Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Rechenbrett, Spieltafel, Backtrog, Prunk- und Ziertisch, Mosaiksteinchen
Band I,1 (1893) S. 5 (IA)
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Abacus (ἄβαξ, ἀβάκιον).

Übersicht über die verschiedenen Artikel und Nachträge zu diesem Schlagwort (Wikisource):

  1. Zeichentafel für Mathematiker (vgl. 9.): I,1 (1893), Sp. 5
  2. Spieltafel für Würfel- und Brettspiele: I,1 (1893), Sp. 5
  3. Backtrog: I,1 (1893), Sp. 5 sowie (kritisch dazu) S III (1918), Sp. 1–3 am Ende
  4. Prunk- und Ziertisch: I,1 (1893), Sp. 5 sowie S III (1918), Sp. 1–3
  5. Tisch für Speisen: I,1 (1893), Sp. 5 sowie S III (1918), Sp. 1–3
  6. Platte eines Kapitells: I,1 (1893), Sp. 5 sowie S III (1918), Sp. 3
  7. Platte einer Wandbekleidung: I,1 (1893), Sp. 5 sowie S III (1918), Sp. 3–4
  8. Mosaiksteinchen: I,1 (1893), Sp. 5
  9. Rechenbrett bzw. Rechentafel: I,1 (1893), Sp. 5–10 sowie S III (1918), Sp. 4–13

Die Nummerierung in dieser Übersicht entspricht den Artikelnamen in der RE.

[Mau. ]

Nachträge und Berichtigungen

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Band S III (1918) S. 1 (EL)–4
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S. 5, 1 zum Art. Abacus:

Abacus (griech. ἄβαξ), dünne Platte, ebene Tafel. Die Bezeichnung umfaßt sehr verschiedenartige Gegenstände, die die Gestalt einer ebenen Tafel haben, oder deren wichtigster Teil eine dünne Platte ist.

1. Rechentafel.
2. Spielbrett.
3. Tischplatte, Tisch,

und zwar im besonderen ein Gestell, auf welchem in Italien bis in die Kaiserzeit hinein Gefäße und anderes Gerät zur Schau gestellt werden. Gloss. V 652, 2 abacus mensa in qua calices ponuntur. Iuven. III 203 urceoli sex ornamentum abaci. Cic. in Verr. IV 35 ab hoc abaci vasa omnia ... abstulit. Plin. n. h. XXXVII 21 (myrrhina) amplitudine numquam parvos excedunt abacos. Das ausgestellte Geschirr ist oft aus dem kostbarsten Metall, aber auch die Gestelle wurden durch Gold- und Silberschmuck selbst zu Prunkgeräten. Cic. in Verr. IV 57 cum aliquot abacorum faceret vasa aurea; Tusc. V 21 abacos complures ornavit argento auroque caelato. Varro de l. l. XXXIII 138 sicut abacum argento ornari, ut alia paria sint alia disparia, sic orationem. Sidon. epist. II 2, 11 nitens abacus; carm. XVII 7 nec per multiplices abaco splendente cavernas argenti nigri pondere defodiam. Ob hiemit ein Tisch mit Vertiefungen zum Einsetzen der Gefäße zu verstehen [2] ist, wie Mau meinte, bleibt zweifelhaft und ist nicht wahrscheinlich. Nach Liv. XXXIX 6, 11 ist dieses Prunkmöbel mit andern Luxusgegenständen nach der Unterwerfung Asiens im J. 187 v. Chr. in Rom eingeführt worden. Nach Plin. n. h. XXXIV 14 waren es beim Triumph des Cn. Manlius sogar erzerne A. Es scheint jedoch, daß es sich damals kaum um die Einführung eines vorher in Italien unbekannten Möbels handelte, sondern mehr um die luxuriöse Ausstattung, die mit dem wachsenden Reichtum eben in der ersten Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr. in Rom üblich wurde. Die Einrichtung selbst ist wohl älter und italisch. Das scheinen Wandbilder in etruskischen Gräbern zu beweisen: tomba dei vasi dipinti Mon. d. Inst. IX 13, 2; della Querciola ebd. I 33; vgl. die Literatur bei Stryk Zu etrusk. Kammergräbern, Diss. München 1910, ferner Studniczka Symposion Ptolemaios II. 163ff. über die Bedeutung des Geschirrtisches. Die Sitte der Prunktische ist wohl entstanden aus der uralten Einrichtung, Gefäße zum täglichen Gebrauch und häuslichen Betrieb auf einem Bordbrett im Atrium aufzustellen. Das Gestell blieb bestehen, als das Atrium längst aufgehört hatte, allgemeiner Wohn- und Eßraum zu sein. Man stellte nun schöne Geschirre darauf, die man nicht mehr täglich brauchte; später besonders prachtvolle, wohl auch ausländische Stücke, Plin. n. h. XXXVII 18, ähnlich wie wir auf Buffett und in Glasschränken wertvolle Teller, Krüge und Geschirr aufbauen und zur Schau stellen. Der alte Name A. blieb, auch als aus dem dünnen Brettgestell ein kostbares Möbel geworden war. Weitere Zitate von A. s. in Thes. l. l.

Unsicher ist die Bedeutung von A. in der Aufzählung von Einrichtungsgegenständen und Geräten des landwirtschaftlichen Betriebs bei Cato de re rust. X 4. XI 3 molas asinarias unas et trusatilis unas, hispasiensis unas, mobilia III, abacum I, orbes aheneos II, mensas II, scamna magna III, scamnum in cubiculo I usw. Saglio bei Daremberg-Saglio Dict. d. Antiq. I 1, 3 folgert daraus, daß A. zu den Geräten für die Brotbereitung gehöre; er zieht zur Beleuchtung dieser Annahme eine Darstellung von Eurysaces Grabmal vor Porta Maggiore in Rom, Mon. d. Inst. II Taf. 58, heran, auf der man einige Männer auf einem vor ihnen stehenden Tisch Teig bearbeiten sieht. A. würde also hier ,Knettisch‘ bedeuten. Da Hesych μάκτρα (Backtrog) mit ἀβάκιον gleichstelle, könne hier auch A. eine ähnliche Bedeutung haben. Das scheint jedoch zum mindesten ungewiß. Im Zusammenhang der Aufzählung kann A. gerade so gut als ein Gestell im vorhergenannten Sinn für Gefäße gehalten [3] werden, zumal die in der Aufzählung folgenden Gegenstände mit den Geräten für die Brotbereitung nichts mehr zu tun haben. Diese Annahme scheint mir wahrscheinlicher.

4. Abdeckungsplatte

des ionischen und korinthischen Kapitells, Gloss. V 645, 45 abacus est pars capitelli. Vitruv. III 5ff. IV 1, 11. Bei beiden Kapitellen sind es dünne Platten, die ab Zwischenglieder zwischen Architrav und Voluten bzw. Kelch dienen. Besonders im ionischen Kapitell bildet der A. ein nötiges Glied als Durchgangspunkt der vertikalen Kräfte der Säule. Ob er auf das ionische Volutenkapitell erst in Angleichung an das verwandte, aber doch aus anderer Wurzel erwachsene äolische Blütenkapitell aufgesetzt worden ist, wonach sein Vorbild also bis auf ägyptische Pflanzensäulen zurückginge — ist eine ungelöste Frage. In der klassischen Zeit (5. Jhdt.) ist er zart profiliert und der Länge nach in die Epistylrichtung gelegt; später wird er oft kräftig gegliedert und ist stets quadratisch. Am korinthischen Kapitell ist der A. ungleich enger mit der Gesamtkomposition des Kelches verwachsen. Er macht auch die starken Wandlungen dieser Kapitellform viel mehr mit als der ionische. In Griechenland sind die Ecken der konkav gezeichneten Quadratseiten meist als scharfe Spitzen ausgebildet (Epidauros Tholos; Athen Olympieion, jedoch nicht am Lysikratesdenkmal), während sie in der hellenistisch-römischen Zeit in Italien gewöhnlich abgeschrägt werden. Dadurch verliert wohl die Form an Feinheit und Eleganz, aber die technische Ausführbarkeit wird erleichtert. In spätrömischer Zeit werden die Ecken zusehends stumpfer, das schöne ausschwingende Profil ebenfalls.

Die Kapitellplatte der dorischen Säule, die wir ebenfalls A. zu nennen gewohnt sind, bezeichnet Vitruv. IV 3, 4 richtig als plinthus; sie ist im Gegensatz zu den dünnen Platten der andern Kapitelle schwer und dick. Das gleiche gilt von der Plinthe unter der attischen Basis, Vitruv. III 5, 1ff. Plinthe (πλίνθος) ist also die angemessene Bezeichnung für eine Platte von einiger Dicke; vgl. Ebert Fachausdrücke des griech. Bauhandwerks I, Diss. Würzb. 1910, 26.

5. Wandbekleidung

aus Stuck, im besondern die eine Quaderung nachahmende des sog. I. pompeianischen Stils. Nach Vitruv. VII 3, 10 schnitt man aus dem Verputz alter Wände gewisse Teile heraus und ließ diese in neuem Verputz ein: itaque veteribus parietibus nonnulli crustas excidentes pro abacis utuntur, ipsaque tectoria abacorum et speculorum divisionibus circa se prominentes habent expressiones. Eine ebensolche Wandbekleidung aus Stuck ist auch Vitruv. VII 4, 4 gemeint: in tricliniis hibernis supra podia abaci ex atramento sunt subigendi. Die schwarzen Orthostaten der Stuckdekoration I. Stils mit den schwach vortretenden Spiegeln (Bossen) sind zweifellos die abaci ex atramento. Bestärkt wird diese Wahrnehmung weiterhin durch Plin. n. h. XXXV 3: non placent iam abaci nec spatia montis in cubiculo dilatantia, coepimus et lapide pingere. Nur wenn unter abaci die eine Quaderwand nachahmende Stuckplattenverkleidung, also vornehmlich eine Wanddekoration im Sinne des I. Stils verstanden wird, kommt die [4] beabsichtigte Steigerung heraus: ,nicht Stuckquadern, auch nicht Naturstein genügt uns mehr, wir fangen sogar an, den Stein noch zu bemalen‘. Ist diese Feststellung richtig, so wird auch die andere Stelle, Plin. n. h. XXXIII 159, verständlich: (de sile) ... attico ad lumina utuntur, ad abacos non nisi marmoroso, quoniam marmor in eo resistit amaritudini calcis. Die Stuckmasse der Wanddekoration ist tatsächlich mit Marmormehl gemischt, Vitruv. VII 3, 5. Für Pompeii vgl. Overbeck Pompeii⁴ 568ff. Presuhn Die pompeianischen Wanddekorationen, Leipzig 1877, 28; ebenso für Delos, Monuments et mémoires publ. p. l’acad. des inscr. XIV (1908) 180 mit genauer chemischer Analyse; vgl. dazu insbesondere E. Raehlmann Über die Maltechnik der Alten, Berlin 1910, 53ff.

Eine ähnliche Stelle noch bei Plin. n. h. XXXV 32 (de Sinopide) quae ex Africa venit ... magis ceteris rubet, utilior abacis, idem pretium et eius quae pressior vocatur, et est maxime fusca, usus ad basis abacorum. Unter basis abacorum ist der unterste Wandstreifen der Stuckverkleidung zu verstehen. Mit dem Sinn von Wandverkleidung aus Stuck ist A. stets im Plural verwendet.