RE:Cestius 9
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
---|---|---|---|
| |||
Gallus, C. Wohl Sohn v. Nr. 8, Belagerer Jerusalems | |||
Band III,2 (1899) S. 2005–2007 | |||
Gaius Cestius Gallus (Suffektkonsul 42) in der Wikipedia | |||
GND: 1147221863 | |||
Gaius Cestius Gallus in Wikidata | |||
Bildergalerie im Original | |||
Register III,2 | Alle Register | ||
|
9) C. Cestius Gallus.
a) Name. [C. C]estius Gallus CIL I² p. 58 = VI 2015 = XIV 2241 Fasti fer. Lat.; C. Cestius Plin. n. h. XXXIV 48. Münzen; Cestius Gallus Tac. hist. V 10. Jos. bell. Iud. II 280. 481; vita 30. 214. 347. 373. 394; [2006] Cestius sonst.
b) Leben. C. war aller Wahrscheinlichkeit nach der Sohn des Vorausgehenden. Man identifiziert ihn gewöhnlich mit dem [C]estius Gallus, der im April 42 n. Chr. mit C. Caecina Largus Consul suffectus war (Fasti fer. Lat. s. o.), eine Annahme, die wegen der kurzen Frist zwischen seinem und seines Vaters Consulat (35 n. Chr.) bedenklich scheinen könnte, aber dadurch gestützt wird, dass C. bereits im J. 32 dem Senate angehörte (s. Nr. 8). Als Consular wird er bezeichnet von Plin. n. h. XXXIV 48 und Lydus de mens. IV 69. Im J. 63 übertrug ihm Nero die Civilverwaltung der Provinz Syrien, während die Truppen unter dem Befehle des Domitius Corbulo blieben (Tac. ann. XV 25; die Hs. hat hier Citio, doch wenn auch die Münzen mit C.s Namen erst vom J. 65/66 beginnen, ist an der herkömmlichen Änderung in Cestio kaum zu zweifeln; vgl. Nipperdey-Andresen II⁵ z. St.). Nach dem Friedensschluss mit Tiridates von Armenien, der noch im J. 63 erfolgte, dürfte C. auch den Befehl über die Besatzung Syriens erhalten haben, da ihm diese im J. 66 untersteht (s. u.). Als Statthalter der Provinz nennen ihn Münzen von Antiochia aus dem J. (Herbst) 65/66 Mionnet V 169 nr. 189; aus dem J. (Herbst) 66/67 Mionnet V 169 nr. 190; Suppl. VIII 131 nr. 44. Leake Numism. Hell., Asiat. Greece 16; ohne Angabe des Jahres Mionnet V 169 nr. 191. Kurz vor dem Passahfeste des J. 66 kam C. das erstemal nach Jerusalem, wo die Juden und der Procurator von Iudaea, Gessius Florus, sich mit gegenseitigen Beschwerden an ihn wandten, ohne dass jedoch C. eine definitive Entscheidung der Streitfragen traf (Jos. bell. Iud. II 280ff.). Nachdem er noch eine Volkszählung hatte vornehmen lassen (Jos. bell. Iud. VI 422f.), begab er sich nach Antiochia zurück (Jos. bell. Iud. II 281). Seine unentschlossene Haltung hatte die Gegensätze nicht gemildert; auch weiterhin liess er es unversucht, durch energische Massregeln dem drohenden Aufstande vorzubeugen (Jos. bell. Iud. II 333ff.). Als dieser schliesslich durch die Einnahme Masadas und die Niedermetzelung der römischen Besatzung in Jerusalem zu offenem Ausbruch gelangte, musste C. zu den Waffen greifen (Jos. bell. Iud. II 499). Mit der legio XII. Fulminata, je 2000 Mann von den übrigen Legionen, 6 Cohorten, 4 Alen und Hülfstruppen orientalischer Könige und Städte brach er von Antiochia auf und nahm unter fortwährenden Verheerungen seinen Marsch über Ptolemais, Caesarea, Antipatris, Lydda und Bethoron, während er gleichzeitig durch Detachements Ioppe und Galilaea besetzen liess. Bei Gibeon von den Aufständischen angegriffen, konnte er sich ihrer nur mit Mühe erwehren. Glücklicher war er drei Tage später in einem Treffen, das ihm ermöglichte, bis zum Hügel Skopos, und wieder drei Tage nachher, am 30. Hyperberetaios = 17. November 66, bis Jerusalem selbst vorzurücken. Er drang in die nördlichen Bezirke ein, zündete dieselben an und wandte sich nunmehr gegen die obere Stadt, die er fünf Tage lang erfolglos angriff. Dagegen gelang es ihm am sechsten Tage, die Verteidiger an der Nordseite des Tempels zurückzuwerfen. Hätte er, meint Josephus (bell. Iud. II 538f.), die Belagerung nur noch kurze Zeit [2007] fortgesetzt, so wäre Jerusalem gefallen, da die Belagerten selbst teils an Übergabe dachten, teils den Mut zum Widerstande verloren. C. jedoch, der die Stimmung der Eingeschlossenen nicht kannte und wahrscheinlich seine Streitkräfte für unzureichend zur Eroberung der Stadt hielt, vielleicht auch den nahenden Winter fürchtete, hob plötzlich die Belagerung auf und trat den Rückmarsch an. Die Juden folgten ihm auf dem Fusse und wussten durch geschickte Benützung des gebirgigen Terrains seine Truppen in solche Bedrängnis zu versetzen, dass der Rückzug (wieder über Skopos, Gibeon, Bethoron und Antipatris) bald zur Flucht wurde und den Römern 5780 Mann sowie Maschinen und Gepäck kostete. Am 8. Dio = 25. November kehrten die Sieger nach Jerusalem zurück (eine detaillierte Erzählung des Feldzuges giebt Jos. bell. Iud. II 500–555; ausserdem wird derselbe erwähnt bei Jos. vita 24. 28. Tac. hist. V 10. Suet. Vesp. 4. Oros. VII 9, hier und bei Sueton ohne Nennung des C.; Lydus de mens. IV 69 bringt Fabeln; vgl. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserreichs unter Nero 222ff. Mommsen R. G. V 532. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes im Zeitalter Jesu Christi I 506f.; bezüglich der Chronologie Niese Hermes XXVIII 194ff.). C. begab sich wieder in seine Provinz zurück und verbrachte den Winter 66/67 ziemlich unthätig, indem er den Krieg nur durch kleine Abteilungen führen liess (Jos. bell. Iud. II 558; vita 30. 31. 49. 214. 347. 373. 374. 394). Als er noch vor Beginn des Frühlings 67 (vgl. Schiller a. a. O. 238, 4. Schürer a. a. O. I 272) fato aut taedio occidit, übertrug Nero die Kriegführung gegen die Juden dem Vespasian (Tac. hist. V 10. Suet. Vesp. 4. Jos. bell. Iud. III 4ff.), die Verwaltung Syriens dem Licinius Mucianus (Tac. hist. I 10).