Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Konstantin der Große; Augustus, Imperator Caesar Flavius Valerius, Kaiser 306–337 n. Chr.
Band IV,1 (1900) S. 10131026
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2) Constantin der Grosse = Imp. Caes. Flavius Valerius Constantinus Aug., regiert 306–337.

Quellen: Lact. de mort. persec. 24 bis Schluss. Paneg. lat. VI–X. Euseb. hist. eccl. VIII–X; vita Constant. (die Urkunden fast alle gefälscht oder höchst zweifelhaft). Exc. Vales. 1, 1–6, 35. Zosim. II 8–39. Aurel. Vict. Caes. 40, 2–41, 17; Epit. de Caes. 39, 7–41, 17. Eutrop. [1014] IX 22–X 10. Dazu die verschiedenen Fasten und die gelegentlichen Erwähnungen, vor allem im Anhang zu Seecks untengenanntem Werke citiert. Die erhaltenen Gesetze im Cod. Theod. (dazu die Const. Sirmondi) und Cod. Iust. Für die Inschriften s. die Indices der Bände des CIL. Die Münzen bei Cohen VII; sehr viel Einschlägiges bei Schiller nach Graf C. v. Westphalen.

Litteratur: Ausser den Werken von Tillemont, Gibbon, Ranke, Duruy, Hertzberg, speciell Manso Leben C. d. Gr., Breslau 1817 Burckhardt Zeit C. d. Gr.², Leipz. 1880, Schiller Geschichte der römischen Kaiserzeit II 2 164–297. Dahn-Wietersheim Geschicbte der Völkerwanderung II 358–462. Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Welt I² 42–188 (der Anhang bis jetzt nur in erster Auflage; das Werk reicht zur Zeit bis zur Herstellung der Reichseinheit; es ist in erster Linie zu berücksichtigen und im Folgenden einfach Seeck citiert).
Herkunft und Verwandtschaft: Flavius Valerius Constantinus (das Praenomen auf den Inschriften bald L., bald M., bald C., was daher rührt, dass er dasselbe nach dem Beispiel seines Vaters wie alle folgenden Kaiser abgelegt hat (Dessau 690), ausserehelicher Sohn des Constantius und der Helena, einer ehemaligen Gastwirtin (Ambros. de obit. Theod. 42), und günstigstenfalls später legitimiert (Seeck 47), wurde am 27. Februar bald nach 280 (Seeck 407; das Datum CIL I² p. 302) zu Naissus geboren. Die inschriftlich (z. B. CIL XI 9[WS 1]) und sonst berichtete Verwandtschaft mit Claudius Gothicus (C. zunächst ein Enkel, darauf Neffe u. s. w. desselben) ist eine offenbare Fiction, die vermutlich von C. selbst nach dem Tode des Maximian aufgebracht wurde, um eine neue Legitimitat der Familie des Constantius zu begründen (Dessau Herm. XXIV 341. Seeck 451).
Bis zu seinem Regierungsantritt. Seine militärische Ausbildung empfing C. unter Diocletianus, der ihn bereits zum tribunus primi ordinis gemacht hatte (Lact. 18), und Galerius, an dessen Hofe er gleichsam als Geisel für die Treue des Vaters weilte. Er hat sich damals z. B. in den Kämpfen gegen die Sarmaten persönlich ausgezeichnet (Exc. Vales. 2. 3. Paneg. VII 3). Als Severus und Maximinus Daia an Stelle des Diocletianus und Maximinianus die Herrschaft angetreten hatten, bittet Constantius den Galerius brieflich um Rücksendung des Sohnes, die dieser wohl oder übel gestatten musste. Die von Lact. 24 u. a. erzählte Geschichte von der Unbrauchbarmachung der Staatspost für seine Verfolger durch C. ist nach Seeck 434 und Duruy 97 eine Erfindung des Lactanz, die die anderen weiter ausgesponnen hatten; doch kann Paneg. VII 7 stutzig machen. Den Vater trifft C. kurz vor der Abfahrt nach Britannien, in Bononia = Boulogne (Paneg. VII 7. Exc. Vales. 2, 4). Als dieser bald darauf in Eboracum gestorben war, wird dem C. vom Heere das imperium übertragen (Paneg. VI 5), für welches ihn der Vater möglicherweise noch vor seinem Tode empfohlen hatte (Lact. 24); am 25. Juli 306 (CIL I² p. 302. Fast. Hydat. 306. 335). Wesentlich soll dabei das an die Comitatenses verteilte Geld (Zosim. [1015] II 9, 1) und der Eifer des Alamannenfürsten Erocus (Epit. de Caes. 41, 3) mitgewirkt haben. Die berichtete Flucht vor der Wahl zu Ross (Paneg. VII 8) ist höchstens ein unbedeutender Akt geheuchelter Bescheidenheit. Dass C. im übrigen zum Caesar, wie die jüngeren Quellen berichten (Exc. Vales. 2, 4. Zosim. II 9, 1), nicht aber zum Augustus (Lact. 25. Paneg. VI 5) ausgerufen wurde, ist wenig wahrscheinlich (absichtlich lügt Euseb. vita C. I 21), wenn er sich anscheinend zunächst auch persönlich mit dem geringeren Titel begnügt hat (vgl. die Britannische Inschrift Dessau 682). Auf jeden Fall teilte C. das Geschehene dem Galerius mit, und dieser erkannte ihn, gewiss unwillig genug, als Caesar an (Lact. 24. 25. Dessau 657). Anders ordnet die Dinge Seeck 72 an, der aus Paneg. VII 8 auf zwei Briefe des C. an den Galerius schliesst, während der Redner wohl nur den Eifer des Galerius, den C. zu bestätigen, hervortreten lassen will.
Seine Regierung. Die nächste Zeit wird durch Grenzkämpfe mit den wohl durch den Tod des Vaters erregten Germanen ausgefüllt. Alamannen und Franken werden unterworfen (Eutrop. X 3), ihre Könige Ascarius und Bagaisus gefangen genommen und durch Tierhetze getötet (Paneg. VII 10–12. X 16. 18). Eine Rheinbrücke wird bei Köln gebaut und die Rheinflotte in gutem Stand erhalten (Paneg. X 13); der von Euseb. vita C. I 25 berichtete zweite Zug nach Britannien beruht wohl auf Verwechslung. Wichtiger sind die allgemeinen politischen Verwicklungen, die schliesslich zum Kampfe gegen Maxentius führen. C.s Ernennung hatte die eigenmächtige Erhebung des Maxentius, des Sohnes des Maximianus, zu Rom herbeigeführt. Gegen ihn erhebt sich die legitime Reichsgewalt in der Person des Severus. Indem nun der Sohn den Vater zur Hülfe ruft, ergreift dieser wiederum den Purpur, und beiden gelingt es, den Gegner zu überwinden und persönlich gefangen zu setzen. Darauf sucht sich Maximinianus eine gegen Galerius gesicherte Stellung zu verschaffen durch den Anschluss an C.; er vermag ihm die ihm noch fehlende Anerkennung als Augustus zu bieten (Paneg. VI 1. 5). C. nimmt diese an, und das Verhältnis wird durch den Abschluss seiner Ehe mit Maximinianus Tochter Fausta, mit der er schon seit seiner Kindheit verlobt war (Seeck 431), besiegelt (Lact. 27. Paneg. VI); über Münzen des C. mit den Köpfen der beiden Herrscher Italiens vgl. Seeck Numism. Ztschr. XVII 48. Natürlich behielt sich C. innerlich dabei durchaus vor, in einem eventuellen Kampfe je nach den Umständen Partei zu ergreifen. 307 bekleidet er mit Maximinianus das Consulat, wie die occidentalischen Fasten bezeugen, während dasselbe allerdings im Orient nie anerkannt worden ist Mommsen Herm. XXXII 541).

Zunächst geht nun Maximinianus nach Italien, und hier tritt etwas ganz Unerwartetes ein: mag er wirklich von dem nach dem Sieg über Galerius völlig übermütigen Sohne schlecht behandelt worden sein oder hat er etwa wieder den Anschluss an Galerius und damit die legitime Gewalt gesucht, kurz er versucht dem eigenen Sohn vor versammeltem Heere den Purpur herunterzureissen. [1016] Der Versuch misslingt, und so flieht Maximinianus nach Gallien (Lact. 28. Paneg. IX 3) Mitte April 308 (Seeck 449). C. hat dem augenscheinlich nun völlig machtlosen Manne natürlich keine Hoffnungen gemacht, und so hat es dieser noch einmal mit Diocletianus und Galerius, die eben in Carnuntum zusammentrafen, versucht (Lact. 29. Epit. de Caes. 39, 6). Aber ihm bleibt nichts übrig, als einfach abzudanken, und so kehrt er wieder zu C. zurück, der nun den Schwiegervater als vornehmen Privatmann behandelt (Paneg. VII 15–16). Im übrigen verhält sich C. zu den Beschlüssen von Carnuntum ähnlich wie zu Maximinianus Erhebung. Wie er damals, was ihm geboten, schweigend angenommen hatte, so ignorierte er jetzt schweigend seine Degradation, die in der Ernennung des Licinius zum Augustus und dem ihm selbst zur Entschädigung gewährten Titel filius Augusti (Lact. 32. Dessau 683. Eckhel VIII 72) für ihn lag, ebenso das erste Consulat für 309, das ihm die Gesamtherrscher zuerteilten (Mommsen Herm. XXXII 542). So gehen die Sachen etwa ein Jahr lang welter. Da versucbt der alte Maximinianus, während C. einen Zug an den Rhein gegen die Franken unternommen hat (Paneg. VII 14–16. Lact. 29), dessen Heer zu bestechen und aufs neue zum Purpur zu greifen. Schleunig kehrt C. um und verfolgt den Maximinianus nach Arelate und weiter nach Massilia. Die Stadt ergiebt sich, und der Alte wird – ohne Zweifel mit vollstem Recht – hingerichtet (Eutrop. X 3. Epit. de Caes. 40, 7); vor 25. Juli 310 (Seeck 451). Paneg. VII 21 und Lact. 30, welche den Selbstmord des alten Mannes berichten, geben die officielle Darstellung, die ebenso wie die Geschichte von einer ersten Begnadigung zu verwerfen ist. C. selbst aber setzt an die Stelle seiner alten, durch die unvermeidliche Damnation des Toten vernichteten Legitimitat eine neue, die er zu seinen Quinquennalien durch Eumenius in die Welt hinausrufen lässt (Paneg. VII): seine Abstammung von Kaiser Claudius.

Mai 311 starb Galerius, nachdem er noch das umfassende Toleranzedict für die Christen erlassen hatte, und nun entstand die Combination, welche schliesslich zur dauernden Entscheidung über die Herrschaft führen sollte. Licinius und Maximinus Daia vermochten sich über die Erbschaft des Galerius dauernd nicht zu einigen, und so suchte und fand letzterer den Anschluss an Maxentius. Notwendigerweise bildete sich das Gegenbündnis des C. und Licinius, und ersterer verlobte diesem seine Schwester Constantia (Lact. 43. Zosim. II 17, 5). Dass nun der Krieg zuerst zwischen C. und Maxentius ausbrach, ist der Hast des letzteren zuzuschreiben. Wegen der Tötung seines Vaters begann er Unterhandlungen und schritt bald dazu, C.s Statuen in Rom umstürzen zu lassen (Lact. 43. Zosim. II 14, 1). Damit war denn der Krieg erklärt.

C. geht mit seinem Heer, dessen damalige Gesamtzahl Zosim. II 15, 2 auf 90 000 Mann zu Fuss und 8000 Reiter angiebt (Seeck 118 folgt Paneg. IX 2, der das Expeditionscorps, um den Ruhm C.s zu erhöhen, sicher viel zu niedrig auf ein Viertel seiner Macht beziffert), über die Alpen und stürmt Segusio (Frühjahr 312). Er schlägt [1017] ein feindliches Heer bei Augusta Taurinorum, wobei ihm die Cataphractenreiter viel zu schaffen machen, nimmt die Stadt sowie Mailand durch freiwillige Übergabe, schlägt die feindliche Reiterei bei Brixen (Paneg. IX 5–7. X 17, 21–26) und schickt sich an, den feindlichen Feldherrn Ruricius in Verona zu belagern. Bei einer Ausfallschlacht schlägt sich dieser mit einem Teil des eingeschlossenen Heeres durch und greift in der folgenden Nacht mit herbeigeholten Hülfstruppen von aussen an, so dass C. zwischen zwei Feuer gerät. Doch fällt Ruricius, und C. erobert die Stadt (Paneg. IX 8. 11. X 25–26. Exc. Vales. 4, 12). Nun liegt, nachdem auch Aquileia und Modena genommen, Italien vor C. offen, und er kann auf Rom losmarschieren, wo allerdings noch die Hauptarbeit bevorstand; denn der träge und in Lüste versunkene Maxentius war mit dem Gros seines Heeres – nach Zosim. II 14 170 000 Mann zu Fuss und 18 000 Reitern – ruhig dort stehen geblieben.

Ehe wir zur Entscheidungsschlacht kommen, ist auf das mystische Zeichen, das C. geführt haben soll, das Labarum, und damit auf sein damaliges Verhältnis zum Christentum einzugehen. Freilich ist hier das Urteil weniger von der historischen Detailforschung als von den allgemeinen Grundanschauungen abhängig. Denn ebenso wie vom clericalen Standpunkt aus noch heute gerade wie von Tillemont alles als bare Münze genommen werden wird, so kann man anderseits von Burckhardts Standpunkt aus, der in C. ,den genialen, durchaus irreligiösen Ehrgeizigen‘ sieht, ,der das Heilige nur als Reminiscenz oder als abergläubische Anwandlung kennt und das Christentum zu seinen rein politischen Zwecken ausnützt‘, nur zur völligen Verdammung der Überlieferung kommen. Wie einseitig Burckhardts Standpunkt ist und wie wenig er den im 4. Jhdt. wirksamen geistigen Mächten gerecht wird, hat Seeck eingehend nachgewiesen (58–68, 127–129 u. s.); es bleibt dabei völlig die ungeheure Neigung jener Zeit und noch besonders der Soldaten für Aberglauben jeder Art unberücksichtigt. Geht man aber von dieser aus, so wird man es mit Seeck begreiflich finden, dass C., der in den Traditionen seines Vaters wandelnd bereits seine Regierung mit einem Toleranzedict für die Christen eröffnet hatte (Lact. mort. pers. 24; divin. inst. I 1, 13), jetzt seine völlig ungewisse Lage und die Beobachtung, dass alle Christenverfolger gescheitert waren, während ihm sein Zug gegen den Verehrer der Heidengötter Maxentius bisher so über Erwarten gelungen war (über Bischof Hosius von Cordova als C.s Begleiter auf dem Feldzug vgl. Seeck 455) zu einem freilich seiner Zeit und Bildung entsprechenden Christentum, an dem der Landsknechtsaberglaube sein gutes Teil hatte, innerlich hinüberführte. Ist das aber zugegeben, so liegt kein Grund vor, warum man die Erzählung des Lactantius (44), dass der Kaiser infolge eines Traumes das Monogramm Christi auf den Schilden seiner Soldaten anbringen liess, verwerfen soll, um so mehr, als Andeutungen der Panegyristen (IX 2–4. X 14) und sogar die Inschrift des Constantiusbogens (Dessau 694 instinctu divinitatis) genau nach der gleichen Richtung weisen. Ebenso bestimmt ist allerdings die [1018] Geschichte von der Himmelserscheinung und dem Eide C.s, die Eusebius erst in der vita C. kennt (I 28), erlogen; vgl. Crivellucci Della fede storica di Eusebio, Livorno 1888. Sonst zum Vorhergehenden und überhaupt zu C.s Verhältnis zum Christentum: Keim Der Übertritt C.s d. Grossen z. Christentum, Zürich 1862. Zahn C. d. Grosse und die Kirche, Hannover 1876. Brieger C. als Religionspolitiker, Gotha 1880. Schulze Ztschr. f. Kirchengesch. XIV 503. Görres Ztschr. f. wissenschaftl. Theolog. XXXI 72. Zum Labarum noch Jeep Abh. für Curtius 79. Rapp Bonn. Jahrb. XL 116.

Die Schlacht selbst fand nach allgemeinem Zeugnis jenseits des Tiber beim Pons Mulvius (Paneg. IX 17. Lact. 44. Epit. de Cae. 40, 7. Dessau 686) statt, neben dem Maxentius eiligst eine Schiffbrücke hatte schlagen lassen (Euseb. vita C. I 38; hist. eccl. IX 9, 5. Zosim. II 15, 3) ; nicht aber bei Saxa Rubra, wie Moltke (Handschriftl. Aufzeich. a. d. Reisebuch 117) nach Vict. Caes. 40, 23 annahm. Anderes bleibt trotz Jessen (bei Seeck 455) unklar. Jedenfalls hat C. zunächst mit der Reiterei angegriffen, und auch nur diese Truppe des Feindes und die Praetorianer haben energischen Widerstand geleistet (Zosim. II 16. Paneg. IX 17). Ganz verwirrt wurde die Flucht des Feindes durch den Einsturz der Schiffbrücke, bei welcher Gelegenheit Maxentius – unbekannt wie – den Tod in den Wellen fand (Paneg. X 30. Exc. Vales. 4, 12. Zonar. XIII 1); den 28. October 312 (CIL I p. 405).

In Rom steckt C. im allgemeinen die feindlichen Soldaten in sein Heer (Paneg. IX 21) und hebt nur die Praetorianer auf (Zosim. II 17. Vict. Caes. 40, 25). Der Senat weint dem C. verschiedene schon durch Maxentius errichtete Gebaude (Vict. Caes. 40, 27) – den Constantinsbogen erst 315 – und erteilt dem Kaiser, was wichtiger ist, die Stelle als ältester Augustus (CIL V 8021. 8060 a. Lact. 44), womit das Recht der Gesetzgebung und der Consulernennung verbunden war (Seeck Ztschr. d. Savignystiftg. Roman. Abt. X 179). Der Kaiser seinerseits lässt Edicte gegen die Delatoren ergehen (Cod. Theod. X 10, 2). Am bedeutsamsten aber ist, dass er durch die Übernahme der Unterhaltung der christlichen Priesterschaft auf die Staatscasse und ihre Befreiung von den Municipallasten (Euseb. hist. eccl. X 6, 7. Cod. Theod. XVI 2, 1. 2, 7) das Christentum unter die anerkannten Staatsculte einreiht, nicht, wie man fälschlich gesagt hat (vgl. Seeck 457), zur Staatsreligion erhebt (über C.s Statue mit dem Kreuz in Rom vgl. Schultze Ztschr. f. Kirchengesch. VII 343).

Darauf eilt C. nach Mailand, um hier die Vermählungsfeier seiner Schwester Constantia mit Licinius zu begehen (Zosim. II 17. Exc. Vales. 5, 13. Epit. de Caes. 41, 4) und das Weitere zu verabreden. Es gelingt C., das Christentum auch im Orient ohne jede Schwierigkeit zur gesetzlichen Anerkennung zu bringen (Lact. 48 = Euseb. hist, eccl. X 5, 3), während er seinerseits den einzigen Leibeserben des Licinius anerkennt und wenigstens thatsächlich das Recht der Gesetzgebung im Namen beider für dessen eigenen Reichsteil dem Licinius zugestehen muss (Seeck Ztschr. f. Savignystiftg. Roman. Abt. X 179). Uber das sog. Edict von Mailand, das jedoch thatsächlich nie [1019] existiert hat, vgl. Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XII 181. 457 (verteidigt von Görres Ztschr. f. wissenschaftl. Theol. XXXV 282 und Crivelluci Stud. storic. I 239). Von Mailand begiebt sich C. nach Gallien zurück, um die Germanen, was nach der langen Abwesenheit des Kaisers nötig war, wieder einmal in ihre Schranken zu weisen (Paneg. IX 20. 21. Zosim. II 17. Exc. Vales. 5, 13).

Aber der Friede zwischen C. und Licinius hatte, nachdem letzterer den Maximinus Daia besiegt und aus der Zahl der Mitregenten ausgeschieden hatte, keine Dauer. Der Grund zum Kriege lag nach der einzigen Quelle (Exc. Vales. 5, 14–15; Zosim. II 18, 2 und Eutr. X 5 passen eher auf den zweiten Krieg mit Licinius) darin, dass Licinius versuchte, den Bassianus, den C. zum Caesar für Italien (und Illyricum?) ernennen wollte und deshalb bereits mit seiner Schwester Anastasia vermählt hatte, durch seinen Bruder Senecio zur Revolte zu verleiten, ja, als Bassianus gescheitert war, sich sogar weigerte, den Senecio auszuliefern, und duldete, dass seine Unterthanen in Aemona C.s Statuen umstürzten. Wiederum ergriff C. mit nur 20 000 Mann die Offensive und überraschte den Licinius, der nur ein Heer von 35 000 Mann zusammen hatte, bei Cibalae. C. griff mit der Reiterei an (Zosim. II 18), und nach hartem Kampfe errang er den Sieg, den die Flucht des Licinius nach Sirmium vollendete (Exc. Vales. 5, 16); 8. Oct. 314, fast. Hydat. Aber es gelang dem Licinius dennoch dadurch, dass C. die Fühlung mit ihm verlor (Seeck 160. 463), ein neues Heer zusammenzubringen, und er wagte es, die Absetzung C.s auszusprechen und einen neuen Augustus in der Person des Grenzcommandanten Valens zu ernennen (Cohen VII 223). Der weitere Verlauf des Krieges ist recht unklar. Zwischen Philippopolis (so bei Exc. Vales. 5, 17 für Philippi zu lesen) und Adrianopolis auf dem Campus Mardiensis (oder Iarbiensis Seeck 464), fand eine zweite unentschiedene Schlacht statt, infolge deren die militärische mehr als die politische Lage den G. bewog, sich auf Friedensverhandlungen einzulassen. Valens wurde abgesetzt und Illyricum an C. übergeben, so dass dieser nun über drei Vierteile des Reiches gebot (Zosim. II 20, 1. Eutrop. X 5). In Bezug auf alles Wesentliche – Gesetzgebung wie Münzprägung (Cod. Theod. XV 14, 1. Seeck Ztschr. f. Numism. XVII 45. 149) – war das Reich nunmehr in zwei selbständige Teile gespalten, aber die äusserliche Einheit verkündete das gemeinsame Consulat der beiden für 315. Am 1. März 317 wurden sogar C.s Söhne, Crispus und Constantinus, sowie der Bastard des Licinius gemeinsam zu Caesaren erhoben (Vict. Caes. 41, 5. Epit. de Caes. 41, 4. Fast. Hydat. Chron. Pasch.).

Gar zu lange dauerte der Friede freilich nicht. Für C. kam zu den übrigen Gründen, die einen Entscheidungskampf früher oder später notwendig machten, die Aufnahme der Christenverfolgungen durch Licinius seit 321 hinzu (Euseb. hist. eccl. X 8, 10–19; vita C. I 52–54. Keim Protest. Kirchenztg. LXXV 300. Görres Krit. Unters. z. Gesch. d. Licinian. Christenverfolg., Jena 1875. Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XVII 1). Unter diesen Umständen war es ihm gewiss nicht unangenehm, wenn eine Grenzverletzung, die er bei [1020] Abwehr der durch die Nachlässigkeit des Licinius im Grenzschutz hervorgerufenen Gothen- und Sarmateneinfälle beging (Zosim. II 21. Schiller 199), den Licinius veranlasste, ihm den Krieg zu erklären (Exc. Vales. 5, 21). War doch C. mit der Ausrüstung einer Flotte von je 200 Schlacht- und Lastschiffen sowie eines Heeres von 130 000 Mann dem Gegner vorausgekommen, der freilich im ganzen 350 Kriegsschiffe und 165 000 Mann zusammenzuziehen vermochte (Zosim. II 22); Frühjahr 323, vgl. Mommsen Herm. XXXII 545, der Seecks Versuch, den Krieg ins J. 324 zu verlegen, widerlegt. Bei Adrianopolis, wo Licinius eine feste Stellung eingenommen hatte, kam es am 3. Juli zur Schlacht (fast. Hydat. CIL I² p. 268). Der hart erkämpfte Sieg (dies und das Folgende Exc. Vales. 5, 23–28. Zosim. II 22–26) machte C. zum Herren von Europa bis auf das eine Byzanz, das dem Licinius noch schnell zu besetzen gelang. Nachdem C.s Sohn Crispus, nicht ohne den glücklichen Zufall eines Sturmes, der die feindliche Flotte zum Teil vernichtete, den Admiral des Licinius, Abantus oder Amandus, geschlagen hatte, konnte C. zur planmässigen Belagerung der Stadt schreiten. Doch schon vorher war Licinius nach Asien geflohen, hatte hier ein Heer von 130 000 Mann, unter denen die Gothen einen wichtigen Teil bildeten (Exc. Vales. 5, 27) zusammengebracht und an Stelle des C. seinen Magister officiorum Martinianus zum Mitaugustus ernannt (Vict. Caes. 41, 8; Epit. d. Caes. 41, 6. Cohen VII 224). Aber durch List gelang es C., nach Asien überzusetzen, und am 18. September (fast. Hydat.) wurde Licinius wiederum – diesmal entscheidend – bei Chrysopolis geschlagen. Nun übergaben sich Byzanz und Chalkedon, und dem in Nikomedia belagerten Licinius blieb nur die Hoffnung auf die Gnade C.s, die seine Gemahlin Constantia auch bei dem Bruder für ihn erwirkte. C. versicherte den Gegner durch einen Schwur seines Lebens (Zosim. II 28, 2) und wies ihm Thessalonike als Wohnsitz an (Exc. Vales. 5, 28). Aber Licinius knüpfte noch im folgenden Jahr mit den Donaubarbaren wieder hochverräterische Verhandlungen an, und so blieb dem C., dessen Soldaten so wie so schon über die vorherige Begnadigung aufs höchste erzürnt waren, nichts übrig, als den Licinius nach Anrufung des Urteilsspruches des Senats hinrichten zu lassen (Zosim. II 2, 8. Epit. d. Caes. 41, 7. Euseb. vita C. II 19. Eutrop. X 6. Zonar. XIII 1 = Exc. Vales. 5, 29, vgl. Seeck 468). Zu gleicher Zeit wurden alle Gesetze und Regierungshandlungen des ,Tyrannen‘ cassiert (Cod. Theod. XIV 14, 1–2). Das dieser Zeit angehörige, von Eusebios (vita C. II 24–42. 48–60) überlieferte Edict an die Provincialen von Palaestina und das an die Völker des Orients ist genau wie oben das von Mailand eine Fälschung (Crivellucci Della fede storica di Eus., Livorno 1888).

Am 20. Mai 325 eröffnete dann C. persönlich zu Nicaea das berühmte Concil, wie er schon im J. 316 dem Concil zu Arles beigewohnt hatte (Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. X 509). Ihn veranlassten dazu vor allem die zahlreichen religiösen Streitfragen, die mit dem Verlangen, von ihm entschieden zu werden, an ihn herantraten, wie er auch hoffte, die Einheitlichkeit der Osterfeier, die ihm sehr am Herzen lag und die er 316 für den [1021] Westen durchgesetzt hatte, jetzt auf das ganze Reich auszudehnen. C. selbst führte mit grosser Unparteilichkeit das Präsidium, wenn auch natürlich die von ihm geäusserten Ansichten von entscheidendem Einfluss gewesen sind. Bald nach der Feier der Vicennalien des Kaisers (25. Juli 325) ging die Synode auseinander, wurde aber im J. 327 noch einmal berufen, um die das erstemal gegen die Arianer gefallene Entscheidung zu mildern. Vor allem wird den Kaiser das inzwischen über sein Haus hereingebrochene schwere Unglück (s. u.) über die Gottgefälligkeit der ersten Entscheidung zweifelhaft gemacht haben. Definitiv aufgelöst wurde das Concil dann im November 327 (Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XVII 319. Bernouilli Concil von Nicaea, Freib. 1896).

Zwischen beiden Tagungen des Concils war der Kaiser im Westen gewesen und hatte Juli bis September 326 in Rom geweilt (fast. Hydat.), wo seine Vicennalien noch einmal mit grosser Pracht begangen wurden. Hier gab er den Hinrichtungsbefehl für seinen Sohn Crispus, der dann auch zu Pola den Tod fand (Ammian. Marc. XIV 11, 20). Die Gründe dazu haben in irgendwelchem Gegensatz des Sohnes der Concubine Mamertina (Zosim. II 20. Epit. de Caes. 41, 4) zu Fausta gelegen; ja, diese war soweit die intellectuelle Urheberin der That, dass C., als er zu spät sich von der Unschuld des Sohnes vor allem durch den Einfluss seiner Mutter Helena überzeugt hatte, nun die Fausta selbst töten liess (Zosim. II 29, 1–5. Vict. Caes. 41, 5; epit. de Caes. 41, 11–12. Eutrop. X 6). Diese Geschehnisse, sowie die ähnlichen mit Licinius und seinem Sohne haben zu einer erregten Debatte über die ,Verwandtenmorde C.s‘ geführt (Görres Ztschr. für wissenschaftl. Theol. XXX 343. XXXIII 320. Seeck Ztschr. f. wissenschaftl. Theol. XXXIII 63). Wenn es auch schwer ist, zu einem moralischen Urteil zu gelangen, so wird man Seeck doch zugeben, dass C. nicht der Mann ist, dem man aus reinem Sultanismus derartige Thaten zutrauen darf.

In diese und die folgenden Jahre fällt sodann das welthistorische Ereignis der Neugründung von Byzanz als Constantinopel und seine Erhebung zur Hauptstadt (Vict. Caes. 41, 11). Der Grund dafür lag ausser der Freude, die der Kaiser naturgemäss an einem so dauernden Denkmal seines Ruhmes gehabt haben muss (Burckhardt 413), in den geographischen und militärischen Vorteilen, die die Lage der neuen Stadt bot. Zunächst soll der Kaiser an das alte Ilios und andere Städte gedacht haben (Zosim. II 30, 2. Sozom. hist. eccl. II 3). Dass wirklich ein bewusster Act der Feindschaft gegen Rom darin gelegen habe (Zosim. II 29–30. Eutrop. X 8, 1), ist nicht unmöglich; es musste die Abneigung des Christen gegen die Hochburg des Heidentums gewesen sein. Dass wenigstens die christliche Gesinnung des Kaisers nicht unbeteiligt war, zeigt, dass er sich zur Erfindung der Stadt persönlich durch einen Traum veranlasst fühlte (Cod. Theod. XIII 5, 7. Sozom. II 3). Der Grundstein zu der neuen Stadt wurde am 26. November 326 gelegt und am 11. Mai 330 die Einweihung vollzogen (Fast. Hydat. Malal. XIII 322. Cedren. I 497). Natürlich wurde die neue Stadt aufs prächtigste ausgeschmückt und mit Privilegien jeder Art bedacht; das Ius Italicum wurde [1022] ihr verliehen (Cod. Theod. XIV 13. Gothofredus 247), die römischen Senatoren auf alle Weise zur Übersiedlung in die neue Stadt bestimmt (Denkmünzen auf den neuen Senat Kenner Wien. Numis. Ztschr. III 117), und besonders die Versorgung des Pöbels mit Getreide in analoger Weise, wie in Rom, eingerichtet (Cod. Theod. XIV 16. Gothofredus 262).

Die letzten Regierungsjahre C.s sind, was kriegerische Ereignisse betrifft, durch Kämpfe zum Schutze der Grenzen ausgefüllt. 332 rufen die Sarmaten in Kämpfen gegen die Gothen den Kaiser zu Hülfe, der seinen Sohn Constantinus schickt. Am 20. April wird ein grosser Sieg erfochten und der Gothenprinz Ariarius als Geisel den Römern übergeben (Exc. Vales. 6, 31. Sozom. hist. eccl. I 8. Fast. Hydat. CIL I² p. 386). Weitere Unruhen folgen 334 an der Donau (Euseb. vita C. IV 5–7. Hieron. 2350. Joh. Antioch. 171 Müller); C. soll damals 300 000 Sarmaten in Pannonien, Thrakien, Makedonien, ja Italien angesiedelt haben (Exc. Vales. 6, 32–34. Eutrop. X 7, 1. Vict. Caes. 41, 12). Von einem Brückenbau über die Donau, der in diese Jahre gehören dürfte, berichten Vict. Caes. 41, 18 und Epit. de Caes. 41, 13. Wichtiger aber als diese unbedeutenden Ereignisse an der Grenze und der Aufstand des Aufsehers der kaiserlichen Kamelherden, Calocerus, auf Cypern (335), der leicht unterdrückt wurde (Exc. Vales. 6, 35. Hieron. 2350. Vict. Caes. 41, 10), und der den Kaiser veranlasste, aus Vorsorge gegen spätere mögliche Störungen der inneren Ruhe des Reiches, den Bastard des Licinius durch allgemeines Gesetz in den Sclavenstand zurückstossen (Cod. Theod. IV 6, 2, 3) und nachher töten zu lassen (vgl. oben die Litteratur zu den Verwandtenmorden), sind die Bestimmungen, die C. in diesen letzten Regierungsjahren über die Thronfolge traf.

C. hatte von der Fausta (vgl. die unberechtigten Zweifel bei Schiller 234) drei Söhne: Constantinus, der seit 317 (s. o.) Caesar war, Constantius, der 323 oder 324 diese Würde erhielt, und Constans, der 333 erhoben wurde (diese drei auf einer Inschrift mit dem Vater z. B. CIL VIII 7011). Diesen wurde als vierter Caesar im J. 335 C.s Brudersohn Delmatius beigefugt (Vict. Caes. 41, 12. 14. Fast. Hydat. Chron. Alex. Hieron.), der sich soeben durch die Niederwerfung des Calocerus verdient gemacht hatte. Weist schon diese Vierzahl, die gleichsam gewaltsam durch Hinzuziehung des Delmatius erreicht wurde, auf die alte diocletianische Verfassung hin, so zeigt sich die Tendenz zur Rückkehr zu derselben noch deutlicher in den Reichsteilen, die ein jeder erhielt (Zosim. II 39, 3–4. Exc. Vales. 6, 35. Euseb. vita C. IV 51–52. Eutrop. X 6, 2), sowie in der eigentümlichen Stellung, die dem Bruder des Delmatius, Hanniballianus, zugewiesen wurde: C., der ihn mit seiner Schwester Constantia vermählt hatte, erhob ihn zum Grosskönig eines Königreiches Pontus oder Armenien (Cohen VII 211), augenscheinlich doch nur, um die Zahl von vier Caesaren nicht zu überschreiten (Vict. Caes. 41, 20. Exc. Vales. 6, 35. Hieron. 2351. Sozom. hist. eccl. II 34). Wie überhaupt C.s ganze Regierung die Neigung hat, an Diocletians Erbschaft festzuhalten, hat Seeck eingehend gezeigt. Hat nun [1023] der Kaiser je daran gedacht, die Vier noch bei seinen Lebzeiten die Regierung antreten zu lassen, so wurde jedenfalls nichts mehr daraus.

Shapur II. von Persien forderte plötzlich die diocletianisohen Eroberungen zurück, eroberte Armenien und fiel sogar in Mesopotamien ein (Nöldeke Gesch. d. Perser z. Z. d. Sassaniden 79). C. rüstete und beabsichtigte, den Feldzug persönlich zu führen. Da erkrankte er in der Osterwoche 337 und, nachdem er vergeblich die Quellen von Drepanum oder, wie er es umgenannt hatte, Helenopolis, gebraucht hatte, begab er sich, von Todesgedanken erfüllt, nach Ancyrona, einer Vorstadt von Nikomedia in Bithynien (Vict. Caes. 41, 15–16. Eutrop. X 8, 2. Esc. Vales. 6, 35). Hier starb er am letzten Tage des Pfingstfestes, nachdem er noch vorher vom Bischof Eusebius von Nikomedia die Taufe empfangen hatte (Euseb. vita C. IV 61–64), die er in ,naiver Schlauheit‘ bis zur Todesstunde hinausgeschoben hatte, um an die für einen Herrscher gar zu strenge Moral des Christentums nicht mit seinem Seelenheil gebunden zu sein (Seeck 68).

Sein Leichnam wurde nach Constantinopel überführt und im Grabmal der Apostelkirche beigesetzt (Euseb. vita C. IV 66–70). Dass er consecriert worden ist (vgl. Eutrop. X 8, 2), zeigen die Inschriften (z. B. CIL II 4742) und die Münzen (Eckhel VIII 92). Über seine Heiligsprechung durch die katholische Kirche vgl. Tillemont Cap. 78.

Was die inneren Verhältnisse der Regierung betrifft, so ist über die politische Stellung des Kaisers zum Christentum bereits oben das Meiste gesagt worden. In der Zeit von der Besiegung des Maxentius bis zu der des Licinius giebt sich C. im wesentlichen damit zufrieden, die Gleichberechtigung des Christentums gesetzlich festzustellen und durchzuführen, augenscheinlich, weil er noch nicht in der Lage war, seine Gesinnung gegenüber dem starken Heidentum rein zur Geltung zu bringen (Seeck 61). Neben Cod. Theod. XVI 2, 1, das schon erwähnt, ist hier die Befreiung der Kirche von Tributum und Annona (Cod. Theod. XI 1, 1) im J. 313 oder 315 zu nennen. Weiter die an die Kirche generell erteilte Erlaubnis zur Annahme von Vermächtnissen (Cod. Th. XVI 2, 4), ein Gesetz, das einen so starken Zudrang zum geistlichen Stande veranlasste, dass dem bereits wieder gesteuert werden musste (Cod. Theod. XVI 2, 3). Fast hinaus über die blosse Toleranz geht schon ein Gesetz von 320 (Cod. Theod. VIII 16, 1), das – augenscheinlich im Interesse des von der Kirche bevorzugten Coelibates – die Gesetzgebung gegen die Ehelosigkeit ausser Thätigkeit setzte.

Seit 324 tritt C. denn auch offen vom Heidentum zurück, wie dies am deutlichsten das Concil von Nicaea und schliesslich seine Taufe zeigt. Nun verschwinden die Götterbilder von den Münzen der seitdem ernannten Caesaren (C. v. Westphalen bei Schiller 207–209. 211–212), ein grosser Teil der Münzen zeigt den Kaiser deutlich mit gegen den Himmel erhobenen Augen (Cohen VII 240. 256. 311). Den Bischöfen wird die Befugnis von Civilrichtern erteilt, und selbst die Appellation an den Kaiser ausdrücklich ausgeschlossen (Const. Sirmondi 1 vom J. 331). Eine [1024] Stadt wird einzig und allein, weil sie von Christen bewohnt wird, begünstigt (CIL III 7000[WS 2]), und schliesslich werden sogar alle heidnischen Culthandlungen im allgemeinen verboten (Cod. Theod. XVI 10, 2. Euseb. laud. C. 8; vita C. II 44–45. III 55–58. IV 23–25). Anscheinende Widersprüche (Cod. Theod. XII 5, 2 und das Edict von Hispellum CIL XI 5265) finden ihre Erklärung darin, dass es sich um nichts als alte Namen handelt, bei denen das Wesentliche des alten Heidentums bereits verschwunden ist oder ausdrücklich verboten wird (Seeck 439); vgl. Seuffert C.s Gesetze und das Christentum (1891).

Von der Staatsverfassung, die sich unter C. weiter ausgebildet hat, während sie in ihren Grundlagen schon der diocletianischen Zeit angehört, kann hier natürlich nicht einmal in Kürze ein Abbild gegeben werden (das reichste Material in Gothofredus Commentar zum Cod. Theod.; ein Abriss bei Mommsen Abr. des Röm. Staats 1893, 347, ausführlicher bei Schiller und bei Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 822; die Gesetze C.s chronologisch geordnet von Seeck Ztschr. d. Savigny-Stiftung Roman. Abt. X 1ff. 177ff.).

Bei C. zuerst prägt sich das Wesen der neuen Herrscherstellung nach aussen deutlich aus, indem er die Bezeichnung dominus auf seine Münzen setzt und auf sich selbst anwendet (Friedländer Ztschr. f. Numism. III 127). Ebenso hat er sich zuerst mit dem Diadem geschmückt (Epit. de Caes. 41, 14. Eckhel VIII 79. 363), wie denn all diese äusseren Zeichen wohl am Platze waren, da andrerseits unter dem Einfluss des Christentums die neuere Titulatur zum Teil aufgegeben werden musste. Wie der Kaiser seinen eigenen Rang deutlich hervorhebt, so auch den seiner Beamten, die bekanntlich damals nach ganz bestimmten Rangclassen geordnet sind. Mit Sicherheit auf C. lässt sich wenigstens die Wiederherstellung des Patriciats als der höchsten Rangstufe zurückführen (Zosim. II 40); er durfte nur den Inhabern der allerhöchsten Ämter auf Lebenszeit verliehen werden, und verschaffte denen, welche ihn erhielten, den Vorrang vor allen Collegen (Stückelberg Der Konstant. Patriziat, Basel 1891).

Sodann ist unter C. die schon lange angebahnte Trennung der Civil- und Militärverwaltung erst völlig vollzogen worden, indem durch ihn den Praefecti Praetorio die Beteiligung an der Kriegführung geradezu verboten wurde (Zosim. II 33. Cod. Theod. XI 1, 1). Auch ist erst in dieser Zeit die Zahl der Praefecti Praetorio gewöhnlich vier, deren Geschäftskreis sich an die durch Diocletian geschaffene Reichseinteilung anschliesst. Durch die Sorge für die Naturalverpflegung der Truppen haben sie den höchsten Einfluss auf das ganze Finanzwesen und sind seit 331 in dem Masse die höchsten Justizbeamten, dass sogar die Appellation von ihrem Urteil an den Kaiser verboten ist (Cod. Theod. XI 30, 16). Unter und zum Teil neben ihnen stehen für die einzelnen Diöcesen die Vicarii, neben welchen wiederum unter C. von 317–326 Comites auftreten, die eine mit den Vicarii concurrierende Gewalt gehabt haben müssen (Gothofredus zu Cod. Theod. VI 13, 1). Was schliesslich die unterste Instanz, die Provincialstatthalter, betrifft, so hat C. die seit Gallienus verdrängten Senatoren – wenn auch nicht mehr [1025] ausschliesslich – zu diesem Amte zugelassen. Ausgenommen ist von dieser ganzen Einteilung einzig Rom und Constantinopel, die in jeder Beziehung unter je einem Praefectus urbi stehen, C. scheint die richterliche Gewalt des römischen sogar noch auf die provinciae suburbanae, d. h. ziemlich ganz Mittel- und Unteritalien, ausgedehnt zu haben (Mommsen Röm. Feldmesser II 200). Im Zusammenhang mit der Umwandlung der Stellung des Praefectus Praetorio stand dann die Schaffung eines anderen Amtes, das wahrscheinlich auf C. zurückzuführen ist: des Magister Officiorum. Er wird in den Gesetzen zuerst 320 und 323 erwähnt (Cod. Theod. XVI 10, 1. XI 9, 1 ; vgl. Zosim. II 25, 4). Dim wurden die neuen Hoftruppen, die scholae, unterstellt (Cod. Theod. XIV 17, 9. XII 1, 38), die C. an Stelle der von ihm aufgelösten Praetorianer schuf (Zosim. II 17, 4. Vict. Caes. 40, 25). Sie standen in Rom und Constantinopel, und der unmittelbare Wachtdienst im Hause des Kaisers war ihnen anvertraut. Unter demselben Beamten standen die gleichfalls von C. geschaffenen Agentes in rebus (s. d., Cod. Theod. III 6, 35), die eine Art von Geheimpolizei bildeten (O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 421).

Die einschneidendsten Änderungen aber erfuhr unter C. das Militärwesen. Er schuf das neue Amt der ,Heermeister‘, deren es zunächst je einen für die Infanterie und die Reiterei gab (magister equitum, peditum). Beide Ämter konnten auch zum magister utriusque militiae (Cod. Theod. XI 1, 1) cumuliert werden, und es kommt andrerseits, wie das später die Regel war, vor, dass eine Mehrzahl von ihnen ernannt wird. Noch wichtiger aber ist die Erweiterung der von Diocletian geschaffenen kaiserlichen Garde zu einem Feldheer durch Neuschaffung der Comitatenses zu den von Diocletian geschaffenen Palatini; erst dadurch wurde, was bisher gefehlt, ein wirklich schlagfertiges Heer von ausreichender Grösse geschaffen, das jeder Zeit im Stande war, dem Kaiser überall hin zu folgen. Im Zusammenhang damit stand die Degradierung der Grenzbesatzungen (limitanei) zu Soldaten zweiten Ranges und die wesentliche Verringerung ihrer Zahl (Zosim. II 34). Die gesamte Neueinrichtung muss bereits den ersten Regierungsjahren C.s angehören (Mommsen Herm. XXIV 195).

Auch die gesetzgeberische Thätigkeit, wie sie der Cod. Theod. ausweist, ist während der ganzen Regierung C.s eine sehr grosse gewesen. Hier soll nur auf zwei Gruppen von Gesetzen hingewiesen werden: einmal diejenigen, welche dem fiscalischen Interesse dienen und die trotz alles Wohlwollens der Regierung schliesslich doch – zweifellos zum Teil infolge der grossen Kosten, welche die Erbauung von Constantinopel machte – einen harten Steuerdruck hervorriefen (Zosim. II 28). Sodann auf diejenigen, welche der Besserung der Rechtspflege gelten. Hier bemerkt man deutlich das Streben nach Gerechtigkeit, wie denn z. B. gegen die geschäftsmässige Anzeige von Majestatsverbrechen vorgegangen wird; aber noch mehr tritt der Einfluss des Christentums zu Tage in den äusserst zahlreichen Gesetzen, welche sich mit harten Strafen gegen den Ehebruch wenden, das Concubinat einzudämmen suchen (P. Meyer [1026] Röm. Concubinat 128–133) und die Lage der Sclaven zu bessern bestrebt sind.

Zum Schluss muss noch auf C.s Reform des Münzwesens hingewiesen werden. Die Goldprägung zu 1/72 Pfund, die noch Constantius kurz vor seinem Tode durch Rückkehr zur älteren diocletianischen Währung vollzogen hatte (zunächst behielten die Münzen zu 1/60 daneben ihre Geltung), wurde nach dem Siege über Licinius auch im Osten eingeführt, und es wird jetzt das Gold überhaupt reichlicher. Ebenso wird die Silberprägung reformiert, und im J. 313 an Stelle des entwerteten Follis der einigermassen gleichmässig geprägte Denar (1/20 nominell) gesetzt, so dass nun auch das Kupfer, die eigentliche Münze für den Inlandsverkehr, in Ordnung war. Freilich fand seit 330 infolge der Kosten, die der Bau von Constantinopel bereitete, wieder eine wesentliche Münzverschlechterung statt (Seeck Numism. Ztschr. XVII 36. 113).

Anmerkungen (Wikisource)