RE:Druidae
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Kelt. Priesterstand | |||
Band V,2 (1905) S. 1730–1738 | |||
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Druidae (Druides, über die Namensform s. den Schluss des Artikels). Als die Römer durch die Feldzüge Iulius Caesars nähere Bekanntschaft mit den Kelten machten, fanden sie bei ihnen zwei herrschende Stände, den Ritterstand (equites) und den Stand der Druiden, die keltische Priesterschaft, welche vom ganzen Volke hochgeehrt im Leben der Nation eine überaus wichtige Rolle spielte und wesentlich dazu beitrug, dass bei der grössten politischen Zersplitterung das keltische Volk sich doch als nationale Einheit fühlte. Die Druiden waren, um ihre Hauptfunctionen herauszugreifen, die Priester, Lehrer und Richter der Nation und übten in politischen Dingen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss aus (Hauptstelle Caes. b. g. VI 13ff.). Ihr Oberhaupt (qui summam inter eos habet auctoritatem Caes. VI 13, 8) wählten sie sich selbst auf Lebenszeit; Nachfolger wurde der nächst Angesehenste, im Falle gleicher Ansprüche mehrerer entschied die Abstimmung der Corporation, die aber gelegentlich durch Waffengewalt beeinflusst werden konnte (Caes. VI 13, 9).
Als Priester leiteten die D. alle Opfer, öffentliche wie private (Caes. VI 13, 4 sacrificia publica ac privata procurant. 16, 2. 3. Diod. V 31, 4 φιλόσοφοί τέ τινες εἰσὶ καὶ θεολόγοι περιττῶςτιμώμενοι, οὓς δρουίδας ὀνομάζουσι … ἔθος δ’ αὐτοῖς ἐστὶ μηδένα θυσίαν ποιεῖν ἄνευ φιλοσόφου. Strab. IV 198 ἔθυον οὐκ ἄνευ δρυΐδων), und, wie es scheint, vollzogen sie die heiligen Handlungen in heiligen Hainen (Lucan. I 453f. nemora alta remotis incolitis lucis, dazu Commenta Lucani 33 ed. Usener: sine templis colebant deos in silvis. Plin. n. h. XVI 249 iam per se roborum eligunt lucos, nec ulla sacra sine earum fronde conficiunt. Tac. ann. XIV 30 excisique luci saevis [1731] superstitionibus sacri). Dass dabei Menschenblut floss, wird ausdrücklich bezeugt, und es scheint nicht, dass Caesar diese Menschenopfer, zu denen wohl hauptsächlich Verbrecher und Gefangene genommen wurden (Diod. V 32. Caes. VI 16. Strab. IV 198. Lucan. 1444. Tac. ann. XIV 30; vgl. Sopatros bei Athen. IV 160 e), unterdrücken konnte oder wollte, obgleich in Rom das Menschenopfer längst verboten war (Plin. n. h. XXX 12. Mommsen R. G. II⁸ 422). So sagt Cic. pro. Font. § 31 (21) quis enim ignorat eos (Gallos) usque ad hanc diem (im J. 69) retinere illam immanem ac barbaram consuetudinem hominum immolandorum. Noch unter Augustus scheinen Menschenopfer vorgekommen zu sein (Dion. Hal. I 38 καὶ παρὰ Κελτοῖς εἰς τόδε χρόνου γίνεται), und erst Strabon IV 198 berichtet, dass die Römer diese barbarische Sitte, auf welche auch Lucan. I 444ff. 450f. (vgl. Plin. XXX 13. Suet. Claud. 25) anspielt, beseitigt hätten. Noch unter Claudius zeigten sich Spuren dieser feritas iam abolita, indem beim Opfer durch eine kleine Verwundung die Tötung ersetzt wurde (Mela III 18 atque ut ab ultimis caedibus temperant, ita nihilominus, ubi devotos altaribus admovere, delibant). Dass auch nach der officiellen Unterdrückung des Druidentums (s. u.) die Druiden in ihrer Eigenschaft als Ärzte gewisse priesterliche Functionen ausübten, geht aus Plin. n. h. XVI 249ff. XXIV 103f. hervor.
Als Priester besitzen die D. zugleich die Gabe der Weissagung, sind Ärzte und Magier. Sie allein erkunden den Willen der Götter (Mela III 19 quid dei velint scire profitentur. Lucan. I 452f. solis nosse deos et caeli numina vobis aut solis nescire datum). Auch die Menschenopfer sollen sie zu Zwecken der Mantik benutzt haben (Diod. V 31, 4; vgl. hierzu den Schluss des Artikels. Strab. IV 198). Von dem Aeduer Divitiacus, der Druide war, berichtet Cic. de div. I 90 naturae rationem, quam φυσιολογίαν Graeci appellant, notam sibi esse profitebatur et partim auguriis partim coniectura quae essent futura dicebat (vgl. Tac. hist. IV 54 portendi superstitione vana druidae canebant. Dio Chrysost. or. 49 (ed. Arnim II p. 95) Κελτοὶ δ’ οὓς ὀνομάζουσι δρυΐδας καὶ τούτους περὶ μαντικὴν ὄντας. Origen. philosophum. 25 τούτους Κελτοὶ ὡς προφήτας καὶ προγνωστικοὺς δοξάζουσι κτλ.). Direct als Magier bezeichnet werden sie von Plin. n. h. XVI 249 (druidae, ita suos appellant magos, vgl. Origen. a. O. χρῶνται δὲ δρυΐδαι καὶ μαγίαις), und in Glossen wird das irländische Wort drui (s. u.) durch lateinisch magus erklärt (Jac. Grimm Mythol. II⁴ 866. d’Arbois de Jubainville Cours de littérature celtique I 136). Zu ihren magischen Künsten gehörte z. B. die Bereitung des mystischen Schlangeneies, das als Talisman getragen den Gewinn eines Processes sichern sollte, Plin. n. h. XXIX 52–54. Ebenso berichtet Plinius von ihren medicinischen Recepten (für Menschen und Tiere), deren Zubereitung und Anwendung mit allerhand Aberglauben verknüpft war: die Pflanze selago galt als Panacee contra perniciem omnem et contra omnia oculorum vitia (XXIV 103), die Pflanze samolus half gegen Krankheiten von Schweinen und Rindern (XXIV 104), und ein besonders gepriesenes Heilmittel [1732] war ihnen die Mistel, namentlich die auf Eichen wachsende, die unter umständlichen, feierlichen und abergläubischen Gebräuchen gesammelt wurde-(Grimm Mythol. II⁴ 1008. Simrock Mythol.³ 78); sie sollte den Tieren Fruchtbarkeit verleihen und gegen Gift schützen: tanta gentium in rebus frivolis plerumque religio est bemerkt Plinius dazu (XVI 249–251).
Die D. waren ferner geschätzt als Lehrer der Weisheit. Junge Leute der besten Stände (Divitiacus z. B. Cic. a. O.) suchten aus freien Stücken ihren Unterricht oder wurden von ihren Eltern und Verwandten hingeschickt (Caes. VI 13, 4 ad hos magnus adulescentium numerus disciplinae causa concurrit. 14, 2 sua sponte multi in disciplinam conveniunt et a parentibus propinquisque mittuntur). Die griechischen Schriftsteller bezeichnen sie daher mehrfach als φιλόσοφοι (Diod. V 31 φιλόσοφοί τέ τινες εἰσὶ καὶ θεολόγοι περιττῶς τιμώμενοι, οὓς δρουίδας ὀνομάζουσιν. Steph. Byz. Δρυΐδαι ἔθνος Φαλατικὸν φιλόσοφον; vgl. Origen. contra Celsum I 16. Mela III 18 habent … magistros sapientiae druidas. Commenta Lucani p. 33 Usener: sunt autem driadae philosophi Gallorum). Der Unterricht, welcher den Neuaufgenommenen erteilt wurde, war sehr sorgfältig und, weil die Lehre der D. nicht schriftlich aufgezeichnet werden durfte, sehr langwierig: magnum numerum versuum ediscere dicuntur berichtet Caesar VI 14, 3, und manche nahmen 20 Jahre lang an dem Unterricht teil, der übrigens von der profanen Menge fern gehalten wurde (Caes. VI 14, 3. 4. Mela III 19 docent multa nobilissimos gentis clam et diu vicenis annis, aut in specu aut in abditis saltibus). Er umfasste die gesamte theologische Disciplin (Caes. VI 13, 4 religiones interpretantur. 14, 6 de deorum immortalium vi ac potestate disputant et iuventuti tradunt). Aus ihrer Götterlehre hebt Caesar VI 18, 1 hervor, dass ein Gott, den Caesar als Dis pater bezeichnet (vgl. den Artikel Cernunnos), der Stammvater aller Gallier sei. Ihre Ethik (Strab. IV 197 δρυΐδαι πρὸς τῇ φυσιολογίᾳ καὶ τὴν ἠθικὴν φιλοσοφίαν ἀσκοῦσιν) lehrte Frömmigkeit gegen die Götter, Vermeidung des Bösen und Übung der Tapferkeit (Diog. Laert. prooem. 5 φασὶ τοὺς μὲν γυμνοσοφιστὰς καὶ δρυΐδας αἰνιγματωδῶς ἀποφθεγγομένους φιλοσοφῆσαι, σέβειν θεοὺς καὶ μηδὲν κακὸν δρᾶν καὶ ἀνδρείαν ἀσκεῖν); die Menschenseele sei ewig und wandre nach dem Tode in einen andern Körper (Caes. IV 14, 5 in primis hoc volunt persuadere non interire animas, sed ab aliis post mortem transire ad alias, atque hoc maxime ad virtutem excitari putant metu mortis neglecto. Timagenes bei Ammian. Marc. XV 9, 8 Druidae [dryaridae Hss.] . . . despectantes humana pronuntiarunt animas immortales. Strab. IV 197. Mela III 19 unum ex his quae praecipiunt in vulgus effluxit, videlicet ut forent ad bella meliores, aeternas esse animas vitamque alteram ad Manes. itaque cum mortuis cremant ac defodiunt apta viventibus u. s. w. Lucan. I 454-456 und die Commenta Lucan. p. 33 Usen.). Diese Berührung mit der pythagoreischen Lehre fiel natürlich den Alten auf und gab Anlass zu allerlei Fabeleien, als wenn die D. diese Lehre von Pythagoras übernommen hätten (Diod. V 28, 6 aus Alexand. Polyhistor. Timagenes bei Ammian. [1733] Marc. XV 9, 8. Valer. Max. II 6, 10. Clemens Alex. strom. I 15 [vgl. Cyrill. Alex. adv. Iulian. lib. IV. Migne Patrol. Gr. LXXVI 705]. Origen. philosophum. 2. 25). Ausserdem erteilten sie Unterricht in der Naturkunde und Astronomie (Caes. VI 14, 6 multa praeterea de sideribus atque eorum motu, de mundi ac terrarum magnitudine, de rerum natura … disputant et iuventuti tradunt. Mela III 19). Nach Strab. IV 197 glaubten sie wie an die Unsterblichkeit der Seele, so auch an die Ewigkeit der Materie; die Form der Welt werde aber einst durch Feuer und Wasser zerstört werden. Auf ihre astronomischen Studien in Verbindung mit der Kalenderrechnung – sie rechneten nach Monden, Caes. VI 18 – weist auch Plin. XVI 250 hin (d’Arbois de Jubainville a. O. I 169). Ihrer geistigen Überlegenheit verdanken sie wohl ihre Stellung als Richter. Das Volk hatte unbedingtes Vertrauen zu ihrer Gerechtigkeit (Strab. IV 197). Sie übten die Jurisdiction in fast allen öffentlichen und privaten Sachen aus, namentlich hatten sie die Grenz- und Erbschaftsprocesse an sich zu ziehen gewusst (Caes. VI 13, 5 nam fere de omnibus controrersiis publicis privatisque constituunt et si quod est admissum facinus et caedes facta, si de hereditate, de finibus controversia est, idem decernunt, praemia [deutsch ,Wehrgeld‘, irisch êric, d’’Arbois de Jubainville a. O. I 93] poenasque constituunt. Strab. a. O. δικαιότατοι δὲ νομίζονται καὶ διὰ τοῦτο πιστεύονται τάς τε ἰδιωτικὰς κρίσεις καὶ τὰς κοινάς). Wer sich ihrem Spruche nicht fügte, Privatmann oder Gemeinde, verfiel der Excommunication (sacrificiis interdicunt), und das galt als furchtbare Strafe, weil sie völlig recht- und ehrlos machte (Caes. VI 13, 6. 7). Strab. a. O. berichtet, dass es ihnen auch übertragen war. die Blutschulden zu richten, und dass man glaubte, wenn es deren die Fülle gab, erfolge auch des Landes Fülle (τὰς δὲ φονικὰς δίκας μάλιστα τούτοις ἐπετέτραπτο δικάζειν· ὅταν τε φορὰ τούτων ᾗ, φορὰν καὶ τῆς χώρας νομίζουσιν ὑπάρχειν). Ihre Concilien fanden alljährlich an einem geheiligten Ort (in loco consecrato) statt im Lande der Carnuten, quae regio totius Galliae media habetur: huc omnes undique qui controversias habent, conveniunt eorumque decretis iudiciisque parent (Caes. VI 13, 10).
Zu diesen Befugnissen kommt noch, dass sie sogar in der Entscheidung über Krieg und Frieden ein gewichtiges Wort mitsprachen (Diod. V 31. Strab. IV 197) und dass sie da, wo das Jahreskönigtum bestand, wie bei den Aeduern, im Falle eines Interregnums die Wahlen leiteten (Caes. VII 33, vgl. I 16). So kann Dio Chrys. or. 49 (p. 95 Arnim; mit Recht sagen, dass eigentlich die D. die Herrschergewalt in den Händen hatten, und dass die Könige auf ihren goldenen Sesseln und in ihren Palästen nur das vollzogen, was jene wollten. Kein Wunder also, dass die Aufnahme in diesen einflussreichen Stand, der sich ausserdem von Steuern und Kriegsdienst zu befreien gewusst hatte (Caes. VI 14, 1), eifrig erstrebt wurde. Unter der römischen Herrschaft hörte natürlich zunächst die Jurisdiction der D. auf, und in verhältnismässig kurzer Zeit ging die ganze Institution ihrem Ende entgegen. Die in religiösen Dingen sonst so tolerante römische [1734] Regierung erblickte in dem Druidentum mit seinem Zauber- und Geheimmittelkram, ,bei dem die Priester zugleich die Ärzte spielten und wo neben dem Besprechen und Besegnen auch Menschenopfer und Krankenheilung durch das Fleisch der also Geschlachteten vorkam' (Mommsen R. G. V 95), doch etwas so Bedenkliches, dass sie energisch dagegen einschreiten zu müssen glaubte. Während Augustus nur den römischen Bürgern die Teilnahme an der religio Druidarum untersagte (Suet. Claud. 25). verbot Tiberius dieses Priestertum mit seinem Anhang von Lehrern und Heilkünstlern überhaupt (Plin. n. h. XXX 13 sustulit druidas eorum et hoc genus vatum medicorumque per senatus consultum), und da dieses Verbot, wie es scheint, nicht den gewünschten Erfolg hatte, erneuerte es Kaiser Claudius (Suet. Claud. 25 Druidarum religionem apud Gallos dirae immanitatis et tantum civibus sub Augusto interdictam Claudius penitus abolevit. Aurel. Victor Caesar. 4, 2 compressa vitia ac per Galliam druidarum famosae superstitiones), vorausgesetzt, dass die Angabe des Plinius nicht auf einem Irrtum beruht und nur ein Verbot, das des Claudius, auf das auch Mela III 18 anzuspielen scheint, in Frage kommt. Claudius nahm es mit der Massregel streng; er liess einen vornehmen Gallier aus dem Vocontierland lediglich deshalb köpfen, weil derselbe, um bei einer Verhandlung vor dem Kaiser Erfolg zu haben, das landesübliche Amulet bei sich getragen hatte (Plin. XXIX 54). Über die Gründe der Unterdrückung wird nichts Genaueres berichtet; wenn dafür vielleicht die humane Rücksicht entscheidend war, so hat doch sicherlich die politische ebenfalls eine Rolle gespielt, trotzdem es sich eigentlich nicht erweisen lässt, dass das Druidentum zu jener Zeit offene Opposition gegen die Fremdherrschaft gemacht hätte. Schon die von Augustus durchgeführte Organisation der gallischen Provinzen, welche Lugudunum nicht nur zur römischen Landeshauptstadt, sondern auch zum Sitz des keltischen Landtags und des keltischen Jahresfestes machte, verfolgte offenbar die Tendenz, die alten traditionellen Zusammenhänge und den Einfluss des nationalen Adels und der nationalen Geistlichkeit zu beseitigen (Schiller Gesch. der röm. Kais. I 212. Mommsen R. G. V 80. 95f.). Da der Sitz des Priestertums, wo es sich am sichersten fühlen durfte, Britannien war (s. u.), so hat vielleicht Mommsen nicht Unrecht, wenn er (R. G. V 96. 158) vermutet, die Besetzung Britanniens sei zum guten Teil deshalb beschlossen worden, um das Druidentum, das hier mehr als irgendwo sonst das ganze Volk durchdrang, an der Wurzel zu fassen. In Gallien hat es trotz der kaiserlichen Erlasse noch eine Zeit lang eine, wenn auch nicht bedeutende Rolle gespielt. In den Wirren des J. 70 predigten nach Tac. hist. IV 54 die Druiden, der Brand des Capitols sei ein göttliches Zeichen und verkündige für die Gallier die Weltherrschaft. Und ebenso spricht Plinius von den druidischen Gebräuchen als noch etwas Bestehendem (XVI 249ff. XXIV 103f. XXX 13 Gallias utigue possedit et quidem ad nostram memoriam). Hiernach aber verschwinden die Spuren des Druidentums auf dem Festland; wie es scheint, konnte es sich auf den britannischen [1735] Inseln, von denen es (nach Caes. VI 13) ausgegangen war, besser halten. Für die Existenz der Druiden auf der Insel Mona haben wir das Zeugnis des Tacitus XIV 30 zum J. 62, ferner die Bemerkung des Plinius XXX 13 (im Anschluss an das Edict des Tiberius) quid ego haec commemorem in arte Oceanum quoque transgressa et ad naturae inane pervecta? Britannia hodieque eam attonita celebrat tantis caerimoniis, ut dedisse Persis videri possit. Weitere Belege für die Fortdauer des Druidentums bietet die irische Litteratur, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann (vgl. d’Arbois de Jubainville Cours de litt. celt. I 129ff., der nachzuweisen sucht, dass die Druiden in der irischen Litteratur ungefähr die gleiche Rolle spielten wie in der antiken, indem sie die Druiden als Wahrsager, Magier, Ärzte, Priester, Lehrer u. s. w. erkennen lässt). Allerdings begegnet der Name D. auch noch bei späteren Autoren des Altertums, aber da ist von ihnen die Rede wie von etwas Vergangenem; so wenn Auson. profess. IV 7 von Attius Patera singt Tu Baiocassi stirpe Druidarum satus, si fama non fallit fidem, Beleni sacratum ducis e templo genus et inde vobis nomina, oder von Phoebicius X 27 stirpe satus Druidum gentis Aremoricae. ,Weise Frauen‘ in Gallien, die sich Druidinnen nannten, hat es noch in Diocletians Zeit gegeben, wenn auf die Anekdoten bei den Script. hist. Aug. Verlass ist (Alex. Sev. 60; Numerian. 14. 15; Aurelian. 44). Sie haben eben unter dem berühmten Namen ihre weissagerischen Künste geübt und sich vielleicht ebenso gut dabei gestanden, wie moderne Kartenschlägerinnen; mit der alten Druidenlehre haben sie nichts gemein. So wäre es auch nicht weiter wunderbar, wenn der Name D. in einer späten incantatio aufträte, wie es Usener für den von Val. Rose aus einer St. Galler Hs. Herm. VIII 54 mitgeteilten Spruch vermutet (Heim Incantamenta magica 501 nr. 119 ex ore Druidum, überliefert . . oridru ido). Eine druis antistita erscheint auf der Metzer Inschrift Orelli 2200, an deren Unechtheit wohl aber nicht zu zweifeln ist (Ch. Robert Épigraphie de la Moselle I 89ff. S. Reinach Revue celtique XVIII 3); ebenso ist unecht die von Holder Altkelt. Sprachschatz I 1330 mitgeteilte Inschrift von Killeen Kormac (Irland), echt dagegen die Aufschrift eines sog. Ogam-Steines auf der Insel Man, über welche die Keltologen urteilen mögen (Holder a. O.). Die allenthalben (z. B. auch in Africa) auftretenden megalithischen Denkmäler (Cromlech, Dolmen, Menhir u. s. w.) hat man gelegentlich auch als Druidensteine oder Druidenaltäre bezeichnet, ohne irgend eine Gewähr dafür zu haben (vgl. Desjardins Géogr. de la Gaule II 515ff.); ebenso sind Vermutungen über angebliche Druidenberge, Druidentempel, Druidenkreise und Druidenhöhlen mit der nötigen Skepsis aufzunehmen.
Wie alt das Institut der D. in Gallien ist, lässt sich nicht feststellen; jedenfalls hat es geraume Zeit vor Caesar existiert, aber man glaubte zu seiner Zeit noch zu wissen, dass diese disciplina ihre Heimat in Britannien habe und von dort nach Gallien gebracht worden sei. Caes. VI 13 fügt hinzu, dass die Gallier, welche sich genauer über den Gegenstand unterrichten wollten, [1736] es vorzögen, directe Belehrung in Britannien zu suchen. Für die Existenz des Druidentums in Britannien zur Kaiserzeit haben wir ja die oben angeführten Zeugnisse des Tacitus und Plinius. Das Druidentum scheint sich also auf die britannischen Inseln und das eigentliche Gallien beschränkt zu haben; wenigstens findet sich sonst keine sichere Spur dieser Institution, weder in Spanien, noch im südlichen Gallien, noch in Oberitalien, noch bei den rechtsrheinischen Kelten. Den Germanen war sie völlig fremd (Caes. VI 21 neque druides habent qui rebus divinis praesint, neque sacrificiis student). Der älteste Zeuge für den Namen D. ist nach Diog. Laert. prooem. 1 kein anderer als Aristoteles: παρά τε Κελτοῖς καὶ Γαλάταις τοὺς καλουμένους δρυΐδας καὶ σεμνοθέους, καθά φησιν Ἀριστοτέλης ἐν τῷ μαγικῷ καὶ Σωτίων ἐν εἰκοστῷ τρίτῳ τῆς διαδοχῆς. Da aber die Schrift apokryph ist (der Verfasser eher ein Antisthenes, Val. Rose Aristot. pseudep. 50ff.; Aristot. frg. nr. 35), verdient das Zeugnis keine grosse Beachtung (d’Arbois de Jubainville a. O. I 87ff.). Dann führt Diodor. V 28 aus Alexander Polyhistor, einem älteren Zeitgenossen Caesars, eine Notiz an, die sich auf die D. bezieht, ohne dass der Name aber genannt wird. Erst seit Caesar begegnet er häufiger. Vielleicht bietet Strab. XII 567 das älteste Zeugnis für die Existenz dieser Institution (zum J. 278). Da heisst es, der Senat der kleinasiatischen Galater hätte seine Versammlungen an einem drunemeton genannten Ort abgehalten und dort in Capitalsachen zu Gericht gesessen (ἡ τῶν δώδεκα τετραρχῶν βουλὴ ἄνδρες ἦσαν τριακόσιοι, συνήγοντο δὲ εἰς τὸν καλούμενον δρυνέμετον [δρυναίμετον Hss.], τὰ μὲν οὖν φονικὰ ἡ βουλὴ ἔκρινε, τἂ δὲ ἄλλα οἱ τετράρχαι καὶ οἱ δικασταί). Dazu bietet eine auffallende Analogie der Bericht Caesars VI 13, die Druiden hätten alljährlich im Lande der Carnuten ihre Gerichtssitzungen abgehalten in loco consecrato. Der erste Bestandteil des keltischen Wortes drunemeton (nemeton = Heiligtum = locus consecratus, d’Arbois de Jubainville a. O. I 114) weist hin auf dru-ida: vielleicht haben also die nach Asien wandernden Gallier das Institut der D. gekannt (Mommsen Herm. XIX 321 meint, das relativ junge Institut der Druiden scheine den asiatischen Kelten fremd geblieben zu sein). Wir kommen damit schliesslich auf die Deutung des Namens. Für die Alten lag es nahe, ihn mit griechisch δρῦς zusammenzubringen (Plin. XVI 249 iam per se roborum eligunt lucos nec ulla sacra sine earum fronde conficiunt, ut inde appellati quoque interpretatione possint druidae videri; vgl. Commenta Lucani p. 33 Usen. sunt autem driadae philosophi Gallorum dicti ab arboribus quod semotos lucos incolant), und darauf weisen auch die hsl. Schreibungen noch mehrfach hin. Bei den griechischen Autoren ist meist δρυίδαι oder δρυάδες überliefert (Diod. V 31 Accus. δρουίδας), bei Caesar druides, bei Cicero, Mela, Lucan, Plinius, Tacitus druidae (-arum) [Ausonius hat die Genetive druidarum und druidum], bei Sueton Claud. 25 haben die besten Hss. driadarum (Roth schreibt dryidarum), bei Ammian (aus Timagenes) verderbt drasidae und dryaridae, bei den Script. hist. Aug. mulier dryas, dryadas, dryadibus, bei Aurel. Victor drysadarum und [1737] drysudarum, in den Commenta Lucani driadae und driades. Im altirischen wurde flectiert drúi, Genetiv drúad u. s. w. (Zeuss Gramm. Celt.² 255ff. d’Arbois de Jubainville a. O. I 129. Holder Altkelt. Sprachsch. s. drǔĭda). Dass das Wort nicht mit griechisch δρυαδ- zusammenhängt, (dies nimmt von Neueren z. B. Curtius Gr. Etym.⁵ 239 an), darf wohl als sicher gelten, da das keltische Wort für Eiche derva lautet (s. Holder s. v.). Nach Thurneysen (Holder s. druida) ist druid entstanden aus dru-vid-s und setzt sich zusammen aus der verstärkenden Vorsilbe dru, die in drunemeton vorliegt (das ,Erzheiligtum‘), und der Wurzel vid ,wissen‘. Danach wären die D. die ,Hochweisen‘. Eine andere Deutung giebt J. Scherrer in der Festschrift zur Begrüssung der 24. Philol.-Vers. veröff. v. hist.-phil. Verein zu Heidelberg (Leipzig 1865) 89ff. (druidae = fortiter sive efficaciter precantes, d. h. die mächtigen Anbeter, Anrufer).
Wenn bei Diod. V 31 ausser von δρουίδαι, die er als φιλόσοφοι und θεολόγοι bezeichnet, noch von besonderen μάντεις die Rede ist (χρῶνται δὲ καὶ μάντεσι κτλ.), so werden dieselben wohl auch als Druiden zu fassen sein, vielleicht als ein niederer Grad dieses Standes. Auch Timagenes (bei Ammian Marc. XV 9, 8) und Strabon IV 197 sondern von den Barden und Druiden noch einen dritten Stand ab. Timagenes unterscheidet bardi, euhagis und d., Strabon βάρδοι, οὐάτεις, l δρυΐδαι, so dass sich euhagis und vates (= μάντεις?) offenbar entsprechen. Aber den Unterschied zwischen D. und vates (euhagis) genauer festzustellen, ist schwierig. Die D. nehmen als ingeniis celsiores den ersten Rang ein. Die μάντεις des Diodor prophezeien die Zukunft (die euhagis: scrutantes seriem et sublimia naturae pandere conabantur), aber von den Druiden berichten Diodor und Cicero das gleiche. Die οὐάτεις sind nach Strabon ἱεροποιοὶ καὶ φυσιολόγοι, während die δρυΐδαι πρὸς τῇ φυσιολογίᾳ καὶ τὴν ἠθικὴν φιλοσογίαν ἀσκοῦσιν, aber ἱεροποιοί sind nach Diodor und Strabon IV 198 auch die Druiden, ohne die kein Opfer vollzogen werden kann (s. o.). Caesar weiss von diesen Unterschieden nichts, und unsere Quellen geben nicht genügend Auskunft, wie wir uns das Verhältnis der vates zu den Druiden denken sollen. Nach d’Arbois de Jubainville a. O. I 46ff. 241ff. sollen die vates den file (,die Sehenden‘) der irischen Litteratur entsprechen (vgl. Desjardins Géogr. de la Gaule II 519. 522. 526. 528. 532f.).
Litteratur (die ältere ist zum Teil von sehr problematischem Wert): J. G. Frickii Commentatio de Druidis, Ulm 1744. Edward Davies The mythology and rites of British Druids, London 1809. Toland History of the druids, Montrose 1814. Mone Geschichte des Heidentums im nördlichen Europa II (1823) 358ff. Karl Barth Über die Druiden der Kelten, Erlangen 1826. L. A. Rothe Om Druiderne, deres Vaesen og Laere, Kjöbenhavn 1828. Richter Artikel Druiden in Ersch und Grubers Encycl. 1. Sekt. XXVII 486–502 (bearbeitet nach den Büchern von Barth und Mone, veraltet). Edmund Spiess Entwicklungsgeschichte der Vorstellungen vom Zustande nach dem Tode, Jena 1877, 355–366 (über Druiden und Kelten; zahlreiche Litteratur [1738] angeführt 365f.). Mannhardt Wald- und Feldculte I 525ff. (,ein altgallisches Jahresfeuer‘). Mommsen R. G. III⁸ 237. V 94ff. Fustel de Coulanges Comment le druidisme a disparu, Rev. celt. IV 37ff. (vgl. XII 316). D’Arbois de Jubainville Rev. archéol. XXXIV 1877, 217ff. XXXVIII 1879, 374; Cours de littér. celtique I 83ff. Desjardins Géogr. de la Gaule II 514ff. III 292ff. L. Paul Jahrb. f. Philol. CXLV (1892) 784ff. Pflugk-Harttung Die Druiden Irlands, Neue Heidelberg. Jahrb. 1892, 265ff. James Bonwick Irish Druids and old irish religions, London 1894. G. Bloch Revue internat. de l’enseignement XXX 1895, 145–161. Alex. Bertrand Nos origines III. La religion des Gaulois, les Druides et le Druidisme, Paris 1897 (vgl. Rev. arch. 3. s. XXIX 1896, 273–278 und Comptes rendus de l’acad. d. inscr. 4. sér. XXIV 450ff.). S. Reinach Revue celt. 1892, 189ff. 1897, 137ff. M. Ihm Römische Culturbilder (Leipzig 1898) 90–99.