Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Landkarten“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 455462
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Landkarten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 455–462. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Landkarten (Version vom 09.03.2022)

[455] Landkarten, verkleinerte Abbildungen größerer Stücke der Erdoberfläche. Sie unterscheiden sich von den Plänen, die nur kleine Stücke der Oberfläche in großen Maßstäben darstellen, und von den Seekarten, bei denen nicht das Land, sondern die dasselbe umgebenden Ozeane und Meeresteile den Hauptgegenstand bilden. Ebenso trennt sie ihr Name von den astronomischen Karten (Sonnensystem, Planeten etc.) und den Sternkarten, wenn auch solche Darstellungen gewöhnlich Bestandteile jener Kartenzusammenstellungen sind, die man mit dem Ausdruck Atlas bezeichnet. Die L. lassen sich in viele Abteilungen bringen, je nachdem man sie nach ihrem Hauptinhalt oder nach ihren besondern Bestimmungen oder nach ihrer Ausführung oder nach Maßgabe ihrer verjüngten Maßstäbe (dem Verhältnis der Zeichnung zur Natur) ordnet. In ersterer Beziehung unterscheidet man: hydrographische oder Gewässerkarten, auf denen Ströme, Flüsse, Bäche, Kanäle, Seen, Teiche erscheinen, mit Angabe der Flößbarkeit und Schiffbarkeit, der Stromschnellen, Brücken, Fähren etc.; orographische oder Gebirgskarten, die vorzugsweise der Darstellung der Unebenheiten des Bodens gewidmet sind und, wenn sie kotierte Angaben der absoluten Höhe der Gipfel, Sättel, Rücken, Pässe etc. und Horizontalkurven gleicher absoluter Höhe (Isohypsen) enthalten, hypsometrische Karten genannt werden; ferner geologische Karten, welche die Zusammensetzung des Bodens aus den verschiedenen Gesteinsgattungen zur Anschauung bringen; physikalische Karten über die Erscheinungen in der Wasserhülle der Erde (Ebbe und Flut, Strömungen, Temperatur etc.) und im Luftkreis, z. B. Wärmeverbreitung, veranschaulicht durch die Linien gleicher Jahres-, Monats-, Tagestemperatur (Isothermen), Winde, Luftdruck (Isobaren), Regenverteilung u. dgl.; naturgeschichtliche Karten über die Verbreitung der Pflanzen und Tiere; ethnographische Karten mit Angabe der Wohnsitze und der Verbreitung der Völkerschaften; politische Karten zur Darstellung der verschiedenen Staaten und deren administrativer Einteilung; statistische Karten über alle Zweige der Volkswirtschaft, Produkten-, Industrie-, Forst-, Volksdichtigkeitskarten; Verkehrskarten, zerfallend in Eisenbahn-, Straßen-, Telegraphen- und Postkarten; endlich historische Karten, welche die Veränderung der staatlichen Verhältnisse im Lauf der Jahrhunderte für einen gegebenen Erdraum vor Augen stellen. Eine besondere Klasse bilden die Schulkarten, die von den Handkarten (für das höhere Studium und zum Geschäftsgebrauch) durch ein handlicheres Format, zweckmäßige Beschränkung und Anordnung des Inhalts sich unterscheiden, gleichviel, ob sie als Teile der Schulatlanten für die Schüler oder als Wandkarten (stumme oder beschriebene) für die Schule dienen.

Ein Hauptunterscheidungsmerkmal liegt in der Größe des Maßstabes oder des Verhältnisses der Zeichnung zur Natur, weil hiervon die Reichhaltigkeit der durch die eigentümliche Zeichensprache der L. angedeuteten Gegenstände abhängt. Je größer der Maßstab ist, desto ausführlicher kann sich die Darstellung auf alle ausdrückbaren Objekte erstrecken, und je kleiner das Maß der Reduktion ist, desto mehr muß die Zahl der Objekte auf die Auswahl der für den jedesmaligen Zweck der Karte wichtigsten beschränkt werden. Man kann in dieser Hinsicht eine Klassifizierung der L. in drei Gruppen vornehmen: 1) Pläne und Flurkarten im Maßstab von 1 : 500 bis 1 : 10,000 (Katasterkarten, Pläne zu technischen Zwecken, wie Eisenbahn- und Kanalanlagen, Stadtbebauung etc.); 2) topographische Spezialkarten im Maßstab von 1 : 10,000 bis 1 : 200,000 (topographische Landesaufnahmen, Karten zu militärischen und Verwaltungszwecken, zu geologischen Untersuchungen etc.); 3) Generalkarten und geographische Karten im Maßstab von 1 : 200,000 bis zu dem kleinsten (Spezial- und Übersichtskarten zur speziellen und allgemeinen Orientierung, zum geschäftlichen, touristischen und wissenschaftlichen Handgebrauch, Schulkarten etc.). Es versteht sich von selbst, daß die Abgrenzung zwischen diesen Kategorien keine mathematisch strenge sein kann, daß vielmehr jede Karte mittlern Maßstabes, je nachdem sie in Beziehung zu einer höhern oder niedern Klasse gesetzt wird, als Generalkarte oder als Spezialkarte gelten kann. Sieht man von den Karten der ersten Gruppe ab, die ihrer Natur nach hier weniger in Betracht kommt, so sind es zunächst die topographischen („ortsbeschreibenden“) Spezialkarten, welche vermöge ihres großen Maßstabes, der sich am häufigsten zwischen 1 : 25,000 und 1 : 100,000 bewegt, das genaueste und verläßlichste Bild der Erdoberfläche bieten. Man verlangt von ihnen, daß sie nicht nur ein genaues Bild der natürlichen Bodenbeschaffenheit (die Formen der Erhebung, die Umrisse der Gewässer etc.) geben, sondern auch alle Objekte enthalten, welche auf die Bewohnung und die Bodenkultur, die [456] Kommunikation etc. sich beziehen (Wohnorte im Grundriß, Bahnen, Straßen, Wälder, Felder, Weingärten, Wiesen, Weiden etc.). Sie beruhen auf einer mit allen Hilfsmitteln der Geodäsie ausgeführten trigonometrischen Vermessung, mit welcher auch die Berechnung zahlreicher absoluter Höhen von Gipfeln, Sätteln, Thalpunkten, Wasserspiegeln der Seen etc. verbunden ist.

Fig. 1.
Maßstab zur Bestimmung des Zeichnungs­verhältnisses einer Land­karte.

Solche Karten bestehen aus vielen genau aneinander stoßenden Blättern, so daß die Beilage eines Skeletts behufs ihrer Zusammensetzung nötig wird. Näheres über die Entstehung und Herstellung der topographischen Karten (Generalstabskarten) s. Landesaufnahme. Bei den Generalkarten, mit welcher Bezeichnung man, gegenüber den topographischen Spezialkarten, L. im Maßstab von 1 : 200,000 bis 1 : 500,000 zu belegen pflegt, tritt schon der Fall ein, daß aus Mangel des nötigen Raums und aus Rücksicht auf Deutlichkeit und Lesbarkeit nicht mehr alle Objekte (z. B. Häuser bei zerstreuten Wohnorten, kleinste Bäche, Feld- und Waldwege, Kulturunterschiede, mit Ausnahme größerer Waldstrecken etc.) aufgenommen werden können und eine prinzipielle Beschränkung eintreten muß; selbst die natürlichen Formen der Bodenerhebung können nicht mehr vollständig ausgedrückt werden. Es geht daher der individuelle Charakter allgemach in einen allgemeinen Typus, in eine Charakteristik der Erhebungen im großen über. Auch die Generalkarte eines Landes, wenn es nicht sehr klein ist, wird eine Anzahl Blätter enthalten und ein Indexblatt erfordern. In noch höherm Maß macht sich diese durch die Reduktion des Maßstabes bedingte Ausscheidung an Detail und Vereinfachung des Ausdrucks, die „Generalisierung“, bei den geographischen Karten, bei denen die Verkleinerung bereits eine halbe Million überschreitet, geltend. Hier tritt an Stelle des Naturbildes mehr und mehr eine Symbolisierung der topographischen und geographischen Objekte; es erscheinen nur noch Charakterzeichen für alle Wohnorte (Städte, Flecken, Dörfer etc.). Weiler und kleinere Dörfer müssen in volksdichten Gebieten wegbleiben, ebenso minder wichtige Straßen, alle Kulturangaben etc., so daß L. kleinsten Maßstabes nur noch ein abstraktes Bild der allgemeinsten Verhältnisse, der Umrisse, Flächenräume u. Erhebungen, geben. Für viele Länder wird ein Blatt genügen, und man kann im allgemeinen sagen, daß der Inhalt der L. im Verhältnis der Quadrate der Maßstäbe abnimmt. Das auf den Inhalt der Karten so einflußreiche Verhältnis der Zeichnung zur Natur (der Maßstab oder das Reduktionsverhältnis) wird durch die Beifügung der numerischen Angabe (z. B. 1 : 100,000, 1 : 1,200,000) unter Beifügung eines oder mehrerer verjüngter Wegemaßstäbe (Kilometer, Meilen etc.) ausgedrückt. In Fällen, wo die numerische Angabe des Reduktionsverhältnisses fehlt, läßt sich dasselbe durch vergleichende Abmessung entweder der beigefügten Wegemaßstäbe, oder eines Meridianabschnittes, oder auch der genau bekannten Entfernung zweier Punkte in der Karte auf einem Millimetermaßstab und mit Hilfe einer einfachen Proportionsrechnung mit Leichtigkeit feststellen, wie sich umgekehrt bei fehlenden Maßstäben deren Größe durch das entgegensetzte Verfahren aus der numerischen Angabe leicht ableiten läßt. Am einfachsten dient zur Feststellung des Verhältnisses ein Maßstab (Fig. 1), sogen. Kartometer, der mit dem einen Endpunkt, wo das Unendlichkeitszeichen (∞) steht, an den mittlern Meridian einer Karte bei dem Durchschnitt eines Parallelkreises angelegt wird, und auf dem an der Stelle des Durchschnitts des nächsten Parallelkreises die Verhältniszahl abgelesen werden kann. Ist der Meridiangrad länger als der Maßstab, so wird die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel etc. desselben genommen und die entsprechende Verhältniszahl durch 2, 3, 4 etc. dividiert. Sind auf Karten kleinsten Maßes die Parallelkreise nur von 2, 5 oder 10 Graden ausgezogen, so muß die gefundene Verhältniszahl mit 2, 5, 10 multipliziert werden.

Die Zeichnung von L., wenn es sich um Entwerfung und Anordnung, nicht um bloße Kopierung handelt, darf nicht als eine mechanische Arbeit angesehen werden, die nur technische Geschicklichkeit erfordert, sondern der Kartograph muß notwendig zugleich Geograph sein, um bei der Auswahl der Objekte das richtige und dem Zweck entsprechende Maß zu treffen. Die wichtigste Eigenschaft aller Karten ist die Richtigkeit, worunter nicht bloß eine möglichst erreichbare Korrektheit der Eigennamen, der Zeichen, der Umrisse, sondern auch eine der Wirklichkeit entsprechende Übereinstimmung aller Dimensionen in Länge und Breite und der Flächeninhalte verstanden wird.

Landkartenprojektion.

Die Unmöglichkeit, die Kugelfläche auf einer Ebene auszubreiten, tritt desto mehr hervor, je größer das Stück der Erdoberfläche ist, das in den Rahmen der Karte fällt. Auf dem Globus schneiden sich Meridiane und Parallelkreise in rechten Winkeln; diese müssen gewahrt werden, sollen die Umrisse der Länder etc. in ihrer Gestalt unverändert (konform oder winkeltreu) bleiben. Das läßt sich aber nur erreichen, wenn man auf das richtige Verhältnis der Räume und Dimensionen verzichtet, und umgekehrt muß man die Verzerrungen der Gestalt sich gefallen lassen, wenn das Arealverhältnis dem auf der Kugel gleichen soll (Äquivalenz, Flächentreue). Es sind viele Versuche gemacht worden, Gradnetze zu entwerfen, die entweder die Konformität der Umrisse bewahren, oder der Forderung des richtigen Arealverhältnisses Genüge leisten, sowie auch solche, welche, einen Mittelweg wählend, die Nachteile beider Arten auf ein Minimum zu beschränken suchen, indem sie weder ausschließlich auf Konformität mit Vernachlässigung jeder andern wünschenswerten Eigenschaft noch ausschließlich auf die Äquivalenz zum Nachteil der Konformität Rücksicht nehmen, sondern die unvermeidlichen Abweichungen und Fehler durch Verteilung verringern und von bestimmten Gesichtspunkten aus regeln. Die Gradnetzentwürfe (Projektionen) teilen sich demnach in 1) orthomorphische, konforme oder winkeltreue, 2) in äquivalente oder flächentreue und 3) in solche, die man mit dem Ausdruck vermittelnde bezeichnen könnte. Je nachdem man die Kugelfläche oder Teile derselben auf eine Kegelfläche, auf eine Cylinderfläche überträgt, je nachdem man zum Mittelpunkt der Karte einen Punkt des Äquators, einen Pol oder einen beliebigen andern Punkt der Erdoberfläche annimmt, je nachdem man die Erde aus einem Punkt außer ihr oder aus ihrem Mittelpunkt oder aus unendlicher Entfernung betrachtet sich vorstellt, erhält man die Gattungen der Kegel-, Cylinder-, Äquatorial-, Polar- und Horizontalprojektion, der perspektivischen, zentralen und orthographischen Projektion. Durch die Verbindung [457] dieser mit den vorgenannten entstehen abermals neue Kombinationen, und so kommt es, daß die Zahl der verschiedenen Projektionsarten eine so große wird, daß es angezeigt ist, nur jene hervorzuheben, die gewöhnlich angewendet werden, praktische Vorteile gewähren und ohne besondere Schwierigkeiten auszuführen sind. Bei den Abbildungen der ganzen Erde können viele Projektionsarten gewählt werden. Man kann die Kugelfläche auf die sechs Flächen eines eingeschriebenen Würfels projizieren, wie es Paradies (1674) für die Himmelskugel und Reichard (1803) für die Erdkugel zuerst versuchten; das gibt die zentrale Projektion, deren idealer Augenpunkt das Zentrum der Erde ist, die durchsichtig gedacht wird und mit verkehrtem Bilde. Die Würfelflächen ab und cd (Fig. 2) sind dann Polarprojektionen mit konzentrischen

Fig. 2. Fig. 3.
Zentralprojektion. Cylinderprojektion.

Parallelen; die übrigen vier Würfelflächen sind Äquatorialprojektionen, bei denen die Parallelkreise zu Hyperbeln werden und die Meridiane zu parallelen geraden Linien, die aber gegen die Seiten der Würfelflächen weiter voneinander abstehen. Die Zentralprojektion heißt auch die gnomonische und hat die einzige, von allen andern sie unterscheidende Eigentümlichkeit, daß jeder größte Kreis auf der Erd- oder Himmelskugel zur geraden Linie wird. Dieser letztern Eigenschaft verdankt sie es, daß sie in neuester Zeit mehrfach auf Seekarten (namentlich Segelkarten) zur Anwendung gelangt, da sie das „Segeln auf dem größten Kreis“ erleichtert.

Fig. 4.
Unterschied der (M) Mercator- und (C) Cylinderprojektion.

Denkt man sich die Erde in einem Cylinder eingeschlossen und vom Mittelpunkt aus das Kugelnetz, wie bei der Zentralprojektion, übertragen, so erhält man (Fig. 3) zwei Polarscheiben bis 45° und einen Streifen, auf dem Meridiane und Parallelkreise gerade Linien sind, erstere aber mit im Verhältnis der Tangenten wachsenden Breitengraden. Das Netz wird dadurch dem Netz der Mercator-Projektion ähnlich, ist aber von derselben wohl zu unterscheiden, weil die Breitengrade dieser wie die Sekanten der Breite zunehmen (Fig. 4). Die Mercator-Projektion beruht nicht auf der Abwickelung der Kugelfläche auf einen Cylinder, sondern auf dem Grundsatz, daß bei gleichbleibender Größe der Längengrade die Breitengrade in demselben Verhältnis größer werden, als sie auf der Kugel mit der Entfernung zum Pol kürzer werden. Nur dadurch wird bewirkt, daß die loxodromische Linie, d. h. die Linie, die ein Schiff beim Segeln in stets gleicher Richtung beschreiben würde, eine Gerade wird. Dieser große Vorteil hat bewirkt, daß Mercators Erfindung (1569) auf alle Seekarten ausgedehnt wurde. Da sie, obgleich durch die geradlinige Abbildung aller auf der Erde Kreise bildenden Linien (Meridiane und Parallelen) jede figürliche Beziehung zur Kugelgestalt bei ihr verloren geht, die einzige wirklich brauchbare Projektion ist, welche eine konforme Abbildung der ganzen Erdoberfläche, mit Ausnahme der den Polen zunächst gelegenen Teile, im Zusammenhang zuläßt, wird sie auch außerordentlich häufig bei Erdkarten und namentlich bei solchen zu physikalisch-geographischen Darstellungen angewandt. Die starke Vergrößerung in den hohen Breitengraden ist ein unvermeidlicher Übelstand, der aber nicht schwerer wiegt als die Verzerrung der Konturen bei Anwendung andrer Projektionen.

Mit Übergehung andrer Gradnetze, z. B. der sternförmigen Polarprojektionen von Müller (1807) und Jäger-Petermann (1865), der Entwurfsart Apians (1524) und der Jamesschen für zwei Drittel der Erdoberfläche (1857),

Fig. 5.
Stereographische (Po) Polar-, (Ae) Äquatorial- und (Ho) Horizontal­projektion.

der Vorschläge Lamberts und Lagranges etc. bis auf die epicykloidische Projektion Augusts (1874), wenden wir uns zu jenen Entwurfsarten, die für die Planigloben häufiger zur Anwendung kommen. Die erste darunter ist die stereographische Projektion (Fig. 5), die ihren Augenpunkt in einem größten Kreis der Hohlkugel, im Äquator, in einem Pol oder einem Punkt eines Meridians (Horizontalprojektion), nimmt. Sie wird dem griechischen Astronomen Hipparch (150 v. Chr.) zugeschrieben, wurde von Ptolemäos beschrieben u. ist von 1700 an bis in die neueste Zeit die am gewöhnlichsten vorkommende, besonders als Äquatorialprojektion für die westliche und östliche Halbkugel, als Horizontalprojektion für die Land- und Wasserhalbkugel der Erde. Sie gewährt den Vorteil, daß alle Kreise des Kugelnetzes wieder durch Kreise dargestellt werden, deren Mittelpunkte leicht gefunden werden, und daß durch die rechten Winkel die Gestalt der Umrisse richtig erhalten wird, wenn auch deren Dimensionen am Rande das Doppelte (also für Flächen das Vierfache) jener am Mittelpunkt erreichen, was sich rapid steigert, wenn die Projektion über den Rand hinaus fortgesetzt wird. Abänderungen der stereographischen Projektion sind vielseitig versucht worden, um sie in eine äquivalente oder in eine äquidistante zu verwandeln, jedesmal selbstverständlich mit Verlust der Konformität. Die sogen. Globularprojektion, von dem Sizilianer Nicolosi (1660) erfunden und durch den englischen Kartographen Aaron Arrowsmith vorzugsweise in England in Gebrauch gekommen, gehört zu den äquidistanten Entwurfsarten und beruht darauf, daß alle Meridiane und Parallelkreise in gleiche Abschnitte geteilt sind. Man erhält dieselbe sehr nahe, wenn man nach La Hire (1704) den Augenpunkt nicht in die Peripherie, sondern (ähnlich wie bei James) in eine Entfernung von dem Zentrum der [458] Erde setzt, die der Kotangente von 60° fast gleichkommt. Eine zwischen den beiden letztgenannten Entwurfsarten vermittelnde Projektion ist die von Nell 1852 vorgeschlagene modifizierte Globularprojektion; dieselbe bildet das arithmetische Mittel aus beiden, schädigt die Winkeltreue weniger als die Globularprojektion und beseitigt zum großen Teil das Mißverhältnis der Flächenräume, welches bei der stereographischen Entwurfsart zwischen Mitte und Rand besteht. Lamberts äquivalente Umformung der stereographischen Äquatorialprojektion (1772) ist von Bode („Kenntnis der Erdkugel“, 1786) adoptiert, aber wegen Schwierigkeiten des Entwurfs selten in Anwendung gekommen. Weit mehr Anrecht auf Annahme hat die homalographische Projektion, die von Mollweide (1805) zuerst angegeben und von Babinet (1857), mit Überschreitung ihrer eigentlichen Wirkungssphäre, auf einen ganzen Atlas ausgedehnt wurde.

Fig. 6.
Homalographische Projektion.

Sie läßt die reguläre Teilung des Quadranten fahren, welche Nicolosi und Lambert beibehielten, macht die Abstände der Meridiane gleich und berechnet die Abstände der Parallelkreise (Fig. 6, Cb, Cd etc.) vom Äquator derart, daß die Flächeninhalte der Zonen ACab, ACcd etc. jenen auf der Kugel entsprechen. Dadurch wird bewirkt, daß Länder am Rand zu Ländern um den Mittelpunkt bezüglich des Areals gleiches Verhältnis haben, die Umrisse jedoch sich ändern, indem sie in der heißen Zone in Meridianrichtung, in der kalten Zone in der Richtung der Parallelkreise gedehnt werden, abgesehen von jener Verzerrung der Umrisse, die durch die Krümmung der Meridiane gegen den Rand hin gesteigert wird. Diese Verzerrung wird selbstverständlich am bedeutendsten, wenn, was sonst wohl angeht, die ganze Erdoberfläche in dieser Entwurfsart als langgestreckte Ellipse (als Oval, dessen Durchmesser wie 1 : 2 sich verhalten) dargestellt wird. Noch erübrigt die Erwähnung der orthogonalen oder orthographischen Projektion (Fig. 7), welche den Augenpunkt in unendlicher Entfernung nimmt, und nach der die halbe Kugelfläche aus dieselbe parallel treffenden Strahlen projiziert wird.

Fig. 7.
Orthogonale Projektion.

Dieselbe findet wegen ihrer jähen Verkürzung am Rand nur für Mondkarten Anwendung, eignet sich für diese aber vorzüglich, weil der Mond uns stets dieselbe Seite zuwendet und diese dem Auge nahezu als orthogonale Scheibe erscheint.

Auch die Streifen, aus denen der Globus zusammengesetzt wird (gewöhnlich 12 an der Zahl), erfordern eine Konstruktion, damit die Parallelkreise keine Polygone werden. Jeder Parallelkreis erfordert einen besondern Radius, um jene Krümmung zu erhalten, die beim Zusammenfügen der Streifen die vollkommene Kreislinie herstellen hilft. Die Projektionen kleinerer Teile der Erdoberfläche stehen mit der darzustellenden Fläche in einem solchen Zusammenhang, daß man für einen bestimmten Erdraum auf eine Entwurfsart angewiesen ist, die für den gegebenen Fall die vorteilhafteste ist. Erstreckt sich eine Landkarte nur über wenige Grade (4–5) vom Mittelpunkt aus, und ist dieser weder dem Äquator noch dem Pol nahe gelegen, so wird gewöhnlich die Kegelprojektion gewählt. Sie rührt von Ptolemäos (150 n. Chr.) her und beruht auf der Übertragung des Kugelstücks auf die Mantelfläche eines Kegels, der im Mittelpunkt der Karte die Erde berührend gedacht wird.

Fig. 8. Fig. 9.
Theorie der Kegel­projektion. Kegel­projektion.

Dem Mittelpunkt M entspricht der Kegel, dessen Hälfte PNC in Fig. 8 gezeichnet ist. Vom Punkt P, dessen Entfernung man durch die Kotangente (PM) der geographischen Breite AM findet, werden die Parallelkreise gezogen, auf dem mittlern, der durch M geht, die Grade der Länge aufgetragen u. durch die Durchschnittspunkte von P aus die Meridiane gezogen (Fig. 9). Diese Projektionsart liefert geradlinige Meridiane und konzentrische Parallelkreise. Gerhard Mercator (Kremer), der vorzüglichste Kartograph des 16. Jahrh., verbesserte (1554) die Projektion des Ptolemäos, indem er (wie später 1745 de l’Isle) die Längengrade nicht auf dem mittlern Parallel der Karte auftrug, sondern auf zwei in der Mitte zwischen diesem und den Rändern der Karte gelegenen Parallelkreisen, wodurch die Abweichung der Projektion vom Kugelnetz auf die halbe Fehlergröße reduziert und verteilt wurde. Andre Versuche, die Kegelprojektion weiter auszudehnen und von den anhaftenden Nachteilen möglichst freizumachen, rühren von Murdoch her (1758). Die wichtigste Abänderung hat nach dem in Vergessenheit geratenen Vorschlag des Ptolemäos Bonne (1752) eingeführt; sie besteht in dem Auftragen der entsprechenden Längengrade auf jedem Parallelkreis, was zur Folge hat, daß die Meridiane, mit Ausnahme des mittelsten, aufhören, gerade Linien zu sein, und desto stärker gekrümmt erscheinen, je weiter sie von dem mittlern abstehen, und je größer das dargestellte Stück der Erdoberfläche ist. Die Bonnesche Projektion ist die gewöhnlichste bis zu den Erdteilkarten hinab, bei denen die Abweichungen vom Kugelnetz in den Ecken schon bedeutend werden und die rechtwinkeligen sphärischen Trapeze mehr und mehr eine rhomboedrische Gestalt bekommen (Fig. 10).

Fig. 10. Fig. 11.
Bonnesche Projektion. Flamsteeds Projektion.

Gelangen Äquatorialländer (z. B. Afrika) zur Darstellung, so wird die Bonnesche Projektion identisch mit der Sansonschen (1650) oder Flamsteedschen (1729, Himmelsatlas), bei der die Parallelkreise zu geraden Parallellinien werden und die Meridiane Kurven bilden, die durch die Verbindung der auf jedem Parallel aufgetragenen Längengrade entstehen (Fig. 11). Die Abweichung von dem Kugelnetz ergibt sich leicht aus den vom Mittelpunkt an immer schiefer werdenden Trapezen, deren Diagonalen zunehmend ungleiche Längen erhalten. Zweckmäßiger als die Bonnesche [459] Projektion für Länder, die sich über eine große Zahl von Längen- und Breitengraden erstrecken, wie Asien und Nordamerika, wegen der bei dieser nach dem Rand zu eintretenden bedeutenden Deformation ist die Lambertsche flächentreue Zenithalprojektion (die ihren Namen ableitet von der Gleichheit der Abstände vom Mittelpunkt, Zenith), obgleich sie wegen ihrer sehr mühsamen Konstruktion bisher in den Atlanten keinen Eingang gefunden hat, sowie Fischers perspektivische Projektion zur Darstellung der Kontinente, die letzterer in den allgemeinen geometrischen Verhältnissen sehr nahe kommt, obgleich sie weder konform noch äquivalent ist; gänzlich vergessen, wurde sie von Nell neuerdings wieder ans Licht gezogen. Bei beiden ist die Verzerrung der Kartenbilder nach den Rändern zu nur eine mäßige. Strengen Anforderungen an Genauigkeit, d. h. an eine der Wirklichkeit entsprechende Übereinstimmung aller Dimensionen in Länge, Breite und Flächeninhalt, kann keine der vorstehend besprochenen Entwurfsarten genügen; bei einigen der neuern Länderaufnahmen, wie bei der von Preußen, der neuen Generalstabskarte des Deutschen Reichs in 1 : 100,000 und der neuen Spezialkarte der österreichisch-ungarischen Monarchie in 1 : 75,000, bei denen es sich um eine große Zahl von Kartenblättern handelt, hat man daher zu der schon im J. 1790 von Jäger angewandten Polyederprojektion gegriffen, die sich der Kugeloberfläche vollkommen anschmiegt, und bei der der Einfluß der Krümmung der Erdoberfläche so verschwindend klein wird, daß derselbe hinter den zufälligen Unregelmäßigkeiten in der Zusammenziehung des Papiers beim Druck weit zurückbleibt. Wie der Name der Entwurfsart bereits andeutet, wird dieselbe eigentlich auf einem Polyeder und zwar in Gradabteilungskarten projiziert, d. h. man denkt sich das darzustellende Gebiet durch Meridiane und Parallelkreise in so kleine Trapeze geteilt, daß die Abbildung eines derselben in dem gewählten Maßstab auf einem handlichen Papierformat Platz findet. Fig. 12 stellt das Trapez eines Längen- und Breitengrades vor, das in acht Sektionen zerfällt, deren jede 30 Längenminuten breit und 15 Breitenminuten hoch ist. Die vertikalen Seiten der Sektionen sind sonach Teile von Meridianen, die horizontalen Seiten sind Teile von Parallelkreisen.

Fig. 12.
Sektionen eines Gradtrapezes.

Jedes der Trapeze ist so klein, daß es als ebenes Viereck angesehen, bez. mit einer durch seine vier Eckpunkte gelegten Ebene identisch betrachtet werden kann. Da die Karte im ganzen der Krümmung der Erdoberfläche folgt, läßt sie sich füglich nicht als ebene Abbildung aus den Sektionen zusammensetzen; allein wo es sich nur um eine beschränkte Anzahl von Nachbarsektionen handelt, ist die Abweichung von der Ebene so gering, daß dieselben in kleinen Abteilungen sehr wohl aneinander gestoßen werden können.

Gebirgsdarstellung.

Ein besonderes Augenmerk verdienen die Unebenheiten der Erdoberfläche, und es ist in neuester Zeit das Bestreben, dem dritten körperlichen Faktor, der Höhe, ebenso gerecht zu werden wie den Dimensionen der Länge, Breite und Fläche, immer reger geworden. Wie beim Kugelkörper die Projektion hinter den Anforderungen der Richtigkeit der horizontalen Dimensionen zurückbleibt, so erreicht die beste Zeichnungsmanier nur unvollkommen die Plastik der Natur und das nur bei den topographischen Karten großen Maßes, die mit der charakteristischen Individualität der Erhebungen einigermaßen Schritt halten können. In ältester Zeit begnügte man sich mit den einfachsten Zeichen, um überhaupt Gebirge anzugeben.

Fig. 13. Fig. 14.

Sägenartige Segmente (Fig. 13) stellen in den ältesten Ausgaben des Ptolemäos die Hochgebirge vor. Die Seitenansicht der Berge ging später in die Haufenform (Fig. 14) über, u. diese reicht bis in unser Jahrhundert herüber. Bei topographischen Karten (früher Staatsgeheimnis) konnte diese allgemeine konventionelle Bezeichnungsart nicht genügen; es wurden (in Frankreich zuerst) Höhenschraffen u. schiefe Beleuchtung eingeführt, und die verschiedenen „Plankammern“ der Staaten zeichneten das Terrain ihrer Aufnahmeblätter nach sehr verschiedenen Schlüsseln, bis der sächsische Major Lehmann (1796) ein auf senkrechte Beleuchtung und auf Böschungswinkel von 5, 10–45° Steigung basiertes System der Schraffierung aufstellte, das später in Deutschland, Österreich und andern Ländern (nie aber in England), wenn auch meist modifiziert, zur Annahme und Geltung gekommen ist. Lehmann wollte damit erreichen, daß man aus dem Verhältnis der Strichdicke zum weißen Zwischenraum den Neigungswinkel auf ca. 5° schätzen könne, und daß die Lage der Schraffen den Wasserlauf andeute, indem dieselben senkrecht auf den Horizontalkurven aufstehen sollten, die aber nach der Zeichnung wieder entfernt wurden. Wäre er einen Schritt weiter gegangen durch Einführung bleibender absoluter Niveaukurven, so würde er der Begründer der in neuester Zeit als wichtigster Bestandteil der Terrainaufnahme erkannten hypsometrischen Karten geworden sein, bei denen, die erreichbare Genauigkeit der Kurven vorausgesetzt, das Verhältnis der Entfernung zweier Kurven zu ihrer Höhendistanz den Böschungswinkel viel genauer zu bestimmen erlaubt als die wie ein Ideal aufgestellte Schraffentheorie, deren strikte Ausführung lange Übung erfordert. Da aber die Niveaukurven für sich kein Bild gewähren, auch wenn sie mit kotierten Höhenangaben reichlichst ausgestattet sind, und keinen plastischen Eindruck hervorbringen können, so bleibt das Zeichnungsschema Lehmanns noch in Kraft, und es erscheint als Vorteil, das gute Alte mit dem guten Neuen zu vereinigen. Der mathematische Wert der Schraffen ist durch die beigefügten Kurven ersetzt und dem ausführenden Techniker erleichtert. Der Schweizer Kartograph Ziegler hat auf seiner Karte des Kantons St. Gallen (1 : 25,000) eine Neuerung versucht,

Fig. 15.
Zieglers Schraffierart.

indem er jede ausgezogene Schicht von 100 m in nicht ausgezogene 10 Unterschichten von 10 m teilte, die Schraffen aber so stellte, daß sie bei jeder Zwischenschicht absetzten und so auch die nicht ausgezogenen Schichtenlinien sichtbar machten (Fig. 15). Manche Versuche von Verbesserungen des Lehmannschen Systems (z. B. von Müffling) haben das leichtere Erkennen des für militärische Evolutionen tauglichen Terrains zum Anhaltspunkt genommen. Eine der rationellsten und das Wesen der Lehmannschen Schraffierungsskala nur unbedeutend alterierenden Abänderungen besteht in der Ausdehnung auf 50° und [460] Basierung der Verhältnisse von Strichdicke und Zwischenräumen auf das Dezimalsystem (Fig. 16).

Fig. 16.
Modifizierte Lehmannsche Skala.

Die Neigungen des Bodens, welche unter 5° betragen, bleiben, wie bei Lehmann, unberücksichtigt; die Dicke der Striche wird, bei gleichbleibendem Abstand ihrer Mitte, für Böschungen von 10° auf das Doppelte, für Böschungen von 15° auf das Dreifache etc. erhöht, u. die volle Schwärze tritt erst bei 50° Neigung ein, also bei einem Grade der Steilheit, der nur noch bei felsentblößten Abhängen vorkommt. Für die Darstellung alpiner Gebiete hat neuerdings die vom Schweizer General Dufour bei der Bearbeitung der eidgenössischen topographischen Karte der Schweiz in 1 : 100,000 (der sogen. Dufourschen Karte) mit so durchschlagendem Erfolg wieder aufgegriffene u. zu neuem Leben erweckte schiefe Beleuchtung mehr u. mehr Raum gewonnen. Dufours Manier unterscheidet sich jedoch wesentlich von der ältern französischen dadurch, daß sie die Schraffenlage durchaus korrekt dem Lehmannschen Prinzip entsprechend verwendet und verstärkte Schattierungen, bei konsequenter Durchführung der Beleuchtung aus Nordwest, lediglich zur Erzielung einer erhöhten plastischen Wirkung benutzt. In Verbindung mit Isohypsen, durch welche der Gebirgszeichnung ein scharfer mathematischer Ausdruck verliehen würde, dürfte diese Darstellungsart für alpine Bergformen das denkbar Vollkommenste bieten.

Abstrahiert man von der Bergzeichnung und will doch auf hypsometrischen Karten (Schichtenkarten) eine zweckentsprechende Wirkung erzeugen, so muß man sich steigender Töne bedienen, entweder in Einer Farbe oder, wenn man eine auffällige Übersicht des gleich hohen Terrains auf einer Karte erzielen will, in verschiedenen Farben, wobei mehrere Arten bezüglich der Skalenentwürfe in Anwendung kommen können. Der am allgemeinsten anwendbare Grundsatz (System Hauslab) lautet: „je höher, desto dunkler“. Er hat für sich den allgemein gültigen Nullpunkt der Meeresfläche und die Verteilung der dunkelsten Töne auf den kleinen Raum der Hochgebirge, wodurch jede Störung der Leserlichkeit vermieden wird, die bei dem entgegengesetzten Prinzip (v. Sydow) im Tiefland eintreten kann. Für ozeanische Tiefen verwandelt sich das Gesetz in das unbestrittene: „je tiefer, desto dunkler“. Mittelwege sind versucht worden durch die Verlegung der lichtern Töne in die Mittelstufen des Terrains oder der dunkelsten Töne in das Hochgebirge unter der Schneegrenze. Die Eigentümlichkeiten eines bestimmten Terrains und das Vorherrschen von Tiefland oder Hochland werden zulässige Ausnahmen gestatten. Aus Schichtenkarten lassen sich durch Ausschneiden und Aufeinanderkleben proportional dicker Kartons Schichtenreliefs bilden, die bei großem Maßstab, wenn die Schichten sehr zahlreich und niedrig sind, wirklichen Reliefs nahekommen. Im kleinen Maße sind Schichtenreliefs denen mit ausgefüllten Stufen sogar vorzuziehen, weil letztere den Schein natürlicher Bodenerhebung annehmen, aber nicht mehr, wie Reliefs großen Maßes, als Naturbilder gelten können, und weil sie die absolute und relative Höhe entnehmen lassen. Auf den eigentlichen Perspektivkarten (z. B. im Stil Delkeskamps) geht die Bergzeichnung in eine unter einem Sehwinkel von 45° projizierte landschaftliche Szenerie über, verliert den wissenschaftlichen Charakter und wird vorwiegend ein Werk der Kunst.

Atlanten. Vervielfältigungsmethoden.

Eine systematische Zusammenstellung von Karten gleichförmigen Formats nennt man einen Atlas. Ein fester Plan, dessen Prinzipien für alle Karten maßgebend sind, sollte jedem solchen Unternehmen zu Grunde liegen. Dieser Plan erstreckt sich 1) auf die Zahl der Karten, ihre Ordnung und ihr Format; 2) auf die Vollständigkeit, damit kein Berücksichtigung verdienendes Land unvertreten bleibt oder im Mißverhältnis zu andern ungenügend bearbeitet erscheint; 3) auf das Reduktionsverhältnis, insofern es des bequemen Vergleiches wegen erwünscht ist, wenn gewisse Folgen von Karten (z. B. die Karten der Erdteile, der europäischen Staaten etc.) in gleichgroßem Maßstab entworfen werden oder, wenn Ausnahmen stattfinden müssen, die verschiedenen Maßstäbe unter sich kommensurabel sind (z. B. 1 : 1 Mill., 1 : 2 Mill., 1 : 4 Mill. etc.); 4) auf den Karteninhalt, d. h. auf eine zum Raum verhältnismäßige, dem Hauptzweck des Atlas entsprechende Auswahl der Details, eine Hauptaufgabe des Kartographen, der bei dieser Gelegenheit seine geographischen Kenntnisse bestens verwerten und zeigen kann, dann eine den einzelnen Kartenfolgen thunlichst gleichförmige Bezeichnung der Objekte (Orte, Bahnen, Straßen etc.); 5) auf die kluge Benutzung disponibler Räume zu Illustrationen (Nebenkärtchen von Hauptstädten, Fabrikbezirken, Pässen etc.), wenn der Maßstab der Karten zu solchen oft sehr nötigen Darstellungen nicht ausreicht; 6) auf die möglichst gleichartige technische Ausführung. Als vorzügliche deutsche Handatlanten sind zu nennen: der von Kiepert (Berlin, D. Reimer, 45 Blatt), der Stielersche (Gotha, Perthes, 95 Karten) u. der neuerdings erschienene von R. Andree (Bielef. u. Leipz., in 30 doppelseitig bedruckten Blättern und mit einem Namenregister).

Die verschiedenen Arten der Vervielfältigung haben großen Einfluß auf die Eleganz der äußern Erscheinung der L. sowohl als auch auf die Schnelligkeit und Wohlfeilheit der Erzeugung. In ersterer Beziehung liefert der Kupferstich in Bezug auf Schärfe und Tiefe des Strichs sowie Weichheit und Feinheit der Ausführung unstreitig die schönsten Karten, durch galvanisch erzeugte Hilfsplatten unterstützt, auch in beliebiger Menge; Korrekturen sind nicht schwierig auszuführen, namentlich auf den Hochplatten, doch erfordern sie mehr Zeitaufwand und Kosten. Billiger produziert die Lithographie in Verbindung mit dem gegenwärtig hoch entwickelten Steindruck mittels Schnellpresse, welcher namentlich die weitestgehende Ausnutzung von farbigem Druck gestattet. Neuerdings hat auch erstere in Verbindung mit der Buchdruckpresse glänzende Erfolge erreicht, indem lithographisch gravierte Karten durch Überdruck auf Zink (Chemigraphie oder Zinkographie) in Hochdruckplatten verwandelt werden, um in der Buchdruckpresse zur Benutzung zu gelangen. Auch bei dieser Art der Vervielfältigung kann farbiger Druck in ausgedehntestem Maß zur Verwendung kommen, doch ist das Verfahren nur bei sehr großen Auflagen von Vorteil, da umfassendere Korrekturen stets eine Erneuerung der Druckplatten erforderlich machen. Der Stahlstich eignet sich für sehr große Auflagen von der Mutterplatte, wird aber, seit der Kupferstich sich die Galvanoplastik dienstbar gemacht hat, der Schwierigkeit der Plattenkorrekturen wegen kaum noch angewandt. Der Holzschnitt, im Beginn der Kartographie noch [461] in oftmaliger Anwendung, ist aus derselben fast gänzlich verdrängt worden. Kartenabdrücke jeder Art können auch durch das anastatische Verfahren (s. d.) reproduziert werden, doch wird man nur noch selten zu demselben greifen, seitdem man mit Hilfe der Photographie in technischer Beziehung weit günstigere Resultate zu erlangen vermag; denn durch Photolithographie und Heliographie können Originalzeichnungen unmittelbar auf Stein oder Kupfer übertragen, auch je nach Wunsch verkleinert oder vergrößert werden. Der Zeit nach reichen Holzschnitt und Kupferstich bis in das letzte Viertel des 15. Jahrh. zurück; die typographische Herstellung von L. ist öfters schon versucht (1478, 1777, 1839, 1862) und wieder verlassen worden; die Lithographie datiert vom Anfang unsers Jahrhunderts, der Stahlstich von 1820; die andern Erzeugungsarten sind Entdeckungen der jüngsten Dezennien. Vgl. Volkmer, Die Technik der Reproduktion von Militärkarten etc. des k. k. militär-geographischen Instituts (Wien 1885).

Geschichtliches.

Die Geschichte der Kartographie hält mit der Entwickelung der Geographie als Wissenschaft gleichen Schritt. Man kann vier Perioden unterscheiden: eine der alten Zeit bis ca. 1000 n. Chr., eine des Mittelalters bis zur Entdeckung von Amerika (1492), eine Periode des Fortschritts, welche etwa mit 1770 abschließt, und eine der neuen und neuesten Zeit. Aus dem Altertum haben wir nur Sagen, Vermutungen und dürftige Nachrichten über Karten primitivster Art, von denen sich keine Spur erhalten hat (vgl. Erdkunde, S. 755 ff.). Aus den ersten Jahrhunderten unsrer Zeitrechnung stammen die Handzeichnungen von Karten in den ältesten Manuskripten der Kosmographie des Ptolemäos, einer Erdbeschreibung, die eigentlich ein Verzeichnis astronomischer Positionen ist, nach Breite und Länge auf so unsichere Berechnungen basiert, daß die Fehler der zu großen Länge beim Ostende des Mittelländischen Meers 20°, an der Gangesmündung schon 46° betragen; ferner die Tabula Peutingeriana, eine von W. nach O. unnatürlich verzerrte Straßenkarte des römischen Reichs mit Angabe der Militärstationen und Meilenentfernungen. Der zweiten Periode gehören die verschiedenen Handzeichnungen an, meist von Mönchen herrührend, Versuche sogen. Weltkarten (mappae mundi), auf denen den Irrtümern des Ptolemäos, der noch lange als unfehlbare Quelle galt, durch Mißverstehen der Identität der neuen Entdeckungen eines Marco Polo u. a., die man den alten einfach anreihte, neue hinzugefügt wurden, so daß Asien so weit gegen O. rückte, daß Kathai (China) nur noch 130° westlich von Spanien lag. Zu diesen Weltkarten zählen die Haldinghams (im Dom zu Hereford, 14. Jahrh.), die des Marino Sanuto (1320), die Florentiner Seekarte (1351), die sogen. Katalanische Karte (1375) eines mallorcanischen Schiffers, die Karte des Andrea Bianco (1436), die Weltkarte im Palast Pitti zu Florenz (1447), jene des Fra Mauro in der Markusbibliothek zu Venedig (1453). Der Globus des Nürnberger Gelehrten Behaim von 1492 kann als Schlußstein dieser Periode angesehen werden; er trägt noch alle Spuren des unvollkommenen Wissens und der Irrtümer seiner Zeit.

Im dritten Zeitabschnitt machen sich die Fortschritte der Kartographie schon sehr bemerkbar. Es erscheint eine ansehnliche Anzahl von Küstenkarten (portolani), welche in Venedig, Genua, Lissabon, Mallorca u. a. O. fast fabrikmäßig gefertigt werden, wohl noch mit teilweise falsch orientierten Umrissen, infolge der Unkenntnis der Mißweisung der Magnetnadel, und mit bedeutenden Fehlern bezüglich der geographischen Länge, die nur nach der Schnelligkeit des Segelns geschätzt wurde. Aus ihnen werden die Weltkarten zusammengesetzt, und es wird die Kunst des Grabstichels zu ihrer Vervielfältigung aufgeboten. Jede größere Bibliothek besitzt eine Anzahl von Portolani aus jener Zeit. Seltener sind die Weltkarten, sowohl die Handzeichnungen als die Abdrücke der gestochenen. In diese Suite gehören die Carta marina von Portugal (1504), die Weltkarten von Descelliers (1553, im Privatbesitz in Wien), Gaultier (1512), Apian (1524), Ribero (1529), Cabot (1544) u. a., die Globen von Schoner (1520), Mercator (1541) und dessen schon mit wachsenden Breiten konstruierte Weltkarte (1569). Allgemach vollzieht sich die Emanzipation von Ptolemäos, die Adoption bestimmter Projektionen, die Auswechselung fabelhafter und hypothetischer Ausfüllung mit den Ergebnissen neuer Entdeckungen im Bereich des asiatischen und amerikanischen Kontinents. So wird es möglich, daß vor und nach 1600 an die Stelle der Portolani ganze Atlanten treten, z. B. der von Mercator (gest. 1595), den dessen Söhne vollendeten, von Ortelius („Theatrum orbis terrarum“, 1570), Hondius (gest. 1611), Jansson (1636, 6 Bde. mit 451 Karten), Blaeuw (gest. 1638) und seinen Söhnen (372 Karten) etc. Damals waren also die Niederländer die Tonangeber im Gebiet der L. In Deutschland sind zu nennen: Homann (gest. 1724) in Nürnberg (etwa 200 Karten), Seutter in Augsburg (Atlas, Wien 1736, 50 Blatt), in Frankreich Tavernier u. a. Der Landkartenstich war, wie der Buchdruck, ein Gewerbe geworden.

Mit Jacques und César Cassini, welche 1750 bis 1793 die große Triangulation von Frankreich und die darauf begründete große topographische Karte vollendeten, beginnt endlich die Zeit der genauen topographischen Aufnahmen und der kritischen Bearbeitung der Karten. In ersterer Beziehung steht nun Frankreich an der Spitze; doch genügten die großartigen Leistungen der beiden Cassini nicht, es ward eine neue große topographische Karte geplant, deren letzte Blätter (267) vor wenigen Jahren erschienen sind. Dem Beispiel Frankreichs folgten nach und nach alle europäischen Staaten, und es fehlt nicht mehr sehr viel, um Europa, mit Ausnahme der Türkei und größerer Teile von Spanien sowie der nördlichsten Teile von Skandinavien und Rußland, mit allem Aufwand gereifter Geodäsie trigonometrisch aufgenommen und topographisch mappiert anzunehmen. Unter den asiatischen Ländern erfreut sich Ostindien, unter den amerikanischen die Union des allmählichen Zustandekommens guter Spezialkarten. Für genaue Aufnahme der Küstenstriche aller Ozeane wirken in erster Linie die britische Admiralität, in zweiter die nordamerikanische und französische Marine. Tausende von Seekarten und von topographischen Sektionen beweisen die überall erwachte Thätigkeit der Marinen, der Generalstäbe und Ingenieur-Geographenkorps. Selbstverständlich ist dieser Umschwung nicht ohne Einfluß auf die Privatindustrie geblieben, und es kann auf die Leistungen der geographischen Institute zu Gotha und Leipzig, auf die Produktion vieler Verleger von London, Paris, Berlin (Reimer), Petersburg etc., auf die zahlreichen Illustrationen zu den Mitteilungen der verschiedenen geographischen Gesellschaften hingewiesen werden, um die Überzeugung zu erlangen, daß die Kartographie beschleunigt in allen Richtungen fortschreitet. Nicht nur der Gelehrte, der Forscher, der Militär, auch der Geschäftsmann [462] und selbst die lange vernachlässigte Schule finden Befriedigung für ihre mannigfaltigen Bedürfnisse, obgleich noch lange nicht alle Kombinationen erschöpft sind, um den überreichen Stoff dem Fachmann und dem Lernenden mundgerecht zu gestalten.

[Litteratur.] Ausführlicher verbreiten sich über Landkartenprojektion die Werke von J. Littrow („Chorographie“, Wien 1833), A. Germain (Par. 1866, 2 Bde.), Gretschel (Weim. 1873), Maes und Hannot (2. Aufl., Par. 1874), Tissot (das. 1881; deutsch bearbeitet von Hammer, Stuttg. 1887), Zöppritz (Leipz. 1884), Herz (das. 1885) und in populärer Bearbeitung Steinhauser („Grundzüge der mathematischen Geographie etc.“, 3. Aufl., Wien 1887); fortlaufende Berichte über die Fortschritte der Kartenprojektionslehre gibt seit 1882 Günther im „Geographischen Jahrbuch“ (Gotha); über Terrainzeichnung die Schriften von Lehmann (5. Aufl., Dresd. 1843), Vogel (Berl. 1828), Bach (Stuttg. 1853), F. Chauvin (Berl. 1854), Streffleur (Wien 1876); Kartenentwurfslehre im allgemeinen das bereits angeführte Werk von Zöppritz u. a.; über Niveaukarten Aufsätze von Streffleur und Steinhauser („Mitteilungen der Wiener Geographischen Gesellschaft“ 1855 u. 1857). Über die Karten des Altertums und Mittelalters findet man Nachrichten im Vortrag von M. d’Avezac (in den „Bülletins“ der Pariser Geographischen Gesellschaft 1862), in Lelewels „Géographie du moyen-âge“ (Brüssel 1852–57, 4 Bde.), Santarem („Essai sur l’histoire de la cosmographie et de la cartographie pendant le moyen-âge“, Par. 1849–52, 3 Bde.). Verzeichnisse der neuern Karten enthalten fortlaufend die „Zeitschrift der Gesellschaft der Erdkunde zu Berlin“ (1853 ff.), „Petermanns Mitteilungen“ (Gotha 1855 ff.), die Zeitschriften der zahlreichen andern größern geographischen Gesellschaften des In- und Auslandes und die „Registrande des großen preußischen Generalstabs“ (Berl. 1858–83); für ältere deutsche Erscheinungen dienen Engelmanns „Bibliotheca geographica“ (Leipz. 1858), die bis 1850 zurückreicht, H. Berghaus’ „Kritischer Wegweiser“ (Berl. 1829–35); für gedruckte Erscheinungen aller Zeiten und Länder der „Catalogue of the printed maps, plans and charts of the British Museum“ (Lond. 1886).