigenen Schiffern treiben kann; dieses hätte also nach der Billigkeit nur 2 Rangschiffer dazu zu stellen. Kloster Neustadt, Seeligenstadt und Ochsenfurt als nicht unmittelbar können keine Rangschiffer geben; also wären dann in Zukunft für Wirzburg 15 R. Schiffer|
für Onolzbach 03 Rangschiffer.
r Ingelheim 01  
r Wertheim 01  
r Hanau 01  
r Frankfurt 01  
r Mainz 02  
r Marktbreit 01  
überhaupt also zur Bergfahrt 25 Rangschiffer.

die Thalfahrten mag jede Herrschaft für sich nach Gutbefinden ordnen, jedoch immer so, daß der Mainzer, Frankfurter, Hanauer, Ingelheimer und Wertheimer Rangschiffer bey jeder Bergfahrt zu seiner Nachhaus- oder Thalreise, zu Kitzingen, Marktsteft, Marktbreit und Wirzburg, wenn er nämlich Mainzer Rang-Berggüter dahin gebracht hat, mit 50 Centner von jedem dieser 4 Plätze wenigstens zurück beladen werden, bey vorräthigen vielen Gütern aber sich mit 100 Centner von jedem Platze begnügen lassen müsse.

 Damit nun auch die 25 Rangschiffer in ihrer Nahrung und Gewerbe, und wegen ihres großen in der Schifferey steckenden Capitals sicher seyn könnten, so müßten

6) alle ehemahls gewöhnliche Kaperfahrten gänzlich aufgehoben und verboten werden, denn| diese haben ehedem den Transport eben so sehr verzögert, als dermahlen die Willkür der Mainzer Bedienten. Oder ist es nicht mehr Beförderung, wenn 2 oder 3000 Centner einem Schiffer sogleich angewiesen und geladen werden, als wenn man solche an 3 oder 4 vertheilet, und dann keiner, ohne auf mehrere zu warten, fahren kann. Eben darum und um eine gleiche Behandlung der Schiffer zu bewirken, haben auch die Amsterdamer Teutsche Commisionärs eine Rangfahrt nach Cöln errichtet, und diese durch die Zeitung öffentlich bekannt gemacht.

7) dürften die Bamberger und Schweinfurter Schiffer keine nach Wirzburg etc. und Kitzingen bestimmten Güter, noch solche, die nach Hanau, Wertheim, langen Prozelten, Werth und Lohr, oder an eine Zollstatt, für die ein Rangschiffer aufgestellet ist, gehören, einladen und führen; indem jedesmahl in Mainz wenigstens 2 Rangschiffer bereit liegen müßten, und die Tour ein für allemahl voraus zu bestimmen wäre. Es dürften auch

8) alsdann die Mainzer keine oberländischen Fränkischen Güter nicht mehr nach Frankfurt zum Überschlagen, und zum Nachtheil der| Rangschiffer, senden, noch die oberländischen Spediteurs oder Handelsleute, wie jetzt von den Marktbreitern stark geschieht, dahin gehen lassen, es wäre dann, daß Marktbreit keinen Rangschiffer stellen wollte.

9) müßte die Fahrt und Einladung in Frankfurt allen und jeden Schiffern frey bleiben, doch so, daß kein zu Mainz beladener und seine Rangfahrt machender Schiffer in Frankfurt noch zuladen dürfte, wohl aber wenn er lediglich dahin zur Messe oder ausser der Messe und ausser dem Rang führe. Endlich müßte

10) ein Personale von 5 Handelskennern, als einer zu Mainz, einer zu Wirzburg, Marktbreit, Marktsteft und Kitzingen, zu einer beständigen Main-Transitohandels-Correspondenz ernennet werden, um hiedurch über Vortheile oder Nachtheile dieses Handels jedesmahl schleunigst belehret zu seyn. Ereignet sich an einem oder dem andern Platze, zum Beyspiel in Kitzingen, etwas Nützliches oder Schädliches, welches durch Onolzbach oder Kurmainz befördert oder gehindert werden kann, so meldet dieses der Kitzinger dem Commerzdirectorium seines Landes, und zugleich| dem Marktstefter oder Mainzer Correspondenten, und dieser machet dann bey seinem Landeskommerz-Directorium die gehörige und schleunige Anzeige. Sollte der Kitzinger oder welcher immer zuerst die Sache nach Wirzburg oder an seine Landes-Commerzstelle berichten müssen, oder von daher erst der Bericht etc. nach Onolzbach oder Mainz geschehen, so würde dieser Gang das Gute zu lang hindern, und das Böse zu sehr einwurzeln lassen. Gelehrte und proceßartige Formularien waren je und allezeit dem Fränkischen, und ich darf auch sagen, dem meisten katholisch-Teutschen Commerz schädlich. Man wähle einsichtige, uneigennützige, rechtschaffene 5 Männer vom Metier, die für ihre Correspondenz responsabel seyn müssen, und man wird von aller Gefahr frey seyn.

 Dieses sind meine Gedanken über eine gefundene, unverfälschte Schifferrechnung, und über das Transitocommerz. Man benutze sie, und verwerfe davon, so viel man will. Ich bin mit allem zufrieden, wenn nur Gutes daraus entstehet.



  1. Genau abgewogen müssen die Güter, und gleichstimmend die Niederlags-Wagen mit jener zu Mainz seyn, damit weder Neckereyen gegen die Schiffer, noch von diesen Beschädigungen gegen die Eigenthümer geschehen können. Die bisherige Lauigkeit oder Gleichgültigkeit oder Schlumperey bey der Kranen-Wage in Mainz hat manchem Mainschiffer bis daher oft unschuldiger Weise viel Geld und seinen guten Namen gekostet. Man spricht da oft zu Gunsten des Ein- oder Ausladenden 20 Pf. für 1/4 oder 1/8 Centner aus, und wägt kleine Colli in den Händen, schätzt 20 Candis-Kisten nach 20 andern etc.