Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Heroine Thebens
Band IX,2 (1916) S. 21352136
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2) Ismene (ΙΣΜΕΝΕ auf dem archaischen Vasenfragment von der Akropolis, Journ. hell. Stud. XIII 1892/3 Taf. 11), Heroine Thebens, wo ein Fluß, Hügel, Dorf diesen Namen tragen, berühmt durch den Kult des Ismenischen Apoll: Steph. Byz. s. v., Paus. IX 9, 2. 10, 2-6, Pherekydes in Schol. Eurip. Phoen. 53 = FHG I 48. Sie ist für die alte thebanische Sage gewiß von größerer Bedeutung gewesen, als sich jetzt erkennen läßt. Wir kennen nur einen alten Zug und diesen nur durch den Zufall, daß der Grammatiker Sallust ihn aus einem gelehrten Kommentar in seiner Hypothesis der Sophokleischen Antigone mit Zitat erhalten hat: Μίμνερμος δέ φησι τὴν μὲν Ἰσμήνην προσομιλοῦσαν Περικλυμένῳ (Robert Bild und Lied 21; Θεοκλυμένῳ codd.) ὑπὸ Τυδέως κατὰ Ἀθηνᾶς ἐγκέλευσιν τελευτῆσαι. Ob die aus Pherekydes in Schol. Eurip. Phoen. 53 = FHG I 48 erhaltene Notiz Ἰ/ἀναιρεῖ Τυδεὺς ἐπὶ κρήνης καὶ ἀπ’ αὐτῆς ἡ κρήνη Ἰ. καλεῖται mit jener Sage zu vereinigen sei oder eine ältere Version darstellt, muß zweifelhaft scheinen. Dargestellt ist die Szene auf einer korinthischen Amphora Mon. d. Inst. VI Taf. 14 = Benndorf Vorlegebl. 1889, XI 4: eine auf einer Kline liegende Frau wird von Τυδευς mit dem Schwert erstochen, während nach links der nackte Περικλυμενος entflieht; vgl. die merkwürdig ähnliche etruskische Aschenkiste bei Körte II Taf. 8a und S. 25. Diese Sage muß wohl früh poetisch gestaltet gewesen sein, da sie in Asien, Korinth und Athen bekannt war. Der Poseidonsohn Periklymenos hatte einst in der Sage der Sieben gegen Theben eine hervorragende Rolle gespielt: er verfolgte den Amphiaraos (Pind. Nem. IX. Eur. Phoen. 1155) vermutlich im Epos von Amphiaraos Ausfahrt (Bethe Theb. Heldenlieder [2136] 58. 60). Tydeus ist stets einer der Hauptangreifer geblieben. Aber als sein Gegner erscheint in unserer Überlieferung Melanippos, nicht Periklymenos, der vielmehr dem Parthenopaios gegenübergestellt wird. In jener verschollenen Sage scheint Tydeus merkwürdigerweise als Sieger dargestellt gewesen zu sein: stirbt doch durch ihn die Lokalheroine I. und flieht doch Periklymenos, der als Thebaner und Poseidonsohn zum Gatten der Flußnymphe I. paßt. Er wird auch auf der archaischen Vasenscherbe Journ. hell Stud. XIII (1892) Taf. 11 zu ergänzen sein, wo ΜΕΝ neben ΙΣΜΕΝΕ erhalten ist, vgl. S. 286. Als die Oidipussage mächtig heranwuchs, ist auch I. ihr als sein Kind neben Antigone, Eteokles, Polyneikes angeschlossen, zu denen allen sie ursprünglich keine Verbindung hatte. Als Mutter wurde ihnen Euryganeia (s. d.) oder Iokaste (s. d.) gegeben. Seitdem Sophokles Tat und Tod der Antigone erfunden hat – nach Drachmann Herm. XLIII (1908) 70 war das schon vor ihm geschehen – tritt I. auch hinter dieser zurück. Ion, Sophokles’ Freund (FHG II 40), hat in seinen Dithyramben erzählt, Laodamas, der Sohn des Eteokles, habe Antigone und I. im Tempel der Hera verbrannt: Sallust vor Soph. Antigone. Die Deutung des oberen Bildes einer unteritalischen Amphora (Mon. d. Inst. VII Taf. 71, 2) auf diese Szene ist unwahrscheinlich.

[Bethe. ]