Ritter Gottfried
Inhaltsangabe
Ritter Gottfried betet seit seiner Volljährigkeit stündlich fünf Vaterunser zu Ehren der fünf Wunden Christi. Als Ritter ist er der allerbeste Turnierer und zieht durch die Lande, um Ruhm zu erlangen. Als er die Tochter eines Ritters heiratet, bekommt er dadurch ein Gut, das einem Kloster unrechtmäßig entfremdet wurde. Die Frau stirbt, und Gottfried betet in seiner großen Trauer täglich zu Gott, dass dieser seiner Frau die ewige Seligkeit verleihe, denn er ist sich unsicher, ob sich ihre Seele in Freude oder Pein befinde. Als er einmal von einem 40 Meilen entfernten Turnier erfährt, macht er sich dahin auf. In einer Stadt will er eine Rast einlegen und schickt seinen Knecht aus, ein Quartier zu erkunden. Dieser findet auch einen geeigneten Wirt, bemerkt jedoch ein großes Bett, das von einem Umhang umgeben ist. Gottfried befürchtet, eine Frau im Kindbett zu stören, aber in dem Bett liegt hilflos der kranke Sohn des Wirts. Dieser sei einem Teufel begegnet, der mit seinen Kumpanen eine arme Seele mit sich führte: Da der Sohn des Wirts vergessen habe, das Kreuzzeichen zu machen, habe er dem wütenden Angriff des Teufels nicht widerstehen können. Der Böse habe ihn so zugerichtet, dass er seit vier Jahren bettlägerig sei. Gottfried erfährt von dem Sohn, dass sich die Stelle bei einem Wald ganz in der Nähe befinde. Er nimmt an, dass es sich bei der armen Seele um die seiner Frau handelt, die zu dem Zeitpunkt starb, als dem Sohn des Wirts sein Unglück widerfuhr. Nach einem Gebet zu den fünf Wunden Christi reitet Gottfried ungeachtet der Warnung des Wirts unbegleitet, aber in Waffen zu dem besagten Holz. Dort greift ihn nach kurzer Zeit ein feuriger Teufel an. Der Ritter überwindet ihn mit dem Kreuzzeichen.
Der Teufel nimmt Gottfried in einen hohlen Berg mit. Gottfried trifft dort ihm persönlich bekannte Turnierer, doch sein Begleiter hält ihn davon ab, sich an den Ritterspielen zu beteiligen. Als der Ritter zu einem üppig gedeckten Tisch kommt, schlägt ihn der Teufel nieder, damit Gottfried sich künftig mehr in Acht nimmt. In einer Gruppe von Reigentänzern gewahrt Gottfried seine Frau, die sich, als sie ihn erblickt, ganz verzweifelt gebärdet. Gottfried bewundert ihre Schönheit, aber sie heißt ihn zurückzutreten und zeigt ihm, dass unter ihrem Gewand ein gewaltiges Feuer lodert. Ihre große Pein rühre von dem unrechten Gut her, das ihr Vater dem Kloster zu Pertingen mit Gewalt entwendet habe. Gottfried hält ihr seinen Schwertknauf hin, der nach der Berührung bis auf das Kreuz zusammenschmilzt. Sie schildert ihre Qualen und ermahnt Gottfried, das Gut zurückzugeben. Der Teufel führt Gottfried, der an Haar und Bart zum Greis geworden ist, in die Welt zurück und gibt ihm für den Sohn des Wirts eine Salbe mit, die diesen tatsächlich nach dreimaliger Anwendung heilt. Wieder zuhause, teilt Gottfried sein Gut mit seinen Kindern, gibt dem Kloster das weggenommene Gut samt inzwischen eingenommenen Zinsen zurück und zieht mit dem ihm verbliebenen Teil seines Vermögens als Laienbruder in ein Zisterzienserkloster. Drei Tage nach seinem Eintritt erscheint ihm die schneeweiß gewandete Seele seiner Frau, die er zunächst für Maria hält. Sie gibt sich zu erkennen und sagt, sie sei nun erlöst, und er werde in drei Jahren bei ihr sein. Bis Gott ihn aus der Welt nimmt, lebt Gottfried in strenger Askese in dem Kloster.
Text
[313] Von ritter gotfrid wie er sein weib erlöst.
IR herren schweigt vnd höret zu
Ein hystori ich sagen thu
Von einem ritter wol erkant
Der selb was her gotfryd genant
was ich von im geschriben funt
Do er zu seinen iaren kam
Der selbig iungling fur sich nam
Vnd bettet zu allen stunden
Das in got het in seiner hut
Behüt in vor vnrechtem gut
Do er nu zu eim ritter wart
Er tet nach ritterlicher art
Sein gleich fand man nit in keim lant
Wo man hoflich solt geparen
Preis tet man von im erfaren
Vor fürsten frawen vnd auch hern
Nach preis so fur er in die lant
Er füret auch in seiner hant
Ein sper das was wol armes gros
Das feur dick aus den helmen schos
Vbt er sich nach preises lone
Ein ritter im sein tochter gab
Czu weib als ich vernommen hab
Darzu ward im geben ein gut
Das was von eim kloster kommen
Vnrechtlich hab ich vernommen
Wenn wer vnrecht gut ynnen hat
Der selben sele wirt nymmer rat
Sy solt ewig verloren sein
Gar lange zeit vnd kurtze iar
Lebte sy mit einander zwar
Der rytter vnd sein eigen weib
Vnd tet sy also kurtzlich scheid
Dem ritter geschach grosses leid
Das im sein liebes weib was tot
Des kam der ritter in gros not
Dem selben in gnad got zeigt sich
Der ritter pat got den reichen
Mit gros andacht tugentleichen
Das in got hie auff diser erdn
Ob nun die sel der frawen sein
Wer in frewden oder in pein
O herr durch dein gnad ir hilff thu
Vnd gib ir herr die ewig ru
O herre got vergis ir nicht
Wann sy ist deine hant getat
Dein tot sy teur erarnet hat
Von dem gebete er nit lie
Do er nun so lang trug sein leit
Do ward von eim turnier geseit
Von dem ritter wol viertzig meil
Der ritter begund do hin eil
Der herr sprach zu dem knecht gar drat
Dz er eben fragt vnd nit lies
Vnd sich auch gar pald weisen hies
Czu einem wirt in eren fest
Der knecht wol für ein herberg kam
Gar reiche wirtschaft er vernam
Leuten vnd pferden gut gemach
wann dz dem knecht noch eins gebrach
Vmb dz selb do gieng ein furhang
Der knecht reit pald hinwider do
Vnd sagt es seinem herren also
In disem haus ist aller rat
Der herr sprach hin ein ich nit reit
Seit die fraw in dem kindpet leit
Die solt man mit ru lan pleyben
Durch er aller frummer weyben
Er sprach her wirt nun get herfur
Kunt ir nit armer gest pflegen
Der wirt sprach ich hab allwegen
Wirtschaft lang gehalten nach ern
Der her sprach ich schew nu die zeit
Seit die fraw in dem kindpet leit
Der wirt sprach herr es ist mein sun
Eins mals hat er aus reiten thun
Mein sun wich von in aus der schar
Gen im reit ein teuflischer man
Gantz vngehewr als ich verstan
Sein gsellen reiten mit im hy
Herr do hin zu der ewigen pein
Secht dawas auch der sune mein
Seyner synn als gar vergessen
Vnd seins mutz also vermessen
Vnd kein kreutz fur sich het gemacht
Do er vergas des kreutzes preit
Mit zorn der teuffel auff in reit
Vnd so grimmiglich auf in stach
Das do in seinem leibe was
Do viel er nyder in das gras
Seit ist er glegen das ist war
Petris wol lenger dann vier iar
Herr es mag nyemands erdencken
Ob er ymer mer werd gesunt
Der herr sprach zu der selben stunt
Lieber wirt versint er auch sich
Er ist frisch an hertz füsz vnd mund
Last mich in sehen do zestund
Do der ritter fur das pet trat
Er sprach iungling weis mir die stat
Ob ich möcht schicken dein frommen
Der iung sprach do ist vnferr hin
Denn herr das nembt in ewern syn
Ob ir die selben stras auch drabt
Auch sein kreutz zu einem schilt preit
Anders euch geschicht hertze leit
Des nachtes er pey dem wirt sas
Czu morgens do er tranck vnd gas
Wenn er zu seinem vatter sprach
Wirt ich wil nit lenger peitten
Auch will ich auf die stras reitten
Do er genommen hat schaden
Der iungling geit mir die vrkunt
Meiner frawen sel von irem munt
Die selbigen zeit ist gefarn
Diser reisz wil ich nit lenger sparn
Das sol sten in gottes hende
Vnd pflegt mir meines gesinds wol
Ich zal euch als ich billich sol
Guter pfand seyt von mir gewert
Darzu mein kleinat vnd auch golt
Der wirt sprach herr ich bin euch holt
wolt ir ewers selbs leibs pflegen
So last die reis vnder wegen
Furwar herr es deucht mich gar gut
Der ritter sprach das dar ich nicht
was mir leides darumb geschicht
wann die senung was also starck
Vnd durch alle seine gelider
Von seinem rosz trat er nyder
Er kniet nyder auff einen stein
Sein gebet was lauter vnd rein
Funff pater noster den funff wunden
Das in got het in seiner hut
Auch behut vor vnrechtem gut
Auch funff dem leiden vnsers hern
Dann ob die sele der frawen sein
Wer in frewden oder in pein
Vor wein wurdn im sein augen nas
Vmb sein frawen vnd mercket das
Vnd gieng zu seinem rosse dar
wenn sein rosz wolt er gurten pas
Do er es gegürt vnd auff sas
Do reit der selbig ritter stoltz
Den helm er zu seinem haubt pant
Das schwerte greif er in die hant
Er hielt ein klein weil das ist war
Do kam ein teuffel offenbar
Von rotem gloh so prant sein sper
Sein pferd sprang vber manchen stein
Das feur im aus der nassen schein
Do schry der teuffel do aus grymm
Das dem ritter so vnuerzeit
Gar schier wer entwischt sein manheit
Der ritter gottes das kreutz auff zoch
Der teuffel fur von im vnd floch
Du bist der tugenthafftigst man
Der ritter sprach du pöser geist
Sag an wenn du es selb wol weist
Du pist ewiglichen verlorn
Der teuffel erseufftzet vnd sprach
Ey wie ein pitters vngemach
Das ich bin von ewig freyden
Czu ewiger pein gescheiden
Do hab ich wenig schuld dar an
Höre mich edler ritter wert
Stos wider ein dein eigen schwert
Dein kreutz hat mich vberwunden
So pind dein rosz auf disen plan
Kumm her ich wil dich sehen lan
Dar zu in disem holen perck
Do sichst du wunderliche werck
Die dein fraw teglich leit vnd hot
Nu wiltu anders volgen mir
Do pey so will ich raten dir
wenn du wirst sehen leut stechen
Die seind dir all ser wol bekant
wenn an des helmes assen pant
Du sichst auch trincken vnd essen
Du solt alles nit vergessen
wilt mit leib vnd sel von hinnen
Er volgt dem teuffel nach in perck
Do sach er wunderliche werck
Do sach er gar manigen stecher
Sy waren dem ritter wol bekant
Maniger in pey dem namen nant
Vnd schrien do aus lautter stymm
So gar mit vorchtiglichem grymm
Der ander pracht im ein schön pfer
Sein manheit het in leicht erstritten
Das er wer mit in geritten
Het im der teuffel nit gewert
Fand er ein wol bereyten tisch
Darauff stunde wilpret vnd visch
wolt mit in essen vnd trincken
Do thet im der teuffel wincken
Das er vor im auf der erd lag
Der herr sprach sag auff die trew dein
Solle das schimpf oder ernst sein
Der teufel sprach ich thus vmb das
Mer wiltu ye nit volgen mir
Diser schleg mangen gib ich dir
Sy tetten aber weiter hin gan
Was sahen sy do vor in stan
Mit kostlicher speis on all mas
Sy sprachen all ist her gotfryt
Der herr sprach gern wer es syt
Wann ir habt gar ein guten koch
Alhie nach meiner kuchen speis
Den an schleg so wirt nymand weis
Sy gingen aber fürbas zu hant
Der ritter so manigen tantz fant
Auch zu vorderst an dem reyen
Do sach er vnder diser schar
Sein liebe frawen auch her far
Vor wunder er kaum genas
Do sy des ritters ward gewar
Sy wand ir hend vnd rauft ir har
O herr gotfryd werder ritter
Nun ist mein leiden erst pitter
Erst so ist es taussent speltig
Wie hat euch begriffen gots zorn
Habt ir ewr langs gepet verlorn
Vnd ir des todes seit gefreyt
Er sprach du liebste frawe mein
Wie geren wolt ich pey dir sein
Wann ich vor nie gesehen hon
Am deim leib also grosse schon
Das ir der kurtzweil nit werd nas
Ein ackerleng er hindersich trat
Do warf sy auf ir vehe wat
Das fewr allenthalb von ir schlug
Recht als zwelff stedel auf erden
Die all angezündet werden
Der ritter erschrack also ser
O ewiger got vnd auch her
Herr teil ir dein erparmung mit
Der durch vns leid gar offenbar
Auf erd vierthalb vnd dreissig iar
Er sprach du liebste frawe mein
Sy sprach wolt ir mich mercken eben
Mir ward ein hab zu euch geben
Die nam mein vater mit gewalt
Vnrechtlich von eim kloster palt
Des mus mir ymer misselingen
Wenn ich klag meiner sele nicht
Sy ist verlorn vnd gantz entwicht
Er sprach wenn ich dir helfen kunt
Die hab wolt ich wider geben
wer es deinen kinden eben
Er sprach woltens mein kind nit thon
Ich geb in iren teil dar von
Darumb geb ich mein teil durch got
In ein geistlich ordn wil ich farn
Ob ich vnser sel möcht bewarn
Des gib ich euch mein stette trew
Das ir hier berürt meine hant
Wann ir würt von stund an verprannt
Wenn ir mir zu helffen begert
Piet mir den knopff an ewrem schwert
Vnd lat es mit nicht beleyben
Wenn ir müst sust auch in die pein
Ewig mit mir verloren sein
Sein schwertz knopfe er ir do pot
Ward er do bald verschmoltzen gar
Bis auf das kreutz das ist war
Sy sprach secht an vnser freyden
Die wir armen teglich leyden
Was man vns von tranck schencket ein
Das ist eytel schwebel vnd pech
Darumb dencket das es geschech
Halt an mir ewer ritterlich trew
Das euch nit greiff der pitter tot
Der vns inn sünden grifen hot
Den sy also vor im verschwant
Do er ir grosse not erkant
Sein part vnd auch sein schönes har
Der teuffel furt in wider dar von
Do fand er noch sein pferd do stan
Do ers nun hin gebunden het
Ritter danck got dem herren dein
Hilff vnd gnad die er dir tut schein
Der pot mir zu dir her kommen
Nun hastu gar wol vernommen
Wilt ir helffen zum ewig leben
So weistu wol das vnrecht gut
Do dein hertz synn vnd darzu mut
Lange zeit hat vmb gepetten
Dardurch du denn her bist gefarn
Wiltu des purgers sun bewarn
Se hin die püx mit der salben
Streiche ims an allenthalben
So wirt er bald wider gesundt
Der ritter widerumb heim reyt
Czu seim gesind vnd wirt gemeit
Der ritter doch das nit enlies
Vnd salbet den iungling dreistunt
Do ward er pald wider gesunt
Darnach der ritter zu land reit
Heim mit all sein kinden gemeit
Also gar mit mennlichem mut
Dem kloster er do wider gab
Die hub als ich vernommen hab
Auch gab er in zins darzu
Er gab sein kindn irn teil dauon
Mit dem seinem so tet er gon
In ein kloster des grawen ordn
Ein leyen pruder was er wordn
Drey tage als ich von im las
Seiner frawn sel erschein im drat
Schön in einer schne weissen wat
Do er sy sach vnd plicket an
Er viel ir nyder zu fusse
Do lachet die sel so süsse
Sy sprach wer meinest der ich seyn
Sag mir lieber erlöser mein
Bist gesegnet ob allen weyben
Vnd gottes muter maria
Schöne ros von ierarchia
Sy sprach zu im mein lieber man
Durch dein hilff gebet vnd auch stewr
Bin ich erlöst von ewig fewr
Gesegen dich got lieber pul
Czu himel do ist vnser stul
Im dritten iar solt pey mir sein
Die sel also vor im verschwant
Vnd fur gen himel alzu hant
Der ritter lebt in hertikeyt
Bis in got nam aus dem ellent
Domit hat das gedicht ein ent
Anmerkungen (Wikisource)
Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien. E über o und u wird zu ö bzw. ü; Abkürzungen (bis auf dz) werden aufgelöst (Striche über Buchstaben zu n oder m, im Fall von vn zu vnd). Verwechslung von t und r durch den Drucker (z.B. Vers 344 et statt er) wird ohne Kennzeichnung korrigiert.
Überlieferung
Datierung (1497) und Druckerbestimmung (Friedrich Creussner in Nürnberg) sind nach dem Gesamtkatalog der Wiegendrucke 1257350N angegeben. Das einzige bekannte Exemplar verwahrt die Universitätsbibliothek München: Cim. 38#36.
Eine spätere Ausgabe Von ritter Gotfried, wye er sein weyb erlöst auß der hell erschien ohne Ortsangabe in Nürnberg bei Huber um 1510 (Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Rar 58#(Beibd. 2). Der OPAC der Bibliothek datiert wie der VD 16 V 2725 um 1510, Schanze (s.u.) 1504/14. Digitalisat des zweiten Exemplars in Berlin: SB Berlin.
Forschungsgeschichte
Zu dem bislang unedierten Text hat sich in neuerer Zeit nur Frieder Schanze im Verfasserlexikon 2. Auflage Bd. 8 (1992), Sp. 98f. geäußert. Nachtrag 2015: Nicole Eichenberger: Geistliches Erzählen. Zur deutschsprachigen religiösen Kleinepik des Mittelalters. Berlin u.a. 2015, S. 457–469, hier S. 458 Anm. 1 diese Wikisource-Seite erwähnt. Sie neigt zu einer Datierung in das spätere 15. Jahrhundert und zu einer Lokalisierung im schwäbischen Raum (S. 465 Anm. 18). Als Terminus post quem sieht sie die Entstehung des 'Württembergers' an (siehe unten).
Allerdings war bereits Ludwig Uhland auf den Text aufmerksam geworden. Er gibt den Titel mit dem Huber-Druck übereinstimmend und als Druckort Nürnberg, als er sich brieflich am 29. Januar 1850 bei Franz Pfeiffer erkundigte, ob ein Kloster Pertingen (siehe Vers 305) bekannt sei, siehe Briefwechsel zwischen Joseph Freiherrn von Laßberg und Ludwig Uhland. Wien 1870, S. 302 Commons.
Kloster „Pertingen“
Eine Identifizierung des Ortsnamens (Vers 305) ist nicht möglich. Aufgrund der Namensform Perhtingin im Dießener Nekrolog (MGH Necrologia Bd. 1, S. 8 MDZ) könnte man an Perchting zwischen Ammersee und Starnberger See denken, aber dort gab es kein Kloster. Uhland erwog Herbrechtingen bei Heidenheim, für dessen Chorherrenstift er einen Vogt Gottfried bei Christoph Friedrich von Stälin fand (Wirtembergische Geschichte Bd. 2, S. 735 Google), meinte aber, es liege zu weit ab. Gottfried von Wolfach ist 1219–1227 als Vogt bezeugt (Heinz Bühler: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Weißenhorn 1997, S. 236).
Lokalisierung und Datierung des Textes
Eine Entstehung im oberdeutschen Raum liegt nahe. Möglicherweise ist der Text schon im 14. Jahrhundert entstanden.
Stofftradition
Stofflich am nächsten stehen dem Text Jenseitserzählungen in der Art von Der Württemberger. Dieses vor 1393 entstandene Kleinepos erzählt, wie ein Ritter einer Totenschaar begegnet. Alle reiten mit ihren Liebhabern, nur eine Frau nicht, da deren Buhle, der von Schenkenburg, noch lebt. Er ist der Gevatter des Helden, und die Frau trägt ihm auf, ihn bei der Rückkehr in die Welt zu warnen, damit er Buße tue. In einer Herberge stellt sich die glänzende Scheinwelt der Toten als Höllenqual heraus.
Siehe auch Froben Christophs von Zimmern wunderbarliche geschicht mit aim gespenst auf dem Stromberg im Zabergew in der Zimmerischen Chronik. Dort begegnet auch das Motiv des Ergreisens (Ritter Gottfried Verse 345–346).
Der Gang in einen hohlen Berg, der an den Venusberg des Tannhäuser-Stoffs erinnert, erscheint ebenso wie das Motiv des unrecht angeeigneten Guts in einer lateinischen Exempelgeschichte aus der Zeit um 1300. Der Spielmann Zalchart wird von einem Schmied auf einem Ross, das durch die Lüfte reiten kann, in einen Berg mitgenommen, in dem er mächtige verstorbene Herren antrifft, die ihn beschwören, den Hinterbliebenen von ihren Qualen zu berichten und sie zu bitten, unrechtmäßig angeeignetes Gut wieder zurückzugeben. Um aus dem Berg zu entkommen, darf der Spielmann nichts essen oder trinken. Eine Zusammenfassung der Geschichte gibt Johannes Grabmayer: Zwischen Diesseits und Jenseits. Köln/Weimar/Wien 1999, S. 123f. Gedruckt wurde sie aus der jüngeren Redaktion der Colmarer Dominikanerchronik von Erich Kleinschmidt: Die Colmarer Dominikaner-Geschichtsschreibung im 13. und 14. Jahrhundert. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 28 (1972), S. 371–496, hier S. 484-486 Digizeitschriften. Eine zweite Überlieferung bietet der Cod. 64 der Sigmaringer Hofbibliothek, Bl. 123r-124v im Kontext der Wundergeschichtensammlung des Colmarer Dominikanerchronisten (teilweise von Erich Kleinschmidt unter dem Namen Rudolf von Schlettstadt ediert), vgl. Stefan Georges: Graf Wilhelm Werner von Zimmern als Historiensammler: Die Wundergeschichtensammlung des neuentdeckten autographen Sigmaringer Codex' 64. masch. Magisterarbeit Freiburg i. Br. 1998/99, S. 37.
Anhand einer lateinischen Quelle aus dem 15. Jahrhundert stellte Heinrich Rüthing: Das Fegefeuer des westfälischen Adels. Ein Beitrag zur Frühgeschichte einer populären Sage. In: Westfälische Zeitschrift 162 (2012), S. 176-198 lwl.org eine in Böddeken tradierte Fegefeuer-Vision vor, bei der es ebenfalls um unrechtmäßig entfremdetes Klostergut geht.
Beziehungen zur Exempel-Literatur beleuchtet Eichenberger (siehe oben). Zum größeren Zusammenhang: Leonhard Intorp: Fegefeuer. In: Enzyklopädie des Märchens 4 (1984), Sp. 964-979; Jean-Claude Schmitt: Die Wiederkehr der Toten. Stuttgart 1995.
Stellenkommentar
Die Verweise beziehen sich auf die Verszählung.
2 hystori bezieht sich, nimmt man Vers 6 dazu, wohl auf eine schriftliche Vorlage. Siehe auch Vers 386.
10 In spätmittelalterlichen Handschriften sind solche Vaterunser auf die fünf Wunden Christi in deutscher Sprache überliefert. Siehe auch 166. Die Hervorhebung dieses Gebetstyps verweist auf die Bedeutung der spätmittelalterlichen Passionsfrömmigkeit (siehe z.B. in Wikisource Heinrich von St. Gallen).
17 Wo man sich höfisch verhält.
24–26 erinnert an Formeln der mittelhochdeutschen Klassik.
34 Dessen Seele wird nie mehr geholfen.
58 Deinen Tod hat sie teuer verdient.
66, 387 drat: schnell.
96 Man unternahm eine Brautfahrt.
114 Petris könnte sich auf den Heiligentag beziehen: an Petri sind es vier Jahre (?).
137 peitten: warten (siehe auch 405).
186 Rot glühend brannte sein Speer. gloh zu frnhd. g(e)lohe (Frühneuhochdeutsches Wörterbuch Bd.5, bearb. O. Reichmann, de Gruyter 2003-2010, Sp. 770 und 2414).
221–222 Die Stelle ist unklar, was vor allem an dem nicht identifizierbaren assen liegt. Wenn Gottfried die Bekannten schon aufgrund des Helmbandes identifizieren kann, so wäre das höchst ungewöhnlich. Das Helmband, mit dem man den Helm an der Rüstung festband, erscheint anscheinend nur in hochmittelalterlichen Texten und spielte keine Rolle bei der Personenidentifizierung.
236 Ein anderer brachte ihm ein schönes Pferd.
288 Da warf sie ihr Gewand aus buntem Pelzwerk auf.
290 glanster sprühende Funken.
291 stedel: Stadel (Scheuern).
294–298 Gebet, das wohl Gottfried spricht.
298 dreißig und dreieinhalb Jahre auf Erden (bezieht sich auf das Alter Christi).
312 Gottfried legt Wert auf Zustimmung der Kinder als Erben, ebenso 374, 381.
325–326 Unklar; schreyben hier vielleicht übertragen „einprägen, vorschreiben“.
329 Er hielt ihr seinen Schwertknauf hin.
335 Unser Vieh sind nur Nattern.
365 dreystundt dreimal (siehe auch 371)
368, 364 gemeit: freudig, heiter (traditionelles Reimwort der mittelhochdeutschen Dichtung)
369 Doch der Ritter ließ das nicht. enlies (en steht für die Verneinung) scheint zur Zeit des Drucks nicht mehr gebräuchlich gewesen zu sein, hypothetisch könnte man daraus eine Datierung in das 14. oder frühe 15. Jahrhundert ableiten.
378 Hube (Hofgut).
383 grauer Orden: Zisterzienser.
390 Maria fran: heilige Maria (siehe frohn im Deutschen Wörterbuch).
395–398 spricht Gottfried, der seine Frau für Maria hält.
398 Schöne Rose der himmlischen Hierarchie. ierarchia begegnet auch in der deutschen Mariendichtung Peter Suchenwirts (‚Die sieben Freuden Mariä‘ Vers 1158, Peter Suchenwirt’s Werke […], Wien 1827, S. 137 Google).
405 Im Himmel will ich dich erwarten.