Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Selene, Tochter des Ptolemaios VII. Euergetes II. und Nr. 3
Band XI,1 (1921) S. 782784
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22) Kleopatra Selene, Tochter des Ptolemaios VII. Euergetes II. und der K. III. Sie hieß ursprünglich nur Selene, erhielt aber seit ihrer Erhebung zur königlichen Gemahlin den dynastischen Namen K., Strab. XVI 749, Joseph. ant. Iud. XIII 420. Dittenberger Or. 168, 23 βασίλισσα Κλεοπάτρα ἡ ἀδελφή (dazu Wilcken Arch. f. Pap. III 329. Bouché-Leclercq II 91, 3). Strack Arch. f. Pap. II 552f. nr. 34; vgl. Dyn. 108. Im J. 115 v. Chr. wurde sie die zweite Gemahlin ihres Bruders Ptolemaios VIII. Soter II., nachdem dieser von der Mutter war gezwungen worden, die ältere Schwestergemahlin K. IV. zu verstoßen, Iustin. XXXIX 3, 2, vgl. [783] Paus. I 9, 2. Hochzeitsmünze bei Svoronos Die Münzen der Ptolemäer nr. 1726. Aus der Inschrift bei Dittenberger a. O. ergibt sich, daß K. schon im September 115 Königin war und an den königlichen Ehrungen, nicht aber an den Regierungshandlungen teilnahm (vgl. Wilcken a. O.). Daß sie im Kult der θεοὶ Φιλομήτορες Σωτῆρες Aufnahme fand, lehrt die Inschrift bei Strack Arch. a. O., vgl. P. Teb. I 78, 13. Aber im J. 108/7 entzweite sich die Königinmutter mit Soter II., nahm ihm seine Frau K., von der er schon zwei Söhne hatte, wieder ab und nötigte ihn zur Flucht in das Ausland, Iustin. XXXIX 4, 1. Paus. a. O. K. wird in Alexandreia zurückgeblieben sein. Was aus den (nur bei Iustin. a. O. und in der Inschrift bei Strack Arch. a. O. [τέκνα Κλεοπάτρας τῆς ἀδελφῆς] bezeugten) Söhnen geworden ist, wissen wir nicht. Vielleicht sind sie mit den im J. 103 von K. III. nach Kos gesandten υἱωνοί (Joseph. ant. Iud. XIII 349) identisch, vgl. Bouché-Leclercq Lag. II 94, 2. 100, 3. 114, 2. Jedenfalls war zur Zeit der erneuten Regierung Soters II. (88–80) keiner von ihnen mehr am Leben, sonst würde nicht K. Berenike III. (s. Nr. 21) als Soters einziges legitimes Kind bezeichnet (Paus. I 9, 3). Wahrscheinlich 104 (vgl. Wilcken o. Bd. I S. 2482. 2484. Strack Dyn. 201, 32. 204) wurde K. von ihrer Mutter dem Seleukiden Antiochos VIII. Grypos zur Frau gegeben, Iustin. XXXIX 4, 4, vgl. App. Syr. 69. Nach dessen Ermordung (96) ging sie als Gattin in den Besitz des andern Seleukiden Antiochos IX. (Philopator) Kyzikenos über; als auch dieser ein gewaltsames Ende gefunden hatte (95), wurde sie zum viertenmal verheiratet mit dem Sohn ihres dritten Gemahls, Antiochos X. Eusebes, App. Syr. 69 (daß hier eine Verwechslung mit einer andern Selene vorliege, wie Bevan The house of Seleucus II 304 meint, läßt sich mit der Überlieferung nicht vereinigen, vgl. Bouché-Leclercq Lagides II 106, 3; Séleucides 419). Aus dieser Ehe stammten wahrscheinlich (Bouché-Leclercq Lagides II 106, 3. 126; Séleucides 419, 1) zwei Söhne, darunter der spätere Antiochos XIII. Asiatikos; Vermutungen über den jüngeren Sohn bei Bouché-Leclercq Séleucides 609, vgl. den Art. Seleukos Nr. 10. Nach dem Tode des vierten Gatten (93/2) muß sich K. aus Syrien entfernt und irgendwo in Sicherheit begeben haben (Bouché-Leclercq Séleucides 421. 425). Als Syrien im J. 83 von dem Armenierkönig Tigranes besetzt wurde, war K. mit ihren Söhnen nach Kilikien geflohen, Iustin. XL 2, 3. Für ihre Kinder erhob sie den Anspruch sowohl auf Syrien als auf Ägypten, das sich damals im Besitze des illegitimen Lagiden Ptolemaios XΙ. Neos Dionysos (Auletes) befand, während sie selbst die einzige noch lebende echte Ptolemäerin war. Um ihre Ansprüche nachdrücklich geltend zu machen, sandte sie im J. 73 (wohl von Ptolemais aus, wo wir sie später wohnhaft finden) ihre beiden Söhne nach Rom, vgl. Cic. Verr. IV 61. Aber vom Senat wurden die Prinzen nur hingehalten, und nach zweijährigem Aufenthalt kehrten sie ohne Erfolg zurück, wobei der eine noch in Sicilien von Verres seines prachtvollen Geschirrs beraubt wurde, 71 v. Chr. (Cic. Verr. IV 61–68). Etwa 70/69 (vgl. Strack Dyn. 201, [784] 32) finden wir K. in Ptolemais, wo sie vermutlich unter ägyptischem Schutze lebte. Beim Einfall des armenischen Königs Tigranes ließ K. die Tore der Stadt schließen, so daß sich Tigranes zur Belagerung genötigt sah, Joseph. ant. Iud. XIII 420; bell. Iud. I 116. Nach dem Fall der Stadt geriet K. in die Gefangenschaft des Tigranes und wurde von ihm im mesopotamischen Seleukeia hingerichtet (69 v. Chr.), Strab. XVI 749. Vgl. Ad. Kuhn Beiträge zur Gesch. der Seleukiden (Diss. Straßburg 1891) 21ff. 42.