Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 206. (Quelle)
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Machold, Joseph (k. k. Officier und Maler, geb. zu Benisch in österreichisch Schlesien 24. December 1824). Beendete in den Jahren 1834–1842 Gymnasium und Philosophie an der Universität zu Lemberg. Es fehlte an dieser, von jüngeren und tüchtigen Kräften geleiteten Hochschule, an der Männer wie Kunzek [Bd. XIII, S. 390; Bd. XIV, S. 495], Maus, Hanuš [Bd. VII, S. 339] wirkten, nicht an mannigfacher Anregung. Geschichte, Philosophie, Naturwissenschaften wurden mit dem entsprechenden Ernste gelehrt. Diese Anregung ward auch ihm zu Theil; namentlich machte ihn Maus mit Winkelmann vertraut und erneuerte seine angeborne Begabung für die zeichnende Kunst, die sich schon im Knaben durch manche Versuche zu äußern begann, auf jegliche Weise, ja forderte ihn auf, als diese immer entschiedener hervortrat, sich ihr ganz zu widmen. Aber nur mit Ueberwindung der größten Schwierigkeiten gelang es, für ihn, den man zum Arzte bestimmt und bereits mit dem 14. Jahre anatomische Uebungen bei gerichtlichen Sectionen hatte machen lassen, die Reise nach Wien im Jahre 1842 zu erwirken, damit er dort die Akademie der bildenden Künste besuche. Der mechanische Formalismus, der mehr oder minder an jeder Akademie herrscht, wirkte eher lähmend als anregend auf den Jüngling, der nach Vorlageblättern und nach der Antike, die ihm damals noch ein Buch mit sieben Siegeln war, zeichnen sollte, und der es daher vorzog, einen einjährigen Cursus der Anatomie unter Professor Berres [Bd. I, S. 333] an der Universität zu hören und sich sonst, so gut es ging, als Autodidact in Studien nach der Natur und den Schätzen der Handzeichnungen, wie sie die Albertinische Sammlung bei Erzherzog Karl bewahrt, ohne besondere Methode und ausgesprochene Richtung zu bilden, um so weniger, da die verschiedenartigsten Kunstrichtungen, wie sie damals durch Führich [Bd. V, S. 8], Kupelwieser [Bd. XIII, S. 392], Waldmüller, Danhauser [Bd. III, S. 133], Fendi [Bd. IV, S. 173], repräsentirt und durch das leidenschaftliche Treiben ihrer Schüler auf die Spitze getrieben waren, bald anziehend, bald abstoßend, jedenfalls aber nur sinn- und begriffsverwirrend auf ihn wirken mußten. Diese innere Sturm- und Drangperiode, die er während eines dreijährigen Aufenthaltes in Wien durchgemacht, fand selbst in München, wohin er sich gewendet und wo er zu Bildhauer Halbig in ein freundschaftlich liebevolles Verhältniß getreten und von J. Schnorr, der ihm ein väterlicher Rathgeber geworden, in seinen häuslichen Kreis aufgenommen worden war, ihren Abschluß nicht. Schon wollte er, an seiner Befähigung in idealer Richtung auf dem Gebiete der Kunst etwas leisten zu können, verzweifeln, [207] sich ganz dem Realismus in die Arme werfen, und nach Belgien gehen, als er sich endlich entschloß, der aufmunternden Zusprache Schnorr’s Folge zu leisten und mit ihm nach Dresden zu ziehen, wo ihm dieser einen Platz in seinem Atelier einräumte und sein Vertrauen zu sich selbst wieder erweckte. Als deren erstes Ergebniß entstand die Gruppe (Bleizeichnung): „Astolph treibt, auf dem Hippogryphen reitend, durch des Wunderhorns gewaltigen Ton die sieben Harpyen vor sich her“, nach Ariosto. Auch sein erster Versuch im Modelliren, indem er heimlich bei der Wiedereinführung des Schnorrfestes und zur Verherrlichung desselben einen großen Pokal mit vielen Relief-Compositionen und Figuren ausführte, fand Beifall bei den versammelten Künstlern und Kunstkennern, und M. gewann mit einem Male die Zuversicht und das Vermögen, in kurzen Zeiträumen eine große Anzahl von Compositionen zu liefern, welche ihm der gesellige Künstlerkreis und Einzelne als Aufgabe gestellt hatten. Zu diesem Kreis jüngerer strebsamer Künstler, in dem er sich damals bewegte, zählten vorzüglich Wislicenus, gegenwärtig Professor in Weimar, der Bildhauer Wittig, jetzt Professor in Düsseldorf, Gleichauf, nun in gleicher Eigenschaft in Stuttgart, während in ihn zugleich belebend und belehrend Schnorr und Rietschel eingriffen. Der Umgang mit all diesen nach den verschiedensten Richtungen thätigen Männern[WS 1] wirkte höchst anregend und wohlthätig, selbst durch die theoretischen Discussionen und Meinungsstreitigkeiten über Wesen und Bestimmung der Kunst, die der stete Verkehr mannigfacher geistiger Kräfte nothwendiger Weise hervorzurufen pflegt. Diesem, so viele Zukunft verheißenden Dresdener Künstlerleben unter Altmeister Schnorr, das jedoch bei Machold durch ein hartnäckiges Augenleiden in letzterer Zeit getrübt ward, hatte das Jahr 1848 ein Ende gemacht und ganz andere Ideen und Bestrebungen zur Herrschaft gebracht. Die mit einem Male gänzlich veränderte Weltlage, verbunden mit jenem körperlichen, für einen Maler verhängnißvollen Leiden, hatte ihn bewogen, Dresden zu verlassen, erst zum Schutze der Seinen nach Lemberg zu eilen, und als er diese geborgen sah, in dem Drange nach Thätigkeit und Auszeichnung. in die kais. Armee einzutreten, in der Hoffnung, bald einen Feldzug mitzumachen, die auch alsobald durch den Beginn des ungarischen Krieges erfüllt werden sollte, in welchem er wegen Kaltblütigkeit und Ausdauer und seiner sonstigen Befähigungen in kurzer Frist zum Officier befördert ward. Nach beendetem Winter- und Sommerfeldzuge, in welchem er 12 Schlachten und Gefechte mitgemacht, wurde er (1851) in das geographische Institut in Wien berufen und sollte eben mit den Vorarbeiten zur Mappirung nach Dalmatien abgehen, als ein zufälliges Zusammentreffen mit dem Vorstande der damals in’s Leben zu rufenden Militär-Bildungs-Anstalten ihn dieser Bestimmung enthoben und auf höheren Befehl einer neuen als Professor am Cadeten-Institute zu Hainburg zugeführt hatte. Schon während des kurzen Aufenthaltes im geographischen Institute hatte sich, nachdem sein fast dreijähriges Augenleiden endlich glücklich gehoben worden, der künstlerische Trieb wieder zu regen und er einen Pendant zu oberwähnter Bleizeichnung nach Ariost: „Rüdiger bekämpft die Dienerinnen der bösen Fee Alice“, begonnen. Beide gelangten [208] zur Wiener Kunstausstellung und die Anerkennung, die diese Compositionen in den dortigen Künstlerkreisen fanden, bewirkten, daß er vom Präses derselben der Militär-Commission empfohlen und von dieser mit dem Entwurf und der modellirten Ausführung des Ehrenpokales für den Bürger Ettenreich [Bd. IV, S. 109][WS 2] betraut ward. Der Pokal wurde später auf der Pariser Weltausstellung aufgestellt und mit der Medaille ausgezeichnet. Die Adaptirungsbauten zu Hainburg, wo er sich nun, wie erwähnt, befand, gaben ihm Gelegenheit, trotzdem, daß fast alle seine freie Zeit durch die Professur und den inneren Dienst in Anspruch genommen war, mit dem Antrage hervorzutreten, den großen Prüfungssaal des Institutes mit historischen Bildern auszuschmücken, welcher Antrag auch angenommen, jedoch zur Ausführung desselben kein weiterer Befehl ihm in die Hand gegeben ward, als die Erlaubniß, sie in seiner freien Zeit vollenden zu dürfen, daher man an diese 9 Oelbilder, die als 6 Schuh hohe Rundgemälde Begebenheiten der österreichischen Regentengeschichte enthalten, und auf die er fast alle seine übrige Muße, seines fünfjährigen Aufenthaltes verwendet hatte, keinen anderen Maßstab als jenen der Composition und decorativen Ausführung anlegen darf. In die Zeit seines Hainburger Aufenthaltes fällt auch die „Bezauberte Rose“ nach Schulze’s gleichnamigem Gedichte, zwei große Aquarellblätter mit vielen Compositionen, die durch Goldarabesken verbunden sind. Diese, im Besitze Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth befindlichen Aquarelle wurden im Künstler-Vereine öffentlich ausgestellt, und fanden unter der Künstlerschaft Wien’s solchen Beifall, daß diese sie auf ihre Kosten in Kupfer stechen zu lassen beschloß. Leider ward nur ein Blatt gestochen, da, wie sich später herausgestellt, die Wahl des Stechers eine eben so unglückliche, wie die Ausführung des Stiches eine total mißlungene gewesen. Für dieß fünfjährige Wirken in Hainburg, vom Jahre 1852–1857, ward dem Künstler „in Anerkennung seiner hervorragenden, außer dem Bereiche seines Lehramtes gelegenen Leistungen“ das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens und zugleich die Versetzung an die Wiener-Neustädter Militär-Akademie als Professor zu Theil. In den Tagen seines Neustädter Aufenthaltes entstanden der Reihe nach folgende Schöpfungen: Der anmuthige, vom zarten Hauch der Romantik durchwehte „Klein-Roland-Cyclus“, 13 Aquarelle nach Uhland’s gleichnamiger Ballade. Der Künstler bewahrt noch mit weihevoller Pietät einen Brief Uhland’s, den dieser bei Gelegenheit, als er zur Ansicht dieses Cyklus gekommen, anerkennend an ihn gerichtet; – „Singen und Gesang“, ein Cyklus von 6 Aquarellen. Darstellungen aus dem menschlichen Leben, voll Originalität und Geist und für den, der sie genauer prüft, auch voll der feinsten psychologischen Züge; – drei Oelbilder nach Malczewski’s polnischem Epos: „Marya“; – eine große Aquarell-Composition mit figurenreichen Randverzierungen: „Harald“, nach Uhland’s gleichnamigem Gedichte, gegenwärtig im Besitze Arthaber’s in Döbling. Zwei Gelegenheitsarbeiten wurden ihm höheren Orts aufgetragen: Die Ausschmückung der großen Adresse der kais. Armee an die Tiroler, bei Gelegenheit der 500jährigen Vereinigung Tirols mit Oesterreich. An diesem Feste nahm der Künstler im Auftrage des Kriegsministers [209] persönlich als Repräsentant der kais. Armee Theil und wurde zum Ehrenmitgliede des Landeshaupt-Schießstandes für Tirol und Vorarlberg ernannt. Die andere Arbeit ist die Ausschmückung der Adresse an Se. kais. Hoheit Erzherzog Albrecht bei Gelegenheit der Ueberreichung des im verkleinerten Maßstabe ausgeführten Standbildes des Erzherzogs Karl Seitens der kais. Armee. Zu den neuesten und bedeutendsten Arbeiten Machold’s gehören: Der Entwurf eines großartigen, monumentalen Pokales zur Verherrlichung des Liederreichthums der Deutschen in Wort und Ton und der Entwurf zu drei Prachtschüsseln, in Porzellan auszuführen, den Mythus von Cerres, Bachus und Venus in figurenreichen, ganz im Geiste der Antike concipirten und gruppirten Friesen darstellend. Gegenwärtig arbeitet derselbe an einem großen, für die Pariser Weltausstellung bestimmten Oelgemälde, dessen Sujet aus dem „Sommernachtstraum“ Shakespeare’s nach einer schon früher einmal ausgestellten Skizze entnommen. Zahllos sind übrigens seine anderen Productionen, durch gesellige oder sonstige Anregungen entstanden, die ihm dabei Anlaß gegeben, zugleich seine humoristische Ader zu bethätigen. Von allen diesen, theilweise hier nicht angeführten Werken ist bisher Folgendes im Kunsthandel erschienen: „Machold-Album“, 13 Blätter Photographien mit Text (Wien 1862, Jägermaier); – „Klein-Harald-Cyclus“, 13 Blätter Photographien (ebd. 1863); – „Singen und Gesang“, 6 Blätter Photographien in zwei Ausgaben, Groß- und Klein-Format (München 1865, durch Hofphotographen Albert). Wer Machold’s Schöpfungen genauer und in ihrem ganzen Umfange kennt, wird nicht anstehen, ihn, was Fülle origineller Ideen, Leichtigkeit sie in geistvoll erfundenen Gruppen zu verkörpern und jenen feinen, von der Antike wie von der Romantik gleicherweise angehauchten Schönheitssinn[WS 3] betrifft, für eine der hervorragendsten Erscheinungen der gegenwärtigen Künstlerwelt zu erklären, sich aber zugleich gestehen müssen, daß diese seltene Capacität noch nicht den ihr entsprechenden Wirkungskreis gefunden. Dadurch ist es gekommen, daß so viele seiner genialen Entwürfe und gerade die bedeutungsvollsten darunter, lediglich Entwürfe geblieben sind; dieß ist freilich zum Theile auch dadurch bedingt und erklärlich, daß der Künstler in seiner Stellung als kais. Officier[WS 4] nicht auf den Markt des Lebens treten und zu seiner geistigen Befriedigung theilweise nur solche Stoffe wählen kann, welche ihm seine Muße auch durchzuführen gestattet.

Der Salon. Wochenschrift, redigirt von Johannes Nordmann. Herausgegeben von Jos. Klemm (Wien, gr. 8°.) II. Jahrgang (1854), 3. Band, in der Beilage Wiener Kunstblatt, S. 109: „Palette und Schwert“. – Wiener Zeitung 1860, Nr. 127, S. 2220: „Machold’s Illustrationen zu Uhland’s Roland“; – dieselbe 1863, Nr. 54, Abendblatt, S. 215, über seinen monumentalen Pokal. – Constitutionelle österreichische Zeitung (Wien, Fol.) 1862, Nr. 123: „Machold’s „Album“. – Fremden-Blatt von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 70. – Kataloge der Monatsausstellungen des österreichischen Kunstvereins (Wien, 8°.) 1852, November Nr. 72; 1854, Jänner Nr. 73; 1857, Mai Nr. 93; 1860, Mai Nr. 34; December Nr. 35–37, 80; 1863, April Nr. 60; 1865, März Nr. 58–60.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Männen.
  2. Vorlage: [Bd. IX, S. 109].
  3. Vorlage: Schönheisssinn.
  4. Vorlage: Offfcier.