Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
ohne Bargeld vom Aussteller zum Bezogenen und Empfänger
Band S IV (1924) S. 696709
Zahlungsverkehr in der Wikipedia
GND: 4067287-6
Zahlungsverkehr in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register S IV Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|S IV|696|709|Giroverkehr|[[REAutor]]|RE:Giroverkehr}}        

Giroverkehr. Literatur. I. Die klassische Zeit: a) Goldschmidt Ztschr. der Sav.-Stift. X (1889) 352ff. b) Büchsenschütz Besitz und Erwerb, Halle 1869. c) Boeckh Staatshaushalt. I3 156ff. d) Hasebroek Herm. LV (1920) 113ff. e) Laum Berl. Phil. Woch. 1922. 427. – II. Nachklassische Zeit außerhalb Ägyptens: a) Mitteis Ztschr. Sav.-Stift. XIX (1898) 250ff. b) Voigt Abh. Sächs. Akad. d. Wiss. (1888) 524ff. c) Blümner Die Röm. Privatalt. (Iw. v. Müller Hdb. d. klass. Altert. IV 2, 2 [1911] 654). d) Wilcken Alex. d. Gr. und die hellenistische Wirtschaft (Schmollers Jahrb. XLV 85ff.) – III. Im hellenistischen Ägypten: 1. Preisigke Girowesen im griech. Ägypten, Straßb. 1910. 2. Preisigke Zur Buchführung der Banken, Arch. f. Pap. IV 95ff. 3. Partsch Gött. Gel. Anz. 1910, 725ff. 4. Vierek Berl. Phil. Wochenschr. 1911, 966ff. 5. Vierek Byz. Ztschr. 1910, 684ff. 6. Schubart Literar. Zentralblatt 1910, 729ff.

I. Der Begriff ,Giro‘.

Der G. hat seinen Namen von dem italienischen Wort giro (= Kreis; griechisch γῦρος), weil die in den einzelnen Konten gebuchten Summen durch Abschrift und Gutschrift einem ständigen Kreislauf unterworfen sind. Die Girozahlung geht nun so vor sich, daß etwa die Bank C (Bezogene) eine bestimmte Summe vom Girokonto des A auf dessen Antrag (Giroanweisung) abschreibt und dem Girokonto des Empfängers B zuschreibt, ohne daß Bargeld dabei angerührt wird. Bei einer Girozahlung sind demnach mindestens drei Stellen beteiligt: der Aussteller der Giroanweisung (A), der Bezogene (C) und der Empfänger (B). Steht nun die betreffende Bank mit einer an einem fremden Ort befindlichen Bank im Giroverrechnungsverkehr, so ist auch eine Überweisung auf das Konto, das ein Kunde dieser Bank hat, möglich (Fern-G.). Charakteristisch ist für den G., daß die Giroanweisung unmittelbar dem Bezogenen zugestellt wird.

Anders beim Scheck. Hier wird dem Empfänger, der bisweilen in der Anweisung genannt ist (Namenscheck) oder nicht genannt ist (Inhaberscheck), die Anweisung vom Aussteller ausgehändigt, der Empfänger präsentiert sie der betreffenden Bank und erhält aus dem Konto des Ausstellers die genannte Summe ,bar‘ ausbezahlt.

Ein Mittelding zwischen Giroanweisung und Scheckanweisung ist die sogenannte einseitige [697] Giroanweisung. Diese Anweisung gibt der Aussteller wie bei der gewöhnlichen Giroanweisung unmittelbar dem Bezogenen; aber die Auszahlung erfolgt wie beim Scheck in ,bar‘.

Die Erklärung dieser modernen Zahlungsmittel mußte hier gegeben werden, da ohne sie eine klare Scheidung beim antiken Bankverkehr unmöglich ist.

II. Giro im Altertum.

a) Die klassische Zeit.

Für die klassische Zeit ist G. nicht nachzuweisen. Die Ansicht von Hasebroek (S. 117ff.), der zumindest ,einseitigen G.‘ nachweisen will, ist von Laum (S. 127) mit Recht zurückgewiesen worden. Für den einseitigen G. oder Scheckverkehr haben wir im 4. vorchristl. Jhdt. keinen Beleg.

Als Beweis für einseitigen G. führt Hasebroek eine Stelle der unter Demosthenes’ Namen erhaltenen Rede gegen Kallippos (52 § 4) aus dem J. 369/68 an: ,Εἰώθασιν δὲ πάντες οἱ τραπεζίται, ὅταν τις ἀργύριον τιθεὶς ἰδιώτης ἀποδοῦναι τῷ προστάττῃ, πρῶτον τοῦ θέντος τοὔνομα γράφειν καὶ τὸ κεφάλαιον τοῦ ἀργυρίου, ἔπειτα παραγράφειν ,τῷ δεῖνι ἀποδοῦναι δεῖ‘, καὶ ἐὰν μὲν γιγνώσκωαι τὴν ὄψιν τοῦ ἀνθρώπον ὧ ἂν δέῃ ἀποδοῦναι, τοσοῦτο μόνον ποιεῖν, γράψαι ᾧ δεῖ ἀποδοῦναι, ἐὰν δὲ μὴ γιγνώσκωσι, καὶ τούτου τοὔνομα προσπαραγράφειν, ὃς ἂν μέλλῃ συστήσειν καὶ δείξειν τὸν ἄνθρωπον, ὃν ἂν δέῃ κομίσασθέαι τὸ ἀργύριον.‘

Wenn also die Vermittlung eines Bankiers zur Bezahlung einer deponierten Summe in Anspruch genommen wurde, so pflegte der Bankier in seinem γραμματεῖον einzutragen: I. den Namen des Deponenten; II. die deponierte Summe; III. den Empfänger; IV. wenn dieser dem Bankier nicht persönlich bekannt ist, eine bekannte Person, die jenen legitimieren kann.

In der Rede gegen Kallippos wird demnach der Bankier etwa folgendes Schema, das ich Laum (S. 428) entnehme, in seinem γραμματεῖον eingetragen haben.

a       b       c
Λύκων Ἡρακλεώτης Κηφισιάδῃ Ἀρχεβιάδης Λαμπτρεὺς
χιλίας ἑξακοσίας      ἀποδοῦναι δεῖ δείξει τὸν
τετταράκοντα      Κηφισιάδην
(γραφή = θέμα).      (παραγραφή).      (προσπαραγραφή).

Der Bankier Lykon deponiert also bei seinem Bankier vor seiner Abreise die Summe von 1640 Drachmen, die dieser dem Kephisiades, der noch nicht in Athen ist und von Archebiades legitimiert werden wird, auszahlen soll. Der Bankier ist also lediglich Vermittler. Er wird nicht ,angewiesen‘, die Summe von 1640 Drachmen dem Konto des Lykon abzubuchen und dem Kephisiades auszuzahlen, sondern die Summe von 1640 Drachmen wird dem Bankier von vornherein als Depositum übergeben mit dem ,Auftrag', das ganze Depositum dem Kephisiades auszuzahlen.

Von Kontos, von Abbuchen und Zubuchen ist nichts gesagt. Der Begriff ,Konto‘ muß von dem des ,Depositums‘ streng geschieden werden.

Das zweite Argument, das Hasebroek (S. 117) für einseitigen G. in Griechenland anführt, ist die Übersetzung von διαγραφή als ,Zahlen durch die Bank‘; da diese Übersetzung nicht nur durch Harpokration (vgl. Suidas), einen Grammatiker des 2. nachchristl. Jhdts., bezeugt, sondern auch im hellenistischen Ägypten bekannt ist, so schließt Hasebroek, daß διαγραφή bei Polybios (XXXII 13, 7) ,Zahlen durch die Bank‘ bedeutet und einseitiger G. auch fürs Mutterland bewiesen ist. Laum (S. 429ff.) weist auch diese Hypothese mit Recht zurück und übersetzt διαγράφειν mit ,austilgen‘ aus dem γραμματεῖον. Der Bedeutung kommt man jedoch noch näher, wenn man wörtlich übersetzt ,Durchstreichen‘ (perscribere). Wenn ein Depositenkunde sein Depositum abhob oder der Bank den Auftrag gab, es einem Dritten auszuzahlen, so strich der τραπεζίτης den oben in der Kolonne a stehenden Vermerk (bei Auszahlung an den Kunden) bzw. den in den Kolonnen a, b, c stehenden Vermerk (bei Auszahlung an den Dritten) aus, sobald die Zahlung erfolgt war. Daher mag διαγράφειν zu der Bedeutung, ,auszahlen durch die Bank‘, gekommen sein; von bargeldloser Zahlung aus einem Konto ist nichts gesagt. Die Grundbedeutung von διαγάαφειν [698] beweist vielmehr gerade die Auszahlung eines ,Depositums‘ in bar. Denn, wenn die Kolonnen a, b, c im γραμματεῖον durchstrichen sind, muß das hier vermerkte Depositum als Ganzes ausbezahlt worden sein. Wenn es sich dagegen um Abschreiben von Bruchteilen eines Kontos handelte, würde der Bankier den Vermerk a, b, c nicht ,durchstrichen‘, sondern in einem zweiten Vermerk die betreffende Summe ,abgebucht‘ haben.

Die Anweisung auf Zahlung an einen Dritten heißt ἀραγραφή (s. Rede an Kallippos, oben). Diese Übersetzung des Wortes erklärt die im hellenistischen Ägypten gebräuchliche Bedeutung von παραγράφειν: ,das Konto von jemand belasten‘ (Preisigke Fachwörterbuch 136). Auch hier muß man, wie bei διαγραφή, von der Grundbedeutung ausgehen. Zahlte der Kunde für sich selbst ein Depositum ein, so legte der Bankier die Kolonne a an; zahlte der Kunde aber ein Depositum zur Auszahlung an einen Dritten ein, so mußte er neben a den Anweisungsvermerk, d. h. die Kolonne b bezw. c ,danebensehreiben‘ (παραγράφειν). War die Auszahlung durch den Bankier erfolgt, so mußte dieser, wie oben erwähnt, alle drei Kolonnen durchstreichen. Der Anweisungsvermerk (παραγραφή), der die Auszahlung bewirkt, geht also bei Zahlungen an Dritte der eigentlichen Auszahlung (διαγραφή) voraus. Von Zahlungen im Giroweg kann bei solchen Zahlungen der Bank an Dritte nicht gesprochen werden. Für das 4. Jhdt. v. Chr. fehlen demnach jegliche Belege zum Beweis des G. in Griechenland.

b) Die nachklassische Zeit außerhalb Ägyptens.

Die Bedeutung von παραγραφή und διαγραφή wird besonders klar durch die sog. Nikaretainschrift (IG VII 3172 VIII C) aus der Zeit um das Jahr 200 v. Chr. Auch sie wird von Mitteis (1898, 251) und Goldschmidt (364) für eine Girourkurde gehalten. In der Inschrift heißt es: ,Διαγραφὰ | Νικαρέτη⟨ι⟩ διὰ τραπέδδας [699] τᾶς Πιστοκλεῖος ἐν Θεσπι|ῆς‘; das Gerippe des folgenden Satzes lautet: ἐπὶ τὰς Πιστοκλεῖος|τραπέδδας Νικαρέτη⟨ι⟩ παραγράφει παρ' Πολιουκρίτω Θάρο|πος Ἐρχομενίω ταμίαο – ἀργυρίω δραχμή –.‘ Mit διαγραφὰ wird die Auszahlung der Bank an Nikareta bezeichnet; das folgende heißt nun: ,in der Bank des Pistokleios wurde für Nikareta von Seiten des Kämmerers Pistokleios eine bestimmte Summe Drachmen angewiesen‘, d. h. der Kämmerer hat diese Summe in der Bank für Nikareta anweisen (danebenschreiben) lassen. Auch hier ist weder von einem Konto des Kämmerers noch von einem solchen der Nikareta die Rede; es wird sich also auch hier um ein Depositum handeln, das der Kämmerer aus Orchomenos bei der Bank in Thespiae hinterlegte, mit dem Auftrag, es an Nikareta auszuzahlen; der Bankier schrieb also eine Kolonne b, vielleicht auch c, neben die Kolonne a. Mit διαγραφή ist dann gesagt, daß das Geld nicht nur angewiesen worden ist, sondern auch das ,Durchstreichen‘ (Auszahlung) durch die Bank im γραμματεῖαν erfolgt ist.

Ebenso handelt es sich bei dem Auftrag des Scipio (Polyb. XXXII, 13, 6, vgl. Hasebroek 119. Büchsenschütz 503), ,25 Talente, die bei einem Bankier deponiert sind, den beiden Schwestern auszuzahlen‘, um die Auszahlung der ganzen deponierten Summe, nicht um ein Abbuchen von einem Girokonto.

Es wird also weder durch die Stelle bei Demosthenes, noch bei Polybios, noch durch die Nikaretainschrift bewiesen, daß es Girokonten gegeben hat. Solange diese nicht bewiesen sind, darf man auch von Giro- bzw. Scheckverkehr nicht sprechen. Auch hätten Girokonten, die im Gegensatz zu den Deposita im ständigen Fluß sind, in damaliger Zeit wegen der Schwierigkeit der Zinsenberechnung keine Zinsen einbringen können. Die Errichtung von Konten, die keinen Gewinn bringen, hat aber nur dort Zweck, wo die Vereinfachung des bargeldlosen Verkehrs dem Verlust an Zinsen unbedingt vorzuziehen ist. Die Vereinfachung, die den G. wünschenswert macht, besteht in erster Linie in der Möglichkeit durch einfache schriftliche Giroanweisung eine Zahlung zu bewirken.

In Rom (Donat. Ter. Ad. II 4, 13. Andere Belege Voigt 526, 48/49) und Athen (Belege bei Hasebroek 122 und 127), wo die Bankgeschäfte in Gegenwart des Empfängers mündlich und vor Zeugen stattfanden, ist kein praktisches Bedürfnis für die Errichtung von Girokonten zu finden. Man bezahlte seinen Gläubiger entweder zu Hause mit dem ἔνδον κείμενον (Isokr. Areop. § 33) oder auf der Bank mit der deponierten Summe (τὰ ἔξω δεδομένα Isokrates a. a. O.). Vom G. kann also auch aus allgemeinen Erwägungen heraus nicht gesprochen werden.

Da nun ein ausgedehnter G. in der Heimat die Voraussetzung für Girozahlungen nach dem Ausland ist, so darf auch G. zwischen dem Ausland und Athen nicht angenommen werden, obwohl schon zu Zeiten des Demosthenes z. B. die große Bank des Pasion in Athen mit vielen Banken in Asien in Verrechnungsverkehr gestanden haben muß. Neben Kreditbriefen, die die Banken schon zu Demosthenes’ Zeit (Demosthenes [700] gegen Polykl. 56) ausstellten, hören wir in ciceronischer Zeit (Belege Blümner 654, 1) von der sog. permutatio, d. h. einem Anweisungsgeschäft nach Art des Postanweisungsgeschäfts unserer Reichspost. Aber bei beiden Geschäften erfolgte die Überweisung von Bank zu Bank, nicht von Konto zu Konto. Die Banken standen im Verrechnungsverkehr, nicht im G. Allerdings muß man sagen, daß das Bankgeschäft der permutatio einen starken Fortschritt zum G. bedeutet und die Ablösung des griechischen Stadtstaatensystems durch das römische Provinzialsystem einen günstigen Boden für die Entwickelung zum Girowesen bot. Die nachciceronische und die Kaiserzeit ist jedoch hinsichtlich des bargeldlosen Bankverkehrs noch zu wenig erforscht, als daß die Existenz von G. für diese Zeit behauptet werden kann.

c) Ägypten in hellenistischer Zeit.

Für das hellenistische Ägypten ist ausgedehnter Giro- und Scheckverkehr durch Preisigke in dem oben erwähnten Buch, das hier zugrunde gelegt werden muß, nachgewiesen worden.

In Ägypten war das Getreide neben dem Geld Zahlungsmittel – eine Tatsache, die für die Entwicklung zum G. dort maßgebend gewesen ist. Der ägyptische Staat unterhielt im ganzen Land große Speicher (θησαυροί, δημοσία, vgl. Preisigke 41), wo neben seinem eigenen Getreide das Getreide vieler Privatleute aufbewahrt wurde; sie hatten ihr Getreidekonto im Staatsspeicher und konnten, da das Getreide Zahlungsmittel war, mit den im Geldverkehr üblichen Mitteln (Giro, Scheck usf.) darüber verfügen. Da die Schwierigkeit einer körperlichen Zahlung in Getreide bei weitem größer ist, als die bei dem leicht zu transportierenden Geld, so ist ohne weiteres klar, daß ,bargeldlose‘ Zahlung bei Getreidezahlungen die Regel gebildet haben muß. Die Inhaber von Getreidekontos hatten den Vorteil, daß sie keine eigenen Scheunen zu bauen brauchten und gegen geringe Gebühr vor Verlusten durch Feuer oder Diebstahl gesichert waren. Der Staat, der als Großkaufmann in Getreide großen Bedarf an Getreide hatte, konnte andrerseits im Giroweg die Steuern von den Staatspächtern direkt erheben, so daß ein umständlicher Zwischenhandel ausgeschaltet war. Da auch die Privatpächter in der Regel ihr Getreidekonto beim θησαυρός hatten, so konnten sie leicht die Pachtsumme in Getreide auf das Getreidekonto des Verpächters überweisen lassen. Während der Geld-G. in der Hand der Banken lag, die in ptolemäischer Zeit vom Staat monopolisiert waren, wurde der Getreide-G. vom Staat selbst (Preisigke 4) ausgeübt. Die im ganzen Land zerstreuten Staatsspeicher, an denen der Getreide-G. stattfand, kann man am besten mit unserer Reichsbank und ihren zahlreichen Filialen vergleichen, deren Tätigkeit sich ebenso auf die Verwaltung von Eigenvermögen, wie auf eine solche zahlreicher Konten von Privatvermögen erstreckte.

Für die vorchristliche Zeit (ptolemäische Zeit) kann G. in Ägypten gradesowenig nachgewiesen werden wie im griechischen Mutterland, da weder die Belege bei Preisigke noch solche, die in Neueditionen vorliegen, beweisend sind. Für [701] das 3. Jhdt. v. Chr. wird in einem kürzlich veröffentlichten Zenopapyrus (Ann. d. serv. XX 59, 11) zwar ein ,θέμα ἐπὶ βασιλικῆς τραπέζης‘ erwähnt; aber es ist nicht festzustellen, ob es sich um ein Konto oder ein Depositum handelt. Auch bei den in ptolemäischer Zeit vorkommenden Zahlungen durch die Bank (Ann. d. serv. XXI 65, Col. III 63 [3. Jhdt. v. Chr.]; P. Tebt. I 112, Einl. [J. 112 v. Chr.]) ist unsicher, ob Depositen- oder Girozahlung vorliegt. Zu dem Dienstscheck, der sich wohl auf ein ,Postanweisungsgeschäft‘ bezieht, s. u. (Pap. Fay. 16).

,Es muß daher festgestellt werden, daß mangels an Belegen Giro- bezw. Scheckverkehr weder für das griechische Ägypten noch für das griechische Mutterland bewiesen ist‘. Eine Ausnahme bildet der Getreide-G. in Ägypten, der auch in ptolemäischer, vielleicht sogar in vorhellenistischer Zeit eine große Bedeutung gehabt haben muß. Denn die Verbreitung und der bis ins einzelne ausgebildete Mechanismus dieser ,bargeldlosen‘ Zahlungsart, wie sie uns die römische Zeit bietet, setzt eine jahrhundertelange Entwicklung voraus und reicht sicherlich schon in die vorhellenistische Zeit zurück. Diese Tatsache und das praktische Bedürfnis nach ,buchmäßiger‘ Getreidezahlung in Ägypten wiegt schwerwiegender als der Mangel an Belegen, zumal für die ptolemäische Zeit ohnehin verhältnismäßig wenige Papyrusurkunden erhalten sind. Getreide-G. darf und muß daher auch für das vorrömische Ägypten vorausgesetzt werden.

Wie erwähnt, lag der Getreide-G. in der Hand der θησαυροί. Die einzelnen Zahlungsmittel, die bei diesen Staatsspeichern üblich waren, zu scheiden, ist meist recht schwierig. Während es im modernen Bankbetrieb für jede Zahlungsart (Giro, Scheck usf.) besondere Formulare gibt, findet man in Ägypten nur eine einzige Anweisungsform: das διαστολικόν, das bald einen Auftrag auf Girozahlung, bald auf einseitige Girozahlung, bald auf Scheckzahlung enthält, ohne daß die Form der Abfassung eine Scheidung möglich macht. Erst die Art der Aushändigung (an die Bank oder den Zahlungsempfänger) läßt erkennen, was für eine Anweisung es ist. Für diesen doppelten Gebrauch der Anweisungen ist charakteristisch der wichtige Privatbrief Pap. Oxyrh. III 533 Z. 3 (2./3. Jhdt. n. Chr.). ,Διεπεμψάμην ὑμε[ῖ]ν δ[ι]ὰ Εὐτυχοῦς τοῦ ἀπὸ Ἰσίου Τρύφωνος διαστολικὰ γ, β μὲν πρὸς γεωργοὺς Μαξίμου, τὸ [δὲ] ἄλλο πρὸ[ς] Διογ[έ]νην τὸν τοῦ Βελεή. (). Εὐθέως δημοσιώσατε αὐτὰ πρὸ τοῦ Φαῶφ[ι ,ἱ]να μὴ ἐκπρόθεσμα γένηται. Ἕτερα δὲ ἀνεπέμφθη Πανεχώτῃ νομικῷ, παρ' οὗ κομ[ίσ]εσθε καὶ δότε αὐτῷ (δραχμάς) ξδ. Τὸ χορτοσπέρμον πωλήσατε καὶ πύθεσδε τοῦ Ὀ[.]φ[.]λη, εἰ χρ[εί]αν ἔχει τοῦ ἀπὸ Ταμπιτεί. – Z. 23. Εἴπατε Ἑρμίᾳ τῷ τ[οῦ Ἰσ]ίου Παγγᾶ γραμματεῖ πρακτόρων ἀργυ(ρικῶν). ὄτι διάστειλον, ὃν ὀφείλεις μοι πυρὸν ἢ ὃν ἐ[ὰν δ]οκιμᾷς. Ἡρακλείδης Ἑρμαίσκ[ο]υ ἀποδότω τὰς τοῦ (πυροῦ) (ἀρτάβας) ς ἐν θέματι. κτα.‘

Der abwesende Apion schreibt in diesem Brief seinem Sohn und den ihm nahestehenden Horion: ,Ich habe für Euch durch Eutychides, einen Mann aus (dem Dorfe) Ision-Tryphonos drei Anweisungen (Giroanweisungen) übersandt; davon lauten zwei auf den Namen der Bauern des Maximus, [702] die dritte auf den Namen des Diogenes, des Pächters (?) des Belee ... Reichet dieselben sofort (an den Staatsspeicher) ein, vor dem (Monat) Paophi, damit sie nicht durch Fristüberschreitung ungültig werden.

Andere Anweisungen (Scheckanweisungen) aber sind (von mir) an den Rechtsbeistand Panechotes gesandt worden, von dem ihr sie erhalten werdet; zahlt ihm dafür 64 Drachmen aus. Den Grassamen verkauft und fragt den x, ob er den Mann aus Tampitei haben muß‘.

Die ersten drei Anweisungen (διαστολικά) sind mit Preisigke 125 als Giroanweisungen auf den Namen der zwei Bauern und eines Pächters (also: Getreidegiroanweisungen) anzusehen; denn die Anweisungen werden vom Aussteller (hier von dessen Vertretern) unmittelbar dem Bezogenen ausgehändigt, der die Überweisung auf die Konten der Empfänger vornehmen soll. Da von Konten dieser Empfänger nichts erwähnt wird, kann es sich auch um einseitige Giroanweisungen handeln. Eine körperliche Auszahlung ist aber, da es sich um Getreidezahlungen handelt, weniger wahrscheinlich. Die anderen διαστολικά, die auf den Namen des Rechtsbeistandes Panechotes lauten, müssen dagegen Scheckanweisungen sein; denn sie sind vom Aussteller dem Empfänger unmittelbar zugesandt worden, damit er sie bei der Bezogenen einlösen soll. Sie scheinen auch auf Getreide, nicht auf Geld gelautet zu haben, da alle übrigen Anweisungen, die in dem Brief vorkommen, Getreideanweisungen sind (vgl. Z. 22).

Die Vermutung, daß es sich hier um Scheckanweisungen handelt, gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die Worte ,παρ οὗ κομ[ίσ]εσθε‘, deren Sinn bisher mißverstanden worden ist, da man kein passendes Objekt zu dem Verbum fand. Preisigke ergänzt S. 124 ,es(?)‘ und läßt die Frage offen; Wilcken ergänzt aus dem folgenden Satz: ,χορτοσπέρμον‘; dies ist schon der Stellung wegen unmöglich. Klarheit zu schaffen ist um so schwieriger, weil der Briefschreiber den Inhalt des ,ἑτέρας ἐπιστολῆς‘ voraussetzt und sich hier recht knapp ausdrückt. Grammatisch betrachtet kann man nur διαστολικά ergänzen und dies gibt auch den besten Sinn: Der Scheckaussteller Apion hat die ἔτερα διαστολικά seinem Rechtsbeistand zugeschickt; dieser will aber nicht mittels Getreidescheck wegen der damit für ihn verbundenen Umstände (er hat als Rechtsbeistand wohl kein Getreidekonto!) ausbezahlt werden, sondern verlangt Bargeld. Dies geht deutlich aus den folgenden Worten: ,καὶ δότε αὐτῷ (δραχμὰς) ξδ.‘ hervor. Die Briefempfänger sollen die Scheckanweisungen, damit kein Unfug damit getrieben wird, beim Recbtsbeistand zurückholen und ihn in ,bar‘ mit 64 Drachmen ausbezahlen. Es gab also schon damals Leute, die mit Schecks nichts zu tun haben wollten!

Da die Briefempfänger die διαστολικά noch vor dem Monat Phaophi beim θησαυρός einreichen sollen, damit sie nicht durch Fristüberschreitung ungültig werden, so ist klar, daß Giroanweisungen und wohl auch Scheckanweisungen innerhalb einer bestimmten Frist (die Frist von etwa vier Wochen, die Preisigke annimmt, ist nicht bewiesen) eingelöst werden mußten. Auch heute müssen Schecks innerhalb [703] einer gewissen Frist (im Inland 10 Tagen; Scheckgesetz § 11) eingelöst sein.

Aber nicht nur die Art der Aushändigung, sondern auch die technische Handhabung durch den Bezogenen unterscheidet die Giroanweisung vom Scheck. Bei jener Anweisung muß die Bank dem Giroempfänger eine Meldung zusenden, die besagt, daß sie die betreffende Summe seinem Konto gutgeschrieben hat; der Empfänger hat der Bank daraufhin keine Quittung auszustellen, da ihm im Überweisungsverkehr ja nichts bar ausbezahlt wird.

Anders beim Scheck, wo der Empfänger, der den Scheck überbringt, durch Namensunterschrift bekunden muß, daß er und kein anderer den Scheck eingelöst und das Geld empfangen hat. Die Bank braucht die Quittung als Beleg für etwaige Reklamationen.

Dieser Gedankengang gibt uns eine Handhabe, etliche Anweisungen als sichere Scheckanweisungen zu erkennen. Finden wir nämlich auf der Anweisung neben der Unterschrift das Wörtchen ‚ἐπήνεγκα‘ (= ich habe den Scheck überbracht), so ist die Anweisung als Scheckanweisung gesichert. Gleichzeitig zeigt ἐπήνεγκα, daß die Anweisung präsentiert worden ist und auch aus diesem Grund eine Scheckanweisung sein muß. Eine solche Scheckanweisung ist Pap. Oxyrh. III 516 (J. 160 n. Chr.):

,Διονύσιος Φαύστου τοῦ καὶ Ἀμφείονος τῶν ἱερονικ(ῶν) καὶ ἐξηγητευκότ(ω)ν τῆς Ὀξυ(ρύγχων) πόλεως διὰ Ὡρίωνος, γραμματ(έως) σἰτολ(όγοις) Μέσης τοπ(αρχίας) Κερκευ(ρώσεως) τόπ(ων) χαίρειν. Διαστείλατε ἃς ἐχετέ μου ἐν θέματι πυροῦ γενήμ(ατος) τοῦ διελ(θόντος) κγ (ἔτους) Ἀντωνείνου Καίσαρος τοῦ κυρίου Ἀπίωνι Ἀπίωνος ἀρτάβ(ας) εἴκοσὶ πέντ[ε] ἥμισυ χοί(νικας) ἐννέα, γ(ίνονται) (ἀρτάβαι) κε (ἥμισυ) χ(οίνικες) θ. (Ἔτους) κδ Ἀντωνείνου Καίσαρος τοῦ κυρίου, Ἁδὺρ κα.

(2. Hand) Ἀπίων 'Ἀπίω(νος) ἐπήνεγκα‘.

Durch die letzten von zweiter Hand geschriebenen Worte: ,Ich Apion, Sohn des Apion, habe den Scheck präsentiert‘ kennzeichnet sich die Anweisung als Scheck. Der Privatsekretär des Dionysios namens Horion hat den Scheck im Auftrag seines Herrn ausgestellt. Es war also schon damals möglich, daß ein Bevollmächtigter des Kontoinhabers einen Scheck auf dessen Konto ausstellen konnte. Preisigke betont (129) mit Recht, daß es sich hier um einen Namenscheck handelt, da der Empfänger, der den Scheck repräsentiert, in der Anweisung mit Namen genannt ist.

Zu Unrecht wird dagegen von Preisigke (p. 130ff.) der Pap. Oxyrh. III 613 (J. 155 n. Chr.) als Inhaberscheck bezeichnet. Er lautet: ,Διέστ(αλκεν) (πυροῦ) γενήμ(ατος) ιη (ἔτους) Ἀντωνίνου Καίσαρος τοῦ κυρίου δι(ά) σιτολ(όγων) Ἄνω τοπαρχ(ίας) Μονίμ(ου) τόπ(ων) Διογᾶς Ἀμοίτ(ος) λοιπ(ὸν) θέμ(α) (ἀρτάβην) ά.

(2. Hand) Φιλόξενος ὁ καὶ Φιλίσκος Διονυσίου ἐπήνε[γ]κα καὶ διάστιλόν μοι τὴν ⟨ἀρτάβην α⟩ ἐπ' ὀνόματος Λιογᾶτος Ἀμό(ι)τος'. Preisigke faßt das von erster Hand Geschriebene als Inhaberscheck auf, da der Name des Empfängers fehlt, während die von zweiter Hand zugefügten Worte die Quittung (Vorzeigeformel) und eine Anweisungsformel des Empfängers enthalten soll. [704] Partsch 788 betont mit Recht, daß διέστ(αλκεν) auf keinen Fall eine Scheckanweisung einleiten kann. Er meint vielmehr, die Scheckanweisung sei von Philoxenos schon früher der Bank ausgehändigt worden, ohne daß damals die Auszahlung erfolgt sei. Die Bank habe vielmehr damals die von erster Hand geschriebene Zwischenbescheinigung ausgestellt, die besagen soll, daß der Scheck, um eine Fristüberschreitung zu verhüten, zwar eingeliefert, aber aus irgendwelchen Gründen nicht zur Auszahlung gelangt sei. Diese Zwischenbescheinigung habe nun Philoxenos präsentiert (2. Hand) und die Auszahlung gefordert. Es ist wenig wahrscheinlich, daß die Bank mit den Worten: ,Es hat Diogas durch den Getreidespeicher die Summe x angewiesen‘ bescheinigen will, daß die Auszahlung eines überbrachten Schecks unterblieben sei. Die Bescheinigung besagt vielmehr, daß die Summe x ,angewiesen‘ ist, und Philoxenos darüber verfügen kann. Derartige Meldungen an den Empfänger sind unbedingt notwendig, damit dieser weiß, daß das Geld zu seiner Verfügung steht. Die Worte der 2. Hand besagen, daß der Empfangsberechtigte den Meldeschein zur Bank gebracht hat und daher (καί) die Auszahlung verlangt. Es handelt sich also um einen Meldeschein der Bank an den Empfänger, auf Grund einer einseitigen Giroanweisung. Wir sehen, daß hier nicht auf der Anweisung selbst quittiert wurde, wie bei der Scheckanweisung (vgl. o.), sondern daß auf dem Meldeschein der Bank die Quittung steht. Dies ist ganz natürlich, da der Zahlungsempfänger die Giroanweisung selbst nie in die Hand bekommt. Der Empfänger einer gewöhnlichen Girozahlung muß einen derartigen Meldeschein auch erhalten, er braucht aber nicht zu quittieren, da in ,bar‘ nichts ausbezahlt wird. Der Empfänger einer einseitigen Girozahlung quittiert dagegen auf dem Meldeschein, während der Empfänger einer Scheckzahlung, wie wir gesehen haben, auf der Anweisung selbst quittieren muß.

Wenn also unter der Anweisung die Quittung (ἐπήνεγκα) fehlt, haben wir es wohl immer (es müßten sonst uneingelöste Schecks sein) mit Giroanweisungen zu tun. Ob es sich um gewöhnliche oder einseitige Giroanweisungen handelt, ist selten zu entscheiden. Denn bei beiden Anweisungsarten wird zwar meist die Abschreibung vom Konto des Ausstellers (ἃς ἔχετε ἐν θέματι πυροῦ) erwähnt, die Gutschrift auf das Konto des Empfängers aber gewöhnlich nur durch den Dativ des Kontoinhabers (τῷ δεῖνι) ausgedrückt. Es wurde also meist in der Anweisung nicht angegeben, ob die Zahlung körperlich oder buchmäßig erfolgen solle. Dies zu entscheiden lag wohl zunächst im Belieben der Bank; hatte der Zahlungsempfänger ein Konto, so überwies sie die betreffende Summe auf dessen Konto; hatte er kein Konto, so zahlte sie ihn in bar aus.

So kann z. B. bei Pap. Lips. I 114 (133 n. Chr.) nicht festgestellt werden, ob eine gewöhnliche oder einseitige Giroanweisung vorliegt:

,Διον[ύ]σιος Διον(υσίου) σιτολ(όγοις) Λιβ(ὸς) τοπ(αρχίας) Σύρων κώμη(ς) τόπ(ων). Διαστείλ(ατε) ἀφ' ὧν ἔχετέ μου ἐν θέματι (πυροῦ) ἐν γενή(ματος) ιζ (ἔτους) Ἁδριαν[ο]ῦ Καίσαρος τοῦ κυρίου [705] Διογένει Φιλίσκου διὰ Διογένους μισθωτοῦ Κορώβε(ως) τόπ(ων) ἀρτάβας ἑπτὰ γί(νονται) (ἀρταβαι) ζ. (Ἔτους) ιη Αὐτοκράτορος Καίσαρος Τρ⟨α⟩ιανοῦ Ἁδριανοῦ Σεβαστοῦ, Φαῶφι ια‘.

Dionys gibt dem Staatsspeicher den Auftrag, sieben Artaben von seinem Konto abzubuchen und dem Konto des Diogenes, dessen Bevollmächtigter der Pächter Diogenes ist, gutzuschreiben. Wir sehen auch hier, worauf schon beim Scheck hingewiesen wurde, daß ein Kontoinhaber – besonders während seiner Abwesenheit – einem Dritten die Vollmacht über sein Konto übertragen konnte.

Um eine Scheckanweisung kann es sich hier nicht handeln, sonst müßte ein Quittungsvermerk etwa: ,Διογένης μισθωτὴς ἐπήνεγκα‘ folgen. Ob es eine gewöhnliche oder einseitige Giroanweisung ist, kann nicht entschieden werden. Nur die Tatsache, daß Getreide-G. vorliegt, macht die Annahme von gewöhnlichem G. wahrscheinlicher.

Es gibt aber auch Giroanweisungen, in denen der Aussteller der größeren Sicherheit halber ausdrücklich betont, daß die Zahlung ,nur‘ buchmäßig vor sich gehen soll (so kann heute ein Scheck buchmäßig ausbezahlt werden, wenn der Aussteller dies durch den Vermerk: ,Nur zur Verrechnung‘ ausdrücklich verlangt; Scheckges. § 14); er erklärt dann, die Zahlung solle erfolgen εἰς ὄνομα τοῦ δεῖνα (= an das Konto des Empfänger). Als Beispiel möge Wilcken Ostr. II 1164 (2./3. Jhdt. n. Chr.) dienen: ,Προφήτῃς Ἀμονίῳ χα(ίρειν)· Διάστειλον ἐκ τοῦ ἐμοῦ θέματος εἰς ὄνομ(α) Λουκιλλᾶτος (πυροῦ) τρίτον ὄγδον γ(ίνεται) (πυροῦ) γη.

Hier kann mit Bestimmtheit gesagt werden, daß eine gewöhnliche Giroanweisung vorliegt. Wie oben gezeigt wurde, mußte der θησαυρός nach Empfang einer Giroanweisung über die erfolgte Umbuchung sowohl dem Aussteller, als dem Empfänger Meldung machen. Eine Urkunde, die eine Meldung an den Aussteller enthält, ist Pap. Oxyrh. III 614 (um 179 n. Chr.): ,Διεστάλ(ησαν) (πυροῦ) γενήμ(ατος) τοῦ διελ(θόντος) ιθ (ἔτους) Αὐρηλίων Ἀντωνίνου καὶ Κ[ο]μμόδονυ Καισάρων τῶν κυρίων δι(ὰ) σι(τολόγων) Ἄνω τοπ(αρχίας) Θώσβεως τόπ(ων) ἀπὸ θέμ(ατος) Ἡρακλείδου Ἰσιδώρου Ἀσκληπιάδῃ τῷ καὶ Εὐδαίμονι δι(ὰ) Θεοδώρου τοῦ καὶ Ἀμμωνίου θέμ(ατος) (ἀρτάβαι) λ. γ(ίνονται) ἀρτάβ(αι) τριάκοντα · Ἐπίμαχος βοη(θὸς) σεση(μείωμαι). Κολ(λήματος) θ'.

Die Urkunde ist eine Meldung der Bank an den Aussteller, worin sie mitteilt, daß von ihr der Überweisungsauftrag ausgeführt worden ist (Διεστάλησαν διὰ). Wäre es eine Meldung an den Empfänger, würde die Bank nicht gesagt haben: ,Das Geld ist von uns überwiesen worden‘, sondern, wie oben auseinandergesetzt wurde: ,Herakleides hat an Dich, den Empfänger, überwiesen.‘ Ich glaube, dieser Unterschied in der Fassung der Meldung ist für die Beurteilung der Frage, ob die Meldung an den Aussteller oder an den Empfänger erging, ausschlaggebend. Unsicher ist nur, ob die Meldung an den Aussteller auf Grund einer Scheck-, Giro- oder einseitigen Giroanweisung erfolgt ist. Dem durch den Dativ ausgedrückten Empfänger sieht man nicht an, ob er Kontoinhaber ist. Die 30 Artaben können [706] ihm auch körperlich ausbezahlt worden sein. Das zweite θέμ(ατος) greift nur das erste ,ἀπὸ θέ(ματος)‘ noch einmal auf; es ist kein Beweis dafür, daß zwei Konten, wie Preisigke annimmt, und damit eine Meldung auf Grund einer gewöhnlichen Giroanweisung vorliegt.

Den Beweis für Fern-G., der besonders bei der Steuereintreibung eine Rolle spielte, weil die Ägypter in ihrer Heimat (ἰδία) ihre Steuern bezahlen mußten, auch wenn sie nicht dort wohnten, liefert vor allem BGU 835 (215/16 n. Chr.), vgl. Preisigke 93.

Es ist möglich, daß die θησαυροί auch für Nichtkunden im Fernverkehr Zahlungen übermittelten, nach Art der Postanweisungsgeschäfte unserer Reichspost (vgl. o. permutatio). Hatte z. B. A im Dorfe a 50 Artaben Weizen an B im Dorfe b zu zahlen, so wird er, auch wenn er kein Konto im Staatsspeicher hatte, die 50 Artaben Weizen dem B nicht körperlich nach b hingefahren haben, sondern er wird den Weizen am Staatsspeicher in a einbezahlt haben mit dem Auftrag, durch den Staatsspeicher in b die gleiche Menge an B auszahlen zu lassen. Vielleicht handelt es sich bei den Eintragungen in das Kassentagebuch des Staatsspeichers Tochnubis (P. Amh II 122 vom J. 211/12 n. Chr., vgl. Preisigke 102) um solche Übermittlungen von Getreidezahlungen. Es werden hier von Ammoneion drei Einzahlungen an verschiedene Empfänger gemacht. Die Auszahlungen sollen die θησαυροί derjenigen Orte, wo die Empfänger wohnen, vermitteln; Ammoneion hat die Einzahlungen körperlich geleistet: ,προσμ(έτρηκεν) ἐπὶ θησ(αυρὸν)‘. Unklar ist nur, ob die Empfänger an den θησαυροί ihrer Wohnorte Konten hatten. Ist dies der Fall gewesen, so haben wir eine Einzahlung auf die Konten der Empfänger in der Urkunde vor uns; ist dies nicht der Fall gewesen, so handelt es sich um eine Anweisung zur Übermittlung einer Getreidemenge (Postanweisung), die in den einzelnen Dörfern körperlich ausbezahlt worden wäre. Die Getreidemenge hätte dann Ammoneion in den θησαυρός zu Karanis körperlich einbezahlt, mit dem Auftrag, die auf die einzelnen Empfänger entfallenden Beträge am Wohnort der Empfänger durch die dort befindlichen θησαυροί auszahlen zu lassen. Falls dies der Fall war, hätten die θησαυροί Überweisungsgeschäfte, wie sie unsere Reichspost (Postanweisung) besorgt, auch für Nichtkontoinhaber – natürlich gegen eine bestimmte Gebühr – vorgenommen. Die Urkunde ist ein Auszug aus dem Kassentagebuch des θησαυρός in Karanis und mag dem Einzahler Ammoneion als Quittung gedient haben. Ein Dienstscheck, in dem der erste Staatsspeicher den zweiten Staatsspeicher beauftragt, den Empfänger auszubezahlen, scheint P. Fay. 16 (1. Jhdt. n. Chr.) zu sein.

Für den Geld-G., der in der Hand der Banken (τράπεζαι oder βασιλικαὶ τράπεζαι) lag und nach Aufhebung des ptolemäischen Bankmonopols in römischer Zeit einen mächtigen Aufschwung nahm, sind die Belege für bargeldlosen Verkehr weniger zahlreich. Es ist wohl nicht nur Zufall, daß dies so ist. Bei der Leichtigkeit, Geld zu transportieren, war das Bedürfnis nach buchmäßiger [707] Verrechnung nicht so groß. Diese wird beim Geld meist da zu finden sein, wo die Sicherheit wegen des hohen Betrages oder die weite Entfernung eine bargeldlose Zahlung erheischt. Eine Geldscheckanweisung ist P. Fay. I 100 (im J. 99 n. Chr.), vgl. Preisigke 206:

,Ἀφρόδους Σατ[ύ]ρ[ο]υ με[τὰ] κυρίου τοῦ συνγενοῦς Ἀμμωνίου τοῦ Ἡρ[α]κλείδου Σαμβᾷ τῷ καὶ Διδύμῳ τραπ[ε]ζ[ε]ίτῃ χα[ί]ρειν. Χρημάτισον Χαριτίῳ τῇ καὶ Τασουχαρίῳ Χαριδήμου καὶ Χαρ[ι]τίῳ Διδύμου μετὰ κυρίων ἑκάστ[η]ς τοῦ ἀνδρὸς, τ[ῇ] μὲν Χαριτίῳ τῆς καὶ Τα[σ]ουχαρίῳ Ἀπολλων[ί]ου τοῦ Ἀπολλω[νί]ου, [τ]ῇ δὲ ἑτέρᾳ Χαριτίῳ Ἥρωνος τοῦ Διδύμου, τιμὴν ἡμύσους μέρους οἰκίας καὶ αὐλῆ[ς] καὶ τόπων [κ]αὶ τῶν συνκυρόντων. πάντων ἐν κώ[μη] Θεαδελφείᾳ τῆς Θεμίστου μερίδ(ο)ς [ἀκ]ολ|ολ|ούθως ταῖς γεγεγονυίαις εἰς αὐ[τάς πα]λαιαῖς καταγραφαῖς, ἃς ἔχις μου ἐν θέματι ἀργυρίου δραχμᾶς ἐξακοσί[ας], γ(ίνονται) (δραχμαί) χ. (Ἔτους) β Αὐτοκράτορος Καίσαρος Νέρουα Τραιανο(ῦ) Σεβαστοῦ Γερμανικοῦ Τῦβ[ι] κη.

(2. Hand) Χαρίτιον Διδύμου μετὰ κυρίου τοῦ ἀνδρὸς Ἥρωνος τοῦ Διδύμου καταχώρισαν, καὶ ἀνίρημαι τὰς ἐπιβαλλούσας μοι ἀργ(υριόυ) (δραχμὰς) τριακοσίας, γ(ίνονται) (δραχμαὶ) τ. Ἥρων ἔγραψα καὶ ὑπὲρ τῆς γυναικός μου μὴ εἰδυίης γράμματα. (Ἔτους) δευτέρου Αὐτοκράτορος Καίσαρος Νέρουα Τραιανοῦ Σεβαστοῦ Γερμανικοῦ. Τῦβι κη.

(3. Hand) Χαρίτιον ἡ καὶ Τασουχ⟨αρ⟩ίον Χαριδήμου μετὰ κυρίου τοῦ ἀνδρὸς Ἀπολ[λ]ωνίου τοῦ Ἀπίωνος ἀνίρημαι τὰς δραχμὰς τριακοσίας γ(ίνονται) (δραχμαὶ) τ. Ἀπόλλώνιος ἔγραψα καὶ ὑπὲρ τῆς γυναικός μου μὴ ἰδνείης γράμματα‘.

Aphrodus gibt ihrem Bankier (τραπεζίτης) hier die Anweisung, an Charition, Tochter des Didymos und an Charition, Tochter des Charidemos, 600 Drachmen als Kaufpreis für ein Haus aus ihrem Konto auszuzahlen. Beide Empfänger quittieren getrennt, daß sie je 300 Drachmen erhalten haben. Diese Quittungen machen es unmöglich, mit Preisigke 206 in der Anweisung eine Giroanweisung zu sehen (s. o.). Auch spricht das ,καταχώρισον' gegen diese Ansicht; die Bank soll die ganze Anweisung (doch nicht nur die Quittungen!) ihren Akten einverleiben, d. h. die Bank hat die Anweisung vorher ,nicht' in Besitz gehabt. Die Charition hat sie erst im Beisein ihrer Freundin (?) der Bank überbracht (beachte, daß das ,καταχώρισον‘ in der zweiten Quittung fehlt!) und gibt sie nun bei der Einlösung der Bank ab. Die Urkunde ist also ein Scheck an zwei Empfangsberechtigte, die beide quittieren. Das ,καταχώσισον‘ hat hier den Sinn von ,ἐπήνεγκα‘; zu den Anweisungen, die auf verschiedene Empfänger ausgestellt sind und trotzdem auf einem Blatt stehen, vgl. P. Lips. I 115 (133 n. Chr.). Stehen verschiedene Empfänger auf einer Scheckanweisung, so ist dies ein Zeichen dafür, daß die Empfänger zueinander in naher Beziehung stehen.

Ein weiterer Scheck scheint BGU 1063 (vom J. 100 n. Chr.) zu sein; der von 2. Hand geschriebene Vermerk, der wie ein Indossament aussieht, ist jedoch zu schlecht erhalten, als daß man klar sehen könnte.

Einen Beleg für eine gewöhnliche oder eine einseitige Giroanweisung – dies kann man nicht [708] entscheiden – bietet BGU 1064 (um das J. 278 n. Chr.):

,[Ὁ δεῖνα Σα]ρ[α]πίωνα τραπ[εζ]είτῃ χαίρειν. Καλ[ῶς] ποιήσεις με[τ]αβαλὼν τ[ῷ] παρὰ σοὶ ἐν Ὀξυ[ρυ]γχείτῃ Αὐρηλίῳ Ὀφελλίῳ ἐξηγητῇ Οξυρυγχειτῶν ἀνθ' ὧν ἔσχον παρ' αὐτοῦ ἐν Ἑρμο[υ]πόλει ἀργυρίου καινοῦ νομίσματος ταλάντων δέκα, γ(ίνονται) (τάλαντα) ι, τὰ ἴσα τοῦ ἀργυρίου τάλαντα [δ]έκα πλήρης ἀριθμοῦ, καὶ μὴ αὐτῶ[ν] κατάσχης. Τὴν δὲ ἐπιθήκην ταύτην μοναχὴν σοὶ ἐξεδόμην ἰδιόγραφόν μου, καὶ κυρία ἔστω, καὶ ἐπερωτηθεὶ[ς] ὠμολόγησα.

(Ἔτους) γ (ἔτους) τοῦ κυρίου ἡμῶν Μάρκου Αὐρηλίου Πρόβου Σεβαστοῦ, Τῦβι ..

Σημεί[ο]υ · Ἐν Ὀξυρυγχείτῃ ἐπὶ Α(ὐρήλιον) Σαραπίωνα διαστολέα.‘

Es ist eine Anweisung über 60 000 Drachmen, also eine sehr hohe Summe, die der Aussteller der Giroanweisung in Hermupolis dem Exegeten (oder dessen Konto) durch seine Bank in Oxyrhynchos überweisen läßt. Der Bevollmächtigte (διαστολεύς) des Ausstellers in Oxyrhynchos ist Aurelius Sarapion. Da es sich um eine hohe Summe handelt, schickt der Aussteller die Anweisung erst an diesen. Er vermerkt dies auch: ,ἐπὶ Α(ὐρήλιον) Σαραπίωνα διαοτολέ(α)‘, so daß sie nur durch die Hand des Bevollmächtigten bei der Bank eingelöst werden kann. Dadurch wird verhütet, daß ein Unberechtigter die Anweisung auf die Bank trägt und die angewiesene Summe abhebt. Diese Gefahr ist bei den ägyptischen Anweisungen um so größer, da Scheck und Giroanweisungen äußerlich wie inhaltlich gleich sind. Nach einem byzantinischen Papyrus vom J. 541 n. Chr. (P. Masp. 67 126) heißt ein in Alexandrien befindliches Zweiggeschäft eines Bankhalters in Konstantinopel: ἀποθήκη (Z. 40); ein vom Bankhaus in Konstantinopel erhaltenes Darlehen soll an das Zweiggeschäft in Alexandrien zurückbezahlt werden; leider ist unbekannt, ob mittels derartiger Zweiggeschäfte internationaler Fern-G. betrieben wurde. Wichtig ist eine ebenfalls aus byzantinischer Zeit (6. Jhdt. n. Chr.) stammende Urkunde (Stud. Pal. VIII 835 Fay.); die Staatssteuer wird hier bezahlt teils ,διὰ πι(ττακίου) τοῦ ζυγο(στάτου)‘ (= der Bankhalter) teils ,διὰ χειρὸ(ς) [Κ]οσμᾶ‘, also teils durch Bankumschreibung teils ‚bar‘; hier scheint Girozahlung im Gegensatz zur Barzahlung zu stehen.

Hiermit sind die wichtigsten Urkunden über Giro- und Scheckverkehr erschöpft. Man sieht, welche Bedeutung der Überweisungsverkehr besonders bei Getreidezahlungen erlangt hat. Das Verfahren des ,bargeldlosen Verkehrs‘ (Giro, Scheck, Postanweisung, Ferngiro, Befristung bei der Einlösung, Übertragung der Vollmacht über ein Konto usf.) ist bis ins einzelne ausgebildet und setzt eine Jahrhunderte lange Entwicklung voraus, die schon im vorhellenistischen Ägypten eine hohe Stufe erreicht haben muß.

Der Getreideüberweisungsverkehr unterscheidet sich vom Geldüberweisungsverkehr in der Hauptsache in dem Bezogenen, der dort der Staatsspeicher (θησαυρός), hier die Bank (τράπεζα) ist; auch wird in der Geldanweisung meist angegeben, für welchen Zweck (causa) die Zahlung erfolgen soll. [709]

Die Banken sind entweder: a) Privatbanken (τράπεζαι), die in ptolemäischer Zeit vom Staat verpachtet wurden (ptolemäisches Bankmonopol!) oder b) Staatsbanken (in ptolemäischer Zeit βασιλικαὶ τράπεζαι, in römischer Zeit δημοσίαι τράπεζαι), die zugleich als Staatskassen fungierten (so neuerdings auch Wilcken Alexander d. Gr. und die hellenistische Wirtschaft in Schmollers Jahrb. XLV [1921] 86ff.).

Die Auffassung der βασιλικὴ τράπεζα als ,reiner’ Staatskasse wird endgültig widerlegt durch einen Zenopapyrus, Ann. d. serv. XX 59, 11 (3. Jhdt. v. Chr.), in dem ein ,θέμα ἐπὶ βασιλικῆς τραπέζης‘ erwähnt wird. Die Oberleitung über beide Institute hatte im Gau die ,Gaurechenkammer‘, im Reich die ,Landesrechenkammer‘ in Alexandrien.

Die Transportschwierigkeiten beim Getreide, das neben Geld Zahlungsmittel war, das über ganz Ägypten sich erstreckende Steuersystem, das Fern-G. erheischte, und das Vorhandensein geschulter Verwaltungsbeamten hat in Ägypten zu einer Entwicklung und Ausbildung des bargeldlosen Verkehrs geführt, wie er in keinem Land der antiken Welt auch nur annähernd erreicht werden konnte.

Nachträge und Berichtigungen

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Band R (1980) S. 117
Zahlungsverkehr in der Wikipedia
GND: 4067287-6
Zahlungsverkehr in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register R Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|R|117||Giroverkehr|[[REAutor]]|RE:Giroverkehr}}        
[Abschnitt korrekturlesen]

Giroverkehr

S IV.