BLKÖ:Schönfeld, Johann Ferdinand Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schönfeld, Joseph
Band: 31 (1876), ab Seite: 152. (Quelle)
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Schönfeld, Johann Ferdinand Ritter von (Industrieller und Kunstsammler, geb. zu Prag im Jahre 1750, gest. zu Wien 15., n. A. 21. October 1821). Angeblich aus einer von Kaiser Rudolph II. geadelten, später aber verarmten böhmischen Familie. Das Interesse für diesen Namen knüpft sich [153] eigentlich an das seiner Zeit viel genannte und nach ihm benannte „Schönfeldsche Museum“, dessen Gründer er eben war. Seine Biographie geht somit in einer Geschichte dieses Museums auf, welche wir hier in möglichst gedrängter Darstellung folgen lassen. Sein Vater Hanns von Sch. (geb. 1720) war Hofbuchdrucker in Prag. Er besaß eine beträchtliche Sammlung genealogisch-heraldischer Urkunden aus dem Nachlasse des berühmten Rixner, Verfassers des „Teutschen Turnierbuches“ vom Jahre 1572, welche später auf seinen Sohn Johann Ferdinand übergingen. Dieser, schon durch seinen Vater in die Gewohnheit des Sammelns und dadurch in jene des Suchens eingeführt, richtete sein Augenmerk bald auf andere Gegenstände, als blos Urkunden, dabei eröffnete sich ihm unter Josef II., unter dem für Druck und Verlag eine bessere Zeit aufging, eine für seine Zwecke ungemein gewinnreiche Aera, welche er mit praktischem Blicke und regem Eifer auszunützen und sich so durch seine Druckerei in Prag zum reichen Manne emporzuarbeiten verstand. Dabei gelang es ihm, mit Anerkennung alter Familienpapiere im Jahre 1787 den Ritterstand zu erwerben, Johann Ferdinand baute in Prag eine reizende Villa vor dem Spittelthore im jetzigen Karolinenthale, gründete eine deutsche und böhmische Prager Zeitung, richtete ein „Frag- und Kundschaftsamt“ ein und erkaufte den Annahof, ein aufgehobenes Kloster der Dominikaner-Nonnen mit der dazu gehörigen gothischen St. Laurentiuskirche, um in den Klosterräumlichkeiten seine für jene Zeit allerdings sehr bedeutende Buchdruckerei und Zeitungsexpedition zu placiren. Seine Villa vor dem Spittelthore benannte er „Rosenthal“. Das beachtenswerthe Buch: „Beobachtungen in und über Prag“ (zwei Bände) gibt im Jahre 1787 über dieses Rosenthal folgende Mittheilung: „Der Besitzer desselben, Herr von Schönfeld, ließ diesen reizenden Ort nach dem besten Geschmacke anlegen. Die Façon des Gebäudes ist durchgängig chinesisch, bezaubernd schön und romanhaft. Man führte hier deutsche Singspiele im populären Style auf, die wegen des Sonderbaren und Ausgewählten vielen Zuspruch haben. Dazu trägt viel bei, daß der Spaziergang bis hierher durchgehends angenehm ist, denn die Gegend ist hier eine der reizendsten, weil sie mit den Gegenständen der Landlust auf eine Vergnügen einflößende Art abwechselt. Man erhält hier alle Bequemlichkeit und sonstige Artikel, die bei Gelegenheit der Ergötzungen gewöhnlich verlangt werden können. Um dieselbe Zeit ließ Schönfeld in seinem Rosenthal eine Papiermühle und einen „topographischen Garten“ anlegen, d. i. einen Obstgarten, welcher die „geometrisch ausgemessene Land- und Postkarte des ganzen Königreichs Böhmen“ vorstellte. Jaroslav Schaller beschreibt den Schönfeld’schen Garten im Jahre 1788 also: „Jeder Kreis ist darin dergestalt ausdrücklich geordnet, daß man alle Orte von Bedeutung in ihrer Entfernung genau daselbst antrifft. Die Bäume haben ihren Ortsnamen, z. B. Pilsen, Klattau, Jenikau, Deutschbrod u. s. w., so zwar, daß man hier der Jugend oder einem dieses Landes sonst Unkundigen einen richtigen Begriff von der geographischen Lage geben kann. Durch die Wasserwerke der daranstoßenden Papierfabrik sind sogar die Hauptflüsse des Königreichs, z. B. die Moldau, Elbe, Iser u. s. w., in der Natur angebracht, das Wasser strömt daher sehr angenehm den ganzen Garten durch. [154] Bei dem Haupteingange des Gartens sieht man auf einem prächtigen Piedestal den zwischen den Pragern und Žižka geschlossenen Friedensschluß vorgestellt, nebst dem Steinhaufen, womit er (Žižka) den Störern desselben den Untergang drohte“. Die Aufhebung so vieler Kloster, Kirchen und Capellen zu Prag und auf dem flachen Lande brachte damals eine Unzahl von Kunstgegenständen, Bildern und Büchern verschiedenen Werthes um einen Spottpreis zum öffentlichen Verkaufe. Ehe Künstler und Kunstfreunde des Auslandes zu reicher und wohlfeiler Beute nach Böhmen kamen, war man mit der Ueberfülle der Kunstwerke, die so spottbillig zu haben waren und für deren Würdigung der Sinn in der Heimat erloschen schien, so schleuderhaft umgegangen, daß es nichts Seltenes war, eine Oebstlerin oder einen Trödler in einer Bude sitzen zu sehen, deren Wände und Decke aus alten Kirchenbildern oder aus Porträten von Aebten und Aebtissinen zusammengestellt waren. Bald darauf geschah es, daß in einer verhängnißvollen Uebereilung die nicht gewürdigten und neben einigem Plunder eine Masse werthvoller Kunstgegenstände und Alterthümer enthaltenden Reste der berühmten Kunstkammer Rudolph’s II. aus einigen unterirdischen Gewölben der Prager Burg, wohin man sie bei der preußischen Belagerung im Jahre 1757 salvirt hatte, in den Burghof geschafft und dort am 4. Mai 1782 an den Meistbietenden versteigert wurden. Einige wenige Trödler waren diese Auctionirenden. Welche werthvolle Gegenstände bei dieser Gelegenheit verschleudert und für immer verloren wurden, läßt uns das einzige Beispiel des Torso des Ilionäus ahnen. Dieses herrliche antike Werk, jetzt die Zierde der Münchener Glyptothek, wurde von den, Trödler Zebrák, vulgo Laudon, um 45, sage fünf und vierzig Kreuzer erstiegen! Der Ritter von Schönfeld hielt unter den Trödlern eine reiche Nachlese und brachte Vieles aus der Rudolphinischen Kunstkammer und aus den aufgehobenen Klöstern an sich und stellte eine Kunst- und Curiositätenkammer zusammen, welche bald unter dem Namen des „Schönfeld’schen Museums“ einen bedeutenden Ruf erhielt. Sinn für Alterthum und Kunst muß man dem Ritter von Schönfeld nachrühmen, aber das eigentliche Verständniß fehlte ihm, ebenso die nöthige Gewissenhaftigkeit, wie die aus alten Cancionalen und Manuscripten herausgeschnittenen Miniaturen und die gewagte Bestimmung und willkürliche Benennung einzelner Piecen noch heute beweisen. Die bekannte Geschichte mit den angeblichen Templerzeichen in den Fenstern des Annahofes, welche Schönfeld selbst malen ließ, muß den Besucher und Schätzer des Schönfeld’schen Museums zur Schärfung und Spannung seines kritischen Auges ermahnen. Anfänglich war auch ein großes böhmisches, später allgemein österreichisches Adelsarchiv und die Publication desselben im Plane. Schönfeld selbst gab auf Grund seiner Urkundensammlung: „Materialien zur diplomatischen Genealogie des Adels der österreichischen Monarchie“ (Prag 1812) heraus. Ein anderes Unternehmen, dessen Titel mir entfallen ist, ging mit dem 1. Bande ein. Im Jahre 1799 übersiedelte Ritter von Schönfeld sein ganzes Museum von Prag nach Wien, wo es zur allgemeinen Besichtigung aufgestellt und von vielen hohen und höchsten Herrschaften besucht ward. Während des Wiener Congresses im Jahre 1815 erhielt S., der auch zu [155] Wien eine Buchdruckerei und Buchhandlung etablirt hatte, vom Könige von Dänemark das Ritterkreuz des Danebrog-Ordens und starb dort im October 1821. Aus Schönfeld’s Nachlaß übernahm dieses Museum der bekannte Freiherr Joseph v. Dietrich [Bd. III, S. 292] und bewahrte es bis zu seinem Tode in einem Hintergrunde seines großen Hauses Nr. 16 an der Matzleinsdorfer Linie. Es ward daselbst in einer nicht zureichenden und unscheinbaren Bodenlocalität aufgestellt und fand deßwegen nur spärliche Besuche, obwohl des Freiherrn von Dietrich bekannte Liberalität Jedermann den Eintritt verstattete. Die freiherrlich Dietrich’sche Verlassenschaft verfügte die Veräußerung des Schönfeld’schen Museums und man sprach damals den Wunsch aus, diese reichhaltige Sammlung dem Vaterlande Böhmen wieder zugewendet zu sehen, in dessen Schoße sie entstand und dessen Kunstwerke, Alterthümer und Seltenheiten den bei weitem größten Theil derselben ausmachen. Die Sammlung wurde in’s Ausland verkauft. Man muß im Hinblicke auf die Echtheit der Gegenstände, welche aus der Schönfeld’schen Sammlung herrühren, sehr scrupulös sein. Der Inhalt des Schönfeld’schen Museums, welches seiner Zeit ausführlich [vergleiche S. 156[WS 1]] die angeführten Quellens beschrieben worden, war ungemein reich und mannigfaltig, es enthielt denkwürdige Handschriften ältester und neuerer Zeit, Druckschriften aller Sprachen und Formen, Handzeichnungen alter und neuer Meister, alle Arten Malereien, musivische Arbeiten verschiedenster Ausführung, Original-Kupferplatten berühmter Stiche, die ältesten Proben der Holzschneidekunst, alle Gattungen Filigranarbeiten, Arbeiten aus Knochen, Horn und Klauen, Kunstdrechslereien, Gußarbeiten, erhabene und vertiefte Schnitte in kostbares Gestein, Preßarbeiten, Sigille, getriebene Arbeiten, Schnitzwerke, Emails, Brillantschnitte und Facetten, alle Gattungen Glas, Töpferarbeiten, Münzen in Leder, Papier und allen Metallen, alte und neue Waffen, Lackirarbeiten, Posten, Bossirungen, Leder- und Stickerarbeiten, Instrumente u. s. w., und in jeder dieser Gattungen die kostbarsten Exemplare, oft wahre Unica. Unter den 50.000 und mehr Nummern, welche der Katalog ausweist, befanden sich über 18.500 Kupferstiche, 3000 alte kostbare Holzschnitte, 300 Oelgemälde, 1700 Handzeichnungen, 4500 Gold-, Silber- und Kupfermünzen u. s. w., und die Lectüre der Scheiger’schen Monographie über das Schönfeld’sche Museum ist noch heute sehr amusant. Wie schon bemerkt worden, war S. 1799 nach Wien übersiedelt und hatte seinen Sommeraufenthalt im benachbarten Baden aufgeschlagen, für dessen Verschönerung er so thätig war, daß ihm im Jahre 1873 zu bleibendem Gedächtnisse zugleich mit Ignaz Freiherren von Lang, Marie Gräfin Alexandrowicz, Anton Freiherrn Plächel von Plächelsfeld und Franz Grafen Pálffy von der Gemeindevertretung der Stadt Baden eine Gedenktafel gewidmet wurde. Zu den von Schönfeld selbst geschaffenen Verschönerungen zählen: die nach ihm benannten Anlagen am Mitterberge, die Zugänglichmachung der durch eine Rußbrennerei verunstalteten Ruine Rauhenstein und zu ihrem Thurme, von welchem aus man eine herrliche Aussicht genießt; die Eröffnung des reizenden Helenenthales, welches erst durch seine Bemühungen zugänglich wurde, indem er mit ungeheurer Mühe und vielen Kosten den unwirthbarsten Theil desselben verschönerte, [156] zu diesem Zwecke Felsen sprengte, Höhen abdachte, erweiterte und planirte, und eine bequeme Straße für Fußgänger und Fahrende durch das Thal herstellte. Oben schon wurde einer literarischen Arbeit S.’s aus dessen späteren Jahren gedacht, der Vollständigkeit wegen seien noch seine übrigen Schriften angeführt, und zwar: „Die Kunst, das unverbrennbare Steinpapier zum Dachdecken nachzuahmen; durch Versuch des Hofr. v. Georgi geprüft (Wien 1782, Wimmer, 8°.); – „Oekonomisches A-B-C-Buch für junge Leute, welche die ganze Landwirthschaft erlernen wollen“ (ebd. 1792, 8°.), erschien ohne Namen; – „Chronik und Geschichte der Landwirthschaft von Böhmen“ (ebd. 1792, 8°.), erschien gleichfalls ohne Namen; – „Neues Lehrbuch der Industrie und Speculation für Künstler und Handwerker“ (ebd. 1792, 8°.); – „Ideen zur Anlegung einer Landwirthschafts-Colonie von 100 armen Familien“ (Wien und Prag 1793, 8°.); – „Technologisches Museum, zur Vertheidigung des Künstler- und Gewerbestandes eröffnet in Wien“ (Prag 1798, 8°.); – „Alte Hülfe der Böhmen und Mährer“ (ebd. 1808, 8°.), in welcher er das Entstehen und die Ausbildung mancher Gewerbe und Künste in Böhmen nachzuweisen sucht; – dann gab er heraus: „Oekonomische Arbeiten einiger Freunde des Guten und Gemeinnützigen in Böhmen (Prag 1792, 8°.) und schrieb zur 2. Auflage des Buches: „Der praktische Landwirth in Beispielen und Berechnungen“ (Wien 1793, 8°.) von Joseph Karl Schmidt die Vorrede. Nach Johann Ferdinand von Schönfeld’s im Alter von 71 Jahren erfolgten Tode übernahm sein Sohn Ignaz die Sammlungen und suchte im Geiste seines Vaters thätig zu sein. Vergleiche seine Lebensskizze S. 152.

Scheiger (J. E. A.), Das von Ritter Ferd. v. Schönfeld gegründete technologische Museum zu Wien (Prag 1824). – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1811, S. 637 [über sein Adelsarchiv]; 1812, S. 381; 1815, Nr. 38 u. 39: „An Schönfeld und sein Museum“, von Deinhardstein; 1823, S. 37 u. 124 [über sein Museum]. – Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. IV, S. 319–329. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 579. – Erneuerte vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) Jahrg. 1817, Intelligenzblatt Nr. 46. – Böckh (Franz Heinrich), Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und Dilettanten im Kunstfache. Dann Bücher-, Kunst, und Naturschätze u. s. w. (Wien 1821, Ph. Bauer, kl. 8°.) S. 215 u. 221. – Porträt. Solbrig del., Halle sc. 1794.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 155