BLKÖ:Starhemberg, Guido Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 37 (1878), ab Seite: 202. (Quelle) | |||
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Heinrich’schen Hauptlinie. Ein Sohn des Grafen Bartholomäus aus seiner Ehe mit Esther Gräfin Windischgrätz. Graf Bartholomäus, zuletzt Oberst-Falkenmeister, hing in seiner Jugend der lutherischen Lehre an, denn seine Mutter Anna Sabina, geborene Dietrichstein, war eine eifrige Lutheranerin. In der Folge aber kehrte Bartholomäus zum katholischen Glauben zurück, in welchem auch seine Kinder erzogen wurden. Guido, sein viertgeborener Sohn, war zuerst für den geistlichen Stand bestimmt und bereits durch acht Jahre zu Gratz von den Jesuiten erzogen worden, aber des Jünglings eigener Sinn war ganz auf Anderes als ein beschauliches Leben gerichtet und so trat er im Alter von 20 Jahren in das Regiment seines Vetters Ernst Rüdiger von S., wobei er es nicht unter seiner Würde fand, als Gemeiner im Regimente seine Laufbahn zu beginnen. Ein Jahr trug er die Muskete, ein halbes Jahr war er Corporal, nun wurde er Fähnrich, ein Jahr darauf Lieutenant und in zwei Jahren Hauptmann. Es wird hier nur in großen Umrissen das Leben des Helden gezeichnet, das bereits in einer meisterhaften Monographie von unserem Historiker Alfred von Arneth ausführlich geschildert worden. Also Guido nahm seinen ersten Flug noch unter dem Schutze alter Veteranen aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, aus der Schule de Souches, Montecuculi u. A. Im Jahre 1683, damals 26 Jahre alt, befand er sich bei der Belagerung Wiens durch die Türken als Hauptmann und Adjutant seines Vetters, des berühmten Helden Ernst Rüdiger [S. 171, Nr. 18]. Gleich am ersten Tage der Belagerung rettete seine Umsicht und Geistesgegenwart Wien vor großem Unglück. Es war nämlich im Schottenhofe Feuer ausgebrochen. Nun befanden sich in der Pulverkammer in dem an diesen Hof anstoßenden Zeughause an 1800 angefüllte Pulverfässer. Zudem waren die eisernen Fensterbalken aus Nachlässigkeit nicht geschlossen worden. Da fing nun Guido selbst an, die Pulverfässer mit Wasser zu begießen, ließ den bereits brennenden hölzernen Gang, der in die Pulverkammer führte, rasch niederreißen und die Fenster der Pulverkammer sofort vermauern, Durch diese Vorsichtsmaßregeln wurde das furchtbare Unglück, von dem Wien in seiner ohnehin so gefährlichen Lage bedroht war, abgewendet. Am 19. Juli unternahm er mit einem Waffengefährten einen Ausfall und zerstörte die von den Türken gemachten Arbeiten in [203] den Laufgraben fast zum größten Theile und machte noch einige Gefangene, während von seiner Seite nur ein Corporal geblieben war. Bei dem Generalsturme, welchen die Türken unternommen hatten und bei welchem sein Vetter, der General Ernst Rüdiger, verwundet worden, wurde auch Guido bei der Vertheidigung einer Contrescarpe in der linken Hüfte verwundet, was ihn jedoch nicht abhielt, seinen beschwerlichen Dienst wie bisher zu leisten. Neue siegreiche Kämpfe bestand er bei den Ausfällen am 2. und am 24. August, in welch letzterem in einem zweistündigen mörderischen Gefechte Oberstlieutenant Freiherr von Kotulinsky den Heldentod fand, worauf Guido an dessen Stelle zum Oberstlieutenant ernannt wurde. Nach dem Entsatze Wiens kam Guido zu der Armee, welche gegen die Türken in Ungarn kämpfte; er wohnte dort 1686 der Belagerung Ofens bei, wurde im Sturme verwundet, aber in Würdigung seiner Tapferkeit zum Oberst befördert, bei welcher Gelegenheit er das Regiment des bei der Belagerung gebliebenen Generals Spinola, Infanterie-Regiment Nr. 35, erhielt. 1687 war er bei der Belagerung von Essegg, worauf er zum Commandanten von Klausenburg ernannt wurde. Im folgenden Jahre wohnte Guido der Belagerung Belgrads bei, wo er bei dem Sturme, den er mit der Fahne in der Hand selbst anführte, von einer aufgehenden Mine erfaßt und unter Schutt bis an den Hals verschüttet, dann aber von den Seinigen herausgegraben wurde. Als er mit dem Berichte der Eroberung Belgrads nach Wien geschickt worden, mußte er auch darüber den Majestäten berichten. Auf die Frage der Kaiserin, wie ihm damals zu Muthe gewesen, erwiederte Guido mit Ruhe: „Ich war nur um meine Fahne und meine – Ohren besorgt; um jene, damit sie nicht in einer Moschee als Siegeszeichen prange, – um die Ohren, damit ich die Janitscharen um den Preis bringe, den ihre Agas darauf gesetzt hatten.“ Nach seiner Rückkehr auf den Kriegsschauplatz erhielt er das Commando von Belgrad und wurde General-Feldwachtmeister. Als solcher nahm er im Jahre 1689 thätigen Antheil an den Schlachten bei Morava, bei Nissa. Im folgenden Jahre wurde ihm die Vertheidigung von Essegg übertragen, welches er nur durch Kriegslist retten konnte, indem er bei Nacht alle Einwohner der Stadt, Kinder, Frauen und Greise in Soldatenkleidung stecken und bewaffnet über den von den Türken nicht beherrschten Strom setzen, bei Tagesanbruch aber mit fliegenden Fahnen und lärmender Feldmusik in die Stadt zurückkehren ließ. Als dieß die Türken sahen, meinten sie, die als Entsatz erwarteten croatischen und serbischen Regimenter seien nun angerückt, und zündeten, von panischem Schrecken ergriffen, ihr Lager an und ergriffen die Flucht, viel Geschütz und sonstige Beute zurücklassend. Einen hohen Beweis von Selbstbeherrschung gab er in der Schlacht bei Salankemen, wo er den rechten Flügel commandirte. Gleich im Anbeginne der Schlacht erhielt er einen Schuß vorn in die Brust und stürzte vom Pferde. Uneingedenk der persönlichen Gefahr und der heftigen Schmerzen, verstopfte er mit einem Tuche die Wunde, ließ von den Soldaten sich auf’s Pferd heben und kämpfte in der Schlacht, bis der Sieg entschieden und der Feind vollends geschlagen war. Kaum war die bei Salankemen empfangene Wunde geheilt, als er sofort zur Belagerung von Großwardein eilte und dort wieder zwei Verwundungen [204] erhielt. Im Jahre 1692 ernannte ihn der Kaiser zum Feldmarschall-Lieutenant und Commandanten der Feste Ehrenbreitstein, wo er aber nicht lange verblieb, da er schon 1693 wieder nach Ungarn in den Kampf gegen die Türken ziehen mußte, wo er sich so hervorthat, daß er im Jahre 1695 zum General-Feldzeugmeister ernannt wurde. Ebenso siegreich kämpfte er in den Jahren 1696 und 1697. In der Schlacht bei Zenta commandirte er unter Eugen den rechten Flügel. Alsdann erhielt er das General-Commando in Slavonien. Nach dem Karlowitzer Frieden begab er sich zur Ruhe auf seine Deutschordens-Commende in Laibach, genoß sie aber nicht lange, denn schon 1700, bei dem Ausbruche des Krieges in Italien, rückte er mit Prinz Eugen gegen die Franzosen und Spanier dahin ins Feld. Daselbst zeichnete er sich bei der Belagerung von Mantua, bei dem Gefechte von Luzzara, insbesondere bei dem Unternehmen auf Cremona aus. Durch einen Wasserschlauch, der bis in ein Haus in Cremona führte, drangen an 3000 Kaiserliche mitten in die Stadt ein, nahmen den französischen General Villeroi gefangen und fügten auch sonst noch dem Feinde erheblichen Schaden zu. Als im Jahre 1703 Eugen nach Wien berufen wurde, um die Leitung des Hofkriegsrathes zu übernehmen, erhielt Guido den Oberbefehl in Italien. Darauf schlug er Vendôme bei Ostiglia, dann den General Albergotti und führte den kühnen Zug mitten durch das feindliche Heer nach Piemont aus, wodurch die beabsichtigte Vereinigung Vendôme’s mit Max Emanuel Kurfürsten von Bayern, der bereits tief in das Herz Tirols vorgedrungen, vereitelt und Starhemberg’s Vereinigung mit dem Herzoge von Savoyen erreicht wurde. Für diese Waffenthaten erhob ihn der Kaiser zur Würde eines Feldmarschalls, berief ihn 1706 nach Wien und übertrug ihm das Commando wider die Rebellen in Ungarn. Diese verjagte er nun aus Raab, eroberte Gran, Gutta und Blasenstein, entsetzte Leopoldstadt und Trentschin und zwang sie, sich der kaiserlichen Gnade zu unterwerfen und um Frieden zu bitten. Als im Jahre 1708 die Armee König Karls III. in Spanien eines Obercommandanten bedurfte, wurde Guido vom Kaiser dazu ausersehen und im April 1708 kam er mit einem Hilfscorps von 8000 Mann in Barcelona an, wo sich König Karl nach der Niederlage von Almanza in trauriger Lage befand. Trotz der geringen Zahl und des verwahrlosten Zustandes der Truppen gelang es doch S., sich in Catalonien zu behaupten und die Macht des Königs auszudehnen. Doch wollten die Dinge in Spanien, wo mit den kaiserlichen Truppen vereint die englischen operirten, immer nicht vorwärts kommen. Und warum sie nicht vorwärts kamen, hat Arneth in seiner Monographie Starhemberg’s zum ersten Male ausführlich dargestellt, da er die Zersplitterung am Hofe zu Barcelona, das Verhältniß zum Wiener Hof, die mannigfachen Täuschungen über die Sinnesart der Spanier, die Wirkungen des Rückschlags der großen Ereignisse in scharfen Linien zeichnet. Man hatte in Oesterreich viel zu viel den Berichten der Flüchtlinge vertraut und als Karl nach Spanien kam, sah er sich auf das Maß seiner heimischen Kräfte angewiesen. Die Engländer waren in Spanien nicht gerne gesehen und alle Commandanten: Galway, Peterborough. Stanhope und Argyle, handelten nach eigenen Instructionen, unabhängig von der Regierung [205] Karls III. Nach den Siegen bei Almenara und Saragossa konnte Starhemberg die Franzosen aus Spanien verdrängen. Der Einfluß Stanhope’s führte nach Madrid, wo man wenig Sympathien fand, und Stanhope’s Starrsinn war es zu allermeist, wodurch die Schlacht bei Villaviciosa verloren ging und Karl nach so vielen Kämpfen dahin kam, wo er sich beim Beginne des Feldzuges befand. Der kleine Hof zu Barcelona war ein offenes Feld von Intriguen und nationalen Eifersüchteleien; Spanier, Portugiesen, Italiener, Oesterreicher, Engländer feindeten sich an und trauten sich nicht. Zwischen Barcelona und Wien herrschte eine Spannung wegen Mailand, das insgeheim an Oesterreich abgetreten war, und die Umgebung des jungen Königs war nicht der Art, daß vom Hofe Ansehen, Energie, Kraft ausfließen konnte. Fürst Florian Liechtenstein, Obersthofmeister, der den König leiten wollte, mußte abberufen werden, sein Nachfolger. Herzog von Moles, konnte Karls Vertrauen nicht gewinnen; der König war mehr den Spaniern und Neapolitanern zugethan; auch Graf Stella und Althann, deren Umgang der König liebte, hielten zur spanischen Partei. Die inneren Geschäfte wurden durch Perlas, später Marquis von Rialp, einen Catalonier, der wegen seiner carlistischen Gesinnung im Gefängniß war, dann durch Pater Pezzo und den Minister Romer geleitet. Starhemberg sprach nicht das Beste von ihnen. Er wirkte so viel, als er vermochte. Der Kaiser und die Verbündeten hatten das meiste Vertrauen zu ihm. 1711 trat der Umschwung der Dinge ein durch die veränderte Politik der Seemächte und den Tod Kaiser Josephs I. Nach der Abreise Karls aus Spanien kämpfte Starhemberg noch dritthalb Jahre in Spanien für die Sache seines Herrn, aber die großen Ereignisse drängten zu einer Ausgleichung, von der man anfangs ausgegangen war. Es wurde der Utrechter Friede geschlossen und die Präliminarien von Rastadt nahmen die Bedingungen auf, wodurch Spanien für das Haus Oesterreich verloren blieb. Schon der Räumungsvertrag vom 14. März 1713 hatte die Mission Starhemberg’s in Spanien vollendet. Er ging nun nach Oesterreich und lebte bis 1717 in Laibach zurückgezogen, mit Studien und der Verwaltung seiner Commende beschäftigt. Später erhielt er die Commende der Ballei Oesterreich und wurde Großcomthur des deutschen Ordens, dem er seit 1692 angehörte und dessen Interessen er vollkommen ergeben war. 1717 übersiedelte er nach Wien; seine Stellung am kaiserlichen Hof war ehrenvoll, aber ohne Einfluß. Die einzige Stelle, die er wünschte, die eines Präsidenten des Hofkriegsrathes, war in den Händen Prinz Eugens und es war nicht vorauszusehen, daß dieser jemals die Leitung des Militärwesens niederlegen würde. Es gibt Historiker, die sich nicht genug damit wissen, die Rivalität zwischen Eugen und Starhemberg und den daraus entspringenden Zwiespalt beider immer wieder hervorzuheben. Mögen sie Rivalen oder gar feindlich gegeneinander gesinnt gewesen sein, nie ging diese persönliche Stimmung beider so weit, daß sie darüber ihr Vaterland vergessen hätten. Wenn dieses in Gefahr war, dann ließen sie allen Zwiespalt bei Seite und hieben vereint die Gegner Oesterreichs nieder. Und so ist es denn auch müssig, zu fragen, wer größer gewesen, und die Verdienste Eugens und Starhemberg’s auf der Goldwage zu wägen; [206] seien wir lieber froh, daß Oesterreich zwei solche Kerle zu gleicher Zeit besaß, und wünschen wir vielmehr, daß wir in Tagen der Noth deren wieder zur Verfügung haben. Starhemberg war ein Mann von durchaus reinen altadeligen Sitten, die so gegen die flache Grazie der Regencezeit abstachen; er besaß jenen Gleichmuth, jene Festigkeit, Treue und Pflichtgefühl, jene Menschenliebe, die den Charakter festigt, läutert. Deswegen erhielt er sich die Gnade des Kaisers, so sehr seine Feinde davon sprachen, daß er ein widerwärtiges Naturell habe, daß die Sachen in Spanien durch seine Schuld so schlecht gegangen seien, daß er nun trotzig sei. Nachdem wir S.’s öffentliches Wirken als Feldherr in Umrissen dargestellt, erübrigt noch einiges über seine Stellung zur Familie und seinen Charakter als Mensch zu berichten. Am 1. September 1721 errichtete er eine Stiftung von 30.000 fl., von deren jährlichen Interessen drei Fräulein von Starhemberg oder drei Witwen, die aus Starhemberg’schem Geschlechte entsprossen und mit nicht genügendem Unterhalte versehen sind, mit je 500 fl., so lange sie unversorgt oder unverehelicht sind, zu betheiligen sind. Am 13. Juni 1727 errichtete er wieder eine Stiftung von 30.000 fl., deren Interessen jenem Starhemberg zukommen sollen, der nach dem ersten Anwärter des von Heinrich Wilhelm errichteten Fideicommisses den nächsten Anspruch darauf hat, also dem zweitgeborenen Sohne, nach dessen Tode dem drittgeborenen u. s. w. Im Falle des Aussterbens der männlichen Descendenz des Grafen Gundemar Joseph von S. folgt im Genusse dieser Stiftung jene Linie, auf welche das oberwähnte Fideicommiß fällt. Die näheren Details über diese beiden Stiftungen finden sich in Schwerdling’s Monographie des Hauses Starhemberg (S. 335–337). Mit Stiftbrief vom 1. November 1730 errichtete er für zwölf Männer und zwölf Frauen das noch heut bestehende Spital zu Urfahr nächst Linz. Von seinen rückständigen Besoldungen und anderen Forderungen, welche sich auf 60.000 fl. beliefen, ordnete er die Errichtung einer Apotheke für die kranken Soldaten seines Regimentes an. Als ihm der Kaiser seiner um den Staat erworbenen Verdienste wegen jährlich 10.000 Reichsthaler zulegte, gab er das Diplom, in welchem diese Summe angewiesen war, dem Kaiser zur Bestreitung der damaligen Kriegsunkosten zurück. Starhemberg war ein Feldherr, dessen Name unter den Feldherren des Kaiserstaates in vorderster Reihe glänzt. Von ungewöhnlicher Bildung, sprach er fertig deutsch, lateinisch, italienisch, französisch, spanisch. Die Muße seines Berufes widmete er der Lectüre vorzüglicher Werke aus allen Fächern. Er selbst schrieb Bemerkungen über die Kriege seiner Zeit nieder. Jagd war seine angenehmste Zerstreuung; aus diesem Anlasse hielt er die besten Hunde und Falken, letztere zu der seiner Zeit so beliebten Reiherbeize. Ein ausgezeichneter Reiter, besaß er einen Marstall, in welchem eine Auswahl der herrlichsten Thiere aus Arabien, der Berberei, Spanien, England und Dänemark das Auge des Hippologen entzückten. In seinen Festen trat er mit einem Glanze auf, wie ihn ein Starhemberg entfalten durfte; er hielt tägliche Tafel, zu welcher Generäle und der hohe Adel geladen waren. Die Charakteristik, welche Hormayr von ihm entwirft, vergleiche S. 207 in den Quellen. Einen Beweis seiner Unerschrockenheit gab er, als Prinz Eugen ihn auf die Probe stellen wollte. [207] In einem der italienischen Feldzüge, welche beide Feldherren zusammen mitmachten, ließ Prinz Eugen bei Gelegenheit einer Festtafel, die im Lager gehalten wurde, in nächster Nähe von Starhemberg’s Sitze einige Kanonenschläge eingraben, welche, wenn der Toast auf den Kaiser ausgebracht werden sollte, indem zu gleicher Zeit das Gezelt, unter welchem getafelt wurde, nach außen zusammenstürzte, zu entzünden waren. So geschah es. Als der Toast gesprochen war, krachten mit entsetzlichem Getöse die entzündeten Kanonenschläge und das Zelt stürzte ein. Alles sprang entsetzt von der Tafel auf. Starhemberg, der keine Ahnung davon hatte, daß es galt, seine Unerschrockenheit zu erproben, verzog keine Miene, machte keine Bewegung, sondern leerte, als wenn nichts vorgefallen wäre, das auf das Wohl des Kaisers erhobene und an die Lippen geführte volle Glas, und nun erst fassend, was geplant gewesen, verzog er ironisch lächelnd die Miene. Guido starb in seinem achtzigsten Jahre. Mehr als dreißig Feldzüge hatte er mitgefochten, in eilf derselben das Obercommando geführt, in zwanzig Schlachten mitgekämpft, dreißig Belagerungen beigewohnt, gegen zwanzig Wunden erhalten. Mit Guido Starhemberg“, schließt Herr von Arneth sein Buch, „erlosch die Reihe der Feldherren, welche so lange Zeit hindurch das Banner Oesterreichs zum Siege geführt hatten. Er war der Letzte der Helden, die unter Leopolds Regierung die Waffen des Kaisers verherrlicht hatten. Montecuculi, Karl von Lothringen, Veterani, Ernst Rüdiger Starhemberg, Ludwig von Baden, die Grafen Haister und Rabutin, der große Eugen endlich waren ihm vorangegangen und eine Zeit lang schien alles Glück von den österreichischen Fahnen gewichen, bis endlich die Grafen Traun, Daun und der kühne Loudon dasselbe neuerdings an die österreichischen Fahnen zu fesseln verstanden, denen es unter dem Erzherzoge Karl, dem Fürsten Schwarzenberg und in neuester Zeit unter dem greisen Radetzky mit seltener Beständigkeit treu blieb. Seine Tugenden und Vorzüge faßte ein Epigrammatiker seiner Zeit in folgendem Doppeldistichon zusammen: „Ars, pietasque fides prudentia: quaelibet horum | te Guidobaldum dixeras esse suum | ast intercessit Deus, atque ait: ille renatus | quondam morte, meus, si modo vester erit.“
Starhemberg, Guido, auch Guidobald, Graf (kaiserlicher Feldmarschall, geb. zu Gratz 11. November 1657, gest. 7. Mär; 1737), von der- Hormayr’s Charakteristik Guido Starhemberg’s. „Starhemberg war“, schreibt Hormayr, „von mittelmäßiger Leibesgröße, stark gebaut, aber mehr hager als fett, seine Farbe blaß, seine Bewegungen langsam, aber sehr bestimmt; seine Miene drückte tiefen, ruhigen, an Strenge grenzenden Ernst aus. Der Hauptzug im Gemälde seines Charakters war Gleichmuth; was diesen zu erschüttern drohte, behandelte er feindlich, daher war er auch das treue Bild eines deutschen Herrn. Taub war er gegen die sanften Regungen der Frauenliebe, die die Seele wohl emporraffen mögen zur einzelnen Großthat, aber dann um so mehr herabstimmen und zurückziehen von der Welt und dem Beruf. In der Mäßigkeit, diesem nicht geringen Zweige der größten Kunst des Lebens, der Kunst des Entsagens und zu entbehren, leuchtete er seinem Heere, das er mit strenger Kriegszucht lenkte, als Beispiel voran; arm war er, im Geiste der Ordensregel. Was er hatte, war den Armen, war des Ordens hoffnungsvollem Ritter und den Soldaten, die ihn liebten, wie er sie Seine Sorgfalt in der Krankenpflege, die ihm so sehr die Herzen der Truppen gewann, seine oftmaligen Besuche in allen Spitälern, sein Vermächtniß für die damals noch sehr schlecht bestellten Regiments-Apotheken athmen so rein den Geist der ältesten Ordenssatzungen. So auch die Bescheidenheit, die sich selbst bezwingt; was man ihn hieß, führte er aus, das [208] Größte und Schwerste mit den geringsten Mitteln.
- Quellen. Arneth (Alfred), Leben des kaiserlichen Feldmarschalls Grafen Guido Starhemberg. Beitrag zur österreichischen Geschichte (Wien 1853, Gerold, 8°., mit Porträt). [Vergleiche darüber die Augsburger „Allgemeine Zeitung“ 1853, Beilage zu Nr. 325.] – Koller (Jos. S. J.), Laudatio funebris Guidobaldi Starhembergii (Wien 1737, 8°.). Auch deutsch: Lebensbeschreibung Grafen Guidobalds von Starhemberg. – Forchondt (Hieronymus), G. Starhemberg herois fortitudine, consilio, religione maximi laudatio funebris (Viennae 1737, 4°.). – Schlosser (F. C.), Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturze des französischen Kaiserreiches (Heidelberg, Mohr, 8°.). Erste Auflage. Bd. I, S. 73, 78, 103, 108, 111, 112, 128, 129; Bd. II, S. 298, 306. – Mailáth (Johann Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates [Sammlung von Heeren und Ukert] (Hamburg 1850, Friedr. Perthes, 8°.) Bd. IV, S. 239, 253, 315, 320, 322, 402, 406, 473, 474, 476 und 477. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.). Zweite Abtheilung, Bd. X, S. 93, Nr. 3. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.), Bd. V, S. 132. – 'Reilly (F. J. J. v.), Skizzirte Biographien der berühmtesten Feldherren Oesterreichs von Maximilian I. bis auf Franz II. (Wien 1813, Kunst- und Industrie-Comptoir, gr. 4°.) S. 317–324. – Thaten und Charakterzüge berühmter österreichischer Feldherren (Wien 1868, Degen, 8°.) Bd. I, 2. Abthlg, S. 434 u. f. – Der Tempel des Nachruhms u. s. w. (Wien 1797, J. G. Binz, 8°.), I. Theil, S. 85. – Morgenstern (Raphael), Oesterreichs Helden des 17. und 18. Jahrhunderts (St. Pölten 1783, Franz Lorenz, 8°.) S. 126–149. – Oesterreichisches Archiv für Geschichte, Erdbeschreibung. Staatenkunde u. s. w. Herausgegeben von Johann Ridler (und Karl Veith) (Wien, 4°.), II. Jahrg. (1832), Nr. 38, 39, 40, 43, 44, 45, 50 und 64: „Briefe Kaiser Karls VI. an Starhemberg“; III. Jahrg. (1833), S. 567, 575, 580, 584, 591, 604, 611: „Briefe des Kaisers Karl VI. an Starhemberg“; – Urkundenblatt Nr. 11, 12, 13, 15, 16, 17: „Eugens von Savoyen Briefe an Starhemberg“. – Thürheim (Andreas Graf), Feldmarschall Otto Ferdinand Graf von Abensperg und Traun 1677–1748. Eine militär-historische Lebensskizze (Wien 1877, Braumüller, gr. 8°.) S. 9–16, 121, 275, 380. – Schwerdling (Johann), Geschichte des uralten und seit Jahrhunderten um Landesfürst und Vaterland höchst verdienten theils fürstlichen, theils gräflichen Hauses Starhemberg (Linz 1830, J. Feuchtinger’s Witwe, 8°.) S. 323–340. – Zedler’sches Universal-Lexikon (Halle und Leipzig, kl. Fol.) Bd. XXXIX, Sp. 1032.
- Porträte. 1) Unterschrift: „Starhemberg“. J. Blaschke sc. (8°.) [auch in Hormayr’s „Plutarch“]. – 2) Facsimile des Namenszuges: „Guidobald Starhemberg“. Lith. von Eduard Kaiser. Gedruckt bei J. Rauh in Wien (gr. 8°.), – 3) „Guidobaldus Comes a Starenberg“. Ohne Angabe des Zeichners und Stahlstechers (8°.). – 4) J. C. Weigel exc. Ganze Figur (Fol.).