MKL1888:Erdkunde
[750] Erdkunde (Erdbeschreibung, Geographie) beschäftigt sich als eine selbständige Wissenschaft mit der Erforschung der Erde, vorzugsweise der Erdoberfläche, nach ihrer stofflichen Zusammensetzung (Land, Wasser, Luft, Organismen), Form und Formänderung unter der Einwirkung der in ihr und über ihr wirkenden und untereinander in Konnex stehenden Kräfte. Eine allgemein angenommene kurze Begriffsbestimmung der E. läßt sich übrigens heute noch nicht geben, da unter den Geographen selbst die Ansichten über Begriff und Ziel der E. noch auseinander gehen. Diese Unfertigkeit der Anschauungen hat sogar Gelehrte, die außerhalb der Geographie stehen, zu dem übereilten Urteil geführt, die E. sei überhaupt keine selbständige Wissenschaft. Es ist indes nicht schwer, nachzuweisen, daß die E. den Anforderungen an eine selbständige Wissenschaft insofern durchaus entspricht, als sie sowohl ein eignes ihr allein zukommendes Forschungsobjekt besitzt, als auch nach einer eignen Forschungsmethode arbeitet. Dieser Nachweis soll zunächst im folgenden kurz geführt werden.
Außer vielleicht für die Mathematik, sind für keine andre Wissenschaft scharfe Umgrenzungslinien aufzustellen; jede Wissenschaft hat mehr oder weniger ausgebreitete Grenzgebiete, die von verwandten Wissenschaften ihr streitig gemacht werden. Am meisten gilt dies von der Geographie, und gerade deren mannigfache Berührung mit den beschreibenden Naturwissenschaften, der Astronomie, der Physik, der Geschichte, der Nationalökonomie, sogar der Sprachwissenschaft, hat zu dem verkehrten Urteil geführt, sie entbehre überhaupt eines ihr ausschließlich zukommenden Forschungsobjekts. In der That aber besitzt sie ein solches in der Erdoberfläche. Keine einzige unter den andern Wissenschaften macht auf dieses Objekt Anspruch; die Geologie oder die Nationalökonomie empfangen die Kenntnis der Erdoberfläche, so wie sie dieselbe brauchen, erst aus den Händen der Geographie. Der Geograph faßt nun die Erdoberfläche nicht rein mathematisch als bloße Begrenzungsfläche der festen Erdkugel (Lithosphäre), sondern er sieht in ihr etwas Stoffliches, insofern er die zweifache Umhüllung der Erde ihr zurechnet, nämlich erstens die flüssige Erdhülle (Hydrosphäre), welche in Gestalt der Meere, Seen und Flüsse der Lithosphäre eingesenkt ist, und zweitens die gasförmige Erdhülle oder Atmosphäre, welche die Hydrosphäre überall und die von der letztern unbedeckt gelassenen Teile der Lithosphäre überlagert. Auf die Erforschung dieser beiden Hüllen erhebt keine andre Wissenschaft Anspruch, sie bilden, neben der festen Erdrinde, den integrierenden Forschungsstoff der E. So ergibt sich von selbst eine Zergliederung des nur der Geographie zukommenden Stoffes nach den drei Planetenteilen: 1) Meteorologie, als Lehre von der Atmosphäre; 2) Hydrographie, die Hydrosphäre behandelnd, wovon die Ozeanographie (Meereskunde) ein Hauptteil ist; 3) die Festlandskunde, welche sich auf die trockne Erdoberfläche oder Lithosphäre bezieht. Erstere beide geographische Disziplinen setzen eine erhebliche Kenntnis der Gesetze der Physik voraus, wie man sie geradezu kurzweg, aber einseitig, als Anwendung der Lehren der Physik auf die Zustände und Vorgänge in der Atmosphäre, bez. Hydrosphäre definiert hat. Die letztere bietet innige Berührungspunkte mit der Geologie, insofern als das Verständnis der Entstehung gewisser Erdoberflächenformen erst nach Kenntnis des innern Baues gewonnen wird. Davon später mehr. Eine weitere Ergänzung findet der Arbeitsstoff der E. darin, daß die Erdoberfläche die Rindenschicht eines Gestirns ist, dessen Zugehörigkeit zum Planetensystem jene der Einwirkung gewisser astrophysischer [751] Kräfte unterwirft. Doch ist dieser Teil der E. fast ganz in die Hände der rechnenden und messenden Astronomie übergegangen und erscheint als astronomische Geographie (fälschlich mathematische genannt) meist nur mit seinen elementarsten Ergebnissen in den Lehrbüchern der E. Dennoch sind namentlich die Beziehungen der Erdoberfläche zur Sonne (Erwärmung) und zum Mond (Gezeiten) so tiefgreifend, daß kein Geograph umhin kann, sie aufmerksam zu studieren. Teilkörper der Erdoberfläche sind nun aber auch die Organismen: Pflanzen, Tiere, Menschen; demgemäß gehören sie nach obiger Definition in den Bereich der Geographie. Eine Kollision mit der Botanik, der Zoologie, der Anthropologie ist ausgeschlossen dadurch, daß der Geograph diese organischen Objekte nach einer ihm eigentümlichen Methode untersucht. Der Botaniker und Zoolog beschreibt und klassifiziert die Pflanzen und Tiere, der Geograph aber untersucht die Verbreitung dieser so fixierten Arten, Gattungen, Familien auf der Erdoberfläche. Die sogen. Pflanzengeographie und Tiergeographie, wohl auch zusammengefaßt als biologische Geographie, sind ursprünglich Teile der Geographie gewesen, die sich indes aus praktischen Gründen der Arbeitsteilung mehr und mehr zu selbständigen Disziplinen entwickelt haben. Kein Botaniker oder Zoolog wird sie fördern können, wenn er nicht bei der Geographie in die Schule gegangen ist; die Kenntnis der Klimatologie, der Meeresströmungen, des Reliefs der Erdoberfläche sind beiden unentbehrlich.
Auch der Mensch ist zu den Organismen zu rechnen, welche die Erdoberfläche bewohnen; er ist geradezu der Erdoberflächenbewohner par excellence. Mit der Klassifikation der Menschen nach ihren körperlichen Merkmalen befaßt sich die Anthropologie, nach sprachlichen Merkmalen die Ethnographie. Aber die innigen, teilweise freilich dunkeln Beziehungen zwischen den natürlichen Bedingungen der Erdoberfläche und der Geschichte, namentlich der Kulturgeschichte, der Menschheit bilden ein wiederum speziell der E. zugewiesenes Gebiet. Karl Ritter stellte diesen Gesichtspunkt, den man schon bei Strabon angedeutet findet, so in den Vordergrund (z. B. schon im Titel seines Hauptwerkes: „Die E. im Verhältnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen“), daß lange Zeit hindurch in der Aufdeckung dieser Beziehungen ganz unberechtigterweise die wissenschaftliche Hauptaufgabe der E. gefunden wurde, wie man, noch dieser Ansicht folgend, an den Schulen vielfach die Geographie als einen nebensächlichen Anhang der Geschichte behandelt. Es ist nun gerade diese Frage, wie weit das sogen. historische Element in der Geographie zum Ausdruck gelangen dürfe, ein Hauptpunkt der methodologischen Kontroverse unter den modernen Geographen. Nur wenige derselben erblicken darin noch den Gipfelpunkt geographischer Forschung; einige werfen diese Aufgaben gänzlich aus der Geographie hinaus und betrachten also diese lediglich als eine Naturwissenschaft, die Mehrzahl aber, darunter die Führer der Geographen in Deutschland, huldigen der dualistischen Ansicht von zwei gleichberechtigten Richtungen, indem sie nicht nur physikalische Geographie lehren, sondern daneben auch der Kulturgeographie oder nach Ratzel besser Anthropogeographie (früher brauchte man wohl auch das leicht mißzuverstehende „historische Geographie“) eine Stätte anweisen. Den Dualisten ist übrigens außer Karl Ritter (vgl. das obige Citat) auch Oskar Peschel zuzurechnen, den man mit Unrecht einen Gegner des erstern nannte, da er doch selbst sagt: „Die wissenschaftliche E. betrachtet die Erdoberfläche als einen Raum, auf dem sich eine Fülle von Erscheinungen nach bestimmten Gesetzen abspielt, und als Wohnplatz des Menschen“. Peschel, dessen eigne methodologische Ansichten übrigens keineswegs abgeklärte waren, bekämpfte nur Übertreibungen der Ritterschen Schule. Ein System der anthropischen Geographie hat aber erst Friedrich Ratzel in unsern Tagen gegeben (s. unten). Immer bleibt auch hier das Kriterium zwischen Geographie und Geschichte: die Beziehungen zur Erdoberfläche aufzusuchen.
Auch in den Mitteln, durch welche die wissenschaftliche E. das von ihr zu bearbeitende Material gewinnt, liegt etwas sehr Charakteristisches. Zwar sind es an und für sich keine andern als die der Naturwissenschaften, nämlich Messung und Beobachtung; aber die Art ihrer Anwendung auf die Erdoberfläche bildet ein Merkmal geographischer Methode. Die Messung der Erdoberfläche führt zur Bestimmung der Gestalt der Erde, zu ihrer Überspannung mit einem Gradnetz. Zur Fixierung eines Objekts auf der Erdoberfläche gelangt man durch Messung seiner drei geographischen Koordinaten: geographische Breite, geographische Länge und vertikale Höhe über dem Meeresspiegel. Die Resultate dieser Messungen gelangen zum Ausdruck in der Karte. So wird denn die Karte, weil sie die Orientierung unter den Objekten der Erdoberfläche bezweckt, das entschiedenste Charaktermerkmal der Geographie. Keine andre Wissenschaft zeichnet von sich aus Karten, die Geographie übergibt sie z. B. der Geologie oder der Statistik zur Benutzung oder zu speziellern Eintragungen auf der geographischen Grundlage. Zu des Ptolemäos Zeiten war es möglich, Geographie (wörtlich: graphische Darstellung der Erde) geradezu als Kartographie zu definieren, und noch heute sind die geographischen Werke der Chinesen nach Richthofen nichts andres als gesprochene Karten, insofern sie über eine trockne Statistik in Namen-, Zahlen- und Maßangaben etc. wenig hinausgehen, das Moment der Schilderung mehr oder weniger und die gedankliche Kombination der geographischen Elemente fast gänzlich vermissen lassen. Die kartographische Abbildung aller Teile der Erdoberfläche in möglichst getreuer Gestalt ist darum die fundamentalste aller Aufgaben der Geographie, und der Geodät oder militärische Topograph, welcher diese (einen großen mathematischen Apparat erfordernden) Arbeiten da ausführt, wo es sich um die Herstellung von Kartenbildern in der exaktesten und subtilsten Form handelt, arbeitet bewußt als Diener der Geographie. Für den größten Teil der Erdoberfläche indes beruhen unsre Karten auf den unmittelbaren Aufnahmen geographischer Reisenden.
Auch das zweite Mittel, die Beobachtung, findet in der Geographie eine charakteristische Anwendung. Der Geograph beobachtet die in der Natur gegebenen Objekte und Vorgänge in der Absicht, ihre Beziehungen zur Erdoberfläche aufzusuchen. Freilich sind es dieselben Objekte, welche auch die Naturwissenschaften beobachten; der Geograph aber tritt all diesen Objekten mit dem einen oben genannten Gesichtspunkt gegenüber, der für andre Wissenschaften nicht obligatorisch ist. Je mehr die Naturwissenschaften die Kenntnis ihrer Objekte fördern und vertiefen, um so mehr kann dann auch der Gesichtspunkt des Geographen diesem eine Vervollkommnung seiner Auffassungen, eine schärfere Klarstellung der kausalen Beziehungen zur Erdoberfläche, ermöglichen. Am klarsten zeigt sich dies im Verhältnis zur Geologie. Die Hauptaufgaben dieser Schwesterwissenschaft der Geographie [752] beruhen einmal auf der wissenschaftlichen Erforschung der Stoffe, aus denen die feste Erdrinde besteht, was zur Mineralogie, Petrographie und sogen. Bodenkunde führt; anderseits in der Aufstellung sogen. Formationen, deren Altersunterschiede durch die Fossilien bestimmt sind. Während diese genannten Bestrebungen ausschließlich dem Geologen zufallen, ist die sogen. dynamische Geologie, welche von den Kräften handelt, die das Relief der Erdoberfläche umformen, ein gemeinsames Arbeitsfeld der Geologie und Geographie. Der Geolog untersucht die Tektonik der Gebirge, der Hoch- und Tiefebenen und führt die Züge des innern Baues derselben zurück auf Faltungen, Verwerfungen etc. der Schichten oder erkennt vulkanische Durchbrüche der Erdrinde; danach stellt er seine verschiedenen Dislokationstypen auf. Die Modifikationen aber dieser gewissermaßen im Rohen erkannten Formen durch die äußern Kräfte der Verwitterung oder Erosion wird der Geograph vielleicht gründlicher untersuchen können, weil ihm die hier maßgebenden Einwirkungen der klimatischen Bedingungen geläufiger sind als dem Geologen. Wenn man gemeint hat, der Geograph solle alle Reliefänderungen, die sich nachweisbar erst seit historischer Zeit vollzogen haben, studieren, dem Geologen aber die vorhistorischen überlassen, so wird man praktisch auf die größten Schwierigkeiten stoßen, da viele Teile der Erdoberfläche das Gepräge ihres Reliefs, so wie es heute vorliegt, in den Grundzügen schon vor der Diluvialzeit, ja manche schon in vortertiärer Zeit empfangen haben. Die Altersgrenze, bis zu welcher die Geographie zurückgehen darf, wird also von Fall zu Fall eine andre sein. Je mehr die geologischen Detailkenntnisse von den einzelnen Ländern durch die geologischen Landesaufnahmen sich vertieft haben, um so klarer und schärfer konnte auch der Geograph seine Formentypen des Reliefs bestimmen. Dana, Sir Charles Lyell und Eduard Süß sind vielleicht diejenigen Geologen, welche am meisten der modernen Geographie zu einer wissenschaftlichen Vertiefung der Morphologie der Erdoberfläche verholfen haben. „Das Beobachtungsmaterial, welches der Geograph zu verwerten hat“, sagt Richthofen, „ist unendlich groß, da sein Arbeitsfeld die Erdoberfläche umfaßt und sich über alle Naturreiche erstreckt. Er gewinnt es ebenso durch die eingehendste Untersuchung der kleinsten Erdlokalität wie durch den vergleichenden Überblick weiter Erdräume, ebenso durch das Studium der Natur wie durch die philosophische Betrachtung des Kartenbildes. Wie die Biene aus tausend verschiedenen Blütenkelchen den Honig sammelt und nur diesen Bestandteil aus denen, welche sie vorfindet, zu entnehmen versteht, so liegt es ihm ob, neben seinen eignen Untersuchungen diejenigen Beobachtungen und Thatsachen aus den verschiedensten Wissensgebieten zu entnehmen und anzusammeln, welche eine Beziehung zu seinem leitenden Gesichtspunkt erkennen lassen.“
Handelt es sich um die systematische Ordnung des so angesammelten Stoffes, so bieten sich dafür zwei Methoden dar: 1) Ordnung nach den Erdräumen: spezielle Geographie; 2) Ordnung der Objekte und Erscheinungen unabhängig von den Erdräumen zu Kategorien: allgemeine Geographie.
Die Erdoberfläche tritt dem Beschauer der Karte zusammengesetzt aus Teilräumen entgegen. So unterscheidet man die fünf Erdteile, man unterscheidet im Bereich eines jeden dieser Erdteile wieder Abgliederungen als Inseln, Halbinseln oder einzelne Reiche und Länder. Der Teilraum Großbritannien ist ein scharf umschriebenes „geographisches Individuum“ (Ritter) mit nur ihm allein zukommender geographischer Breiten- und Längenausdehnung, Küstenkonfiguration, Anordnung der Erhebungen, Klima, Vegetation, allgemeiner wirtschaftlicher Ausstattung, Bevölkerung etc.; alles, in dieser Kombination nur einmal auf der Erdoberfläche vorhanden, gibt das geographische Individuum Großbritannien. So ist es mit Spanien, so mit Kalifornien etc. Die Beschreibung dieser Teilräume der trocknen Erdoberfläche gibt in systematischer Zusammenstellung die Chorographie oder Länderkunde (auch politische Geographie genannt), welche bei der Fülle des Stoffes indes überall nur das Charakteristische und das Einflußreiche, vom spezifisch geographischen Gesichtspunkt aus, berücksichtigen sollte, leider aber meist mit statistischem Ballast überladen wird.
Die allgemeine Geographie hat es sicherlich mit denselben Objekten zu thun, ja thatsächlich empfängt sie dieselben aus den Händen der speziellen Geographie; aber sie zergliedert den Stoff nach seinen Elementen und faßt diese nach Kategorien von Objekten und Erscheinungen ohne Rücksicht auf die einzelnen Erdräume zusammen. Die spezielle Geographie kennt nur einzelne Gebirge oder Gebirgssysteme, z. B. die Alpen, die Pyrenäen, den Himalaja, die Andes. Die allgemeine Geographie sucht die gemeinsamen Merkmale dieser Einzelobjekte zusammenzufassen zu einem geographischen Begriff Hochgebirge, dem sowohl gewisse gleichartige Züge im innern Bau und äußern Relief und in den Dimensionen als auch einige klimatische und biologische Kennzeichen zukommen. Die allgemeine Geographie schafft also Typen, Kategorien, Begriffe. Dabei richtet sie ihre Blicke „auf das Erdganze und auf die Erdoberfläche in ihrer Gesamtheit und untersucht die allgemeinen Gesetze des örtlichen Vorkommens der einzelnen Kategorien oder Typen von Erscheinungsformen“ (H. Wagner), oder, wie Karl Ritter 1818 es ausdrückte: „Allgemein wird diese Erdbeschreibung genannt, nicht weil sie alles zu geben bemüht ist, sondern weil sie ohne Rücksicht auf einen speziellen Zweck jeden Teil der Erde und jede ihrer Formen, liege sie im Flüssigen oder auf dem Festen, im fernen Weltteil oder im Vaterland, sei sie der Schauplatz eines Kulturvolkes oder eine Wüste, ihrem Wesen nach mit gleicher Aufmerksamkeit zu erforschen bemüht ist, denn nur aus den Grundtypen aller wesentlichen Bildungen der Natur kann ein natürliches System hervorgehen“.
Es mag hier eingeschaltet werden, daß die sogen. vergleichende E. keinen besondern Zweig der Geographie bildet. Karl Ritter, der dieses Epitheton seiner allgemeinen Geographie beifügt, dachte damit nur, wie F. Marthe bewiesen hat, einen generellen Ausdruck für sein tief wissenschaftliches Streben zu geben. Er wollte den Vergleich nicht als Zweck, wie man ihm fälschlich vorgeworfen hat, sondern als Mittel zur Auffindung örtlicher Gesetze des Erscheinens der Naturdinge; er hat die Erdoberflächenobjekte verglichen nach Form, Lage und Größe, sowohl um dabei das Charakteristische als das Wirkungsvolle (letzteres namentlich in Bezug auf das Menschengeschlecht) zu finden; mit Vorliebe verglich er aber die Zustände eines und desselben Erdraums in verschiedenen historischen Zeiten. In dieser Vielartigkeit seiner Vergleiche liegt der Hauptbeweis dafür, daß er nur eine wissenschaftliche Vertiefung der E. überhaupt damit anstrebte. Neuerdings hat Oskar Peschel auf Grund einer Reihe von morphologischen Untersuchungen geglaubt, eine besondere vergleichende E. geschaffen zu haben. Die von ihm als vergleichende bezeichnete [753] Methode hat indes nur zu einer Vertiefung der Morphologie der Erdoberfläche führen können, nachdem sich überdies herausgestellt hatte, daß das von ihm vielfach geübte vergleichende Kartenstudium allein wissenschaftlich gesicherte Resultate nicht ergab, sondern das Rüstzeug der Geologie zu Hilfe gezogen werden mußte. Gegenwärtig darf der vor einigen Jahren noch lebhaft geführte Streit, ob Karl Ritter oder Oskar Peschel die vergleichende Geographie geschaffen habe, als abgethan und müßig erachtet werden, da das Vergleichen eine mit jeder streng wissenschaftlichen Thätigkeit verbundene Geistesoperation bildet, somit keinem Zweig, keiner Richtung der Geographie als spezifisches Merkmal zukommen kann.
Gehen wir nun näher auf den Inhalt der allgemeinen E. ein, so zerlegen wir denselben gemäß der oben angedeuteten dualistischen Auffassung in zwei Hauptteile: die physikalische Geographie und die Anthropogeographie. Zur physikalischen Geographie im weitesten Sinn gehört auch die mathematisch-astronomische Propädeutik, welche sich 1) mit der Stellung der Erde im Planetensystem beschäftigt und 2) die Erdkugel als mathematischen Körper betrachtet, dessen getreue Abbildung die Karte liefern soll. Demnach hat erstlich die astronomische Geographie zu lehren: die Orientierung auf der Erdoberfläche nach den Himmelsrichtungen (Kompaßstriche), die Umdrehung der Erde um ihre Achse, die Bewegung der Erde um die Sonne (Zeitrechnung), endlich die Bewegung des Mondes um die Erde und deren Wirkungen. Zum zweiten bestehen die Abbildungen der Erdkugel entweder in Projektionen (s. d.) auf die Ebene (sogen. perspektivischen Projektionen), oder auf abwickelbare Flächen (Kegel- und Cylinderprojektionen), oder in konventionellen Netzen, welche entweder das Prinzip der geringsten Winkelverzerrung (Winkeltreue, Konformität) oder der Äquivalenz der Flächen (Flächentreue) obenan stellen. Auf diese Einführung läßt die physikalische Geographie noch Betrachtungen des Erdkörpers als eines Ganzen folgen: die Erdkugel wird gemessen, d. h. es wird ihre sphäroidale Gestalt, ihre Größe festgestellt, darauf die Dichtigkeit und damit das Gewicht ermittelt (s. Erde, S. 746). Man schließt hieran vielfach gleich Auseinandersetzungen über gewisse physikalische Eigenschaften des Erdkörpers: den Erdmagnetismus, die Temperatur des Erdinnern, welch letztere zu einem Überblick über die vulkanischen Erscheinungen und die Theorien der Entstehung des Erdkörpers führen, welche der Geologie entlehnt werden.
Von den materiellen Erdoberflächenteilen behandelt nun die physikalische E. in der Meteorologie die Atmosphäre. Sie lehrt darin die Erwärmung durch die Sonne und die Modifikationen dieser Erwärmung durch die Eigenschaften der Atmosphäre selbst sowie die Verteilung von Wasser und Land auf der Erdoberfläche, die Periodizität der Erwärmung (tägliche und jährliche Schwankung), die Abnahme der Temperatur mit der Höhe und deren Modifikationen bei auf- und absteigender Luftströmung; endlich die geographische Verteilung der Wärme, wobei die Lehre von den Isothermen und Isanomalen den echt geographischen Charakter der Meteorologie beweist, ebenso die Schöpfung von Temperaturzonen auf Grund besonders wichtiger Isothermlinien. Alsdann wird die Rolle, welche der Wasserdampf in der Atmosphäre spielt, erörtert, die Verdunstung, absolute und relative Feuchtigkeit, der Taupunkt, die Formen der Niederschläge, Tau, Reif, Nebel, Wolken, Regen, Schnee, Hagel, ihre Ursachen und ihre geographische Verbreitung behandelt. Die Lehre vom Luftdruck zeigt das Gewicht der Luft, die periodischen Schwankungen und die geographische Verteilung des Luftdrucks an der Erdoberfläche (Isobaren). Darauf führt das Buys-Ballotsche Gesetz zu den Beziehungen zwischen Luftdruck und Wind; es sind die Land- und Seewinde, Berg- und Thalwinde und das allgemeine System der Luftzirkulation über der Erdoberfläche zu erörtern. Die moderne Meteorologie charakterisiert noch weiterhin bestimmte Luftdruckgebiete von hohem oder niedrigem Barometerstand, die barometrischen Maxima oder Minima (Depressionen) nach ihren Wirkungen auf die Winde in ihrem Bereich, die dann das Wetter in jedem gegebenen Moment regulieren, wie es auf synoptischen Karten zum Ausdruck gebracht wird. Systematisch werden die klimatischen Einwirkungen der Luftströmungen behandelt, indem die letztern große und ständige Anomalien in der Erwärmung sowie die Verteilung der Niederschläge zur Folge haben. Auch die Stürme der Tropen wie der gemäßigten Breiten, die Tornados, Wasserhosen sowie die Böen, namentlich die Gewitterböen aller Breiten mit ihren elektrischen Entladungen, gehören hierher. Endlich schließt die Darstellung einiger nur lokal wirksamer Winde (heiße Winde der Sciroccoklasse, kalte Winde der Boraklasse, Fallwinde der Föhnklasse) diesen ersten Abschnitt der Erdoberflächenkunde.
Die Hydrosphäre liefert im Ozean den Hauptgegenstand der Hydrographie im weitern Sinn. Die Ozeanographie oder Meereskunde lehrt die Verteilung von Wasser und Land, die Einteilung, d. h. Abgrenzung und Klassifikation, der Meeresräume (in Ozeane, Mittel- und Randmeere), endlich die Tiefenverhältnisse (Bodenrelief, Bodensedimente). Dann folgt das Meerwasser nach seiner chemischen Zusammensetzung, nach Salzgehalt, Durchsichtigkeit und Farbe sowie der Wärmeverteilung an der Oberfläche wie in den Tiefen; hierher gehören auch die für die Schiffahrt so wichtigen Eisverhältnisse. Die Bewegungen der Meeresoberfläche in Wellengestalt und die Gezeiten sind Gegenstand fernerer Abschnitte, der letzte und fast der wichtigste umfaßt die Meeresströmungen. Die Hydrographie im engern Sinn behandelt sodann das süße Wasser in seinen verschiedenen Gestalten als Lehre von den Quellen, Flüssen, Landseen und den Gletschergebieten der Erde.
Der dritte Hauptteil der physikalischen Geographie hat zum Gegenstand die Morphologie der trocknen Erdoberfläche, die zwiefach, nach ihrer horizontalen Gliederung und ihrer Plastik, erforscht wird. Die horizontale Gliederung ergibt die Einteilung des Landes in Erdteile, beschreibt deren Küsten und ihre Formänderungen durch die Arbeit des Meers mittels positiver und negativer Niveauänderungen des Meeresspiegels (Hebungen, Senkungen) oder unter der Einwirkung des Windes (Dünen) oder vorzeitlicher Vereisung (Fjorde). Darauf folgt die weitere Gliederung des Festlandes in Halbinseln und Inseln, welche in verschiedene Arten klassifiziert werden (meist nach ihrer Entstehung). Die plastische Gliederung der Landflächen untersucht zunächst die Kräfte, welche Formänderungen erzeugen: die Vorgänge der Erosion oder der Thalbildung einerseits, der Sedimentbildung anderseits, letztere Ablagerungen an den Küsten oder in Binnenseen als Deltas schaffend oder im Innern der Festlande fluviatile Alluvionen entlang den Flußthälern oder glaziale Ablagerungen vorzeitlicher Gletscher oder äolische Ablagerungen im [754] Bereich der abflußlosen Gebiete, oder endlich die großartige Umformung der Gesteinsflächen der tropischen Kontinente zur Lateritdecke. Hierauf folgt eine Klassifikation der Oberflächentypen des Festlandes. Begriffe und geographische Verbreitung der Kettengebirge, der Vulkangebirge, der Massengebirge (Massive), ferner der Längen- und Querthäler werden entwickelt, die Ursachen ihres Vorkommens erläutert. Hochebenen und Tiefebenen werden gleichfalls klassifiziert; der Begriff der mittlern Höhe für die einzelnen Erhebungsformen wie für das Festland im allgemeinen entwickelt und deren Werte festgestellt.
Nun folgt als vierter Hauptteil der allgemeinen E. die biologische Geographie, behandelnd erstlich die geographische Verbreitung der Pflanzen nach ihren Hauptzonen (horizontal) und Regionen (vertikal genommen), endlich nach den Vegetationsformationen, deren wichtigste Wälder, Steppen und Wüsten sind. Besondere Wichtigkeit ist hierbei der geographischen Verbreitung der Nutzpflanzen beizumessen. Zweitens begreift die biologische E. die geographische Verbreitung der Tiere in sich nach ihren verschiedenen Faunengebieten. Auch hier steht die Verbreitung der nutzbaren Tiere obenan. Die Ursachen der gegenwärtigen Verbreitung vieler charakteristischer Tier- und Pflanzenfamilien sind häufig nicht ohne Bezugnahme auf die Lehren der Paläontologie, also einer Hilfswissenschaft der Geologie, zu erklären. Damit ist der Inhalt der physikalischen E. in großen Zügen umschrieben.
Die Anthropogeographie untersucht nun die Wirkungen aller der vorgenannten Erdoberflächenobjekte und Erdoberflächenerscheinungen auf die kulturliche und politische Geschichte der Menschheit. So wird die Einwirkung des Klimas, z. B. der Tropen, auf Einzelne wie auf Völker untersucht, es werden die Unterschiede der Lebens- und Arbeitsweise oder im Charakter schon der Nord- und Südländer in Europa aufgedeckt, endlich die Rolle der gemäßigten Zone als eigentlicher Kulturzone begründet. Der Ozean tritt in die Erscheinung als stärkste Schranke der Völkerverbreitung, wenn auch als keine unübersteigliche. Hier bildet der Seeverkehr in seiner Entwickelung gemäß der fortschreitenden Bemeisterung des Meers durch den Menschen eine klar umgrenzte anthropogeographische Aufgabe. An Binnenseen zeigt sich vielfach Anlehnung selbständiger Kulturen, die Flüsse weisen in Wanderungen und im Verkehr den Weg zum Meer und umgekehrt von den Küsten ins Binnenland; ferner ist die Rolle der Flüsse als Grenzen zu untersuchen. Die Abhängigkeit menschlicher Geschichte von der horizontalen Konfiguration des Festen zeigt sich zunächst in den günstigen Wirkungen reicher Küstengliederung, im allgemeinen Gegensatz von Küsten- und Binnenland, ferner in der Geschichte der mittelmeerischen Völker, in der Absonderung der Inselbewohner (man denke auch an die der eingebornen Australier), in dem Gegensatz von Halbinselvölkern zu denen des Festlandrumpfes. Dies führt zur Lehre von der geographischen Bedingtheit politischer Grenzen, anderseits auch der Vereinigung der Länder zu natürlichen Gruppen oder umgekehrt der Zergliederung einheitlicher Länder nach ihren innern Verschiedenheiten. Hieran schließt sich, wiederum als schön abgegrenzte Aufgabe, die Lehre von der örtlichen Bedingtheit der Wohnstätten oder die Siedelungskunde, die schon früher in J. G. Kohl ihren Meister gefunden hat. Mit einer Würdigung der Raumverhältnisse in Beziehung zur politischen Macht der Länder und Reiche und ihrer Dauer in der Geschichte sind die Einwirkungen der horizontalen Konfigurationen der Festländer wohl erschöpft. Die vertikalen Unebenheiten der Erdoberfläche ergeben alsbald den Gegensatz zwischen Flach- und Gebirgsländern, sowohl hinsichtlich der Fähigkeit der Völkerverbreitung als Völkerscheidung. Die Bedeutsamkeit der Hochebenen für ursprüngliche Kulturentwickelungen zeigt sich in reinster Form auf amerikanischem Boden. Die anthropogeographischen Einwirkungen der Vegetationsformationen sind besonders klare: die Urwaldvölker der Tropen, die Waldbewohner der gemäßigten Breiten, die Steppen- und Wüstenvölker zeigen spezifische Charakterzüge in Kultur und Geschichte. Ebenso klar sind die historischen Funktionen der nutzbaren Pflanzen und Tiere, aber auch der dem Menschen feindlich gegenübertretenden Lebeformen, die auf den Charakter stählend einwirken können. So etwa gliedert sich nach Friedrich Ratzel in seinen Hauptpunkten der anthropogeographische Stoff.
[Altertum.] Die E. ist unzweifelhaft eine alte Wissenschaft zu nennen. Zwar wissen wir von den geographischen Kenntnissen der alten Kulturvölker Mesopotamiens und Ägyptens, deren astronomisches Wissen unsre Bewunderung verdient, nur wenig, und auch die berühmte Völkertafel der Genesis kann nur als vereinzeltes, wenn auch altes Bruchstück einer merkwürdig ausgedehnten ethnographischen Kenntnis gelten, an der vielleicht auch den Phönikern ein Anteil gebührt. Von den Chinesen sagten wir oben schon, daß sie es nicht über eine trockne Chorographie in der engen Form der Heimatskunde hinausgebracht haben; freilich besitzen sie eine solche schon seit Jahrtausenden, während erst seit dem 3. Jahrh. vor unsrer Zeitrechnung spärliche Berichte von fernen Ländern auftreten. Im klassischen Altertum besaßen die Römer sicherlich die genaueste chorographische Kenntnis ihres Weltreichs und einiger angrenzender Gebiete. Der hohe Norden Europas, das nördliche Asien jenseit des Kaspischen Meers, also Sibirien, waren der Kenntnis der Alten ganz verschleiert; von China waren so unklare Begriffe vorhanden, daß Ptolemäos es doppelt auf seinen Karten eintrug; die südostasiatische Inselwelt war kaum über Java hinaus, Ostafrika bis in die Gegend von Sansibar, Westafrika bis etwa zum heutigen Sierra Leone bekannt, während man vom Innern Afrikas einige verwirrte Nachrichten über die Negerländer südlich der Wüste und die Seengebiete am obern Nil findet. Näheres s. unter Asien (S. 928) und Afrika (S. 169).
Wo eine wissenschaftliche Durchdringung des geographischen Stoffes versucht ist, treffen wir immer auf griechische Namen, so daß zweifelsohne die Griechen die Schöpfer der wissenschaftlichen E. genannt werden dürfen. Während noch Anaxagoras (geb. 499 v. Chr.) lehrte, daß die Erde eine Fläche sei, und der vielgereiste Herodot dieselbe sich scheibenförmig und in der Mitte etwas ausgehöhlt dachte, waren die Pythagoreer die ersten, welche die Kugelgestalt der Erde annahmen, eine Anschauung, die aus mathematischen Gründen zuerst Parmenides aus Elea (um 460) lehrte. Entschieden für die Gebildeten aller spätern Zeiten wurde die Streitfrage indessen erst durch Aristoteles, der die Mondverfinsterungen als den ersten sinnlichen Beweis von der Kugelgestalt unsers Planeten zu Hilfe nahm, während später Ptolemäos die Lehre durch die Wahrnehmung erhärtete, daß auf hoher See zuerst die Spitzen von Küstengegenständen sichtbar werden. Was die Größe unsrer Erde anbelangt, so hatte den Umfang derselben Aristoteles auf 400,000, Pytheas aus Marseille auf 300,000, Archimedes auf weniger [755] als 300,000 Stadien (à 184,97 m) geschätzt. Der erste aber, der die Erde wirklich gemessen hat und zwar nach einem Verfahren, das noch jetzt befolgt wird, ist der Athener Eratosthenes (276–196). Er erwählte den Erdbogen zwischen Alexandria und Syene (Assuân) am Nil, von welchen Orten er annahm, daß sie unter demselben Meridian lägen, zur Messung. Seine Rechnung ergab für den Erdumfang 252,000 Stadien, von denen 40 auf 1 ägyptischen Schönus (= 6,3 km) gingen, d. h. für den Erdgrad 110,25 km, was der Wahrheit überaus nahe kommt, aber nur einem Zufall zuzuschreiben ist. Ptolemäos verwarf indes diese Messung und zog die des Posidonios vor, welche den Erdumfang zu 180,000 olympischen Stadien, d. h. 1/6 zu klein, fand. Darstellungen der Erde, Vorläufer unsrer Karten, finden wir zuerst bei Anaximander (gest. 547); die neue Kunst bildete Hekatäos (geb. 544) weiter aus, und Aristagoras erregte um 500 in Lakedämon Aufsehen mit einer ehernen Tafel, auf welcher der Erdkreis eingeschnitten war. Diese ältesten Karten sind verloren gegangen, ebenso wie jene des Marinos aus Tyros, der zuerst bei der Ortsbestimmung Längen und Breiten berücksichtigte. Von großer Bedeutung wurden die Karten des Alexandriners Claudius Ptolemäos (um 125 n. Chr.), die bis ins 15. Jahrh. Geltung behielten, und deren Fehler erst im 18. Jahrh. völlig beseitigt wurden (s. Ptolemäos). Zwei Lehren waren im Altertum herrschend über die Verteilung des Trocknen und Flüssigen auf der Erdoberfläche. Die sogen. Homerische Schule, zu der Eratosthenes und Strabon zählten, betrachtete die drei Festlande der Alten Welt als eine zusammenhängende Insel, die vom Weltmeer (Okeanos) umflossen werde. Eratosthenes aber vermutete schon, daß es außer unsrer Menschenweltinsel noch andre Weltinseln gäbe, auf denen unbekannte, von uns verschiedene Geschöpfe lebten, eine Ansicht, die dem Entdecker Amerikas allerdings unbekannt geblieben ist. Kolumbus bekannte sich nämlich zu den Anschauungen der Gegner jener Homerischen Schule, die von Aristoteles, Hipparch, Marinos und Ptolemäos vertreten waren. Diese wollten kein allumgrenzendes Weltmeer anerkennen, sondern dachten sich den Indischen und Atlantischen Ozean, wie das Mittelmeer, vom Land umschlossen und die Wasserbedeckung zwischen dem äußersten Westen und Osten des Bewohnbaren so eng, daß eine westliche Überfahrt nach dem Morgenland ungewöhnlich erleichtert schien.
Die Kenntnis der Alten von den Gebirgen war eine geringe. Plinius schätzte einige Alpengipfel bis auf 50,000 römische Schritt (etwa 15mal höher als der Montblanc in Wirklichkeit), und nach Aristoteles glänzten die Gipfel des Kaukasus noch vier Stunden lang, nachdem die Sonne in der Ebene untergegangen war. Die ersten Bergmessungen stellte indessen schon Dikäarchos (360–290 v. Chr.) an, welcher dem Pelion 6250 römische Fuß gab. Sehr früh schon lehrte Empedokles (440) den feuerflüssigen Kern unsers Planeten, von dessen höherer Temperatur die heißen Quellen Zeugnisse ablegten, und die Vulkane betrachtete man damals schon als Ausgänge, durch welche jenes heißflüssige Erdinnere mit der Oberfläche verkehre. Erdbeben dagegen erschienen den meeranwohnenden Hellenen als unterirdische, von Poseidon angestiftete Revolutionen, weshalb jener Gott auch den Beinamen des Erderschütterers trug. Nicht unbekannt war den Alten, daß sich Teile der Festländer heben oder senken könnten, und daß die Landenge von Suez wie der Nordrand Libyens bis zur Ammonsoase ehemals mit Meer bedeckt gewesen, schlossen sie aus den dort eingebetteten Seemuscheln. Die hydrographischen Vorstellungen der Alten waren mangelhaft, wie schon daraus hervorgeht, daß sie die großen Flüsse in ihrem mittlern Lauf sich meist gabeln lassen, eine Erscheinung, die nur einmal (Verbindung des Amazonenstroms mit dem Orinoko durch den Cassiquiare) auf der Erde vorkommt. Bei den Alten aber floß z. B. die Donau gleichzeitig in das Adriatische und das Schwarze Meer. Größere Meerestiefen haben die Alten schwerlich gemessen, obwohl Kleomedes und Papirius Fabianus von 15 Stadien (= 3500 m, also für das Mittelmeer nicht unwahrscheinlichen Werten) sprachen. Schon die Phöniker erkannten an der atlantischen Küste Spaniens Ebbe und Flut, deren doppelten täglichen Rhythmus sie vom Zenithstand des Mondes abhängig machten. Über die Gesetze des Luftkreises hat schon Aristoteles einige der höchsten Wahrheiten ausgesprochen; er erkannte das regelmäßige Eintreten der Landbrisen und ahnte das Drehungsgesetz der Winde; auch lehrte er, daß die Sonne durch Verdampfung dem Meer Wasser entziehe, und wußte, daß die warme Luft mehr Feuchtigkeit gelöst enthalten könne als die kalte. Schon frühzeitig erkannten im Hinblick auf die Schneeberge die alten Griechen, daß die Abnahme der Wärme mit den wachsenden Breiten durch die senkrechte Erhebung der Erdoberfläche beschleunigt werde. Selbst in der Nähe des Äquators ließ Ptolemäos seine Nilquellseen von Schneewasser gefüllt werden. Am klarsten dachte darüber Strabon, der uns zuerst belehrt, daß nördliche Länder, wenn sie tiefer liegen, wärmer sein können als südlichere Hochebenen, wobei ihm als Erwärmungsmesser der Anbau von Gewächsen, besonders des Ölbaums, dienen mußte. Was die Verbreitung von Gewächsen und Tieren betrifft, so nahmen die Alten an, daß je weiter südlich, desto riesenhafter die Formen werden, wofür ihnen Elefanten und Nashörner als Beweis dienten. Die Farbe der Menschen wurde nach der Ansicht der Hellenen nach dem Äquator zu immer dunkler, während sie nach N. zu heller werde. Dabei legte man aber keinen oder geringen Wert auf die beschreibende Völkerkunde, so daß viele der von den Alten genannten Völker heute nicht mehr identifiziert werden können (z. B. die Skythen). So viele Wahrheiten die Alten aber auch ausgesprochen haben, sie waren sämtlich unter einem Schutte der gröbsten Irrtümer verborgen, und diese Irrtümer hatten gleiche Berechtigung neben den Wahrheiten.
[Mittelalter.] Im Beginn des Mittelalters zeigt unsre Wissenschaft lediglich Symptome des Verfalles. Die lateinisch schreibenden Geographen schöpften ihr Wissen nicht aus griechischen Quellen, und die gelehrtesten Männer hielten sich im günstigsten Fall an Plinius, während Strabon, Herodot, Ptolemäos vergessen waren. Dafür bevölkerten Phantasiegebilde und Wundergestalten die Werke, während man von Naturbeschreibung der Länderräume gänzlich absah und höchstens kahle Ortsverzeichnisse gab. Für die räumliche Erweiterung der E. in dieser Periode wurde nur nach N. und NW. hin gesorgt, ohne daß aber aus diesen merkwürdigen Entdeckungen der Wissenschaft ein eigentlicher Nutzen erwuchs. Irische fromme Mönche besuchten schon gegen Ende des 8. Jahrh. Island, welches dann später von Wikingern wieder gesehen und endlich 874 von vertriebenen norwegischen Edlen besiedelt wurde. Von dort aus wurde 983 Grönland, etwas später auch Labrador und Neufundland entdeckt, auch vorübergehend besiedelt, ohne daß diese Funde wagehalsiger Abenteurer indes außerhalb der altnordischen Völker beachtet wurden. Im N. Europas [756] fuhren die Normannen bis zu den höchsten Breiten, 870 bis in die Dwinamündung. Die Küsten der Ostsee wurden erst im 11. Jahrh. besser bekannt, und dänische Seefahrer besuchten zu Adams von Bremen Zeit bereits den Finnischen Busen. Unbekannt blieb dem frühern christlichen Mittelalter, welches die griechischen Schriftsteller nicht benutzte, daß 569 Zemarchos sich im Auftrag des Kaisers Justinus II. zu Dissabulus, einem türkischen Chan, begab, dessen nomadisches Hoflager am Ektag (Altai?) stand. Nur vom Heiligen Land, wohin fromme Pilger wallfahrteten, erhielt man eingehendere Kunde.
Alle Gelehrsamkeit in jener Periode beschränkte sich auf den geistlichen Stand, und die klösterlichen Verfertiger der Weltkarten zweifelten nur, ob es orthodoxer sei, die trockne Ländermasse sich scheibenförmig oder viereckig zu denken. Die erste Ansicht, gestützt auf die Bibel, welche den Ausdruck „Erdkreis“ gebraucht, drang durch, und so entstanden denn die Radkarten des Mittelalters. (S. nebenstehende Skizze.)
Radkarte des Mittelalters. | |
Alle diese Karten zerlegten den runden Erdkreis in eine östliche Hälfte, welche Asien einnahm, und in eine westliche, die unparteiisch zwischen Europa und Afrika geteilt wurde, so daß noch 1422 der geographische Dichter Lionardo Dati es aussprechen konnte: die Erdfeste sei als ein T in einem O leicht darzustellen. Eine solche Verteilung der Ländermassen unter drei Festlande war um so schwieriger zu beseitigen, als sie sich auf einen Ausspruch des heil. Augustinus gründete. Jerusalem aber war der Mittelpunkt der Welt.
Während im christlichen Abendland die E. mehr und mehr verkümmerte, erfreute sie sich bei dem begabten Volk der Araber eines mächtigen Aufschwunges. Kein Volk war auch wie dieses auf die Erforschung der Alten Welt hingewiesen; erstreckte es doch seine Herrschaft von Spanien bis zum Indus, vom Kaukasus bis zu den afrikanischen Negerländern. Die jährlichen Pilgerfahrten nach Mekka führten die Gläubigen von den Enden der Welt zusammen, und der größte Festlandreisende aller Zeiten, der mehr Räume durchwanderte als Marco Polo und Livingstone zusammen, Ibn Batuta, war ein Araber. Auch über das christliche Abendland erstreckten sich die Wanderungen der arabischen Reisenden, und ihr Edrisi (12. Jahrh.) kam bis England und kannte die Färöer. Alte arabische Handelsverbindungen reichten in Rußland bis Kasan, wie dort gefundene arabische Münzen beweisen; man kannte auch die Steppen am Balchasch und die Filzjurten der nomadisierenden Kirgisen. Ebenso waren die innerasiatischen Straßen durch Turkistan bis nach Chambalik, der Kaiserstadt Peking, bekannt; 1420 zog dorthin ein Botschafter des Schah Roch, des Timuriden. Über Indien und das südliche China waren die Araber, die auf dem Seeweg dorthin gelangten, wohlunterrichtet; ebenso schildern sie Javas Vulkane und erzählen von den Muskatnüssen und Gewürznelken der Molukken. Unsicher dagegen erscheint, ob sie schon Kunde von Japan oder gar von Australien besaßen. Ausgebreitet war ferner die Kenntnis der Araber von Afrika. An der Ostküste war eine Reihe arabischer Handelsstädte entstanden; ihr südlichster Punkt war das heutige Inhambane unter dem Wendekreis des Steinbocks. Sie beschreiben auch Madagaskar als Komr oder Mondinsel, ein Name, der sich in den benachbarten Komoren bis heute erhalten hat. Der Glaube des Propheten war ein treibendes Element für die Araber, und schon frühzeitig trugen sie denselben zu den Schwarzen Innerafrikas. 1086 setzte sich der Islam in Bornu, im Herzen Afrikas, fest, und vom 11. bis 13. Jahrh. überflutete er die Länder am mittlern Niger, das Sonrhayreich und Melli. An der Westküste wagten sich ihre Schiffe aber nicht über Kap Nun hinaus, und hier brachen erst die Portugiesen Jahrhunderte später die alten Vorurteile. So umfaßte die Länderkunde der Araber ganz Europa mit Ausnahme des höchsten Nordens, die südliche Hälfte von Asien, Nordafrika bis zum 10. Breitengrad und die Gestade Ostafrikas bis zum Wendekreis des Steinbocks.
Eifrige Freunde der Astronomie, hielten die Araber das mathematische Wissen in hohen Ehren. Das Werk des Ptolemäos war unter dem Namen „Almagest“ im 9. Jahrh. schon ins Arabische übersetzt worden, und bei ihnen herrschte (im Gegensatz zum christlichen Abendland) weder Streit noch Zweifel darüber, daß die Erde eine Kugel sei und im Mittelpunkt des Weltalls schwebe. Die zahlreichen Ortsbestimmungen aus dem 13. Jahrh., namentlich jene des Abul Hasan aus Marokko, überraschen noch jetzt durch ihre verhältnismäßige Genauigkeit; denn sie differieren durchschnittlich um nicht mehr als 1/3 Grad. Weniger glücklich waren die Araber in der Kartendarstellung, und die beiden Gemälde des Edrisi (1154), welche uns erhalten sind, nämlich ein kreisförmiges Erdbild und eine viereckige Weltkarte in 70 Blättern, sind nicht rein arabische Werke, sondern mit den Kenntnissen des Abendlandes, namentlich des Ptolemäos, verquickt. Allen frühern Geographen voran stehen aber die Araber in Bezug auf ihre Schilderungen der Gesittung fremder Völker und der Merkwürdigkeiten entfernter Länder.
Diesen Fortschritten der E. konnten sich auch die abendländischen Geographen nicht lange entziehen. Durch den „Almagest“ wurde Ptolemäos wieder im Abendland bekannt, und dasselbe war der Fall mit andern „heidnischen“ Schriften, welche anfangs verketzert wurden. Es waren drei Geistliche, die im spätern Mittelalter unsre Wissenschaft förderten: Albert von Bollstädt (der Große), Roger Bacon und Vinzenz von Beauvais. Außer der Berührung mit den Arabern und dem Wiedergewinn der klassischen Schriftsteller durch dieselben förderten die Mongoleneinbrüche im 13. und 14. Jahrh. sowie die Eröffnung des atlantischen Seewegs von Italien nach Flandern die E. Die erste Kunde des transuralischen Asien verdanken wir geistlichen Botschaftern, welche an die [757] Nachfolger des Dschengis-Chan (d. h. Großherrscher) gesandt wurden. Die bedeutendsten derselben sind: Plan Carpin, ein Italiener, welcher im päpstlichen Auftrag nach der Mongolenresidenz Karakorum wanderte, deren Standort erst 1873 der Russe Panderin in den Ruinen von Kara Balghassum bei Urga nachgewiesen hat. Ihm folgte der Niederländer Wilhelm von Ruysbroek (Rubruquis) als Botschafter Ludwigs des Heiligen (1253). Da die Mongolen den Handel begünstigten, so wurde im 14. Jahrh. ein geordneter Überlandverkehr bis nach Chambalik oder Peking in China eröffnet, über den wir durch den Florentiner Balducci Pegoletti (1336) und die berühmte Katalanische Weltkarte vom Jahr 1375 unterrichtet sind. Kein Reisender nach dem fernen Osten machte aber im Mittelalter mehr Aufsehen und gelangte weiter als der Venezianer Marco Polo. Schon 1254–1269 waren Niccolò und Maffio Polo bis nach Karakorum gelangt, und 1271 brachen sie abermals dorthin auf, begleitet von Marco, Niccolòs Sohn, und kamen erst 1295 nach Venedig zurück. Die drei Polo wanderten also 24 Jahre im Morgenland; 17 Jahre davon stand Marco im Dienst Kublai-Chans, und drei Jahre dauerte seine Rückreise aus China nach Europa. Turkistan, die Hochebene Pamir, die Mongolei, China, Jünnan, das östliche Tibet und nördliche Birma lernte er kennen. Auf dem Seeweg über Kochinchina, Sumatra, Indien kehrte Marco heim und entzündete hier durch seine Schilderungen von China und Zipangu (Japan) den Gedanken der westlichen Überfahrt nach Asien. Bald wurde, namentlich durch Missionäre, ein dauernder Verkehr mit China angeknüpft; unter ihnen ragt hervor der Franziskaner Odorico de Pordenone, der 1316 seine Reise antrat und 15 Jahre im Morgenland blieb. Das Christentum breitete sich in China aus, und die Glaubensboten trugen viel dazu bei, das östliche Land in Europa besser bekannt zu machen. Auch über Indien verdanken wir um jene Zeit einem Venezianer, Niccolò Conti, die besten Nachrichten; er wanderte quer durch Dekhan, besuchte Hinterindien und den Archipel, wo er die Heimat der Muskatnüsse und Gewürznelken sah. – Durch die Ausbreitung des Christentums in Nubien und Abessinien wurde auch die Kunde Afrikas wesentlich gefördert. Den sogen. Erzpriester Johannes, den man lange im Himmelsgebirge in Asien gesucht, versetzte man nun in die abessinischen Alpen, und das christliche Abendland strebte nach einem Bündnis mit den schwarzen abessinischen Christen gegen den gemeinsamen Feind, den vordringenden Islam. Wie die im Dogenpalast zu Venedig befindliche Weltkarte des Fra Mauro aus dem 14. Jahrh. zeigt, kannte man Abessinien damals sehr genau, und auf der berühmten Katalanischen Karte von 1375 ist Nordafrika bis nach Timbuktu und dem Goldmarkt Melli, beide am Ganatischen Nil gelegen, wie die Araber den Niger zu nennen pflegten, in großer Ausführlichkeit eingezeichnet.
Dadurch, daß im äußersten Westen der Alten zwischen dem Mittelmeer und dem Norden Europas ein geregelter Frachtverkehr zur See entstand, wurde die E. erheblich bereichert. 1318 erschienen die ersten mit Gewürz beladenen Fahrzeuge der Venezianer in Antwerpen, und gleichzeitig drangen die Genuesen nach Flandern vor. Ihnen verdanken wir (Ende des 13. Jahrh.) die Entdeckung der Kanarischen Inseln, die 1351 bereits auf einer italienischen Seekarte erschienen und 1402 von Europäern besiedelt wurden. Die Madeiragruppe und die Azoren erscheinen gleichfalls in der Mitte des 14. Jahrh. als wohlbekannt. Einen entschiedenen Fortschritt zeigt in dieser Periode die Kartographie, indem jetzt der Kompaß allgemein in Gebrauch kam; er kürzte und sicherte den Lauf der Schiffe, denn seinem Gebrauch verdanken wir die alten Seekarten, die mit Wind- und Kompaßrosen bedeckt sind. Die ältesten bekannten Kompaßkarten verfertigte der Venezianer Marino Sanuto (Anfang des 14. Jahrh.); 100 Jahre später zeigen die Karten seines Landsmannes Fra Mauro bedeutende Fortschritte. Er zeichnete bereits Vorderindien auf die Ptolemäischen Karten ein, die als Grundlage immer noch Geltung hatten; China, Ostasien waren schon nach Marco Polo, Conti u. a. eingetragen, und eine solche Karte hatte auch der Entdecker Amerikas an Bord, als er den Seeweg nach „Indien“ einzuschlagen gedachte.
[Zeitalter der Entdeckungen.] Eine völlig neue Zeit für die Geschichte der E. bricht an mit dem hochbegabten portugiesischen Infanten Heinrich, der den Beinamen des „Schiffers“ oder „Seefahrers“ führte. Mit ihm beginnt das „Zeitalter der Entdeckungen“, das bis ins 17. Jahrh. hineinreicht. Seinen Bemühungen seit 1415 gelang es, daß die Portugiesen, langsam an der Westküste Afrikas südwärts vordringend, mehr und mehr nautisches Geschick erwarben, bis endlich 1486 Bartholomeu Dias das „Kap der Stürme“ umschiffte, dem König Johann II. den Namen des Kaps der Guten Hoffnung beilegte. Doch erst nach der Entdeckung Amerikas nahm Vasco de Gama 1498 die Fahrten der Portugiesen wieder auf: er fuhr an der Ostküste Afrikas aufwärts bis Melinde und kreuzte mit Hilfe der regelmäßigen Winde den Ozean, um das ersehnte Ziel, Indien, auf dem Seeweg zu erreichen.
Schon frühzeitig hatte man in Portugal daran gedacht, den Weg nach Zipangu (Japan) und China durch eine Fahrt quer über den Atlantischen Ozean zu verkürzen. Der große Florentiner Astronom Toscanelli gab 1474 darüber ein von einer Karte begleitetes Gutachten ab, auf welcher er den Ostrand Asiens etwa in den Meridian des heutigen Kalifornien verlegte. An der Stelle Amerikas aber lag eine rätselhafte Insel, Antiglia, deren Name später auf die westindischen Inseln übertragen wurde. Von Toscanellis Angaben erhielt der Genuese Kolumbus bei seinem Aufenthalt in Lissabon Kunde, und lebhaft sie erfassend, beschloß er, Zipangu und das Quinsay Marco Polos auf dem atlantischen Weg zu erreichen. Im Dienst Spaniens trat er 1492 von Palos aus seine Fahrt an, kreuzte von der Kanareninsel Gomera ab den Atlantischen Ozean an seiner breitesten Stelle und landete 12. Okt. auf der Bahamainsel Guanahani (Watlingsinsel). Auf fernern Reisen entdeckte er die Mehrzahl der Antillen, Teile des Festlandes von Venezuela und Zentralamerika. Seit 1499 waren neben ihm thätig Amerigo Vespucci und Juan de la Cosa. Ein Zufall führte zur Entdeckung Brasiliens durch den Portugiesen Cabral (1500). Spanische Entdecker aber enthüllten 1513 die Länder nördlich vom Golf von Mexiko, gleichzeitig überschritt Vasco Nuñez Balboa die Landenge von Panama; es folgten die „Konquistadoren“ Cortez in Mexiko, Pizarro in Peru, Almagro (1535) in Chile. Inzwischen waren auf Anregung Amerigo Vespuccis die Fahrten südwärts von Brasilien durch spanische Schiffe fortgesetzt, worauf Fernão da Magelhaens (Magellan) mit einem spanischen Geschwader durch die nach ihm benannte Straße die Südspitze Südamerikas umfuhr. Er durchsegelte in nordwestlicher Richtung den Stillen Ozean, entdeckte die Ladronen (Marianen) und [758] Philippinen, wo er erschlagen wurde. Sein zusammengeschmolzenes Geschwader erreichte die Molukken, und das einzige Schiff Viktoria unter Sebastian d’Elcano gelangte 1522 in die spanische Heimat. Damit war die erste Weltumseglung vollbracht. Es würde zu weit führen, die einzelnen Entdeckungsthaten aufzuzählen, welche die Spanier im Lauf des 16. Jahrh. durch das ganze tropische Amerika, die Engländer durch die östlichen Gebiete Nordamerikas (s. Amerika), die Portugiesen nach Indien und Ostasien und zu den Gewürzinseln brachten (s. Asien). Seit 1584 begannen die Russen Sibirien im Flug zu erobern, 1648 umsegelte der Kosak Deschnew die Beringsstraße; gleichzeitig ward die Amurmündung gefunden. Holländische Seefahrer umsegelten das Kap Horn (Hoorn) 1643, entdeckten, nachdem sie die Portugiesen von den Molukken verdrängt, das von jenen schon gesehene Nordaustralien wieder (1605 f.), und Abel Tasman (1640 f.) zerstörte durch seine kühne Fahrt das Wahngebilde eines großen Südlandes (s. Australien). Die Inselwelt des Pazifischen Ozeans enthüllte sich langsamer, ebenso die arktischen Archipele im N. Amerikas und Europas, wo wesentlich englische und holländische Entdecker auftraten, welche eine nordwestliche oder nordöstliche Durchfahrt nach Ostasien hin erstrebten (s. Polarexpeditionen[WS 1]).
Während so in überraschender Weise die räumliche Kenntnis unsrer Erde von Spaniern, Portugiesen, Briten und Niederländern gefördert wurde, entwickelte sich auch die wissenschaftliche E. gewaltig, zumal in Deutschland, das an den räumlichen Entdeckungen keinen direkten Anteil hatte. Kopernikus und Kepler gestalteten die Astronomie um; aber nur schwierig brachen die neuen Wahrheiten sich Bahn. Die Breiten- und Längenbestimmungen wurden in dieser Periode schärfer ausgeführt, und Willebrord Snellius maß zwischen Bergen op Zoom und Alkmar den ersten Erdbogen mittels Dreiecken, welche Messung nur um 2/57 zu kurz ausfiel. Was die Kartographie anbelangt, so glänzten im 16. Jahrh. die Deutschen, denen dann die Niederländer folgten. Deutsche Mathematiker wagten zuerst, bei der Übertragung von Kugelflächen in die Ebene (Projektionen) die Vorbilder des Altertums zu verlassen; so Stöffler (gest. 1530) und Johann Werner, der das stereographische Gradnetz einführte; vor allen aber Gerhard Kremer, genannt Mercator (geb. 1512 zu Rupelmonde), der außer zahlreichen andern auch die scharfsinnige nach ihm benannte Projektion erfand und zuerst 1569 aus seiner Weltkarte in Anwendung brachte; dieselbe ist für Seekarten seitdem unentbehrlich. Nachdem die alten Ptolemäischen Karten noch lange im Gebrauch gewesen (im 15. Jahrh. erschienen in Deutschland allein 16 Ausgaben davon), kamen bessere Erdbilder auf. Sebastian Münster aus Basel, Verfasser einer bekannten Kosmographie, zeigt noch geringe Fortschritte, bis Peter Bienewitz (Apianus) 1524 seine Tafeln für Länge und Breite herausgab, welche namentlich den deutschen Karten eine staunenswerte Genauigkeit gewährten. Die Karte Brandenburgs von Camerarius, Bayerns von Cellarius, Preußens von Henneberger, alle im 16. Jahrh. entstanden, sind für ihre Zeit Musterblätter. Deutschland überhaupt wurde damals am vorzüglichsten dargestellt. Mercator und sein Freund Abraham Ortelius (Örtel) brachten die Kartographie nach den Niederlanden, wo man zuerst Atlanten, Sammlungen von Karten, schuf. Jodokus und Heinrich Hondius, Petrus Plancius, Aurigarius standen damals in Ruf wie heute ein Stieler, Kiepert oder Berghaus. Über den ersten Mittagskreis herrschte damals so wenig Eintracht wie gegenwärtig. Mercator legte ihn über die Azoreninsel Corvo, Hondius durch die kapverdische Insel Santiago, andre Niederländer durch Teneriffa. Am 25. April 1634 tagte zu Paris eine Geographenversammlung, welche sich darüber verständigte, die Längengrade von der Insel Ferro an zu zählen, ein Beschluß, den Ludwig XIII. für alle Kartographen als verbindlich erklärte. Indessen war dies nur ein verhüllter Meridian von Paris, da Ferro genau 20° westlich von Paris angenommen wurde, während es schon in 19°36′51″ westl. L. liegt. Ein solcher Meridian fällt also nicht mehr in die kleine Insel, sondern bereits in den Atlantischen Ozean. Auch aus den Naturwissenschaften erhielt die E. fördernde Anregung. Die Geologie lag freilich noch im argen, und hinsichtlich der Höhenkunde gab man sich fabelhaften Vorstellungen hin. Sebastian Münster hielt Gipfelhöhen von 2–3 Meilen für möglich; der Jesuit Riccioli, ein sehr gelehrter Mann des 17. Jahrh., dachte sich den Kaukasus sogar 10 Meilen hoch. Die Hydrographie mußte durch die zahlreichen Seereisen aufgeklärt werden. Nachdem noch Kolumbus geglaubt, die feste Oberfläche unsers Planeten überwiege die flüssige, vermutete Mercator ein Gleichgewicht zwischen beiden. Aber erst nachdem Abel Tasman die großen Ozeanflächen im S. Australiens kennen gelehrt, gewann die See die Oberhand über das Festland. Größere Meerestiefen vermochte man nicht zu messen; doch gab schon 1586 Lukas Aurigarius (Wagner) Seetiefkarten der Nordsee und des Kanals heraus, für welche die Tiefenangaben durch Lotungen gewonnen waren. Das Eintreffen der Flutwellen wurde von allen Seefahrern beobachtet, so daß wir die „Hafenzeiten“ in den Handbüchern jener Periode angegeben finden. Auch die dauernden Meeresströmungen waren den Entdeckungsreisenden nicht entgangen; die Portugiesen fanden im 15. Jahrh. den Guineastrom, Vasco de Gama den Mosambikstrom, Alaminos 1513 den Golfstrom in seiner floridanischen Enge. Desgleichen wurden die Luftströmungen ausführlich beschrieben, die Namen der Passate und Monsune treten auf. Die zusammenfassenden Handbücher jener Zeit werden am besten durch Sebastian Münsters „Cosmographia universalis“ (Basel 1550) charakterisiert. Dieses reich illustrierte, oft aufgelegte Werk, in welchem Geographie und Geschichte bunt durcheinander gehen, gleicht indessen nicht unsern heutigen Länderkunden, sondern mehr unsern Reisehandbüchern. Ungleich höhern wissenschaftlichen Rang müssen wir der „Geographia generalis“ („Allgemeine E.“) des in Ülzen gebornen Bernhard Varenius (ca. 1650) beimessen, deren Inhalt noch heute durch die Klarheit der Gedanken unsre Bewunderung erregt. Auf Varen fußen die zahlreichen Handbücher der physischen Geographie noch aus dem vorigen Jahrhundert (Lulof 1750, Bergmann 1760 und auch Kant 1802).
[Neuere Zeit.] Um die Mitte des 17. Jahrh. war die Verteilung von Land und Wasser auf unsrer Erde bis auf ein Drittel der Oberfläche erforscht. Nun aber trat von 1648 bis 1769 ein Stillstand in den überseeischen Entdeckungen ein, da die Ursprungsländer der gewinnbringenden Handelsgegenstände erreicht, Niederlassungen genug gegründet waren. Nur Rußland bemühte sich in jener Zeit, den Norden Sibiriens aufzuhellen, wo namentlich die Reisen Berings und Gmelins hervorzuheben sind. Außerdem schritt die Enthüllung der pazifischen Inselgruppen langsam vorwärts, woran sich außer den Engländern auch Franzosen [759] (Bougainville) beteiligten (s. Ozeanien). Diese von J. Cook 1769 energischer aufgenommene Erforschung der Südsee wurde bis in die ersten Jahrzehnte unsers Jahrhunderts fortgesetzt und zum Abschluß gebracht, worauf nur noch die beiden Polarräume und das Innere der Kontinente, namentlich Afrikas und Australiens, aufzuhellen waren. Hieran wird noch in unsern Tagen eifrig gearbeitet. Ihr Charaktermerkmal erhält diese neue Periode der Entdeckungen durch die technische Verschärfung aller Beobachtungen, deren Endzweck die Aufstellung vergleichbarer Werte wird. Eingeleitet wurde dieses „Zeitalter der Messungen“, wie Peschel es nennt, durch eine Reihe rein wissenschaftlicher Expeditionen, welche schon mit dem Franzosen Jean Richer beginnen, der 1672 in Cayenne aus den Schwingungen des Pariser Sekundenpendels fand, daß die Erde keine reine Kugel, sondern am Äquator angeschwollen sei. Kurz darauf trat Edmund Halley seine physikalischen Entdeckungsreisen an, und durch ihn gewannen wir die erste Karte der Luftströmungen und die erste Karte mit Linien gleicher magnetischer Mißweisungen, so daß er der Begründer der neuen physikalischen Geographie genannt zu werden verdient. Der französische Botaniker Joseph Pitton de Tournefort (geb. 1656) erkannte 1700 bei einer Wanderung am Ararat, daß bei senkrechtem Aufsteigen die Gewächse höherer Breiten sich wieder zu zeigen beginnen, und daß die Erhebung ihres Standorts ähnlich wirke wie ein Wachsen der Polhöhe in den Niederungen. Die ersten genauen Ortsbestimmungen, bei denen die Längen mit Hilfe der Verfinsterungen der Jupitermonde ermittelt wurden, verdanken wir im Beginn des 18. Jahrh. dem Franziskaner Louis Feuillé, dessen Polhöhen bis auf 2 oder 3 Minuten sicher sind, dessen Längen aber nicht völlig um einen halben Grad von unsern heutigen Angaben abweichen. Die erste Hälfte des 18. Jahrh. ist in der Geschichte der E. ferner noch ausgezeichnet durch die Erdbogenmessungen der Franzosen und zwar die lappländische 1736 durch Maupertuis, Clairaut, Lemonier u. a. und die peruanische unter Bouguer, Lacondamine und Godin. Unter den Deutschen war es Karsten Niebuhr (geb. 1733), welcher, vom König Friedrich V. von Dänemark ausgerüstet, 1763 eine epochemachende Reise in das Bergland Jemens (Arabien) unternahm, zuerst die geographischen Längen durch die Abstände des Mondes von der Sonne oder von Fixsternen maß und die ersten zuverlässigen Karten vom Roten Meer, Arabien und Kleinasien lieferte. Im Dienste der Kaiserin Katharina II. von Rußland bereiste 1768–74 der Berliner P. Simon Pallas Sibirien, dessen eigentlicher zoologischer und botanischer Entdecker gerade er wurde. Am Schluß des 18. Jahrh. (5. Juni 1799) trat Alexander v. Humboldt seine epochemachenden Reisen an, bei denen er weniger als alle seine Vorgänger den Blick auf die Entdeckungen vorher unbekannter Länder wandte. Er hatte viel höhere Zwecke im Auge, nämlich die Sammlung von Größen und Thatsachen, die untereinander verglichen werden konnten.
Auf dem Gebiet der astronomischen E. ist es unser Zeitalter, welches eine Reihe der wichtigsten Entdeckungen aufweist. Zur genauern Messung von Polhöhen bedurfte man schwerfälliger astronomischer Instrumente, bis 1731 Hadley den Spiegelsextanten erfand. Jeder Seemann konnte nun auch an schwankendem Bord eine Sonnenhöhe messen. Ehemals konnten nur die Durchgänge von Gestirnen durch den Mittagskreis zu Breitenbestimmungen benutzt werden. Mit der Vervollkommnung der Chronometer durch John Harrison (1693–1776) und seine Nachfolger wurde es nun möglich, auch Höhenwinkel sowohl um als außer dem Mittag zur Messung von Polhöhen anzuwenden, ein Verfahren, welches in Amerika zuerst Humboldt benutzte. Die Verfinsterungen des Mondes, ehemals das brauchbarste Mittel, geographische Längen zu finden, wurden entbehrlich hierfür, als Cassini die Jupitermonde und ihre Umläufe zu Längenbestimmungen heranzog, ein Verfahren, welches wiederum durch die Messung der Monddistanzen verdrängt wurde, nachdem Leonhard Euler und Tobias Mayer ihre verbesserten Mondtafeln in der Mitte des vorigen Jahrhunderts herausgegeben hatten. Die richtige Längenbegrenzung der Alten Welt konnte erst im vorigen Jahrhundert erfolgen; Ptolemäos hatte 62°, die Araber 52° für die Länge des Mittelmeers angegeben, während 1694 Cassinis Schüler de Chazelles die richtige Länge von 41°41′ von Alexandrette bis Gibraltar fand. Die Größe und Gestalt unsrer Erde wurde durch die im verflossenen Jahrhundert begonnenen und mit vereinten Kräften im laufenden fortgesetzten Erdbogenmessungen bestimmt, und man erkannte eine Abplattung der Erde von 1/299 (nach Bessels Rechnung); aber die Messungen führten auch zu der überraschenden Erkenntnis, daß unsre Erde keine völlig reine mathematische Gestalt besitzt, was sich namentlich auch aus den Pendelbeobachtungen ergab. Das beneidenswerte Verdienst, die Fortschritte der Astronomie im 17. Jahrh. für die darstellende E. zuerst benutzt zu haben, fällt den Franzosen zu. Cassini entwarf 1680 in der Pariser Sternwarte das erste Weltbild nach neuen astronomischen Angaben; Guillaume Delisle aber gab 1725 zum erstenmal auf einer Karte dem Mittelmeer seine richtige Gestalt und verwertete überhaupt alle bekannt gewordenen astronomischen Ortsbestimmungen. Es gehörte dazu nicht bloß eine in damaligen Zeiten noch seltene mathematische Bildung, sondern auch Mut, um die alten eingebürgerten Vorstellungen zu verdrängen. Gleich nach Delisle trat in Frankreich ein darstellender Geograph von gleicher Berühmtheit, der gelehrte d’Anville (1697–1782), auf, dessen Hauptverdienst darin besteht, durch Sammlung und scharfsinnige Benutzung der Wegabstände in den Itinerarien seinen Bildern die noch jetzt bewunderte Vollkommenheit gegeben zu haben. Seit 1750 erwarb sich auch der geistreiche Buache einen Namen, und als Altersgenossen Humboldts finden wir Jomard, Maltebrun, Walckenaer. Am Schluß des vorigen Jahrhunderts rückte dann der Sitz der Kartographie durch die Leistungen von Desparres, Rennell und Arrowsmith nach England. Deutschland, das früher so Bedeutendes in diesem Zweig der E. geleistet, bot seit dem Dreißigjährigen Krieg ein Bild der Verödung. Dem Kupferstecher Joh. Homann (geb. 1664), der sich zu Nürnberg etabliert hatte, verdanken wir die Wiederbelebung der Kartographie in unserm Vaterland, wo bis in unser Jahrhundert hinein nur wenig von seiten der Regierungen für dieses Fach geschah, weil diese die Veröffentlichung genauer Karten für staatsgefährlich ansahen. Erst mit Heinrich Berghaus (geb. 1797) begann die neue Blüte der deutschen Kartographie. Höhenmessungen hatte man noch bis in das vorige Jahrhundert hinein mittels Dreiecken vorgenommen, bis man sich zu diesem Zweck des 1643 von Torricelli erfundenen Barometers bedienen lernte. J. J. Scheuchzer wagte es zuerst 1705–1707 auf seinen Alpenwanderungen, die Höhe von Orten aus dem Barometerstand abzuleiten. Die erste allgemein gültige Barometerformel für Höhenmessungen fand aber [760] erst 1772 der Schweizer Jean de Luc; Verbesserungen in dieser Beziehung haben wir Ramond (1803), Laplace (1805) und Gauß zu verdanken, bis Bessel die barometrischen Höhenformeln zu ihrer heutigen Schärfe gestaltete.
Eine mächtige Umgestaltung mußte die physikalische E. durch die Schöpfung einer geologischen Wissenschaft erfahren, wie sie A. G. Werner (1750–1817) einleitete, L. v. Buch und A. v. Humboldt fortführten. Durch diese ist namentlich die Lehre von den vulkanischen Erscheinungen erst begründet worden. Durch Humboldts allumfassende Anregungen erfuhren auch die magnetischen Untersuchungen des Erdkörpers eine erhebliche Förderung, die magnetischen Pole wurden von Gauß und Weber auf dem Weg der Berechnung örtlich fixiert, durch den jüngern Roß mittels Beobachtung festgestellt. Lamont und Sabine studierten die periodischen Störungen der magnetischen Funktionen.
Die Erkenntnis der Hydrographie der Ozeane ist ein Ehrendenkmal unsrer Zeit. Nur um Europas Küsten herum waren die Tiefen des Meers genauer bekannt, und von den Tiefen des nordatlantischen Ozeans erfuhr man Genaueres nicht früher, als bis das erste Telegraphenkabel dort versenkt werden sollte. Noch 1838 kannte man keine größere ozeanische Tiefe als von 1200 Faden (ca. 2160 m). Jetzt, da praktische Bedürfnisse, wie die Kabellegungen, zu den Tiefseemessungen drängen, sucht man die Versäumnis nachzuholen, und zahlreiche Expeditionen werden ausgesandt, die Tiefen der Weltmeere und ihre sonstigen Verhältnisse zu erforschen. Namentlich sind hierin Engländer und Amerikaner bahnbrechend. Am frühsten versuchte die Wärme größerer Seetiefen Kapitän Ellis (1749) zu messen; doch reichten seine Thermometer nur 1630 m abwärts, während man jetzt bequem in 6000 m Tiefe mißt. Daß die Spiegel aller Meere unter einer Gleichgewichtslinie liegen, lehrte schon um die Mitte des 17. Jahrh. Bernhard Varen; doch ein falsches Nivellement der Landenge von Suez stieß am Ende vorigen Jahrhunderts diese richtige Ansicht um, bis neuere Messungen verschiedener Landengen dem alten Satz wieder zu seiner Geltung verhalfen. Die Erscheinungen von Ebbe und Flut waren schon von Kepler der Zugkraft des Mondes zugeschrieben worden, aber vor Newton konnte niemand die Nadirfluten erklären. Obgleich man das örtliche Eintreffen der Flutwelle oder die Hafenzeiten schon seit dem 16. Jahrh. beobachtet hatte, so versuchte doch erst Whewell 1833 auf einer Karte alle Orte der Erde, die zu gleicher Zeit von dem Kamm der nämlichen Flutwelle erreicht werden, durch Linien (Isorhachien) zu verknüpfen und dadurch das stündliche Fortrücken dieser Wellen sichtbar zu machen. Die Hauptströmungen der Ozeane, schon dem 16. Jahrh. bekannt, wurden auf einem Kartenbild am frühsten durch den Jesuiten Athanasius Kircher 1665 dargestellt. Es ist die erste physikalische Karte, die wir überhaupt besitzen. Die Kenntnis der Meeresströmungen begründete Rennell und die nautische Meteorologie der Amerikaner Maury. Mit der Aufzeichnung der Lufttemperaturen begann man nach der Erfindung des Thermometers schon 1699 in Paris, für welches Réaumur aus doppelten täglichen Beobachtungen 1735 das Jahreswärmemittel berechnete. Als das Geburtsjahr der modernen Meteorologie muß aber 1780 bezeichnet werden, da in diesem Jahr Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz die Mannheimer Akademie für Meteorologie stiftete, die nach einem bestimmten System eine Kette von Beobachtungsstationen über Europa ausdehnte und die erhaltenen Resultate verarbeitete. Den größten Fortschritt auf diesem Gebiet haben wir A. v. Humboldt zu verdanken, der 1817 die Störungsgesetze der Erderwärmung durch ein einfaches Mittel sichtbar werden ließ. Er schuf damals die Isothermen oder Linien gleicher Jahreswärme; auch studierte er an den Gebirgen Südamerikas die Wärmeabnahme mit der Erhebung über den Meeresspiegel, ebenso die Bedingungen, von denen die Schneegrenze abhängig ist (s. Meteorologie). Edmund Halley, der von seinen Seereisen eine Windkarte der Erde heimbrachte (1686), erkannte auch zuerst die Ursache der Passate und erklärte die Monsune oder indischen Wechselwinde aus der sommerlichen Erwärmung des asiatischen Kontinents. Zum Schluß des 17. Jahrh. war bekannt, daß von der Verteilung des Flüssigen und Trocknen, also der Gestalt der Festlande, die Richtung der Luftströme abhängig sei; aber an der Grenze der regelmäßigen Winderscheinungen (beim Gürtel der rücklaufenden Passate) blieb die Wissenschaft stehen, denn unter den höhern Breiten schien die Regellosigkeit das Gesetzmäßige zu sein, bis 1826 der scharfsinnige Dove das Drehungsgesetz der Winde aufstellte. In ein neues Stadium trat die Lehre von den Windverhältnissen und der möglichen Vorausverkündigung des Wetters durch das auf die Beobachtung des Luftdrucks gegründete Buys-Ballotsche Gesetz. Den hydrographischen Haushalt unsrer Erde, die Wasserverdunstung und die feuchten Niederschläge zu berechnen, unternahm am Beispiel des Mittelmeers zuerst Halley 1687. Bald darauf begann man in Paris den Regen in Gefäßen aufzufangen und zu messen, und schon 1774 konnte Cotte Regentafeln für zehn europäische Orte veröffentlichen. Heute bestimmt man in zahllosen meteorologischen Stationen die Menge des jährlich fallenden Regens sowie deren Verteilung über die Jahreszeiten und weiß darin eins der wichtigsten klimatologischen Elemente zu würdigen.
Eine eigentlich deutsche Wissenschaft ist die Pflanzengeographie, die ganz unserm Jahrhundert angehört. Den Namen für dieselbe gebrauchte 1783 zuerst Menzel in einer Flora Japans; Humboldt schuf zuerst durch Wort und Bild den Begriff von Höhenskalen der Gewächse, die ersten pflanzengeographischen Karten schuf aber 1806 Karl Ritter. Die Tiergeographie war früher entstanden, aber später gereift als die Pflanzengeographie. E. A. W. Zimmermann entwarf 1777 die erste Erdkarte für die Verbreitung der Säugetiere; auch erkannte er zuerst die Abgeschlossenheit der australischen Fauna, während Buffon die Ähnlichkeit der Arten beider Hemisphären innerhalb der Nordpolarzone nachwies. Andreas Wagner (1844), Schmarda, die Engländer Sclater, Murray und Wallace sind die neuern Förderer. – Noch vor hundert Jahren unterschied ein namhafter Geograph wie Büsching die Menschen nur in „Weiße, Schwarze und eine mittlere Sorte“. Blumenbach gab 1795 die erste Scheidung des Menschengeschlechts in fünf Varietäten: Kaukasier, Mongolen, Neger, Amerikaner und Malaien. Er schon zog Schädelbildung, Haar, Hautfarbe, Augenstellung etc. als Merkmale heran. Fortgeschritten ist wohl die Völkerkunde seitdem außerordentlich; aber noch im Fluß befindlich, hat sich die Wissenschaft über endgültige Resultate noch nicht zu einigen vermocht, wie denn Cuvier drei, Spix zwei, Pickering vier große und elf kleine, Fr. Müller zwölf, O. Peschel sieben Menschenrassen annimmt. Gerland, Virchow, Bastian u. a. sind auf diesem Gebiet von vorkämpfender Thätigkeit.
[761] „Es war kein Zufall“, sagt Peschel, „daß A. v. Humboldt seit 1826 dauernd nach Berlin übersiedelte, denn Paris hatte aufgehört, der Sitz der fortschreitenden E. zu sein.“ Während die großen Namen der E. im vorigen Jahrhundert (Delisle, d’Anville, Buache) Frankreich angehörten, leuchten in unserm Jahrhundert die Deutschen unbestritten voran: einen Humboldt, einen Ritter verehrt man überall als die Schöpfer der modernen wissenschaftlichen E. So findet auch bis auf den heutigen Tag diese Wissenschaft nirgends eine solche Förderung und Pflege wie in Deutschland, zumal seit Oskar Peschel neben den anthropogeographischen Studien der Ritterschen Schule auch die physikalische E. wieder in den Vordergrund stellte. Nicht nur, daß sich im Wetteifer mit dem Ausland die Geographischen Gesellschaften (s. d.) auch in Deutschland in jüngster Zeit bedeutend vermehrt haben, es sind auch seit 1871 an allen preußischen und vielen außerpreußischen Universitäten besondere Lehrstühle der E. geschaffen worden und damit die Ebenbürtigkeit dieser mit den ältern Wissenschaften offiziell anerkannt. Unter diesen akademischen Vertretern der E. seien als die hervorragendsten Wappäus (gest. 1879 in Göttingen), Peschel (gest. 1875 in Leipzig), Heinr. Kiepert (in Berlin), Ferd. v. Richthofen (Leipzig), Friedr. Ratzel (München), Herm. Wagner (Göttingen) genannt. Auch an den österreichischen Hochschulen sowie an denen Italiens, Frankreichs und der Niederlande fand das deutsche Vorgehen Nachfolge. Besonders abstechend ist dagegen die geringe Pflege, welche die wissenschaftliche E. in England bislang erfahren, wo man in der allgemeinen Auffassung unter der E. nur die Länderkunde versteht und meist in der bequemen Form geographischer Lexika zusammenfaßt. Um auch für das Ausland einzelne Namen zu nennen, so sind in Frankreich Elisée Reclus, Vivien de Saint-Martin und l’Avezac (letztere beiden um die Geschichte der E. hochverdient) zu erwähnen. In England haben seit Lyells Zeiten die Geologen die Förderung der allgemeinen Geographie nebenbei betrieben, und Charles Darwin, Murchison sind unter den ältern, Geikie unter den neuern hervorzuheben; Yule, Major und Cl. Markham förderten die Geschichte der Entdeckungen. In den Niederlanden studiert man spezieller die Kolonien in Inselindien (Veth, Kan), in Rußland ist Strelbitsky als eine erste Autorität für Arealmessungen, Wojeikow für Klimatologie, Semenow als Verfasser eines lexikalischen Kompendiums der Geographie Rußlands zu erwähnen.
Von den Handbüchern der gesamten E., welche meist die Länderkunde bevorzugen und die allgemeine E. nur als Einleitung behandeln, ist Stein und Hörschelmanns „Handbuch der Geographie und Statistik“ (7. Aufl., in Verbindung mit Fachmännern hrsg. von Wappäus, Leipz. 1849–71, 12 Bde.) noch immer das vorzüglichste. Wissenschaftlich weniger hoch steht G. A. v. Klödens „Handbuch der E.“ (3. Aufl., Berl. 1875–77, 4 Bde.), weil das Material nur teilweise verarbeitend. Populärerer Natur und im einzelnen nicht immer verläßlich ist Daniels „Handbuch der Geographie“ (5. Aufl. von Delitsch, Fischer u. a., Leipz. 1881–83, 4 Bde.; auch Auszug in 2 Bdn.). Einer Länderkunde im modernen Sinn sehr nahekommend, mit wenig topographischem Ballast beschwert und vorzüglich (mit Karten) illustriert ist Elisée Reclus’ „Nouvelle géographie universelle, la terre et les hommes“ (bisher erschienen: Europa in 4 Bdn., Par. 1876–80; Asien in 4 Bdn., das. 1881–1885); dazu kann als Ergänzung dienen desselben Verfassers ebenso reich ausgestattete allgemeine Geographie: „La terre, description des phénomènes de la vie du globe“ (4. Aufl., das. 1877, 2 Bde.; deutsch von Ule, Leipz. 1873). Neuerdings begann A. Kirchhoff im Verein mit Fachmännern die Herausgabe eines großartigen Werkes: „Unser Wissen von der Erde“ (Leipz. 1885 ff.). Karl Ritters oben erwähnte „E.“ (Berl. 1817–59, 21 Bde.) behandelt außer einer allgemeinen Einleitung in die Geographie (Berl. 1851, auch separat) nur Afrika und Asien. – Geographische Lexika sind: Hoffmanns „Encyklopädie der Erd-, Völker- und Staatskunde“ (Leipz. 1862–69, 3 Bde.); Ritters (pseudonym) „Geographisch-statistisches Lexikon“ (7. Aufl., das. 1882, 2 Bde.), in Deutschland das verbreitetste Nachschlagewerk, jedoch der wissenschaftlichen Grundlage entbehrend; Stanfords „Gazetteer“, das beliebteste Nachschlagewerk der Engländer, die auch für einzelne Länder (Indien) Ähnliches besitzen; endlich das großartig angelegte Werk Vivien de Saint-Martins: „Nouvelle dictionnaire de géographie universelle“ (Par. 1875 ff.).
Von den zahlreichen Kompendien und kleinern Lehrbüchern der E. führen wir an: H. Guthe, Lehrbuch der Geographie (5. Aufl., bearbeitet von H. Wagner, Hannov. 1882), eine kurze Übersicht der allgemeinen E. und einen wissenschaftlich durchdachten Abriß der Länderkunde mit zahlreichen Quellenangaben enthaltend; Hann, Hochstetter und Pokorny, Allgemeine E. (3. Aufl., Prag 1881; in erweiterter Ausgabe, reich illustriert, Leipz. 1885); Supan, Grundzüge der physischen E. (das. 1884, mit kleinem physikalisch-geographischen Atlas); Peschel-Leipoldt, Physische E. (2. Aufl., das. 1885, 2 Bde.; nicht gleichmäßig durchgearbeitet); Ed. Süß, Das Antlitz der Erde (Prag 1883 ff.), das die Morphologie der Erdoberfläche behandelt, ähnlich wie die jetzt ganz überholten „Neuen Probleme der vergleichenden E.“ von O. Peschel (Leipz. 1869, 4. Aufl. 1883). Die von Ratzel herausgegebene „Bibliothek geographischer Handbücher“ (Stuttg., seit 1882) brachte bisher: Ratzels „Anthropogeographie“, Hanns „Klimatologie“, Boguslawskis „Ozeanographie“, Heims „Gletscherkunde“. Von einem streng mathematisch-physikalischen Standpunkt aus sind bearbeitet J. C. E. Schmidts „Lehrbuch der mathematischen und physikalischen Geographie“ (Götting. 1829–30, 2 Bde.) und S. Günthers „Geophysik“ (Stuttg. 1885, 2 Bde.). Noch immer beachtenswert sind A. v. Humboldts „Kosmos“ (1845–59, 5 Bde.) und Studers „Physikalische Geographie“ (Bern 1844–47, 2 Bde.).
Die statistisch-politische E. wurde früher unter allen Zweigen der Wissenschaft am fleißigsten behandelt. Hier sind namentlich Merula, Joh. Hübner und Hager hervorzuheben; der erste aber, welcher Flächeninhalt und Bevölkerungszahl der Länder berücksichtigte, war A. F. Büsching, dessen „Erdbeschreibung“ (Hamb. 1754–92, 11 Tle.) sowohl durch Vollständigkeit des Stoffes als Zweckmäßigkeit sich auszeichnet und ihren Wert noch immer nicht verloren hat. Er hatte zahlreiche Nachfolger (d’Anville, Normann, Gatterer, Fabri, dann Gaspari, Stein, Cannabich, Ungewitter, Völter, Balbi, Maltebrun), und namentlich hat nach Büsching Wappäus die Verbindung der E. mit der Statistik durchgeführt.
Größere Atlanten sind in deutscher Sprache zahlreich vorhanden. Unerreicht ist Stielers „Handatlas“ (begonnen 1817; neueste Aufl., Gotha 1882, in 100 Karten), dem der seit 1860 erscheinende, durch Einheitlichkeit der Anlage und Gleichförmigkeit der Nomenklatur ausgezeichnete „Handatlas“ von Heinr. [762] Kiepert (Berl., 45 Blätter) an die Seite tritt. Als Atlanten zweiten Ranges stellen sich dar die von Meyer, Sohr-Berghaus, Scheda-Steinhauser, Ziegler, vom Geographischen Institut in Weimar und der „Handatlas in 86 Karten“ von Richard Andree (mit „Geographischem Handbuch“). Die verbreitetste Weltkarte ist Herm. Berghaus’ „Chart of the world“ (11. Aufl., Gotha 1886, 8 Blätter). Weiteres s. Landkarten.
Die historische E. fand zuerst in der Mitte des 17. Jahrh. Beachtung, und zwar war es zunächst die alte Geographie, der man sich zuwandte, was sich aus der damals vorherrschenden klassischen Richtung erklärt. Das Beste dieser Art verdanken wir Cluver, Cellarius, d’Anville, Heyne, Gosselin, Mannert, Ukert, Sickler, Georgi und Forbiger („Handbuch der alten Geographie“, Leipz. 1842–48, 3 Bde.; Bd. 3 in neuer Bearbeitung als „Handbuch der alten Geographie von Europa“, Hamb. 1877). Das beste Werk der neuesten Zeit ist Kieperts „Lehrbuch der alten Geographie“ (Berl. 1878). Daneben sind noch W. Smiths „Dictionary of Greek and Roman geography“ (Lond. 1872, 2 Bde.) und Freemans „Historical geography of Europe“ (das. 1881) hervorzuheben. Kiepert verdanken wir auch den vorzüglichen „Atlas antiquus“ (12 Karten mit erläuterndem Text, 6. Aufl., Berl. 1876), der sich dem schon 1847 begonnenen Sprunerschen „Atlas antiquus“ (3. Aufl. von Menke, Gotha 1865) ebenbürtig zur Seite stellte. In das Mittelalter leiten über: Zeuß, „Die Deutschen und ihre Nachbarstämme“ (Münch. 1837), und Diefenbach, „Origines europaeae. Die alten Völker Europas mit ihren Sippen und Nachbarn“ (Frankf. 1861). Einen ersten Beitrag zur Geographie des Mittelalters lieferte Juncker in seiner „Anleitung zur Geographie der mittlern Zeiten“ (Jena 1712), die aber fast ausschließlich Deutschland behandelt. Auch die Arbeiten von Köhler, d’Anville und Pischon sind dürftig; das bedeutendste Werk ist Lelewels „Géographie du moyen-âge“ (Brüss. 1852, 4 Bde.; nebst „Epilogus“, 1857). Kartographische Darstellungen der mittlern und neuern Zeit lieferten zuerst Kruse und Lesage; die bedeutendste Leistung auf diesem Gebiet ist Spruners „Handatlas für die Geschichte des Mittelalters und der neuern Zeit“ (3. Aufl. von Menke, 90 Karten, Gotha 1879), neben welchem Wolfs „Historischer Atlas“ (19 Karten, Berl. 1877) und G. Droysens „Allgemeiner historischer Handatlas in 96 Karten“ (Leipz. 1885) zu nennen sind.
Die Geschichte der E. bis auf Ritter und Humboldt behandelt Oskar Peschel (2. Aufl. von S. Ruge, Münch. 1877); nach ihm, noch detaillierter für Landreisen, Vivien de Saint-Martin („Histoire de la géographie et des découvertes géographiques“, Par. 1873). Populär sind Löwenbergs „Geschichte der Geographie“ (2. Aufl., Berl. 1866) und „Geschichte der geographischen Entdeckungsreisen“ (Leipz. 1882–1884, 2 Bde.). Auch Embachers „Lexikon der Reisen und Entdeckungen“ (Leipz. 1882) sowie Bunburys „History of ancient geography among the Greeks and Romans“ (das. 1879, 2 Bde.) sind hier anzureihen.
Unter den geographischen Zeitschriften stehen die „Mitteilungen aus Justus Perthes’ geographischer Anstalt“, begründet von A. Petermann (seit 1855), in vorderster Reihe; nicht minder wichtig sind die Publikationen der zahlreichen Geographischen Gesellschaften, voran die „Zeitschrift der Gesellschaft für E. in Berlin“ und die Publikationen der Pariser und Londoner Geographischen Gesellschaften. Ferner sind hervorzuheben: Kettlers „Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie“ (seit 1880, jetzt Wien) und Seiberts „Zeitschrift für Schulgeographie“ (seit 1879, das.). Populär sind: „Das Ausland“ (seit 1828, Stuttg.; einst von Peschel redigiert); „Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik“ (seit 1878, Wien); die illustrierte Wochenschrift „Globus“ (1862 von K. Andree begründet, jetzt von R. Kiepert redigiert; Braunschw.) und die Monatsschrift „Aus allen Weltteilen“ (1869 von O. Delitsch begründet, Leipz.). Vivien de Saint Martin gab seit 1863 ein „Année géographique“ heraus (seit 1878 fortsetzt von Duveyrier). – Die geographischen Hilfswissenschaften beachtet vorzugsweise das Gothaer „Geographische Jahrbuch“ (begründet 1866 durch Behm, fortgeführt von H. Wagner). Auf dem Gebiet der geographischen Namenkunde (Onomatologie) ist besonders J. J. Egli thätig („Nomina geographica“, Leipz. 1870–72, und „Geschichte der geographischen Namenkunde“, das. 1886). Die Methodologie behandelt F. v. Richthofen („Aufgaben und Methoden der heutigen Geographie“, Leipz. 1883), Marthe in der „Zeitschrift der Gesellschaft für E. zu Berlin“ 1877, Lehmann (Halle 1885–86) und H. Wagner im „Geographischen Jahrbuch“ seit 1878. Weitere Litteratur (über Ethnographie, Handelsgeographie, Meteorologie, Orographie, Ozeanographie, Pflanzengeographie, Tiergeographie, Vulkane etc.) s. unter den Spezialartikeln.
[255] Erdkunde, s. Geographische Litteratur.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ im Supplement (Band 19); vgl. im Hauptteil Nordpolexpeditionen (Band 12) und Polārforschung (Band 13)