Dardani (so die römischen Inschriften und Schriftsteller durchgehends; bei den Griechen keine feststehende Namensform: Δάρδανοι, Δαρδάνιοι, Δαρδανεῖς [vgl. CIL III 714. 715], Δαρδανιάται, die Autoren schwanken selbst in einem und demselben Capitel, vgl. Polyb. IV 66. XXVIII 8. Appian. Ill. 5), ein kräftiges illyrisches Volk in Moesia superior (Strab. VII 315. 318. Appian. Ill. 2. 5; bell. civ. V 75; vgl. auch die illyrischen Personen- und Ortsnamen Bato, Longanus, Monunius, Scupi u. s. w. K. Zeuss Die Deutschen und die Nachbarstämme 253. H. Kiepert Lehrbuch der alten Geographie 331. Mommsen R. G. V³ 11. W. Tomaschek Die alten Thraker I 23; Zur Kunde der Hämushalbinsel I 446. P. Kretschmer Einleitung in die Gesch. der griech. Sprache 245), das im Osten jedoch auch thrakische Elemente in sich aufnahm (vgl. Art. Dardapara. Tomaschek Thraker I 25. II 2, 70). Ihre topographische Nomenclatur hat sich die ganze römische und byzantinische Zeit (vgl. Procop. de aedif. Tomaschek Zur Kunde der Hämushalbinsel I 446) hindurch und zum Teil bis auf den heutigen Tag (vgl. Scupi–Skoplje–Üsküb) erhalten; das Volk selbst hat zur Bildung des rumänischen Volkstums beigetragen. Wegen der Namensgleichheit mit den troischen Dardanern wurden unsere D. für eingewanderte Troianer gehalten (Solin. II 51. Hist. Aug. Claud. 11, 3. Kiepert Lehrb. 331.
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Tomaschek Thraker I 25f. Kretschmer 185). Sie wohnten am oberen Axius-Wardar (Bylazora war bereits makedonisch, Polyb. V 97, 1), dem (weissen) Drin (Strab. VII 316 Δρίλων ποταμὸς ἀνάπολουν ἔχων πρὸς ἕω μέχρι τῆς Δαρδανικῆς), zu beiden Seiten der Marava-Margus bis über Naissus-Niš hinaus (Ptol. III 9, 6 τῆς Δαρδανίας δὲ πόλεις Ἀῤῥιβάντιον, Νέσος . . . .) und am Oberlaufe des Timacus-Timok (Plin. III 149 flumina clara e Dardanis Margus Pingus Timachus; Pincus-Pek ist wohl irrtümlich in die Reihe gekommen); über die Nachbarstämme vgl. Plin. IV 3. Strab. VII 313. 316. 318. 329 frg. 4 (Mommsen R. G. V 11. G. Zippel Die römische Herrschaft in Illyrien 39.45. Tomaschek Thraker I 23). Die Grenzen des südlichen Teiles von Moesia superior, d. i. von Dardanien, hat zu ermitteln gesucht A. v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. XIII 154, darnach Kiepert Formae orbis antiqui XVII; vgl. D. Kalopothakes De Thracia provincia Rom. 6f. A. Premerstein Jahreshefte des österr. archaeol. Instituts 1898, Beiblatt 147. Die Hauptstämme der D. waren die Galabrii und die Thunatae (Strab. VII 316, s. d.); nach aussen hin tritt jedoch das ganze Volk seit 284 v. Chr. (Polyaen. IV 12, 3) geeint unter Königen auf, wodurch es zu einer sehr ansehnlichen Macht kam; über seine Beziehungen zu dem Reiche von Scodra, den Bastarnern und zu Makedonien in griechischer und römischer Zeit s. unter Moesia, welche Provinz aus diesen Kämpfen hervorgegangen ist; im übrigen vgl. darüber Droysen Zur Geschichte der Nachfolger Alexanders. Zippel 39ff. Über die Sitten und wirtschaftlichen Zustände der D. ist mehreres überliefert. Sie waren ein ungesittetes (Strab. VII 316. Plin. IV 3), tapferes, widerstandsfähiges Volk (Ammian. Marc. XXIX 5, 22 Dardanorum ferociam in modum Lernacae serpentis aliquotiens renascentem hoc genere poenarum extinxit), das in mit Dünger zugedeckten Erdhöhlen gewohnt haben soll (Strab. a. a. O.); doch besass es auch befestigte geschlossene Ansiedlungen. Es war als schmutzig verrufen (τρὶς τοῦ βίου λέλουται ὥσπερ Δαρδανεύς); liebte die Musik, kannte die Flöte und Saiteninstrumente (Strab. VII a. a. O.). Nach Agatharchides von Knidos bei Athen. VI p. 272 verfügte es über zahlreiche Leibeigene, wohl eine ältere Bevölkerungsschicht. Es betrieb Weide- und Alpenwirtschaft, bekannt war der caseus Dardanicus (Expos. totius mundi, Geogr. lat. min. ed. Riese p. 119). In ihrem Lande bestanden Bergwerke; Plin. XXXIII 39 erwähnt den Dardanium genannten Goldschmuck; vgl. die Bergwerksmünze Traians und Hadrians mit dem ℞. ΔΑΡΔΑΝΙCΙ (Cohen Traian 338; Hadrian 1166) und die procuratores metallorum intra Macedoniam, Daciam mediterraneam, Moesiam seu Dardaniam. Über die Reste alten Eisen-, Blei- und Silberbergbaues in dem Dardanergebiete handelt C. Jireček Die Handelsstrassen und Bergwerke von Serbien und Bosnien während des Mittelalters 43f. 53ff. und Arch.-epigr. Mitt. X 79ff. Ausserdem werden grobe dardanische Stoffe erwähnt (Tomaschek Thraker I 24). Von ihrer Sprache sind nur zwei Pflanzennamen bekannt (Tomaschek I 25. II 1, 26). Das als Durchzugsland von der Adria zur Donau und von Viminacium nach Thessalonica wichtige Land wurde in der
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Kaiserzeit durch Strassen erschlossen (v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. XIII 151 vermutet, dass die Strasse Lissus - Naissus bereits unter Augustus erbaut worden sei; sonst vgl. CIL III p. 1469. Kiepert Formae XVII Beiblatt 4 und A. J. Evans Antiquarian researches in Illyricum III 65ff. IV 153ff.). Das Römertum hatte hier feste Stützen (ausser an den hier in augustischer Zeit vielleicht stationierten Legionen, vgl. A. v. Domaszewski Neue Heidelberger Jahrb. I 199ff. A. v. Premerstein Jahreshefte des oester. arch. Instituts I Beibl. 165) an Scupi, wohin unter den Flaviern Veteranen der legio VII Claudia deduciert worden sind (CIL III p. 1460. v. Domaszewski 151) und das sich zur Metropole Dardaniens entwickelte, und an Ulpiana, das wahrscheinlich eine Gründung Traians ist. Über kleinere Ansiedlungen vgl. Evans a. a. O. Viel mehr trug jedoch zur Romanisierung der Militärdienst (vgl. v. Domaszewski a. a. O.) bei, zu dem die D. stark herangezogen wurden; sie bildeten höchst wahrscheinlich seit Vespasian eine ala I Vespasiana Dardanorum, die in Moesia inferior garnisonierte (Mommsen CIL III p. 2024; Ephem. epigr. V p. 185. Cichorius o. Bd. I S. 1240) und eine cohors Dardanorum (IGI 2433. Mommsen Ephem. epigr. V p. 185. Cichorius oben S. 280); dienten aber auch in fremden Auxiliarabteilungen, so in der coh. Claudia miliarensis (CIL V 898. Mommsen Ephem. epigr. 3( V p. 185. 242), ferner in der legio VII Claudia (Brambach 1077. Mommsen Ephem. epigr. V p. 184. 217), unter den equites singulares (Ephem. epigr. IV 931. Mommsen Ephem. epigr. V p. 185. 234) und den Praetorianern (CIL VI 2845, vgl. Mommsen Ephem. epigr. V p. 185). Unter Marc Aurel wurden latrones Dardaniae unter die Soldaten eingereiht (Hist. Aug. Marc. 21, 7. Mommsen R. G. V³ 212, vgl. 228. Patsch Wissensch. Mitt. VIII 120). Einzelne brachten es auch zu höheren Militär- (CIL XI 705) und Verwaltungsposten (CIL III 5283); Kaiser Claudius II. ist wahrscheinlich ein D. (Hist. Aug. Claud. 11, 9) und aus Naissus stammte Constantin.