Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Bezeichnung für eine Wertsteuer von 5% in Athen bei Bundesgenossen
Band V,2 (1905) S. 21002101
Bildergalerie im Original
Register V,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|V,2|2100|2101|Εἰκοστή|[[REAutor]]|RE:Εἰκοστή}}        

Εἰκοστή, gebräuchliche Bezeichnung für eine Wertsteuer von 5%. Abgaben dieses Namens sind uns verschiedene aus Athen bekannt. 1. Die früheste E. findet sich dort zur Zeit der Peisistratiden. Thuk. VI 54, 5 berichtet von ihnen: Ἀθηναίους εἰκοστὴν μόνον πρασσόμενοι τῶν γιγνομένων. Das wäre eine Grundsteuer nach Art der gewöhnlichen δεκάτη. Nun heißt es bei Aristot. πολ. Ἀθ. 16, 4 in einem vielleicht absichtlichen Widerspruch zu Thukydides von Peisistratos selbst: ἐπράττετο γὰρ ἀπὸ τῶν γιγνομένων δεκάτην (vgl. 16, 6. Diog. Laert. I 53. Zenob. IV 76). Diesen Widerspruch zu erklären, ist für uns kaum möglich; die Meinung von Boeckh (Staatsh. I3 398, ebenso Thumser bei Hermann Griech. Staatsalt.6 393), daß die δεκάτη des Peisistratos von seinen Söhnen auf die Hälfte ermäßigt sei, ist doch nur ein Verlegenheitsweg. 2. Bekannter ist die E., welche die Athener nach Thuk. VII 28, 4 im J. 413/2 ihren Bundesgenossen statt der bisherigen φόροι auferlegten, um höhere Einnahmen zu erzielen (vgl. auch Lex. Seguer. 185, 21). Es war eine εἰκοστὴ τῶν κατὰ θάλασσαν, also eine Steuer auf die Ein- und Ausfuhr zur See. Erwähnt wird bei Aristophanes Frösche 363 ein εἰκοστολόγος. Alles weitere ist unbekannt; strittig ist es vor allem, ob die E. für das ganze Bundesgebiet galt und bis zum Frieden 404 erhoben wurde oder ob nicht wenigstens für einzelne Städte der φόρος wieder eingeführt wurde. Vgl. hierüber Busolt Griech. Gesch. III 2, 1407f. 3. Aus den Inschriften ist dann ferner für die Zeit kurz vor dem Antalkidasfrieden eine E. bekannt geworden, die ganz wie die vorige von attischen Bundesgenossen an Athen gezahlt wurde und höchst wahrscheinlich eine Erneuerung derselben war. In einem Vertrage mit Klazomenai (IG II 14 b p. 397. 421) heißt sie ἡ ἐπὶ Θρασυβούλου εἰκοστὴ; ein Vertrag mit Thasos (IG II 5 nr. 11 b) erwähnt eine E. in [2101] naher Verbindung mit den Worten ὄτε Θρασύβουλος ἦρχεν. Darnach war es jedenfalls Thrasybul, der diese E. auf seinem Seezuge 390/89 einrichtete (Xen. hell. IX 8, 25–30. Diod. XIV 94. 99), während der Antalkidasfriede ihr ein Ende machte (vgl. Swoboda Athen. Mitt. 1882, 187f. Köhler ebd. 313ff.). 4. In römischer Zeit werden die römischen Steuern der vicesima manumissionum oder libertatis und der vicesima hereditatium im Griechischen durch εἰ. ἐλευθεριῶν oder ἐλευθερίας und εἰ. κληρονομιῶν bezeichnet, vgl. Wilcken Gr. Ostraka 362f. CIG 963.