Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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IX. Philopator, Genannt Kyzikenos, König des Seleukidenreiches 113-95 v. Chr.
Band I,2 (1894) S. 2483 (IA)–2484 (IA)
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32) Antiochos IX. Philopator, genannt Kyzikenos, jüngster Sohn des A. VII. Sidetes und der ägyptischen Prinzessin Kleopatra Thea. Die Angabe des Porphyrios (bei Euseb. chron. I 259. 260), dass er bei seinem Tode (95) 50 Jahre alt gewesen sei, ist falsch, da 145 seine Mutter noch mit Demetrios vermählt war. Clinton (Fast. hell. III 340) und v. Gutschmid (zu Euseb. a. O.) schlagen daher μ (= 40) statt ν vor. Danach wäre er 136/5 geboren. Da er aber vier ältere Geschwister hatte (Euseb. a. O. 257, 4), die Ehe der Eltern aber frühestens 138 geschlossen war, so ist ein späteres Datum seiner Geburt wahrscheinlicher. Das J. 133 würde andererseits auch zu seinem Auftreten i. J. 117/6 passen (also etwa λη oder λζ zu corrigieren). Als Demetrios II. im J. 129 aus der parthischen Gefangenschaft zurückgekehrt war, schickte Kleopatra, aus Furcht vor ihm, den A. mit seinem Erzieher, dem Eunuchen Krateros, und anderen Dienern seines Vaters nach Kyzikos, wo er seine Jugend verlebte (daher sein Beiname Kyzikenos, Jos. ant. XIII 271. Appian. Syr. 68. Euseb. chron. 257). Über den völlig unberechtigter Weise von ihm angefangenen Erbfolgekrieg mit seinem älteren Stiefbruder A. VIII. Grypos, der fast die ganze Regierungszeit ausfüllte, vgl. Nr. 31. Nachdem er 113 den Grypos vertrieben und selbst die Regierung übernommen hatte, war ihm durch die Ereignisse d. J. 111 die Herrschaft über Koilesyrien zugefallen. So war er Nachbar Iudaeas geworden, das seit dem Tode des A. VII. (129) sich völlig vom Seleukidenreich losgerissen hatte und unter Führung des energischen Iohannes Hyrkanos und unter dem Schutz des Bruderkrieges sich mächtig ausdehnte (Jos. ant. XIII 273). In den ersten Jahren nach 111 scheint A. in Frieden mit dem Bruder gelebt zu haben. Denn als (zwischen 111 und 108) Samaria, das von Johannes belagert wurde, ihn um Hülfe bat, folgte er dem Rufe gern. Er wurde jedoch vom jüdischen Heere geschlagen und floh bis nach Skythopolis. Als die Samaritaner den Hülferuf erneuerten, erbat sich A. von dem ihm befreundeten Könige Soter II. von Ägypten eine Hülfstruppe von 6000 Mann (kurz vor der Vertreibung desselben, Jos. ant. XIII 278, also kurz vor 108/7). Mit diesen verwüstete er das jüdische Gebiet, zog sich aber, ohne dadurch die Aufhebung der Belagerung erreicht zu haben, nach grossen Verlusten nach Tripolis zurück, die Kriegsführung dem Kallimandros und Epikrates überlassend. Diese kämpften ohne Erfolg weiter, und Samaria wurde von Iohannes erobert (Jos. ant. XIII 275-281). Zeitweise muss A. aber auch mit grossem Glücke gegen Iudaea vorgegangen sein. Denn Iohannes (also spätestens [2484] 105) erwirkte in Rom ein Senatusconsultum, wonach ,Antiochos, der Sohn des Antiochos‘, d. h. (mit v. Gutschmid) A. Kyzikenos, alle festen Plätze, Häfen etc. herausgeben solle, ,die er ihnen abgenommen habe,‘ und auch die syrische Besatzung aus Ioppe zurückziehen solle (Jos. ant. XIV 247ff.; dazu Mendelssohn De senati consultis Rom. ab Josepho ant. XIII 9, 2; XIV 10, 22 relatis commentatio. A. v. Gutschmid Litt. Centralbl. 1874, 1259ff. Viereck Sermo Graecus 106; vgl. Nr. 30). So gingen durch Roms Machtspruch die errungenen Vorteile verloren. Spätestens 104 begann wieder der Bruderkrieg. Denn als Alexandros Iannaios 104, gleichfalls als ‚König‘, dem Aristobulos gefolgt war und die Stadt Ptolemais angriff, konnte A. ihm keine Hülfe bringen, weil er in den Kampf mit Grypos verwickelt war (Jos. ant. XVI 325-327). Ptolemais rief daher den Soter II. aus Kypros herbei, was dann das Einrücken der Königin Kleopatra und des Ptolemaios Alexandros zur Folge hatte (das Weitere s. o. S. 1439ff.). Als Grypos im J. 96 gestorben war, nahm sein Sohn Seleukos VI. den Kampf gegen den Oheim A. auf. Seleukos durchzog siegreich das Land und gewann viele Städte. A. rückte nach Norden vor, nahm Antiocheia ein und führte von dort seine Truppen zur Entscheidungsschlacht. A. erlitt eine Niederlage und gab sich, von seinem Rosse mitten unter die Feinde gerissen, selbst den Tod (Jos. ant. XIII 366. Appian. Syr. 69. Trog. Prol. 40. Euseb. chron. I 259). Er starb nach einer 18jährigen Regierung (113-95, Euseb. a. O.). Zur Charakteristik dieses Mannes vgl. Diod. XXXIV 34. Nach Appian. Syr. 69 hat A. noch die Selene, die vorher die Frau des Grypos gewesen war, geheiratet. Es bleibt ungewiss, ob dies erst nach dem Tode des Grypos geschehen ist.

Litteratur: Flathe Gesch. Macedoniens II 673. Schürer Gesch. d. jüd. Volk. I 210ff. Kuhn Beiträge z. Gesch. d. Seleukiden 18ff. Babelon Rois de Syrie CLXIff.