Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stratonis, Caesarea Palaestinae, Neuer Name d. Stadt Stratonos pyrgos
Band III,1 (1897) S. 1291 (IA)–1294 (IA)
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10) Caesarea Stratonis oder Palaestinae (Ptol. V 16, 2. Plin. n. h. V 69. Euseb. onom. ed. Lagarde 207, 1 u. o. Hieron. ebd. 95, 5 u. o. Itin. Hieros. Totius orbis descr. = Müller Geogr. Gr. min. II 517. Steph. Byz. Hierocl. Synecd. 718, 1. Tab. Peut. Apostelgesch. 8, 40. 10, 1. 18, 22. 21, 8. 23, 23ff. Jos. ant. Iud. oft; bell. Iud. oft. Tacit. hist. II 78. Amm. Marc. XIV 8, 11. Philo leg. ad Gaium § 38 ed. Mang. II 590. Euseb. chron. II 142 Schoene; hist. eccl. III 31, 5 u. a. Eutrop. VII 10. Chron. Pasch. I 367 Bonn. Prokop. hist. arc. 11. Synk. 595 Bonn. Apollon. Tyan. epist. XI = Epistologr. gr. ed Hercher p. 112. Clement. homil. I 15. 20. IV 1. VI 26. XII 5. XIII 7; recogn. I 12), am Mittelmeer gelegen (daher ἡ παράλιος [1292] Jos. ant. XIII 313; bell. Iud. I 80. III 409. 443, oder ἡ ἐπὶ τῇ θαλάσσῃ Καισάρεια Jos. bell. Iud. VII 20. 30), 60 Millien (Itin. Hieros.), beziehungsweise 600 Stadien (Jos. ant. XIII 312; bell. Iud. I 79) von Jerusalem entfernt. Der alte Name der Stadt war Στράτωνος πύργος (Artemidor. bei Steph. Byz. fragm. s. Δῶρος. Jos. ant. XIII 313. XV 331 u. a.; bell. Iud. I 80 u. a. Plin. Chron. Pasch. Euseb. chron. Synk. a. a. O.). Noch Strabon (a. a. O.) kennt die Stadt nur unter diesem Namen. Alter und Ursprung des Ortes sind dunkel. Stark (Gaza 451) hält die Stadt für eine Gründung der Ptolemaier. Wenn L. Müller (Numismatique d’Alexandre le Grand p. 306 planches nr. 1466) mit seiner Vermutung Recht hat, dass eine Münze Alexanders d. Gr. mit den Buchstaben Στ auf unser Stratonsturm zu beziehen sei, so hätte die Stadt schon zur Zeit Alexanders existiert, und man dürfte sie als eine Gründung der Sidonier ansehen. Thatsächlich waren diese Ende der Perserzeit im Besitz dieses Küstenstrichs; auch ist Straton der Name einiger der letzten Könige der Sidonier (CIG 87, vgl. dazu Boeckh). Sicher bezeugt ist die Existenz der Stadt erst für das Ende des 2. Jhdts. v. Chr. (durch Artemidoros a. a. O., der um 100 v. Chr. schrieb, und durch Jos. ant. XIII 313, der sie in der Geschichte Aristobuls I. im J. 104 v. Chr. erwähnt). Damals war ein Tyrann Zoilos Herr von Stratonsturm und Dora (Jos. ant. XIII 324). Alexander Iannaeus gelang es nach langem Kampf, diesen zu unterwerfen und die Stadt und den Küstenstrich dem jüdischen Reich einzuverleiben (Jos. ant. XIII 335. 395). Mit den übrigen Küstenstädten wurde sodann auch Stratonsturm von Pompeius den Juden abgenommen, erhielt seine communale Freiheit wieder und wurde dem Statthalter der neugegründeten Provinz Syrien unterstellt (Jos. ant. XIV 76; bell. Iud. I 156). Von Augustus wurde die Stadt Herodes d. Gr. wieder zurückgegeben (Jos. ant. XV 217; bell. Iud. I 396). Dieser legte an Stelle des schon im Verfall begriffenen Ortes (Jos. bell. Iud. I 408) eine grossartige Stadt an mit einem Tempel des Augustus, Theatern, prächtigen Palästen aus weissem Marmor u. s. w. Nach mehr als zehnjähriger Arbeit wurde die Stadt im achtundzwanzigsten Jahr des Herodes (10/9 v. Chr.) mit grossem Pomp und glänzenden Festspielen eingeweiht und dem Augustus zu Ehren C. genannt (Jos. ant. XV 331ff. XVI 136ff. u. a.; bell. Iud. I 408ff. Plin. Amm. Marc. Chron. Pasch. Euseb. chron. Synk. a. a. O.; Novell. 103 praef. wird irrtümlich Vespasian als derjenige bezeichnet, der der Stadt den Namen C. gegeben habe). Von da an datiert erst die eigentliche Bedeutung der Stadt. Herodes hatte vor allem grosse Mühe darauf verwendet, hier einen vortrefflichen, durch kunstvolle Dammanlagen gesicherten Hafen herzustellen, der als einziger an der sonst hafenlosen Küstenstrecke von Joppe bis Dora rasch grosse Bedeutung gewann. Der Hafen erhielt den Namen Σεβαστὸς Λιμήν (Jos. ant. XVII 87; bell. Iud. I 613). Daher trägt auf Münzen des Nero die Stadt den Namen Κ. ἡ πρὸς Σεβαστῷ λιμένι (Sestini Class. gener. 149 ed. sec. Eckhel III 428f. Mionnet V [1293] 486f. De Saulcy Numismatique 116f., vgl. über diese Münzen Belley Mém. de l’Acad. des Inscr. et Belles-Lettres, alte Serie XXVI 1759, 440–455). Vereinzelt (Jos. ant. XVI 136. Philo a. a. O.) wird sie auch Κ. Σεβαστή genannt. Sonst gewöhnlich wird sie zur Unterscheidung von den anderen Städten gleichen Namens, besonders von C. Philippi, näher bezeichnet als Κ. ἡ παράλιος oder ἡ ἐπὶ τῇ θαλάσσῃ Κ. (s. o.), oder Κ. ἡ Στράτωνος (Ptol. Le Bas-Waddington III nr. 1620 b. Clem. a. a. O.), bei späteren Schriftstellern Κ. τῆς Παλαιστίνης (Euseb. onom. a. a. O.; de martyr. Palaest. I 2; hist. eccl. III 31, 5 Κ. τῆς Ἰουδαίας. Apoll. Tyan. a. a. O.) oder C. Palaestina (Itin. Hieros. a. a. O.). Bald wurde C., das von Herodes an bei Iudaea blieb, eine der grössten und bedeutendsten Städte Palaestinas und blieb dies lange Zeit hindurch (Jos. bell. Iud. III 409. Amm. Marc. Tot. orbis descr. Clem. recogn. a. a. O. Apoll. Tyan. a. a. O. maxima civitas. Eutrop. a. a. O. urbs clarissima). Seit Iudaea unter römische Verwaltung gekommen war, hatten die römischen Procuratoren ihren Sitz in C., daher Tacitus (a. a. O.) die Stadt als Iudaeae caput bezeichnen kann (vgl. Jos. ant. XVIII 55; bell. Iud. II 169 Pilatus; ant. XX 116; bell. Iud. II 230 Cumanus. Apostelgesch. a. a. O. Felix und Festus. Jos. bell. Iud. II 288 u. a. Florus Gessius); zugleich war die Stadt Hauptgarnisonsort für die römische Besatzung (über die dort stationierten Truppen s. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I 382ff.). Die Bewohnerschaft war aus Heiden und Juden gemischt, doch waren erstere bedeutend in der Mehrheit (Jos. bell. Iud. III 409). Da jeder Teil die Regierung der Stadt für sich beanspruchte (Jos. ant. XX 173; bell. Iud. II 266), scheint es mehrfach zu Streitigkeiten gekommen zu sein. Unter dem Procurator Felix kam es zu blutigen Kämpfen; Nero nahm infolge dessen den Juden die Gleichberechtigung, die sie bisher besessen. Darüber kam es dann unter Gessius Florus zu neuen Unruhen, die mit zum Anlass des jüdischen Krieges wurden (Jos. ant. XX 173ff. 184; bell. Iud. II 266ff. 284ff.). Bei Ausbruch des Kriegs sollen nach Josephus sämtliche Juden in der Stadt, 20000 an der Zahl, in einer Stunde gemordet worden sein (bell. Iud. II 457. VII 361f.). Vespasian, der hier zum Kaiser ausgerufen worden war, erhob die Stadt zur römischen Colonie (Plin. a. a. O. Novell. 103 praef.), jedoch ohne das volle ius italicum, nur mit Freiheit von der Kopfsteuer. Titus verlieh ihr auch Freiheit von der Grundsteuer (Dig. L 15, 8, 7 divus Vespasianus Caesarienses colonos fecit non adiecto, ut et iuris italici essent, sed tributum his remisit capitis; sed divus Titus etiam solum immune factum interpretatus est; vgl. ebd. L 15, 1, 6.) Als Colonie führte sie den Namen Colonia prima Flavia (Plin. a. a. O.), auf Münzen col(onia) prima Fl(avia) Aug(usta) Caesarensis oder Caesarea. Eine Abkürzung davon ist die auf einer Inschrift (CIG 4472 = Le Bas-Waddington III 1839) vorkommende Bezeichnung Αὐγοῦστα Κασάρεια. Seit Alexander Severus hat sie auch noch den Titel metropolis pr(ovinciae) S(yriae) Pal(aestinae) (s. Eckhel u. Mionnet a. a. O.). Das Christentum fand frühzeitig Eingang in C. (Ap.-Gesch. [1294] a. a. O.). Ende des 2. Jhdts. n. Chr. war sie Sitz eines Bischofs (Euseb. h. eccl. V 22. 23 u. a.; Verzeichnis der Bischöfe s. bei Reland 676f.). Als Metropole von Palaestina prima war sie auch dem Bistum Jerusalem übergeordnet (Hierocl. a. a. O.), bis dieses auf dem Konzil zu Chalkedon zum Patriarchat erhoben wurde. Seit dem 3. Jhdt. war C. Sitz einer gelehrten Schule, an welcher unter anderen Origenes thätig war und aus welcher der berühmteste Bischof von C., Eusebius Pamphili, der Kirchengeschichtschreiber, hervorging. Auch Prokop stammte aus C. (Prokop. hist. arc. a. a. O.). Unter Heraclius fiel die Stadt in die Hände der Saracenen. Die Kreuzfahrer unter Balduin I. eroberten die Stadt 1001; unter der reichen Beute befand sich auch die Gralsschüssel. Die Stadt wechselte übrigens in den Kreuzzügen noch mehrmals die Herren, bis Beibars sie 1265 zerstörte. Das heutige el-Kaiṣârije hat noch zahlreiche Ruinen der mittelalterlichen oder alten Stadt, die allerdings mehr und mehr zerstört werden; die Hafenbauten mit dem Drususturm des Herodes, das grosse Amphitheater, ein Hippodrom sind noch erkenntlich, auch die Aquaeducte sind zum Teil erhalten.

Münzen: Eckhel III 428–432. Mionnet V 486–497; Suppl. VIII 334–343. De Saulcy Numismatique p. 112–141 pl. VII.

Litteratur: Reland 670–678. Raumer Geogr. Palaestinas 152f. Winer Realwörterbuch und Schenkel Bibel-Lex. unter Caesarea. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes II 74–77. Ritter XVI 598–607. Guérin Samarie II 321–329. The Survey of Western Palestine, Memoirs II 13–29. Baedeker Palästina und Syrien⁴ 265f.