RE:Himilkon 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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vornehmer Karthager und Feldherr aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. | |||
Band VIII,2 (1913) S. 1640–1643 | |||
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1) Vornehmer Karthager, Verwandter, wahrscheinlich Neffe von Hannibal Nr. 2 (s. o. Bd. VII S. 2318f.), ward diesem zur Unterstützung mitgegeben, als er 406 den großen Feldzug auf Sizilien begann, der mit der Zerstörung von Akragas endete (Diod.. XIII 80, 2). Nach dem Tode seines Oheims führte er die Belagerung mit der größten Energie weiter (Diod. XIII 86, 3) und sandte dem herannahenden Entsatzheer ein starkes Söldnerkorps, das aber besiegt ward (Diod. XIII 87, 1ff.). Infolgedessen ward er in seinem Lager von den Griechen abgeschnitten [1641] und geriet bald durch Hunger in die äußerste Bedrängnis, doch glückte es ihm, Schiffe von Panormos und Motye heranzuziehen, mit denen er einen Getreidetransport von Syrakus abfing (Diod. XIII 88, 2–6). Auch sonst gelang es ihm, Vorteile zu gewinnen (Polyaen. V 10, 4 = Front. III 10, 5), so daß sich die Feldherrn des Entsatzheeres schließlich genötigt sahen, die Stadt zu räumen. H. rückte in das verlassene Akragas ein, ließ sämtliche darin zurückgebliebenen Bewohner abschlachten und plünderte dann die Stadt rein aus, die zunächst zur Beherbergung seines Heeres stehen blieb (Diod. XIII 91, 1 Mittwinter 406/5, über die Chronologie vgl. o. Bd. VII S. 2319ff.). Ein Teil der Beute ging nach Karthago, darunter der Stier des Phalaris, der Rest ward an Ort und Stelle verkauft. Erst beim Aufbruch im nächsten J. 405 zerstörte H. die Stadt völlig (Diod. XIII 108, 1).
Zunächst wandte er sich gegen Gela und begann nach gründlicher Verwüstung des Gebietes mit gewaltiger Energie die Belagerung (Diod. XIII 108, 3–9). Den dreifachen Angriff des Entsatzheeres unter Dionysios (Diod. XIII 109, 1–110, 7) schlug er ab und eroberte gleich darauf die von den Verteidigern aufgegebene Stadt (Diod. XVI 111, 2); auch Kamarina fiel in seine Hand. Dann aber scheint nach Diod. XIII 114, 2 ein erneuter Ausbruch der Pest ihm schwere Verluste zugefügt zu haben, so daß er sich trotz aller Erfolge – nach Holm II 435 nahm er auch Kronion in Besitz – zu Friedensverhandlungen genötigt sah, die mit einem für Karthago sehr günstigen Vertrag abschlossen; nur Syrakus, Messene, Leontinoi und die Sikeler blieben frei, während die übrige Insel der Karthagerherrschaft verfiel (Diod. XIII 114, 1). Ruhmgekrönt kehrte H. in die Heimat zurück, wo indes die von dem Heere eingeschleppte Pest noch zahlreiche Opfer forderte (Diod. XIII 114, 2).
Quelle. Diodor XIII 80, 2–114, der im wesentlichen durch Timaios auf Philistos zurückgeht, daneben aber auch Ephoros benützt hat. Meyer Gesch. d. Alt. V 64 Anm. Neuere Darstellungen: Holm Gesch. Siz. II. Meltzer Gesch. d. Karth. I 270ff. Freeman Hist. of. Sicily III 513ff. Beloch Griech. Gesch. II 85ff. Meyer Gesch. d. Alt. V 74–86.
Nicht lange nachher scheint Karthago von einem der gewöhnlichen Libyeraufstände heimgesucht zu sein. Aus den Notizen Polyaen. V 10, 1 = Frontin. strat. II 5, 12 und Polyaen. V 10, 3, die bei Frontin. III 9, 9 auf Perikles übertragen ist, ergibt sich, daß H. in hervorragendem Maße zu seiner Niederwerfung beitrug (vgl. v. Gutschmid in Jahns Annal. 1880, 291f. Meltzer I 511). Jedenfalls war er damals der erste Staatsmann und Feldherr Karthagos; als daher Dionys im J. 397 von neuem Krieg begann, wird er sofort zum Oberbefehlshaber ernannt. Bei der mangelnden Kriegsbereitschaft Karthagos konnte er allerdings im ersten Jahre nicht viel ausrichten; er begnügte sich zunächst, ein kleines Geschwader den Hafen von Syrakus überfallen zu lassen, das dort beträchtlichen Schaden anrichtete [1642] (Diod. XIV 49, 1), aber Dionys keineswegs zur Aufgabe der Belagerung von Motye bewog. Dann versuchte er selbst mit 100 Schiffen Dionysios Flotte im Hafen von Motye zu überfallen, und es gelang ihm auch in den Hafen einzudringen, allein Dionys brachte es fertig, achtzig seiner Schiffe über die reichlich 31/2 km breite Landzunge in einem Tage nach der offenen See hinüberzuziehen, worauf H. seinen Angriff von außen fürchtend abzog und Motye seinem Schicksal überließ (Diod. XIV 50, 1–4. Polyaen. V 2, 7; über die Örtlichkeit vgl. Schubring Philol. XXIV 49ff. Holm II 111. 434. Meltzer N. Jahrb. CXI (1875) 747f.; Gesch. d. Karthager I 512. Th. Fischer Betr. z. phys. Geogr. d. Mittelmeerländer 18f. und Taf. II). Im folgenden Jahr (396) zum Suffeten gewählt (Diod. XIV 54, 5. Oros. IV 6, 10–15) setzte er mit einem gewaltigen Heer (die Zahlen bei Diodoros sind freilich sehr übertrieben) nach Sizilien über; durch Beobachtung sorgfältiger Vorsichtsmaßregeln (Polyb. V 10, 2 = Diod. XIV 55, 1 und Frontin. strat. I 1, 12. Meltzer Gesch. d. Karth. I 513. Stern Philol. XLII 458, 56) suchte er dem Angriff der sizilischen Flotte unter Leptines zu entgehen, was freilich nicht völlig gelang (Diod. XIV 55, 1–3). In Panormos schiffte er seine Truppen aus und gewann zunächst Motye wieder, worauf Dionys. der sich dem Feinde nicht gewachsen glaubte, nach Syrakus zurückging. Dann zog H. an der Nordküste Siziliens entlang, wobei Himera und Kephaloidion sich anschlossen, nahm Lipara weg und wandte sich nun mit ganzer Macht gegen Messana, das ebenfalls in seine Hände fiel (Diod. XIV 55, 4–57, 6). Nach völliger Zerstörung der Stadt zog er südwärts Dionys entgegen, der am Tauros lagerte, ward aber durch einen Ausbruch des Ätna verhindert, die Küstenstraße zu wählen, und sandte deshalb Mago mit der Flotte nach Katane voraus, das er selber mit dem Landheer auf dem Umweg um den Ätna zu erreichen suchte (Diod. XIV 58, 3–59, 4). Diese Trennung der Streitkräfte wollte Dionys benützen, um die karthagische Flotte zu überfallen; allein seine von Leptines geführte Seemacht erlitt durch dessen Unvorsichtigkeit eine gewaltige Niederlage, die ihn angeblich 100 Schiffe und 20 000 Mann kostete (Diod. XIV 59, 4–60, 7) und ihn zum Rückzug auf Syrakus zwang. Inzwischen vereinigte sich H. wieder mit seiner Flotte und gönnte seinen Truppen einige Ruhetage, während derer er einen Versuch machte, Dionys kampanische Söldner in Aitna zum Übertritt zu bewegen, allerdings ohne Erfolg (Diod. XIV 61, 4–6). Dann brach er mit dem Gesamtheer zur Belagerung der feindlichen Hauptstadt auf, die er von der Landseite her einschloß, während gleichzeitig seine Flotte in den Hafen einlief. Er selber schlug sein Hauptquartier im Olympieion auf und befestigte das Lager durch mehrere Kastelle; nach gründlicher Verwüstung des Landgebiets gelang es ihm sodann, die Vorstadt der Achradina mit dem Tempel der Demeter und Kore zu erobern (Diod. XIV 62, 1–4). Doch war die Blockade keineswegs vollständig, und in kleineren Scharmützeln blieben die Syrakusier sogar siegreich; auch [1643] erhielten sie Hilfe von Sparta (XIV 63, 1. 4).
Da brach im Heere H.s eine entsetzliche Seuche aus, die bei den libyschen Kontingenten begann und bald die furchtbarsten Verheerungen anrichtete (Diod. XIV 70, 4–71, 4). Dadurch geschwächt vermochte H.s Heer dem ausgezeichnet geplanten und glänzend durchgeführten Angriff des Dionys nicht zu widerstehen, der gleichzeitig zu Land und See erfolgte und mit einer völligen Niederlage der Karthager endete (Diod. XIV 72, 1–74, 4). Sofort leitete H. die Friedensverhandlungen ein und versuchte zunächst durch Zahlung von 300 Talenten den Abzug des Gesamtheeres zu erkaufen; doch konnte Dionys nur den Abzug der Bürgertruppen bewilligen. Dieser ward auch vier Tage später während der Nacht glücklich bewerkstelligt, worauf die verlassenen Reste des Heeres sich zerstreuten oder in syrakusische Gefangenschaft gerieten (Diod. XIV 75, 1–9). Nach Karthago zurückgekehrt, starb H. freiwillig den Hungertod (Diod. XIV 76, 4. Iustin. XIX 3, 12, nach Oros. IV, 6 gladio dolorem vitamque finivit); ob sofort oder erst später, ist nicht bekannt und hängt davon ab, ob man mit Mekler zu Polyaen. V 10, 1. 3 und Ed. Meyer V 117 A. die Notizen Polyaens auf den bekannten Libyeraufstand des J. 396 bezieht, der sich unmittelbar an H.s Niederlage anschloß (Diod. XIV 77, 1ff.), oder mit dem Verfasser auf einen früheren sonst nicht erwähnten Kampf bezieht.
Quelle: Diod. XIV 49–76, 4. Neuere Darstellungen: Holm Gesch. Siziliens II. Freeman Hist. of. Sicil. IV 72ff. Beloch Griech. Gesch. II 157ff. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. V 106–117.