BLKÖ:Liebich, Johann Karl

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Liebhardt, Luise
Nächster>>>
Liebich, Christoph
Band: 15 (1866), ab Seite: 99. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Johann Karl Liebich in Wikidata
GND-Eintrag: 116996854, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Liebich, Johann Karl|15|99|}}

Liebich, Johann Karl (Schauspieler, geb. zu Mainz 8. August 1773, gest. zu Prag 22. December 1822, nach Einigen aber bereits im Jahre 1816). Schon im Knaben, der mit einem vortrefflichen Gedächtniß und einem seltenen Declamationstalente begabt war, sprach sich die Neigung für die Bühne aus und als er der Darstellung des Schauspiels: „Graf Waltron“ und von Lessing’s „Emilie Galotti“ beigewohnt, war sein Entschluß zum Theater zu gehen gefaßt. Als bald darauf sein Vater als Tanzmeister an den Hof des Fürstbischofs von Passau berufen wurde, folgte ihm sein Sohn dahin, um dort seine Studien fortzusetzen. L. zählte damals 15 Jahre. Um jene Zeit führten die Studirenden die damals noch üblichen Schulkomödien auf und in diesen bewährte sich bereits sein entschiedenes Talent für die darstellende Kunst. Ja in der Rolle des Philotas in Lessing’s gleichnamigem Stücke gefiel er so sehr dem Fürstbischofe, welcher der Vorstellung beigewohnt, daß ihn dieser mit zehn Stück Ducaten beschenkte. Schon damals hatte L. die Absicht, sich an eine der damaligen wandernden Gesellschaften anzuschließen, aber ein Mitglied derselben, sein Lehrer und Freund Schöpf, rieth ihm davon ab und so begann L. das Studium der Rechte. Als aber um diese Zeit der erste Held des Passauer Theaters dasselbe verließ, und man sich nach einem Ersatzmann für seine Stelle umsah, ernannte der Fürstbischof sofort L. zu seinem Hofschauspieler, gab ihm vierhundert Gulden Gehalt und so betrat L., so wenig die Eltern sich damit einverstanden erklärten, die theatralische Laufbahn. Bald wurde er der Liebling des Publicums; seinen Beruf ernstlich nehmend, bildete er sich mit Eifer und Sorgfalt aus und wurde dann Inspicient der fürstlichen Bühne. Im Jahre 1794 starb der Fürstbischof und die dortige Theatergesellschaft löste sich auf. L. ging nun nach Laibach, spielte dort einige Zeit, dann nach Wien, Klagenfurt, wieder nach Laibach, Villach und Passau. Aus diesem Wanderleben riß ihn endlich sein obenerwähnter Freund Schöpf, der im Jahre 1798 nach Prag berufen wurde, um dort ein deutsches Theater zu begründen. Schöpf berief nun L. als Regisseur an seine Seite. Um jene Zeit dirigirte nämlich Guardasoni das Theater in Prag, dieser aber kümmerte sich nur um die italienische Oper. Als nun diese in Verfall gerieth, sollte ihm das deutsche Schauspiel den Ausfall decken. Diese Verhältnisse waren sonach wenig geeignet, die ruhige Entwickelung des deutschen Theaters in Prag zu fördern. Aber L. wurde bald der Liebling des Publicums; seine trefflichen Eigenschaften als Mensch und Künstler verschaffen ihm überall eine ausgezeichnete Aufnahme, und so blieb er in Prag. Im Jahre 1803 verheirathete er sich mit der, bei derselben Gesellschaft befindlichen Schauspielerin Wimmer und bald hatte das Paar so sehr die Neigung der Prager gewonnen, daß L., als im Jahre 1806 Guardasoni starb, die erledigte Directorsstelle erhielt. Dabei gestatteten ihm die Stände, an die Stelle der aufgelösten italienischen Oper eine deutsche Oper in’s Leben zu rufen. L. bewährte sich auch als Director, was er als Schauspieler war, [100] seinem Fache vollkommen gewachsen. Sein gastliches Haus war der Sammelplatz der vornehmen Welt und der Intelligenz Prags. Mit den meisten Cavalieren stand L. auf freundschaftlichem Fuße. Die Gesellschaft, an deren Spitze L. stand, hob sich unter ihm zu einer Bedeutung, daß sie den Rang einer der ersten Bühnen Deutschlands einnahm und behauptete; auch hob er nicht wenig die gesellschaftliche Stellung der bis dahin mit mißtrauischen Blicken angesehenen Schauspieler und sicherte seinen Mitgliedern durch Gründung eines Pensionsfondes ein sorgenfreies Alter. Im Jahre 1812 sollte L. die Direction des Hoftheaters in Wien übernehmen. Die Stände, welche nach Liebich’s Abgange den Verfall der deutschen Bühne besorgten, machten ihm nun so vortheilhafte Bedingungen und verlängerten ihm den Pacht auf neue zehn Jahre, so daß L. die Wiener Anerbietungen ablehnte und in Prag blieb. Es fehlt nicht an Stimmen, welche die Prager Bühne in dem Jahre 1806 bis zu Liebich’s Tode mit der Hofbühne in Wien, Berlin und München auf gleiche Höhe stellen, gewiß aber war sie die Pflanzschule eines guten deutschen Schauspiels. L. selbst war ein Künstler, besonders vortrefflich in gemüthlichen und Anstandsrollen, in welch letzteren er durch den Adel seiner Repräsentation und die meisterliche Durchführung des Charakters imponirte; er war ein Rivale Iffland’s, den er nach Einigen in komischen Rollen sogar übertraf. Das Deutschthum aber fand an ihm den liebenswürdigsten, unabsichtlichsten und dabei mächtigsten Förderer. Die „vaterländischen Blätter“ in Wien schrieben, als sie am Jänner 1817 seinen, wenige Wochen zuvor erfolgten Tod meldeten: „L. war als Künstler wie als Schauspieler gleich verehrt, ein Liebling des Prager Adels, ein feiner Gesellschafter und ein wahrer Freund seines Theater-Personals“. Vierzig und mehr Jahre später, im Jahre 1861 wurde in Prag das Andenken an L. wieder aufgefrischt. Man erinnerte sich an ihn, den hellsten Glanzpunct in der Prager Theatergeschichte, und an sein versunkenes Grab auf dem Wolschaner Friedhofe, das durch keinen Leichenstein bezeichnet sei. Bald darauf gab Frau Klogen-Binder den ersten Impuls zur Errichtung eines Grabdenkmals, welches zur Stunde wohl schon aufgestellt sein dürfte. Auch wurde um genannte Zeit sein eben aufgefundenes Bildniß zum Verkaufe angeboten und dessen Erwerbung für das Foyer des k. ständischen Theaters in Prag gewünscht.

Wiener allgemeine Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) XI. Jahrg. (1818), Nr. 8, 13, 16, 18, 20, 22, 25, 28, außerordentliche Beilage Nr. 7 u. 8: „Biographie“ von G(erle). – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 427. – Bohemia (Prager Blatt. 4°.) 1860, Nr. 174, S. 193, u. 1861, Nr. 28, S. 247. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) XIV. Jahrgang (1823), S. 740 im Texte. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) Jahrg. 1817, S. 16, in der „Chronik“ [diese meldet seinen am 21. December 1816 zu Prag erfolgten Tod. Die österreichische National-Encyklopädie und nach ihr manche andere Quelle gibt den 22. December 1822, andere Werke geben gar das Jahr 1823 als L.’s Todesjahr an]. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 1275 [daselbst heißt es zu Ende der ausführlicheren Lebensskizze[WS 1]: „In seinen letzten Lebensjahren war L. leidend und suchte Genesung in den Bädern. Im Sommer 1822 besuchte er noch Karlsbad, aber auch dort fand er keine Linderung seines Uebels, das als Wassersucht am 22. December [101] 1822 seinem Leben ein Ende machte“]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 2, S. 320, Nr. 2 [nach diesem gest. 1823]. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Lebenskizze.