BLKÖ:Steinsberg, Fr. Guolfinger Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 38 (1879), ab Seite: 152. (Quelle)
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Steinsberg, Fr. Guolfinger Ritter von (Theaterdichter und Theaterdirector, geb. in Böhmen um das Jahr 1757, Todesjahr unbekannt). Die Notizen über diesen merkwürdigen und abenteuerlichen Fortschrittsmann der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sind spärlich; es ist nicht einmal sein Geburtsdatum sicher festzustellen, und wann und wo er gestorben, [153] ist auch nicht bekannt. Und doch ward sein Name seiner Zeit nicht nur in Böhmen, das muthmaßlich sein Vaterland ist, sondern auch im Auslande viel genannt. Sein Vater scheint der als Forstmann bekannte Ludwig Ignaz Guolfinger Ritter von Steinsberg gewesen zu sein, der zuerst Forstmeister der Savoyen’schen Herrschaften, dann des königlichen Prager Bezirkes gewesen und das praktische Handbüchlein „Kurzer Unterricht für einen Lehrling, der das Forst- und Waldwesen zum Gegenstande seines Fortkommens genommen“ (Prag 1780) herausgegeben hat. Frühzeitig betrat der Sohn, über dessen Bildungsgang alle Nachrichten fehlen, das schriftstellerische Gebiet und zwar zunächst als dramatischer Dichter. Sein Erstlingswerk „Jemelian Pugotscheff“, eine Tragödie in zwei Theilen, welche er im Jahre 1777 – damals etwa 20 Jahre alt – vollendet, fand eine günstige Aufnahme; ebenso sein zweites Stück „Treuberg“, ein Trauerspiel in fünf Acten „für Soldaten und Patrioten“, und nicht minder sein nächstes, „Libuša, Herzogin in Böhmen“, ein fünfactiges Drama, das später auch im Druck erschien. (Steinsberg’s gedruckte Schriften werden auf Seite 158 angeführt.) Die Libussa, in der Titelrolle durch eine zu ihrer Zeit gefeierte Darstellerin, Edmonde Scholz, geborene Tilly, im Prager sogenannten „Kotzentheater“ – nach den alten Kaufhallen der Altstadt nächst der Galluskirche „Kotzen“ (Koce) genannt – meisterhaft dargestellt, fand enthusiastische Aufnahme; nur einigen „Prager Französinen“ wie Steinsberg selbst berichtet, wollte es nicht gefallen, weil „deren delicate Ohren einen nervigen deutschen Ausdruck nicht vertragen konnten“. Eine nicht minder günstige Aufnahme fand Steinsberg’s im Jahre 1781 gegebenes Trauerspiel „Miss Nelly Randolf“, das auch später im Druck erschien. So war denn Steinsberg’s Namen durch seine dramatische Thätigkeit bereits in den weitesten Kreisen bekannt geworden, als durch das von Kaiser Joseph II. im Jahre 1781 erlassene Censuredict die Presse frei geworden war. Mit gesteigerter Lust warf sich nun S. auf die literarische Production, die sich aber nun einem ganz neuen Gebiete – aber auch auf demselben mit nicht geringem Erfolge – zuwendete. Steinsberg warf sich nämlich auf die Kritik, aber nicht auf die Kritik der Bücher oder der Schauspieler und Sänger, sondern auf die Kritik – der Prediger in den Kirchen Prags. Nun, dieser Auswuchs der Preßfreiheit war freilich neu und fand natürlich bei dem durch die Erscheinungen der Preßfreiheit mächtig erregten Publicum zwar eine gemischte, aber immer sehr wirksame Theilnahme. Die Predigtenkritik erschien in Wochenblättchen. Die Bewegung unter Priestern und Laien wuchs mit jeder neuen Nummer, der Abgang war reißend, das Unternehmen brachte namhaften pecuniären Gewinn und fand alsbald in anderen Städten der Monarchie, so in Wien, Nachahmer. Die erste Nummer erschien am 19. April 1782; diese und noch die nächste führte den übermüthigen Titel „Geissel der Prediger“, aber schon von der dritten Nummer ab fand es Steinsberg für gerathen, den Titel weniger herausfordernd zu gestalten, und die „Geißel der Prediger“ einfach in eine „Predigtenkritik“ umzuändern. Steinsberg hatte bei diesem Unternehmen einige freisinnige Geistliche zu Mitarbeitern. Unter diesen wurde mit [154] Bestimmtheit genannt Aegyd Chladek (geb. 1743, gest. 29. Jänner 1806), ein gelehrter Prämonstratenser des Stiftes Strahow, damals Professor der Pastoraltheologie an der Prager Hochschule. Ferner galten der k. k. Bibliothekar Raphael Ungar und der berühmte Slavist Joseph Dobrowsky [Band III, S. 334] als heimliche Mitarbeiter an der „Predigtenkritik“. Letzterer nahm sich Steinsberg’s auch an, als derselbe in Folge der Herausgabe dieses periodischen Pamphlets mit einer Fluth von Entgegnungen und Schmähschriften überschüttet ward. Der Curiosität halber führen wir in den Quellen S. 158 die Titel der wichtigeren von den zahlreichen Flugschriften an, welche in jener Zeit gegen Steinsberg erschienen waren. Anläßlich dieses eigenthümlichen und höchst unerquicklichen Federkrieges schrieb Dobrowsky über Steinsberg: „Der leicht bewaffnete Ritter wußte sich meist so geschickt aus dem Gefechte herauszuwinden, daß man von allen Seiten auf ihn zurannte, aber ihn nicht treffen konnte. Das eitle Bemühen verdroß nun Manche und sie traten in der Stille vom Kampfplatze ab.“ Uebrigens muß auch Dobrowsky eingestehen: „Nutzen mag nun freilich diese ganz originelle Unternehmung einen sehr geringen gestiftet haben; denn wenn man bessern will, muß man eine sanftere Sprache führen.“ (Und doch führten die deutschen Schulmeister im Reich die Prügelstrafe in den Schulen wieder ein.) Unter den Kämpfern, die mit offenem Visir gegen Steinsberg aufgetreten waren, sind vor allen zu nennen: Johann Chr. Pannick, der eine „Geißel der unberufenen Geißlerzunft“ herausgab, dann Johann Werner, Mitglied des Kreuzherrenordens und damals Dechant zu Karlsbad, und ein gewisser Johann Kraus. Der Kampf wurde schon in ziemlich großer Erbitterung geführt, man wog nicht mehr die Worte, von der Satire ging man in den Ton des gemeinen Pamphlets über und wer weiß, welchen Ausgang endlich der ganze Scandal genommen hätte, wenn nicht ein unvorhergesehener Zwischenfall eingetreten wäre, der den Hauptkämpfer plötzlich vom Schauplatz abzutreten nöthigte, und dadurch eine Unterbrechung im Erscheinen der „Predigtenkritik“ veranlaßte. Die Sache aber war diese. Der Rakonitzer Kreishauptmann Philipp Graf Kolowrat-Krakowsky [Bd. XII, S. 384, Nr. 42] war am 16. März 1782 als landesfürstlicher Commissär zur Aufhebung des Prämonstratenser-Nonnenklosters Doxan abgeordnet worden. Der Graf hatte im Verein mit dem Kreiscommissär Baron Eber die Sache rasch und mit einer Energie vollzogen, welche den Nonnen und ihrem Probst, dem Landesprälaten Ritter von Winkelburg, äußerst unbequem war. Gegen Grafen Kolowrat wurde nun die Beschuldigung amtlicher Ueberschreitung erhoben und in Folge dessen eine strenge Untersuchung eingeleitet. Der Kaurzimer Kreishauptmann, der als Archäolog bekannte J. Biener Ritter von Bienenberg [Bd. I, S. 393], wurde mit Durchführung dieser Untersuchung betraut. Der Erfolg derselben war, daß gegen den Grafen Kolowrat der Proceß eingeleitet und derselbe sofort seiner Kreishauptmannsstelle enthoben wurde. Bienenberg’s nichts weniger als unbefangenes Beschwerdenprotokoll (datirt vom 17. April 1782) war in Steinsberg’s Hände gerathen, und so lernte dieser die parteiisch geführten Verhandlungen [155] unmittelbar aus der Quelle selbst kennen und griff ungesäumt zur Feder, um die Ehre des schwer gemaßregelten Grafen Kolowrat zu schützen. Er veröffentlichte eine Schrift unter dem Titel: „Process des kais. kön. Commissarius Philipp von Kolowrat-Krakowsky, bei Gelegenheit der Nonnenaufhebung zu Doxan. Nebst Vertheidigung“ ohne Angabe des Druckortes mit der Jahreszahl 1782 und dem Motto: Fiat justitia. Bald erfuhr man, daß der Verleger dieser Schrift der Nürnberger Buchhändler Lochner sei, welcher während der Hauptjahrmärkte in Prag einen offenen Laden hielt und in Prag viele Kunden hatte. Kaum war das erste Exemplar nach Prag gekommen, als es auch confiscirt wurde; aber schon die Nachricht von dem Vorhandensein der Schrift brachte die ganze Prager Bevölkerung in Aufregung, insbesondere aber die beiden Referenten des Processes, den Kreishauptmann Biener von Bienenberg und dessen Mithelfer Philipp Grafen Clary. Alles versuchte, sich in den Besitz eines Exemplares dieses Buches zu setzen, für das man mehrere Ducaten anbot und dessen Abschriften mit hohen Summen bezahlt wurden. Als dann gar Lochner zum Jahrmarkt wie gewöhnlich erschienen war, wurde er sogleich verhaftet. Am folgenden Tage bereits nannte er dem ihn inquirirenden Untersuchungsrichter, Appellationsrath Escherich, den Ritter von Steinsberg als Verfasser der Schrift, welche Graf Clary verbrannt wissen wollte, wogegen jedoch Franz Anton Graf Nostiz [Band XX, S. 397] einwendete, „des Grafen Clary Excellenz wolle erwägen, daß, nachdem deren Name in dieser Schrift so oft genannt worden, der Henker auch deren Namen mit verbrennen würde“. So wurde denn Clary’s Autodafé-Project fallen gelassen, hingegen nach dem Autor der Schrift, nach Guolfinger von Steinsberg, gefahndet. Dieser jedoch, rechtzeitig gewarnt, hatte sich aufgemacht und durch die Flucht über die Grenze seinen Häschern und einer gottweiß wie langen Untersuchungshaft entzogen. Lochner, dem man nichts als die Einschmuggelung etlicher Exemplare nachweisen konnte, wurde nach wenigen Wochen auf Befehl des Kaisers entlassen, hingegen nahm die Untersuchung gegen Steinsberg ihren weiteren Verlauf. Da richtete Steinsberg aus dem Auslande eine Bittschrift unmittelbar an den Kaiser, in welcher er jede böse Absicht bei der Drucklegung jenes Processes läugnete und angab, sein Zweck sei lediglich gewesen, die Ehre eines Cavaliers zu retten, dessen Vorfahren sich um das Vaterland unsterblich verdient gemacht hätten. Steinsberg’s Bittschrift hatte ihre Wirkung auch nicht verfehlt und in den Kolowrat’schen Proceß selbst eine glückliche Wendung gebracht. Denn der Kaiser verlangte nun von Prag die Kolowrat’schen Acten zur Einsicht und diese wurden auch am 3. December 1782 zur Revision nach Wien eingesendet. Ehe aber noch die ganze Angelegenheit entschieden war, ließ Steinsberg eine neue und vermehrte Auflage seiner eben erwähnten Schrift über den Kolowrat’schen Proceß erscheinen. Diese, heute ebenso selten wie die erste, führt den Titel: „Vollständiger Process und Vertheidigung des Grafen Philipp von Kolowrat-Krakowsky, als ein Beytrag zu den nach mächtigen Prälatenkniffen in Oesterreich. Nebst einem wahren dramatischen Scharmützel: Bischof, Prälaten und Nonnen“ (Amsterdam [156] 1783 [Nürnberg, Lochner], 8°.). Auf dem Titel befindet sich im Schattenriß das Bildniß des Grafen Kolowrat. Diese zweite Auflage war noch schärfer als die erste, aber Steinsberg blieb, nachdem der Proceß dem Kaiser vorlag, unbehelligt und konnte schon wenige Monate nach seiner Flucht ungefährdet nach Prag zurückkehren. Kaum befand sich Steinsberg wieder in Prag, als auch die „Predigtenkritik“ von neuem aufgenommen wurde. Steinsberg ist dazu förmlich gereizt worden, und zwar durch einen gewissen Friedrich Meeltisch, der ihn durch Herausgabe der „Briefe kritischen Inhalts für Prag“ dazu aufforderte. Steinsberg blieb die Antwort nicht schuldig und so begann der Federkrieg von neuem. Ein Hauptmoment bei dessen Wiederbeginn bildete eine Lobrede auf den h. Johann von Nepomuk, welche der Dechant von Reichstadt Franz Expedit von Schönfeld in der nach diesem Heiligen benannten Kirche auf der Skalka in Prag am 25. Mai 1783 gehalten hatte. Gegen diese Predigt war ein beißendes Pamphlet erschienen, für dessen Autor S. gehalten wurde. Dieses Pamphlet erregte aber nicht nur großes Aufsehen, sondern auch in den weitesten Kreisen nicht geringes Aergerniß und mit derselben beginnt der berüchtigte „Nepomukanische Streit“, in welchem mitzusprechen zuletzt auch die beiden Historiker Gelasius Dobner [Bd. III, S. 331] und Franz Pubitschka [Band XXIV, Seite 41] veranlaßt wurden. Steinsberg selbst nahm die Sache durchaus nicht leicht; er unternahm sogar eine Reise nach München, um sich dort die beglaubigte Copie eines Documents zu verschaffen, welche er zu seiner geharnischten Entgegnung brauchte, und gab dann eine der schneidigsten Gegenschriften unter dem Haupttitel: „Ritter von Steinsberg’s Briefe an Herrn Meeltisch über verschiedene Gegenstände der Religion“ heraus, welcher er noch einen kurzen Nachtrag folgen ließ. So wurde S. als der eigentliche Urheber der mißliebigen, später geradezu verpönten Polemik angesehen, welche mit dem ohne Angabe des Druckortes im Jahre 1784 von P. Florenz, einem Augustiner-Mönch, unter den Pseudonym Math. Johann Brada, Bürger in Nepomuk, veröffentlichten Pamphlet „An den irrenden Ritter von Steinsberg“ noch lange nicht ihren Abschluß fand. Steinsberg selbst war der widrigen literarischen Rauferei, aus der es doch kein Absehen gab, müde geworden, nahm weiter persönlich keinen Antheil mehr an dem Kampfe und wendete seine Thätigkeit wieder der Bühne zu, wozu er seit jeher Neigung gezeigt und für welche ihm Talent nicht abgesprochen werden kann. Die Titel seiner um diese Zeit erschienenen Druckschriften sind: Die „Abhandlung, ob der heil. Johann von Nepomuk jemals existirt habe?“ (Prag 1784, 8°.) – und nach einiger Pause die Satire in Romanform, betitelt: „Der zweiundvierzigjährige Affe“. 2 Theile. Diese berüchtigte Schmähschrift erschien anonym und wurde als Uebersetzung aus dem Französischen ausgegeben. Sie ist aber nichts weniger als eine Uebersetzung, sondern Original, erschien im Jahre 1786 und mit dem falschen Druckort „Berlin“, während es festgestellt ist, daß sie bei dem Prager Buchdrucker Schönfeld gedruckt worden. – Seine nächste, auch ohne Namen erschienene Schrift war: „Die Offenbarung über Deutschland, vorzüglich über die Städte Leipzig u. s. w.“ (Prag 1785, Schönfeld, 8°.). Ob und wie weit er einen Antheil [157] an Friedel’s „Briefen aus Wien, an einen Freund in Berlin“, welche um diese Zeit (1783 und 1785) erschienen waren, gehabt, ist nicht festgestellt. Eine Reihe von Jahren hindurch fehlt es an allen Nachrichten über Steinsberg; es scheint, daß er auch schriftstellerisch unthätig gewesen, oder doch nichts mit seinem Namen herausgegeben hat. Erst im Jahre 1797 tritt er wieder in den Vordergrund, als er von dem Freiherrn Johann von Stentzsch das zweite Theater in Prag, welches damals den Namen des „vaterländischen“ führte und im aufgehobenen Kloster der Hiberner seine Vorstellungen in deutscher und čechischer Sprache gab, übernahm. Stentzsch hatte nämlich die Direction des „Nationaltheaters“, welches dem Grafen Nostitz-Rhienek gehörte und später in den Besitz der böhmischen Stände überging, übernommen, und da er nicht zwei Bühnen zugleich dirigiren mochte, sich der einen entledigt. Steinsberg nahm nun den ehemaligen Theaterdirector Karl Wahr, einen Mann von Bildung und Sachkenntniß, als Regisseur auf und stellte mit dessen Hilfe eine tüchtige Truppe zusammen. Er selbst widmete sich mit erneutem Eifer der dramatischen Literatur und schrieb eine Menge Stücke, theils Originale, theils Bearbeitungen fremder Literaturen, wodurch er sein Repertoire so lebendig wie möglich und abwechselnd gestaltete. Von diesen Arbeiten, die übrigens ungedruckt geblieben, hat sich nichts erhalten. S.’s Theaterleitung ließ nichts zu wünschen übrig, durch die Concurrenz mit dem von Baron Stentzsch geleiteten Nationaltheater, das vom Adel besonders gefördert wurde, war er zu einer energischen Leitung genöthigt, und in der That, während Stentzsch durch diesen Wettkampf in seinen Mitteln zurückging, gedieh, doch nur langsam, Steinsberg’s Unternehmen, denn er hatte einen schweren Kampf zu bestehen. Endlich, als Stentzsch im Laufe des Jahres 1797 die Zeitung des Nationaltheaters niedergelegt, hatte nunmehr Steinsberg die Direction auch dieses letzteren übernommen. Nun als Director beider Bühnen besserten sich sichtlich Steinsberg’s Finanzen, und er würde sich wohl vollends emporgearbeitet haben, wenn nicht schon mit dem Jahre 1798 der Contract abgelaufen wäre, den Stentzsch mit dem Besitzer des Nationaltheaters, mit dem Grafen Nostitz, geschlossen und der nun, nachdem Steinsberg diese Bühne übernommen, auch für ihn bindend war. Das „Nationaltheater“ ging in den Besitz der Stände über, welche es nun dem aus früheren Jahren als Buffo bekannten Guardasoni, der sich zur Haltung einer guten Oper verpflichten mußte, zur Leitung übergaben. Steinsberg war nunmehr wieder nur Director des „vaterländischen“ Theaters in der Hibernergasse mit dessen Gesellschaft er auch in den Sommermonaten die Badeorte Karlsbad und Teplitz besuchte. Mit diesem Theater hatte Steinsberg wechselndes Glück, obwohl er es an Nichts fehlen ließ, um die Theilnahme des Publicums zu wecken und sich zu erhalten. So z. B. ließ er einmal ein militärisches Schauspiel unter freiem Himmel aufführen, bei welchem aus wirklichen Kanonen geschossen und ein damals öder Festungswall nächst dem Neuthor gestürmt und vertheidigt wurde. Mit dem Schlusse des Jahres 1799 trat Steinsberg die Direction des vaterländischen Theaters an seinen Regisseur Karl Wahr ab und selbst begab er sich nach [158] Wien, wo sich alle weiteren Spuren des Mannes, der früher so viel von sich reden gemacht und einer der hitzigsten Kämpfer in jenen Tagen der kaum gewonnenen, aber bald zerronnenen Preßfreiheit gewesen, verlieren. Zum Schlusse führen wir noch die Titel jener dramatischen Arbeiten Steinsberg’s an, welche im Druck erschienen sind. Sie lauten: „Libussa, Schauspiel“ (Prag 1779, J. J. Gröbl; – dasselbe, ebd. 1781, Mangold); der Bancalbeamte Joseph Tandler hatte das Stück später ins Čechische übersetzt und diese Uebersetzung wurde ein Repertoirestück des „vaterländischen“ Theaters; – „Schauspiele“, zwei Theile (Prag 1781, Mangold, 8°.); – „Miss Nelly Randolph. Trauerspiel in 3 Aufzügen“ (Prag 1781; neue Auflage ebd.; dritte Auflage 1798); – „Der Patriotismus. Trauerspiel in 5 Aufzügen“ (Prag 1781; neue Aufl. 1798); – „Otto von Wittelsbach“ (Berlin 1783; neue Auflage 1784); – „Die Grafen Hohenfels oder Rache für achtzehnjährige Haft“ (1803); – „Die gute Laune“ (1803) und „Rache für Verbrechen“ (180.). Steinsberg ist eine der eigenthümlichsten Gestalten aus den besten Tagen der Josephinischen Periode. Mit seiner „Predigtenkritik“, welche später in Wien nachgeahmt worden, wie mit seinem „Nepomukanischen Streit“, hat er in zwei Sachen, welche kaum vor das Forum des Publicums gehören, viel Staub aufgewirbelt und viel Aergerniß erregt; aber er hat Einer gegen Alle mannhaft gestritten und sich wie ein Held vertheidigt. Man kann nicht sagen, daß er besiegt wurde, vielmehr die Kämpfer sind müde geworden, ihre Pfeile gegen einen Mann zu verschießen, der in starker Rüstung ihnen gegenüberstand und seinen Platz behauptete. Als dramatischer Dichter besaß er unbestreitbares Talent; er schrieb nicht eitle Lesedramen, sondern Stücke, die von der Bühne herab wirkten und überdieß wiederholte Auflagen erlebten. In den Quellen lassen wir eine kleine Auswahl der wichtigeren, gegen ihn gerichteten Pamphlete folgen.

Goedeke (Karl), Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen. (Hannover 1859, Ehlermann, 8°.) Bd. II, S. 1074, Nr. 672. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1860, Nr. 170, S. 153, im Artikel: „Zur Geschichte des Prager Theaters. Von Steinsberg bis Liebich“. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Phantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz) 1784, Gebrüder von Redlich, 8°.). Erster (und einziger) Theil, S. 234. – Gräffer (Franz), Josephinische Curiosa u. s. w. (Wien 1848, I. Klang, 8°.) Bändchen III, S. 20, im Aufsatze: „Der Proceß Philipps Grafen von Kolowrat, und zur Geschichte der betreffenden Druckschrift, die nahe daran war, durch Henkershand verbrannt zu werden.“
Schmähschriften gegen Steinsberg aus Anlaß der von ihm herausgegebenen „Geißel der Prediger“, später „Predigtenkritik“. „Quack zweier Frösche“ (1782). – „Hysteronproteron oder Abfertigung des Ritters von Steinsberg und einer Gesellschaft Männer, die bereits dem Vaterlande wichtige Dienste geleistet haben sollen“ (Prag, bei Johann Pruschin). – „Fläschchen des wunderbaren Balsams für die durch die Geißel der Kritik verwundeten Prediger“ (erschien in mehreren Nummern vom 2. Mai bis Ende August 1782). – „Wurst wider Wurst. Ein heroisches Drama in einem Aufzuge, im Geschmacke und Ton des Ritters von Steinsberg von J. F. Müller“ (Prag, bei Höchenberger). – „Epilog zur pöbelhaften Form „Wurst wider Wurst“, im Geschmacke dero satirischen Parforcejagd, ein Traum, declamirt von Georg Ssindelarz, Prager Hezmeister“. – „Ritters von Steinsberg Ausschweifung, allen Mitgliedern der gelehrten Gesellschaft der Predigergeißel sammt und sonders gewidmet“ (Prag, bei Höchenberger). – „Ragout oder ein Gehäcksel aus den Predigerkritikern, Antikritikern und Nachquackern von Meisterkoch Brenner“ (Prag, J. F. von Schönfeld), [159] erschien in mehreren Nummern. – „Freundschaftliches Sendschreiben des Bruders Hilarion, Einsiedlers zu Wildenhege in Bayern, an den Herrn Ritter von Steinsberg in Böhmen“ (zwei Auflagen, angeblich zu München). – Auch in lateinischer Sprache wurde polemisirt; so erschien ein „Epistolium scriptum ad illum criticorum optimum etc.“, worauf auch eine lateinische Antwort folgte.