BLKÖ:Stefan, Christian

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stefan, Joseph
Band: 37 (1878), ab Seite: 281. (Quelle)
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Stefan, Christian (čechischer Schriftsteller, geb. zu Gitschin in Böhmen [282] 6. December 1819). Das Gymnasium besuchte er in seiner Vaterstadt Gitschin, wo namentlich zwei Lehrer, Macháček [Bd. XVI, S. 200] und Franz Šír [Bd. XXXV, S. 28], Einfluß auf seine Entwicklung und Ausbildung nahmen. Noch während seiner Studien in Gitschin eignete er sich die Kenntniß der italienischen Sprache an, deren Studium wie jenes ihrer Literatur er fleißig fortsetzte, worauf er im Jahre 1837 die Prager Hochschule bezog und daselbst die philosophischen Studien begann. Zu gleicher Zeit erlernte er das Spanische und das Französische und machte sich auch mit der Kenntniß der verschiedenen slavischen Dialekte vertraut. Im Jahre 1838 begann S. die medicinischen Studien, welche er jedoch, da ihm die Mittel fehlten, sie fortzusetzen, aufgeben mußte, worauf er sich dem pädagogischen[WS 1] Fache zuwendete und zunächst für ein Lehramt am Gymnasium vorbereitete. Um diese Zeit wurde er mit Wenzel Hanka [Bd. VII, S. 301] bekannt, der zeitlebens sein Rathgeber, Lehrer und Freund blieb. Auch benützte S. die damalige Zeit, das nationale Leben näher kennen zu lernen. Dasselbe concentrirte sich damals eigentlich in den sogenannten čechischen Conventikeln, die privat ihre Zwecke verfolgten, deren einen Stefan selbst in Gemeinschaft mit Vinc. Vavra und anderen Freunden gründete und der sich damals in der Schenke „zum Bären“ in der Plattnergasse zu versammeln pflegte. Im Jahre 1845 eröffnete er in Smichow eine Nachmittags-Sonntagsschule, in welcher er nach dem Beispiele K. Amerling’s [Bd. I, S. 30] vor einer zahlreichen Zuhörerschaft Vorträge aus der Physik, Länder- und Völkerkunde und Geschichte hielt. Im Jahre 1848 betheiligte sich S. als eifriges Mitglied des Repeal-Vereines an der denkwürdigen Versammlung des h. Wenzel am 11. März. Auch trat er in die berüchtigte „Svornost“ ein, in welcher er Corporal und Mitglied des Ehrengerichts war. In den Pfingsttagen wurde er mit noch 48 Anderen im čechischen Museum verhaftet, auf dem Hradschin vor das Kriegsgericht gestellt, aber noch am nämlichen Tage wieder entlassen. Nach Auflösung der „Svornost“ war S. eines jener Mitglieder, welche von dem Ministerium Doblhof die Erneuerung dieses Corps forderten. Mit Veit Gauc und Vinc. Vavra war S. auch einer der Mitbegründer des politischen Vereines „Slovanka Lipa“, bei welchem er überdieß als Secretär fungirte. Von diesem Verein wurde er, als in Wien am 6. October 1848 der Aufruhr ausbrach, zugleich mit den Deputationen des Stadtrathes, der Aula und Nationalgarde nach Wien entsendet, um sich über den wahren Stand der Dinge durch den Augenschein zu überzeugen, und daselbst erklärte er dem Permanenz-Ausschuß des österreichischen Reichstages das Festhalten der Prager an der constitutionellen Monarchie unter dem Hause Habsburg. Als im Jahre 1849 an den Gymnasien eine Lehrkanzel der čechischen Sprache errichtet wurde, wurde Stefan zum Supplenten derselben am Gymnasium in der Prager Neustadt ernannt, aber noch im nämlichen Jahre in gleicher Eigenschaft nach Jungbunzlau übersetzt, von wo er schon nach anderthalb Jahren nach Prag zurückkehrte. Zu Beginn des Schuljahres 1851 kam er an das Gymnasium nach Königgrätz und wurde daselbst im Jahre 1857 wirklicher Gymnasiallehrer. In Königgrätz wurde S., seiner nationalen Gesinnung, wie seiner [283] Erfahrung in Geschäften wegen, wiederholt öffentlichen Berathungen beigezogen, auch in verschiedene gemeinnützige Vereine gewählt und war auch einige Zeit in der Stadtvertretung thätig. Im J. 1867 erfolgte von Seite der Städte Königgrätz, Jaromerz und Josephstadt seine Wahl in den Landtag, in welchem er den Protest sämmtlicher čechischer Abgeordneten vom 13. April 1867 unterzeichnete und in Folge dessen noch im nämlichen Jahre ohne Rücksicht auf seine bisherige öffentliche und Lehrthätigkeit seines Lehramtes enthoben wurde. Am 22. August 1868 unterschrieb er auch die Erklärung derselben Abgeordneten. Seit dieser Zeit lebt er ausschließlich als Schriftsteller, nachdem er bereits lang vorher auf literarischem Gebiete fleißig thätig gewesen. Im Anbeginn schrieb er unter dem Pseudonym J. B. Kranz für Glaser’s „Ost und West“ und dessen Beiblatt „Prag“, dann für die čechischen Unterhaltungs-Blätter „Květy“, d. i. Blüthen und „Poutník“, d. i. Der Pilger. Nun gab er folgende Schriften, meist Uebersetzungen, heraus: „Povídky Frant. Soave pro mládež dospělejší“, d. i. Erzählungen für die reifere Jugend von F. Soave, 2 Hefte (Prag 1845, Pospisil, 8°.); – „Michael Carnyšenko aneb Malá Rus před osmdesáti lety z ruštiny P. Kulesa přeložil“, d. i. Michael Carnysenko oder Klein-Rußland vor achtzig Jahren. Aus dem Russischen des P. Kules, 2 Hefte (bilden das 7. und 8. Heft der neuen Folge der von J. J. Maly[WS 2] herausgegebenen „Biblioteka zábavneho čteni“, d. i. Bibliothek unterhaltender Lectüren); – „Něvský prospekt. Kyjevšti školáci. Podobizna, z ruskeho M. Gogola“, d. i. Der Prospect Newski. Die Studenten von Kiew. Das Porträt. Aus dem Russischen des M. Gogol (Prag 1847, Pospisil), auch in den „Zabayne spisy M. Gogola“, d. i. Unterhaltungsschriften von M. Gogol; – „Kapitánova dcera z ruského A. Puškina přeložil“, d. i. Die Tochter des Capitäns. Aus dem Russischen des Alex. Puschkin (Prag 1847, 8°.); – „Povídky pro mladé i dospělé. Z italského L. Scarabelli přeložil“, d. i. Erzählungen für die Jugend und für Erwachsene. Aus dem Italienischen des L. Scarabelli übersetzt (Prag 1847, 8°.); – „Životy znamenitých vůdcův vojenských. Z latiny Kornelia Nepota přeložil“, d. i. Biographien berühmter Feldherren. Aus dem Lateinischen des Cornelius Nepos. (Prag 1851, Jirzabek, 12°.); – „Jiří Miloslavský aneb Rusové roku 1612. Z rustiny M. Zagostina“, d. i. Georg Miloslawsky oder die Russen im Jahre 1612. Aus dem Russischen des M. Zagostin (Prag 1851); – „Tarantas. Pocestní dojmy sepsane od V. A. hrabe Sollohub“, d. i. Tarantas. Aus dem Russischen des Grafen V. A. Sollohub (Königgrätz 1853, 12°.); – „Dvě modly. Od Bohoboje Atanackoviče. Ze srbštiny přeložil“, d. i. Zwei Idole. Von Bohoboj Atanackowic. Aus dem Serbischen übersetzt (Prag 1861) bildet das 11. Heft der bei Kober erschienenen „Slovánské besedy. Sbírka románů původních a překladů“, d. i. Slavische Abende. Sammlung von Original- und übersetzten Romanen; – „O povinnostech člověka. Z italštiny Silv. Pellika přeložil“, d. i. Von den Pflichten des Menschen. Aus dem Italienischen des Silvio Pellico; – „Don Quijot. Ze španělštiny Cervantesa; díl druhy“, d. i. Don Quijot. Aus dem Spanischen des Cervantes. 2. Theil. [284] (Prag 1866, Kober, 8°.); – „Rukovět římských starožitnoscí dle Bojesena a Hoffy“, d. i. Handbuch der römischen Alterthümer nach Boje und Hoff (Prag 1869). Im Jahre 1848 und in der nächstfolgenden Zeit schrieb er auch für die „Noviny Slovanské lípy“, d. i. Journal der slavischen Linde, für den „Večerní list“, d. i. Abendblatt, und die „Včela“, d. i. Die Biene, welche damals Sabina redigirte. Die Stadtvertretung von Königgrätz übertrug ihm im Jahre 1868 die Aufgabe, die Denkwürdigkeiten ihrer Stadt niederzuschreiben, und verlieh ihm im Jahre 1869 das Bürgerrecht. Seine zahlreichen poetischen und erzählenden Original-Arbeiten sind in der „Včela“, d. i. Biene, im „Věnec“, d. i. Der Kranz, in den „Květy“, d. i. Die Blüthen, im „Lumir“, in welchem er unter dem Pseudonym K. Věnecky schrieb, und anderen Unterhaltungs-Blättern abgedruckt; im Pulte harren der Veröffentlichung Uebersetzungen von Schenk’s Trauerspiel „Das Haus Barcelona“, Kotzebue’s „Beide Klingsberg“, Joh. Razlag’s „Das Sternchen“ aus dem Slovenischen, Bolza’s „Fabeln“ und das „Leben des Agricola“ von Tacitus.

Šembera (Alois Vojtěch), Dějiny řeči a literatury česko-slovenské. Věk novější, d. i. Geschichte der čechoslavischen Sprache und Literatur. Neuere Zeit (Wien 1868, gr. 8°.) S. 295 [nach diesem geb. am 6. December 1820, nach dem „Slovník naučný“ aber schon im Jahre 1819].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: pädagogichen.
  2. Vorlage: J. B. Maly.