2) = τρόχος, der Wettlauf, die einfachste und wohl auch die älteste (vgl. dagegen Plut. quaest. conv. II 4), im Epos sowie auf ältesten Kunstdenkmälern wie der Kypseloslade geschilderte gymnastische Übung, deren Ursprung sich in mythisches Dunkel verliert (Schol. Pind. Ol. I 154. Hom. Il. XXIII 754ff.; Odyss. VIII 120ff. Paus. V 17, 10). In Olympia, wo nach alter Localsage schon der idaeische Herakles seine Brüder um die Wette laufen liess (Paus. V 7, 7. VIII 2, 2), war nach der Wiederherstellung der Spiele durch Iphitos der D. 17 Olympiaden hindurch das einzig übliche Agonisma (Paus. IV 4, 5. V 8, 6. VIII 26, 4. Philostr. gymn. 12. Plut. quaest. conv. V 2. Africanus bei Euseb. Chron. I 194 Schoene), und auch später ging der Stadionlauf allen anderen Übungen voran (Plat. leg. IX 853 A) und war der Sieger in demselben für die Olympiade eponym. In der ersten siegte Koroibos. Die Zulassung der Knaben zum Wettlauf in Olympia erfolgte nach Africanus und Pausanias (V 8, 9) in der 36. Olympiade, nach Philostrat. gymn. 13 aber erst Ol. 46. Über diesen Widerspruch vgl. Guttmann De olympionicis apud Mynae Philostr. 33ff. Nach dem Recht von Gortyn (VI 36) werden die Jünglinge durch den Eintritt in die Rennbahn mündig. Beim dorischen und aiolischen Stamm beteiligten sich an den Laufübungen auch die Jungfrauen. So in Sparta (Theocr. XVIII 22. Paus. III 13, 7. Philostrat. gymn. 27. Hesych. s. Διονυσιάδες), in Kvrene (Boeckh Expl. ad Pind. Pyth. IX p. 328), in Elis am Feste der Hera (Paus. V 16, 2f.), auch in römischer Zeit unter Domitian (Cass. Dio LXVII 8). Nach der letztgenannten Pausaniasstelle liefen die Mädchen in einem ein wenig über die Knie herabreichenden Chiton, der die rechte
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Schulter blos liess. Vgl. die Statue der Wettläuferin im Vatican, Helbig Führer² 384. Ursprünglich einfacher Schnellauf über eine kurze Strecke, entwickelte sich mit der Zeit der D. zu folgenden Unterarten, die der Reihe nach bei den öffentlichen Spielen Eingang fanden: 1. einfacher Lauf, στάδιον; 2. Doppellauf, δίαυλος, auch in Waffenrüstung ausgeführt = ὁπλίτης; 3. Dauerlauf, δόλιχος; 4. Rosslauf, ἵππιος (vgl. die betreffenden Artikel). Auch bildete der D. einen Bestandteil des Pentathlon (s. d.). Als besonders ehrenvoll galt ein Sieg in mehreren Arten des Laufes an demselben Tage (Pind. Ol. XIII 36 und Schol. Philostrat. gymn. 33. Paus. VI 13, 3. Μουσ. κ. βιβλ. Σμυρν I 140, ξε’). In den Gymnasien wurde der D. als wichtige Vorübung nicht blos für die grossen Wettkämpfe, sondern auch für den Krieg fleissig geübt und die Leistungsfähigkeit der Epheben häufig in kleineren Agonen erprobt. Die Ephebeninschriften sprechen im allgemeinen von δρόμοι (IG II 466, 12. 467, 12. 468, 8. Dittenberger Syll.² III s. v. u. ö.) oder von διαδρομαί (Dittenberger a. a. O. s. v. Bull. hell. XIII 337, 21). Ausserdem hatten sich die griechischen Jünglinge an gewissen Festen als λαμπαδηδρόμοι, σταφυλοδρόμοι (s. d.) zu bethätigen, desgleichen an den ὀσχοφόρια und sonstigen Festlichkeiten (vgl. IG III 1147 col. III ὁ πρὸς Ἄγρας δρόμος) ihre Ausbildung im Laufe zu beweisen. Als die einfachste Übung war der Lauf auch bei den Römern frühzeitig im Schwang. In den Ludi magni wurde er gleich bei ihrer Gründung aufgenommen, Dion. Hal. VII 73, 3. Cic. de leg. II 38. Papirius Cursor hat nach Liv. IX 16, 13 in der Schnelligkeit seiner Füsse alle Zeitgenossen überragt und daher seinen Beinamen erhalten. Auch sonst werden bei öffentlichen Spielen cursores erwähnt, die im Circus auftraten, Suet. Aug. 43. Plin. n. h. VII 84. Fasti Praenest. 25 April. Hist. Aug. Alex. Sev. 42. Inschrift aus dem J. 32 n. Chr. Arch. Anz. 1889, 59 (Mommsen). Über den Lauf der Mädchen s. o. Der D. in allen seinen Species wurde den leichteren Übungen, den κουφὰ γυμνάσματα, zugezählt (Philostrat. gymn. 3. Stat. Theb. VI 551). Die körperlichen Vorbedingungen sind bei Philostrat. gymn. 32f. für die einzelnen Unterarten specialisiert. Hauptsächlich wird entsprechende, nicht übertriebene Länge der Arme und Beine und mässige Entwicklung der Musculatur verlangt (vgl. auch Philostrat. imag. II 2, 2), und auch auf Vasenbildern erscheinen die Läufer in der Regel als schlanke, sehnige Gestalten. Die körperliche Eignung suchte man nicht blos in der ausgebildeten berufsmässigen Athletik, sondern schon in ältester Zeit durch entsprechende Diät zu vervollkommnen, und es gab für jede Art des D. eigene Vorschriften (Arrian. Epict. III 23, 2) Eine delphische Inschrift aus dem 6. Jhdt. v. Chr. (Berl. phil. Woch. 1896, 831) enthält das strenge Verbot, dass den Wettläufern kein Wein letzter Ernte gereicht werden dürfe. Da man glaubte, dass eine übermässige Ausbildung der Milz schädlich und beim Laufe hinderlich sei, suchte man sie durch Medicamente zur Rückbildung zu zwingen oder durch Schneiden und Brennen ganz zu entfernen, Plin. n. h. XXVI 132. XI 205. Celsus V 26. Durch besonders schwierige und anstrengende Vorübungen
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wurde der Körper derart ausgebildet, dass die Ausführung des eigentlichen D. im Vergleich zu jenen leicht erscheinen musste. So wird vom Lauf in tiefem Sande (Luc. Anach. 27. Antyll. bei Orib. VI 21, 14), ja von Vorübungen auf den Knien im Sande der Palaestra berichtet (Aristot. de gress. anim. 9). Hierher gehört wohl auch die Art des Laufes, die uns unter der Bezeichnung ἐκπλεθρίζειν von alten Ärzten überliefert wird. Sie bestand in dem successive verkürzten Hin- und Rücklauf im Raume eines Ple-thron, bis man in der Mitte zum Stillstande kam (Gal. de san. tuend. II 10). Zum Wettkampf selbst schreitend gürtete man sich in ältester Zeit mit einem Schurz, der erst in der 15. Olympiade abgelegt wurde. Nach CIG I 1050 und Paus. I 44, 1 lief Orsippos, nach Dion. Hal. VII 72, 3 Akanthos zum erstenmale völlig nackt, was von da an allgemein üblich wurde (Boeckh CIG I p. 554. Krause Olympia 389ff.). Die vereinzelte Nachricht, dass sich die Läufer auch einer Art Schuhe, ἐνδρομίδες, bedienten (Poll. III 155), dürfte, wenn sie sich nicht etwa auf Vorübungen bezieht, einem Missverständnisse entspringen. Auf Bildwerken erscheinen sie ausnahmslos barfuss. Ob dem D. regelmässig eine Einölung des Körpers voranging, lässt die lückenhafte Überlieferang im Unklaren, doch erscheint dies für die spätere Zeit wahrscheinlich. Erwähnt wird die Salbung von Arrian. Epict. III 23, 2. Stat. Theb. VI 576 und für die spartanischen Jungfrauen von Theocr. XVIII 22f, wogegen Plut. quaest. conv. II 4 sie auszuschliessen scheint. Auf einem Krater in Bologna (Mus. ital. II tav. II A) striegelt sich Hippomenes nach dem Wettlauf mit Atalante. Bei öffentlichen Wettspielen verlief der D. in folgender Weise: die Athleten, die sich gemeldet hatten und zugelassen worden waren, wurden durch das Los in Riegen, τάξεις, geteilt, deren höchstmögliche Teilnehmerzahl nicht genau zu ermitteln ist. Nach Paus. VI 13, 4 konnten je vier den Lauf ausführen. Die Sieger der einzelnen τάξεις hatten dann einen Entscheidungskampf zu bestehen, aus welchem der endgültige Sieger hervorging. Anzutreten hatte die Riege an der Ablaufschranke, βαλβίς (s. d.), der Rennbahn, auf deren Steinschwellen die Ablauflinie verzeichnet war. Jeder Läufer erhielt einen der durch die Pfähle abgegrenzten Standplätze zugewiesen, vor denen die Schnur, ὕσπληγξ, als Schranke hinlief. Nach verschiedenen vorbereitenden Bewegungen, die noch im letzten Augenblicke die Elasticität der Füsse wecken und erproben sollen (Stat. Theb. VI 587), nehmen die Läufer ihre Posten ein. Da sie auf das gegebene Zeichen, das im Herablassen der Schnur bestand, möglichst ohne Zeitverlust vorschnellen mussten, trachteten sie wie heute noch eine Körperhaltung anzunehmen, die ihren Schwerpunkt so weit als möglich nach vorne vorschob, also vorgeneigt. einen oder beide Arme vorstreckend, auch wohl mit der Hand leicht den Boden berührend (Krause Gymn. u. Agon. Taf. XV 55. Hartwig Meisterschalen 45f. und namentlich Hauser Arch. Jahrb. X 182ff.). Durch einen geschickten ersten Abstoss konnte ja der Läufer einen Vorsprung gewinnen. der vielleicht entscheidend blieb (Plut. apophth. Lac. 224 F). Während des Laufes war jegliche
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Hinterlist und Benachteiligung der Gegner, namentlich ein Zurückhalten und Behindern mit den Armen, verboten (Luc. calumn. non tem. cred. 12. Paus. V 24, 9. Cic. de off. III 10. Stat. Theb. VI 616ff.). Erlaubt und üblich war es hingegen, während des Laufes ein Geschrei zu erheben, die Mitkämpfer dadurch einzuschüchtern, sich selbst aber anzufeuern. An Zurufen aus der zuschauenden Menge fehlte es ohnehin nicht. Sieger war, wer zuerst die Ziellinie, γραμμή), passierte. Zahllos sind die Darstellungen des D. auf Vasenbildern, besonders wichtig die auf panathenaeischen Amphoren. Die Läufer sind nicht überall in gleicher Action, und man hat aus ihrer Haltung, dann irrtümlicherweise auch aus ihrer Anzahl und der Richtung der Bewegung, Schlüsse auf die Art des Laufes gezogen (Ambrosch Ann. d. Inst. 1833, 69. Hirzel ebd. 1863, 407; das übrige bei Stephani C. B. 1876, 82). Feststehend ist, dass sich hauptsächlich zwei Typen auf den Vasenbildern unterscheiden lassen, einerseits Läufer, die stark ausschreiten, den Boden nur leicht berühren, mit den Händen weit ausholen (z. B. Krause a. O. Taf. VI 11. 12. 14. Mon. d. Inst. X 48 f 7 und m. Gerhard Etr. camp. Vasenb. A 12. B 8. 12), anderseits solche in weniger angestrengtem Lauf, die Arme zur Brust angezogen (z. B. Micali Mon. ant. 1833 tav. LXXXVIII 4. Mon. d. Inst. I 22. X 48 e 4. 30 f 6). Dass es sich um zwei verschiedene D.-Arten handelt, geht hervor aus der Darstellung der Nikosthenesschale, Benndorf Vorlegebl. 1889 VII, wo beides deutlich differenciert nebeneinander vorkommt. Der erstere Typus bezieht sich offenbar auf den flinken Stadionlauf und wohl auch auf den Diaulos, während man in dem zweiten den Dauerlauf zu erkennen haben wird. Klar besagt dies Philostrat. gymn. 32 (vgl. auch Stadion und Dolichos). Burette De la course des anciens, Mém. de l’acad. des inscr. IV. Krause Gymn. und Agon. der Hell. I 337ff. Stephani Compte Rendu 1876, 81ff. Grasberger Erziehg. und Unterr. I 309ff. III 201ff. Daremberg-Saglio Dictionn. d. ant. I 1643ff.