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Artikel „Widman(n)“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 344–352, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Widman&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:30 Uhr UTC)
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Widman(n), Gelehrtenfamilie in württembergisch Franken, lange in der Reichsstadt Schwäbisch-Hall am Kocher ansäßig und gewiß aus ihr oder der Gegend. Im 16. und in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts haben sich mehrere Mitglieder schriftstellerisch rühmlich bethätigt. Das Geschlecht war ausgesprochen und eifrig lutherisch und stand außer in Aemtern etlicher Städte des heutigen nordöstlichen Württembergs und des östlichen Mittelfrankens besonders bei den evangelischen Zweigen des reichsgräflich Hohenlohe’schen Hauses, Langenburg und Oehringen, in Dienst und Gunst. Als Form des Namens erscheint im 16. Jahrhunderte am häufigsten Widman, doch kommt auch das später durchgedrungene Widmann, dazu, selbst in amtlichen Rothenburger Verzeichnissen (vgl. z. B. Winterbach, Gesch. der Stadt Rothenburg an der Tauber, II, S. 26 und 190), [345] Wiedmann vor; der erste moderne Encyklopädiker, der ein Mitglied aufnimmt, Zedler (1748), schreibt wie andere Wide(n)mann, unter Widmann darauf verweisend. Kleine Beiträge zur Geschichte der Familie W. boten G. Bossert im Archiv f. Litteraturgesch. XI, 317 f., sowie in J. Hartmann’s übersichtlichem Aufsatze über die Widmann’s i. d. Württemberg. Vrtljhrshft. f. Landesgesch. III, 226–229, Chr. Kolb i. d. Vrtljhrschrft. f. Litteraturgesch. VI, 110–114, S. Kümmerle in seiner „Encyklopädie der evangelischen Kirchenmusik“ IV, S. 325 Anm. 1.

Infolge litterarischer Leistungen am merkenswerthesten sind:

Georg (Jörg) W.[1], der Chronist, ungefähr 1487–1560. Er war vielleicht ein Sohn (?) desjenigen aus Bühlerthann im württembergischen Oberamt Ellwangen gebürtigen Jörg W., der als Stammvater der sämmtlichen im 16. Jahrhundert auftretenden Familienangehörigen zu betrachten ist und auch bereits im Bereiche von Hall wirkte: 1476 war er in dem dieser Stadt benachbarten alten Benedictinerstifte Komburg Scriba, 1479 Ammann. Jedoch kann dieser ältere Jörg W., nicht, wie noch Kümmerle a. a. O. seltsamerweise ansetzt, mit dem für 1500 und 1515 als Pfarrer zu Thüngenthal, Oberamt Hall, genannten Namensbruder identisch sein, falls der jüngere Georg (Jörg) W. der Chronist sein Sohn ist, da doch damals der Cölibat noch unbedingt verbindlich war. Dieser jüngere Georg erhielt 1518 die Pfarrei Erlach bei Gelbingen unweit Hall, von der er 1540 oder erst nach 1552 wegen Kränklichkeit zurücktrat und verfaßte als Syndikus des Stifts Komburg 1550 das Haller „Chronicon“, Manuscript der Kgl. öff. Bibl. zu Stuttgart Hist. fol. Nr. 147 (vgl. Moser, Bschrbg. d. Oberamts Hall, S. 117*), während wir den Jörg W., der sich in dem frischen Liede über den im bairischen Erbfolgekriege von 1504 abgeschlagenen Sturm auf Vilshofen in Niederbaiern – Abdruck bei v. Liliencron, D. histor. Vlksldr. d. Dtschn. II, Nr. 247; vgl. auch Goedeke, Grundriß z. G. d. d. D. I², S. 287 – als Verfasser nennt, doch wol eher in dem Vater suchen. Auf beider Persönlichkeit fällt zwar durch die obgenannten neueren Feststellungen über die Familie W., namentlich durch die Hartmann’s, helleres Licht, aber einigermaßen greifbar sind sie eben wegen der Namensgleichheit noch nicht.

Von dem jüngeren Georg (Jörg) W., d. i. dem Chronisten, sind uns drei Söhne bekannt: Georg, Achilles Jason, Georg Rudolf der Aeltere; doch kann letzterer auch ein Neffe sein. Ueber Achilles Jason W. sind beglaubigte Daten: 1549 bezog er die Universität, vielleicht Ingolstadt, mit einer durch den Vater erbetenen und um dessen Verdienste willen gewährten Komburger Pfründe ausgestattet, die 1551, wofür er in die Heidelberger Studentenmatrikel eingetragen ist, für neun Jahre auf jährlich 20 Gulden normirt wurde. Später wurde er gräfl. hohenlohischer Vogt zu Neuenstein bei Oehringen und starb in dieser Eigenschaft vor 1596, nach andern vor 1585, mehrere Kinder hinterlassend, die dann in der Familienheimath Hall wohnen. Durch seine Bearbeitung der Abenteuer des Schalksnarren Peter Leu hat er diese oberdeutschen Eulenspiegeleien, die fast zweifellos von dem am Ende des 15. Jahrhunderts in Hall lebenden Priester Peter Düs(s)enbach stammen, litterarisch festgehalten und sich Anspruch auf Registrirung in der Geschichte der Schwankpoesie erworben. Zuerst erschien die „History Peter Lewen, des andern Kalenbergers, was er für seltzsame aben-thewr fürgehabt vnd begangen, in Rei-men verfaßt, durch Achilles Jason Widman von Hall, in Truck vor nie außgangen“ ohne Jahr, zwischen 1557 und Mitte 1558 (s. Lappenberg’s Ulenspiegel-Ausgabe S. 356 und Stiefel unten), ein Nachdruck in Nürnberg mit der Ziffer 1560, eine gute Ausgabe Frankfurt a. M. 1578 („Historia Peter Löwen“), später ohne Ort 1613 und 1620; moderne Neuausgaben 1811 in v. d. Hagen’s „Narrenbuch“ S. 353–422 (u. 533 ff.), 1857 von O. Schade im Weimar. Jahrh. f. dtsch. Spr., Lit. u. Kunst VI, [346] S. 416–476 (einleitend sorgsame Bibliographie, aber fehlerhafte Combination über den Autor; auch Sonderabdruck 1882), in Fel. Bobertag’s „Narrenbuch“, Kürschner’s „Deutsche Nationallitteratur“ Bd. 46, S. 87–140, 1883 von Pannier, der wie Bobertag über das Nöthigste orientirt, in Reclam’s Universalbibliothek Nr. 1860, zusammen mit dem Volksbüchlein vom „Pfarrer von Kalenberg“, an den sich sichtlich das „Peter Leu“-Gedicht anlehnt. Das Werk selbst und prosaische Umgüsse sind in Schwäbisch-Hall nebst Umgegend vielfach handschriftlich fortgepflanzt worden; auch die Kgl. öffentl. Bibliothek zu Stuttgart besitzt eine Fassung im Manuscript, deren letzte drei Abschnitte noch treu die Reime des Widmann’schen Urtextes wahren. Man vergleiche Goedeke, Grundriß z. G. d. d. D.² II, S. 322 Nr. 9, Bossert a. a. O. S. 318, Hartmann a. a. O. S. 228, besonders Kolb’s Aufsatz „Der Verfasser und der Held des Peter Lew“ a. a. O. Flögel’s „Geschichte der Hofnarren“ S. 487–490 besprach schon 1789 aus Autopsie das Werk nach der Ausgabe von 1620, verlas aber den Autornamen in Weidmann, „von dem sonst nichts bekannt ist, wie denn sein Name auch weder beim Neumeister noch Jöcher vorkommt“. A. L. Stiefel in der von ihm herausgegebenen 1894er Festschrift „Hans Sachs-Forschungen“ S. 152, stellt Beziehungen eines „Peter Leu“-Schwankes zu Hans Sachs und Wickram’s „Rollwagenbüchlein“ fest und setzt die editio princeps gegen Lappenberg „vor Mitte 1558“. Inhaltsauszug des „P. L.“ bei W. Menzel, Gesch. d. dtsch. Dchtg. II, S. 100 f., wol auf Grund der Stuttgarter Handschrift. Vgl. auch Hauffen i. d. Jhrsber. f. neuere dtsch. Litgesch., 4. Bd., II 3, 23.

Nach der üblichen Annahme jüngerer Sohn des Vorigen ist Erasmus W.[1], Musiker und musikalischer Dichter, in dem wir aber, da Achilles Jason in Neuenstein amtirte, wogegen er, und zwar wahrscheinlich 1572, zu Schwäbisch-Hall geboren wurde, wol eher einen Sohn von A. J. Widmann’s oben genanntem älteren Bruder Georg, der noch 1593 als „Komburgischer Scribent zu Hall unten am Berg in der Vorstadt ohne Mauern“ wohnte, zu sehen haben. Im letzten Decennium des sechzehnten Jahrhunderts lebte er, in unbekannter Function, gewiß als kirchlich verwendeter Musiker, „viele Jar“ in Steiermark, länger zu Graz, vielleicht auch in Kärnten, mußte aber infolge der Gegenreformation 1599 mit seinem, auch musikverständigen großen Landsmanne Johs. Kepler und Veit Bach, Sebastian’s Vorfahren, als Evangelischer weichen. Er ging in die Heimath zurück, wo er ja sicherlich den Boden seiner musikalischen Bildung gelegt und auch, wie seine Qualification von 1602 sagt, „Humaniora studirt“ hatte und er nun bald ein Unterkommen als Cantor gefunden zu haben scheint. Der protestantische Ast des seiner Familie wohlwollenden Hauses Hohenlohe verhalf ihm zu sicherer und vielseitiger Wirksamkeit: 1602 machte ihn Graf Wolfgang zum Präceptor mit dem Titel eines Schul-Rectors in Weikersheim, Oberamt Mergentheim, beauftragte ihn 1603 mit einer Sammlung aller gebräuchlichen Psalmen und Gesänge der lutherischen Kirche, die auf seine Kosten, von W. auf vier Stimmen componirt, 1604 in Nürnberg gedruckt wurde, bestellte ihn endlich 1604 als „Musik- und Capellmeister“ des acht Köpfe starken Hoforchesters, zugleich als Musik- und, im Hinblick auf gewünschte „kurzweilige comoedias“, dramatischen Instructor der dafür geeigneten Hofleute sowie als Protokollführer „bei Ehe- und Hofgerichten, Visitationen etc.“. Kein Wunder, daß bei dieser starken Inanspruchnahme seiner Kräfte W. in einem Schreiben von 1605 über schlechte Besoldung als Präceptor und Kapellmeister sowie dienermäßige Behandlung, also über Aufbürdung unpassender Geschäfte und Ueberbürdung klagt. 1611 widmet er seine „Musikalisch Kurtzweil“ fünf Herzögen zu Württemberg und Teck. 1614 wurde er durch Joh. Jeep ersetzt und zum Präceptor der vierten Classe und Cantor des städtischen Gymnasiums in der Reichsstadt Rothenburg [347] ob der Tauber, auch Organisten und Chordirector der Schule ernannt, worum er sich in einem ausführlichen in Rothenburger Acten vorhandenen Schreiben beworben hatte, 1618, im Lehramt durch Reinhard Meder abgelöst, neben dem Cantorposten Organist – Organoedus heißt er schon auf dem Titel von 1615 – an der Hauptkirche zu St. Jacob, deren Orgelwerk stets als merkwürdig galt, in welchen Würden er noch 1633 bei seinen beiden Gustav-Adolph-Publicationen begegnet. „Der Singchor des Gymnasiums (Alumneum) stand unter ihm auf hoher Stufe. An Sonn- und Festtagen sang der Chor, welchem auch sämmtliche Präceptore angehören mußten, vier-, fünf- und sechsstimmige Gesänge, die von W. neu componirt oder neu gesetzt waren. Er klagt 1615 über die noch geringe Leistungsfähigkeit und schreibt, daß die gebräuchlichen Hymnen in der Schul so corrupte und confuse gesungen werden, daß schier kein Musiker verstehen kann, was sie für Melodeyen haben. 1615 zeigt W. seinen Vorgänger (Eichhorn) an, weil er in die 10 Bälg Nägel geschlagen, also daß der Wind nicht blieb. Dieser suchte W. auch öfter zu verdächtigen und seine Leistungen als mangelhafte hinzustellen: er könne den glauben nit recht schlagen. W. führt bittere Klage über Eichhorn, der ihm das Leben verleide. 1618 bittet E. W., da sein Gehalt 50 fl. weniger betrage gegen seinen früheren als Scholar, um 10 fl. Aufbesserung und um Nachlaß einer Strafe, „die ihm vor 2 Jahren, weiß Gott im Himmel, mir damals unbewußten Wachtelverbots“ auferlegt war. Er habe auch oftmals auf dem Rathhaus, der Raths-Trinkstube und anderswo musicirt, wofür ihm bisher keine Ergözlichkeit worden. Stüx, der 1628 Präceptor geworden, besorgte offenbar als „Untercantor“ die Schulung der Alumnen. Spätere Nachfolger Widmann’s sind ebenfalls Cantoren und Organisten gewesen, daneben ist immer noch von anderen Cantoren die Rede. Da die Hauptorgel in der St. Jacobskirche auf einem sog. „Lettner“ stand und der Spieltisch an der Seite angebracht war, so schlug der „Unter“-Cantor den Tact beim Gemeindegesang, wenn diese mit Orgelbegleitung zu singen hatte. Bei Aufführung von Kirchenmusiken, sowie auch in Fragen, welche die Kirchenmusik im Alunmeum betrifft, stand E. W. an der Spitze“ (Vorstehendes Abschrift eines Actenstücks). 1624 (1623) widmet W. die beiden Theile der „Neuen Musicalischen Kurtzweil“ (neue Ausgabe) „Christian Marggrafen zu Brandenburg“. Zuerst 1627 auf einem Buchtitel führt er auch den Charakter eines P(oeta) L(aureatus) Caes(areus), und dies scheint neben der Thatsache, daß er 1618 für die Kirchenmusik zu Graz „zwei musikalische Opera [nicht Opern!] zu 4 und 5 Stimmen“ eingereicht und honorirt erhalten sowie im selben Jahre (eigentlich 1617) seine „Neue Musikalische Kurtzweil“ der „Landschafft des Ertzhertzogthums Oesterreich“ gewidmet hat, die Fortdauer seiner Beziehungen zu Oesterreich zu bezeugen. 1628 übernahm Sebastian Stüx das Cantorat von W., und im October 1634 ist dieser zu Rothenburg gestorben, wo er eine zweite Heimath gefunden hatte. Trotzdem führt er auf den Bücheraufschriften fast stets den Beisatz Hal(l)ensis, gelegentlich auch Suevus, was den Ursprung des Geschlechts oder die Differenzirung von Schwäbisch-Hall meinen kann.

W. war in erster Linie Componist und praktischer Musiker, und auf diesen Feldern ist er, besonders angesichts seiner Selbständig-, Vielseitig- und Fruchtbarkeit, noch ernstlich zu würdigen. Für mehrstimmigen Männergesang hat W. vor dem musikalischen Umschwunge des 17. Jahrhunderts als einer der letzten, aber auch unabhängigsten componirt. Jedoch hat er, seinen Widmungs- und sonstigen Gelegenheitsgedichten gemäß in Versbau und poetischer Rede geschickt, ferner für seine einschlägigen Tonwerke die untergelegten Texte wohl meistens sich zurechtgestaltet oder gar selbst geschaffen und, wie Kümmerle einer näheren Erörterung in der noch ungeschriebenen Geschichte der Entwickelung desselben [348] im 17. Jahrhundert für werth hält, seit 1606 eine „überaus fruchtbare Compositionsthätigkeit auf dem Gebiete des weltlichen deutschen Liedes“ entfaltet. Nach der erwähnten Sammlung „Geistliche Psalmen und Lieder“ von 1603 f., die, ja auf Auftrag und Kosten Wolfgang’s von Hohenlohe entstanden, unter 106 Nummern, d. i. 24 deutschen und 19 Lobwasser’schen Psalmliedern, 28 Festgesängen, 34 Katechismusliedern, der Litaney und 5 Gloriastrophen, in vierstimmigen Tonsätzen nur eine einzige neue, also möglicherweise Widmann’sche Melodie („Erstanden ist der heilig Christ“, noch heute im Hohenlohe’schen und in Rothenburg fortlebend) enthält, wozu später wol noch drei weitere Widmann’sche Originalmelodien dazukommen und 1639 von Widmann’s Nachfolger Stüx in zweiter, „mit andern zu dieser Zeit gebräuchlichen Kirchengesängen vermehrter“ Ausgabe erschien, liegt seine Hauptleistung auf diesem Revier: „Musikalische(r) Kurtzweil“, in vier Folgen beziehentlich erweiterten Neuauflagen 1611, 1618, 1623, 1624 gedruckt. Dazu kommen (die „Psalmen und Lieder“ und die folgenden PRAECEPTA beschreibt bibliographisch und inhaltlich E. Mayser, Alter Musikschatz [Mitthlgn. aus der Bibliothek des Heilbronner Gymnas. II, 1893] S. 69 f.) mehrere Dank- und Lobgesänge, „MVSICAE PRAECEPTA Latino-Germanica, cum hymnis Scholae quatuor vocibus compositis“ (1605 M. P. L-G., In VSVM STVDIOSAE JVVENTUTIS ROTENBVRGOTVBARInae, brevissimè conscripta: QVIBVS HYMNI, QVOS in Schola nostra in ingressu et ante dimissionem decantare solemus, sunt adiecti, quatuor vocibus compositi“, 1615), eine Sammlung „Erster Theil Neuer teutscher Gesänglein, mit gantz neuen Possirigen und Kurtzweiligen Texten“, nämlich 12 „teutsche weltliche Liedlein“ (1606; Staatsbibl. München), „Musicalischer Tugentspiegel, mit schönen Historischen vnd Politischen Texten voce vnd instrumentaliter zu gebrauchen, mit 5 Stimmen … Dabey auch newe Däntz vnd Galliarden mit 4 Stimmen“ (1614), „Heroischer Frawenpreiß, darinnen außerlesene schöne Historien von hochberühmten Tugenden, Worten, Wercken vnd loblichen Thaten fürtrefflicher Frawen vnd Jungfrawen Gesangsweise beschrieben“ (1617), „Gantz newe Canzonetten, Intraden, Ballete vnd Couranten vor vier vnd fünf Instrumente“ (1618), „XXXI geistliche Motetten zu drey, vier, fünff, sechs vnd acht Stimmen“ (1619), „Ein Schöner Newer Ritterlicher Auffzug, vom Kampff vnd Streyt zwischen CONCORDIA vnd DISCORDIA: darinnen der jetzige deß Reichs Zustand, vnnd wodurch derselbig zuremedieren, das Vatterland vor frembdem Joch zuschützen, vnd in friedlichem Flor zuerhalten sey, begriffen, vnd Gesprächsweiß für Augen gestellt wird … Darbey auch ein Musicalische Schlacht vnnd Soldatengesang, sampt andern auff etlich Capitl gerichten Compositionibus, neben musicalischen Gesängen, mit 3. et 4. Stimmen gesetzt, an Tag gegeben wird“ (1614 und [?] 1620), „Te deum laudamus mit 4 Stimmen componiert sammt einem Carmen dem Rat der Stadt [Rothenburg] dediciert“ (1615), „Musicalischer Studentenmuht: Darinnen gantz newe mit lustigen vnd fröhlichen Texten belegte Gesänglein lieblich zu singen vnd vff allerley Instrumenten zu gebrauchen, mit 4 vnd 5 Stimmen componiert“ (1622; ein Exemplar aus K. L. W. Heyse’s Besitz in die Berliner Kgl. Bibl. gekommen, als Beiband zu A. Metzger’s „Venusblümlein“: s. Heyse’s Bücherschatz Nr. 964), „Libellus Antiphona, hymnos, responsoria et reliquas conciones quae sub actu divino in templo choraliter decantari solent, continens, conscriptus“ (1627, auf Widmann’s Kosten). Ferner besitzen wir von W. noch einen Aufzug (Drama) von 1632 gedichtet und componirt, einen Dialog zwischen dem Herrn Christus und dem Menschen, die zwei bisher unbekannt oder unbeachtet gebliebenen, je einige Bogen energisch protestantischer Kampflieder nebst Notenbeilagen enthaltenden Schriften (München, Hof- und Staatsbibl., Quart, P. o. germ. 59 m, dritter und vierter Beiband) „Augusta Vindelicorum GRATIAE: Danckh- vnd Lobgesang [349] für die Erlösung auß der Päpstlichen Trangsal der Hochlöblichen Stadt Augspurg: Sampt andern Gebeten vmb Abwendung allerley Noth der Christenheit: Gestellt vnd mit 4. Stimmen componiert“ (einige W. lobende Apostrophen im Anhange) und „Helden-Gesäng: Dem Durchleuchtigsten, Großmächtigsten vnd Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn GUSTAVO ADOLPHO, Der Schweden, Gothen vnd Wenden König … Glorwürdigster Gedächtnuß etc.. Auch allen Ritterlichen Helden vnd Cavaillieren, Tapffern vnd Mannhafften Soldaten (so mit Darsetzung Leibs vnd Lebens, Guts vnd Bluts, die Libertet vnd Freyheit deß gemeinen Vatterlands Löwenmüthig zu defendieren begehren) Zu Lob vnnd Ehren Gestellt, vnd mit 4. Stimmen componiert“ (mit Widmung an den schwedischen Reichskanzler „Ochsenstirn“), die beide 1633 erschienen und W. noch frisch und sehr thätig zeigen.

Es ist an diesem Flecke versucht worden, ein vollständiges Verzeichniß der Widmann’schen Veröffentlichungen in möglichst genauer Titelfassung zu geben, welche Absicht freilich durch den Zwang, infolge von Unzugänglichkeit der meisten die bibliographischen Angaben anderer zu benutzen oder zu combiniren, beeinträchtigt wurde. Ebendarum auch muß hier eine nähere Würdigung sowie eine Unterscheidung derer, wo das musikalische und das textliche Element sich die Wage halten, fortbleiben. „Musicalisch(er) Kurtzweil“ nebst Fortsetzungen beschreibt Goedeke, Grundriß z. G. d. d. D.² II, S. 76–78 sorgsam nach dem Exemplar der Göttinger Universitätsbibl. Mus. 480 (vgl. nun „Die Musikwerke der kgl. Universitäts-Bibliothek in Göttingen. Verzeichnet von Alb. Quantz“, 2. Beiheft der „Monatshefte für Musikgeschichte“ XV, S. 40 f., Nr. 136–140, worunter Nr. 139 eine „Abschrift aus alter Zeit“ von 31 Liedern aus „Ander Theil Neuer Musikal. Kurtzweil“ Nrnbg. 1618); diese umfängliche Arbeit ist danach ein äußerst reichhaltiges Compendium des damaligen volksthümlichen Liederschatzes und des volksmäßigen Kunstgesangs. Auch verweist Goedeke a. a. O. auf bezügliche, andere Schöpfungen Widmann’s nicht vernachlässigende Notizen in E. L. Gerber’s beiden histor.-biogr. Tonkünstlerlexicis und C. F. Becker’s „Tonwerke des XVI. und XVII. Jahrh.“, 2. Ausgabe, S. 242 ff., wo freilich Fr. Widmannus neben Er(asmus) Widmannus steht; weshalb Goedeke ebd. S. 573 Nr. 8 Widmann’s „Frawenpreiß“ und „Auffzug“ (vgl. zu diesem Draudius, Biblioth. libr. germ. class. III, 566) extra unter „kirchliche Volksdichtung“ rubricirt, leuchtet nicht ein. Einen überaus sorgfältigen Artikel über E. W. lieferte jüngst S. Kümmerle in seiner „Encyklopädie der evangel. Kirchenmusik“ IV (1895) S. 324–329, der vielerlei bisher Ungewisses oder Fragliches feststellt, auch die größere Zahl der im Vorstehenden verarbeiteten Facten belegt; z. B. stützt er zuerst auf die schon 1883 durch Quantz (s. o.) hervorgehobene Angabe, die Tenorstimme des 1. Theils der „N. M. K.“ von 1618 (Widmung von 1617) trage Widmann’s Porträt „Anno Aetatis 45“ (aber mußte dies ganz neu sein?!), die von uns acceptirte ungefähre Geburtsziffer, führt auch die verschiedenen Musiklexica an, die bis auf die allerneueste Zeit (so noch Riemann’s 4. Auflage, 1894, S. 1177 b) ganz oberflächlich sind oder allerlei Daten der Bio- und Bibliographie Widmanns entstellen. Nach einem genauen Vergleiche dieser Skizze Kümmerle’s mit der bisherigen, durch G. Bossert (Archiv f. Litteraturg. XI, 318) und J. Hartmann’s (Württemberg. Vierteljhrhfte. f. Landesgesch. III, 226–229) mit Bossert’s Beihilfe gewonnener Liste der lebensgeschichtlichen Daten sind diese hier auf Grund der Titelangaben und aller älteren beiläufigen Quellen, die, soweit musikhistorisch, Kümmerle sämmtlich anführt, revidirt worden. Zuerst berücksichtigten unsern W. J. G. Walther, Musical. Lexicon, 1732, S. 650 b, und ausführlicher Zedler’s Universal.-Lex. LV (1748), 1874 f. was man übersehen hat. In neuerer Zeit handelte, mit einigen Rückweisen, [350] zuerst Hoffmann von Fallersleben über ihn: Weimar. Jahrb. III, 170 f.; eine Notiz über ihn als Dichter bot R. Kade, Monatshefte f. Musikgesch. XXI, 106. Kolb, der Haller Lokalhistoriker (s. oben bei Achilles Jason W.), ging seltsamerweise an Erasmus W. mit Stillschweigen vorbei. Für einige Mittheilungen während des Druckes vorstehenden Artikels aus den städtischen Acten von Rothenburg, die zur Kontrolle, theilweise auch zur Ergänzung dienten, bin ich dem Stadtmagistrat sowie Musikdirector Schmidt daselbst verbunden (die dortige Konsistorialbibliothek in der Lateinschule enthält nichts Bezügliches).

Georg Rudolf W.[1], der Bearbeiter des Faust-Volksbuchs, war ein Sohn von Georg Rudolf W. dem Aelteren (1530–1584), einem Doctor der Rechte, der dreißig Jahre hindurch als „Gemeiner Rath“ bei Graf Eberhard von Hohenlohe-Langenburg viel beschäftigter und häufig erwähnter juristischer Administrator gewesen und etwa 1560–1600 nachzuweisen ist. W. mag in Schwäbisch-Hall, der Familienheimath, geboren und aufgewachsen sein. Höchstwahrscheinlich ist er derjenige Georg W., den Crusius’ „Schwäbische Chronik deutsch“ (II, 286 f.) unter dem Jahre 1589 als Studenten zu Tübingen, Martin Crusius’ Zuhörer und Jüngling von guter Hoffnung anführt. Am 12. Sept. 1599 widmete er von Hall aus dem Sohne des Georg Friedrich Grafen v. Hohenlohe, in dessen Diensten sein Vater gestanden, seine Erweiterung und streng lutherisch-kirchliche Umarbeitung des anonymen Volksbuchs von Doctor Faust, wie es seit des Frankfurter Druckers Joh. Spies 1587er Speculationsbüchlein – es bleibt fraglich, ob ihm davon die heute von uns mit A bezeichnete Ausgabe neben der C benannten vorgelegen hat – wiederholt aufgelegt worden war: „Erster Theil DEr Warhafftigen Historien von den grewlichen vnd abschewlichen Sünden vnd Lastern, auch von vielen wunderbarlichen vnd seltzamen ebentheuren: So D. Johannes Faustus Ein weitberuffener Schwartzkünstler vnd Ertzzäuberer, durch seine Schwartzkunst, biß an seinen erschrecklichen end hat getrieben. Mit nothwendigen Erinnerungen vnd schönen exempeln, menniglichen zur Lehr vnd Warnung außgestrichen vnd erklehret“; „Der ander Theil“ und „Der Dritte Theil“ folgten im selben Jahre, ebenfalls zu Hamburg gedruckt. 1605 wurde W. als Lehrer an die zweite Classe des Gymnasiums zu Oehringen vorgeschlagen und bekam den Posten eines Hohenlohischen Capellmeisters und Stadtschreibers zu Neuenstein, ward also engster College seines Vetters Erasmus W. (s. o.), ist aber nicht mehr zu verfolgen.

Mit der handschriftlichen Vorlage, auf die Widmann’s Buch sich mehrfach beruft, scheint er geflunkert, das in der „Erinnerung“ zu II, 5 angekündigte Wagner- oder vielmehr „Wayger“-Buch nie ernstlich in Angriff genommen zu haben. Die Theilnahme der Nachwelt darf W. durch sein Faustbuch beanspruchen. Es wurde 1598 im Katalog der Fastenmesse von J. G. Portenbach (Zarncke, Berichte d. kgl. sächs. Gesllsch. d. Wiss., philol.-histor. Cl., XL, 1888, S. 200) voraus angekündigt, woher die ältere falsche Angabe einer 1598er Ausgabe in Draudius’ Bibl. class. III, 543 stammt, und erlebte nach der bei Herman Moller in Hamburg im nächsten Jahre erschienenen Ausgabe keine weitere Auflage bis zum Neudruck in Scheible’s „Kloster“ II, Zelle 6 (ebd. IV, 421–463 Inhaltsauszug), wohl aber 1674 durch den Nürnberger Arzt J. N. Pfitzer eine Umarbeitung mit ferneren moralischen Betrachtungen und einem rühmenden Vorbericht des Predigers C. W. Platz von Biberach, die nun weit verbreitet, öfters (so 1681, 1726 u. 1834 noch, mit Widmann’s Namensnennung, als Reutlinger Volksbüchlein bekannten Calibers) erneuert und als Ausgangspunkt der Beschäftigung mit der Faustfabel benutzt, wohl auch Goethe schon frühzeitig bekannt geworden ist. Neuausgaben davon besorgten Adelbert v. Keller, 1880, als 146. Publication des „Litterar. Vereins zu Stuttgart“, ohne irgendwelche biographische oder das Werk selbst treffende Beigaben, und Heinr. Düntzer, 1885, als Band 77 der [351] „Collection Spemann“ mit einer für uns nichts Neues bietenden Einleitung. Genaue bibliographische Beschreibung (vgl. auch K. L. W. Heyse, Bücherschatz. S. 114 Nr. 1732–1734, u. Katalog d. „Faust-Ausstellung im Goethehause zu Frankfurt a. M.“ 1893, Nr. 69–73) mit Notizen über Anspielungen und Erwähnungen bei K. Engel, Zusammenstellung der Faust-Schriften. Der Bibliotheca Faustiana 2. Aufl. (1885) S. 81–86 (90) zu Nr. 223(–225), und bei Goedeke, Grundr. z. G. d. d. D.² II, 567 f. (ebd. S. 561: „Unter Benutzung dieser ersten gedruckten [Spies’schen von 1587] und einer handschriftlichen (deutsch oder lateinisch) abgefaßten und schon vor dem Drucke verbreiteten Sammlung stellte G. R. Widman die seinige zusammen, die mit moralisirenden Anmerkungen begleitet wurde, um dem sonst allzubedenklich erscheinenden Stoff den Eingang nicht zu erschweren“). Flüchtige Rücksicht nehmen auf Widmann’s sehr selbständig gehaltene Gestaltung des Faustanekdoten-Kanons sämmtliche geschichtliche Darstellungen der Faustsage und -dichtung; seine schriftstellerische und stilistische Eigenart kommt dabei jedoch überall zu kurz, am gerechtesten beurtheilen ihn noch K. A. v. Reichlin-Meldegg, Die deutschen Volksbücher von J. Faust u. s. w. II, 5 (auch in Scheible’s „Kloster“ XI, 417) und A. Kühne, Ueber die Faustsage. I. (Zerbster Gymnasialprogr. 1860) S. 42–53. W. Menzel, Gesch. d. dtsch. Dchtg. II, 194 sagt, Widmann’s drei Bände „lassen gerade das Erhabene und Tiefe aus dem älteren Volksbuch weg und nehmen nur die Schwänke auf, die sie mit einigen anderen vermehren. Zudem hat W. auch die Disputationen zwischen Faust und dem Teufel in die geistloseste Breite ausgedehnt,“ redet von „dem elenden Machwerk Widmann’s, dessen erste Ausgabe[!] 1599 erschien“ und die „treffliche Dichtung“(?!) des ältesten 1587er Volksbuchs vergessen gemacht habe (so auch Bielschowsky i. d. Vierteljhrschr. f. Litteraturg. IV, 205, wo S. 201 wie bei Menzel [s. ebenda] Werth auf Faust’s Erscheinen am Kaiserhofe bei W. gelegt wird), zählt endlich die „Hauptabweichungen“ Widmann’s auf, woraus hervorgehoben sei: Teufel Faust’s Begleiter als Hund, „Auerbach’s Keller“-Scene in Leipzig, Luftritt als wilder Jäger, kurzer Bericht von Helena und ihrem Sohne. Eine, ohne die Vorlage endgültig zu erweisen, äußerlich peinliche Collation der bei W. benutzten Materialien mit denen des ersten Faustbuchs liefert Julius Dumcke, Die deutschen Fanstbücher nebst einem Anhange zum Widman’schen Faustbuche (Leipziger Dissertation 1891), S. 34–63 (vgl. dazu Ph. Strauch i. d. Jhrsber. f. neuere dtsch. Litteraturgesch. II. 3, 32); er bemerkt im allgemeinen (S. 35), Widmann’s Werk unterscheide sich wesentlich vom Volksbuche, verflache die ganze Erzählung, habe die altmodischen Disputationen über naturwissenschaftliche Fragen gestrichen statt verbessert und dem Charakter des Faust alles genommen, „was ihn uns interessant und werth macht,“ sowie S. 63 „die aus dem Volksbuche übernommenen Erzählungen sind zum großen Theile erweitert und mehr ausgemalt; es verräth sich hierbei eine gewisse Vorliebe für Zwiegespräche in directer Rede, wo das Volksbuch nur einfach berichtet.“ Mancherlei sachliche Vergleiche, die auch ein Licht auf Widmann’s Persönlichkeit fallen lassen, gibt C. Kiesewetter, Faust in der Geschichte und Tradition (1893), S. 76–79, 83 f., 110–112, 202–258, besonders S. 244 f., mit redlich verzeichneter Unterstützung der Localhistoriker Schwäbisch-Hall’s, Archivar Prof. Kolb und Stadtrath Schauffele, der aus der Ueberlieferung des 16. Jahrhunderts eine Menge Widmann’scher Anspielungen in Hall selbst nachweist. Gut zerlegt „la version de Widman et ses dérivés“ E. Faligan, Histoire de la légende de Faust (1888), 197–232. Was es mit einer französischen Uebersetzung einzelner(?) Widmann’scher Stellen auf sich hat, die ich bei Alfred Maury, Croyances et légendes du moyen âge (1896), S. 223, A. 3 und S. 238 A. 6 nach Palma Cayet’s Uebersetzung in der Uebertragung des Goethe’schen „Faust“ von Gérard [352] de Rerval citirt finde, kann ich nicht bestimmen. Eine seltsame Berührung einer Widmann’schen Notiz mit Shakespeare, Heinrich IV., 2. Th., IV, 4, 367 bringt M. Koch i. d. Engl. Studien XVII, 317 bei. Bruinier, Ztsch. f. dtsch. Phil. 29, 189 A. 2 sagt: „Die Sage des Volkes hat uns W. überliefert“.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. a b c S. 344–352. Widman(n): über den Chronisten Georg W. machte Kolb neuerdings genauere Mittheilungen i. d. „Ztschr. d. Hist. Ver. f. d. württ. Franken“ N. F., VI (Jubiläumsheft): ein Artikel über sein Leben, sowie über die Handschriften seiner Chronik. – Mit Erasmus W. beschäftigt sich Musikdirector E. Schmidt in Rothenburg o. d. Tauber, sein jetziger Amtsnachfolger, der mich bei meinem Artikel hülfbereit unterstützt hat, gegenwärtig noch eingehender. Er machte Widmann’s für Rothenburg bearbeitetes Choralbüchlein (in Zahn’s 1896 aufgelöster hymnolog. Bibliothek [jetzt München Staatsbibl.]) ausfindig, veröffentlichte von den Heldengesängen auf Gustav Adolf gelegentlich des 300. Gustav-Adolf-Geburtstags zwei mit zwei andern (1 selbstcomponirt) Festgesängen und widmete sie dem schwedischen Kronprinzen Gustav Adolf. In demselben Briefe (Mai 1898), dem diese Notizen entstammen, schreibt er: „Das nach Augsburg gerichtete Lob- und Danklied hat zwar einen von W. gedichteten Text als Unterlage, die Melodie ist aber eine schon früher gebräuchliche“. Schmidt sammelt Daten und Belege für die Cantorei zu Rothenburg und die dortige Pflege der Kirchenmusik bis 1510 rückwärts und verdient in diesem Streben, wobei er u. a. zu dem Ergebnisse gelangte: „Speciell über E. Widmann, der vielleicht der bedeutendste unter den hiesigen Organisten und Cantoren gewesen, findet sich auffallender Weise sehr wenig“, nachdrückliche Förderung. „Ein Hochzeitlich Ehrengesänglein, dem … Herrn J. Leopoldo … Doctori zu Nürnberg … vnd mit vier Stimmen componiert, durch ERASMUM WIDMANNUM Halensem der zeit bestellten Cantorem, Organisten vnd Praeceptorem in [?] Classicum zu Rothenburg uff der Tauber“ (Nürnberg M.DCXV), ein Folioblatt, Partitur, Text („Agnes, mein Schatz“) von 5 Strophen verzeichnet Reinhard Vollhardt’s „Bibliographie der Musik-Werke in der Rathsschulbibliothek zu Zwickau“ (1896), S. 263 Nr. 754. – Die Stellung des Faustbuch-Bearbeiters Rudolf Widmann innerhalb der Tradition und ihres Wandels ist vielfach neu und überraschend beleuchtet worden durch die Forschungen, die Gustav Milchsack in der Einleitung zum I. Theile seiner Ausgabe der ‚Historia D. Johannis Fausti des Zauberers‘ (Wolfenbüttel 1892–1897) niedergelegt hat; der II. Theil wird die Rolle, die dem gottgläubigen Schwaben W. innerhalb dieser neuartigen Entwicklung der Faust-Idee zufällt, verdeutlichen; doch seine Persönlichkeit rückt damit in kein andres Licht. Vgl. auch Al. Tille, Faust-Bücherei. I (1898). [Bd. 44, S. 574 f.]