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Artikel „Wichmann“ von Karl Uhlirz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 780–790, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wichmann_von_Seeburg&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 11:13 Uhr UTC)
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Wichmann *): W. (Wicmann, Wigmann), Dompropst von Halberstadt (1146–1149), Bischof von Naumburg-Zeitz (1149–1154), Erzbischof von [781] Magdeburg (Mai 1152, bezw. Sommer 1154), † am 25. August 1192. – Mit ihm und seinem Neffen Konrad endet das Geschlecht der Grafen von Seeburg, der Zweig einer der vornehmsten Familien des Sachsenlandes. Des Vaters Urgroßvater war Burchard, ein Neffe des hl. Brun-Bonifatius, aus dem Hause der Querfurter Grafen. Burchard’s Schwester Ida wurde die Stammmutter der Supplinburger, von seinen Söhnen pflanzte der ältere, Gebhard, die Querfurter Linie fort, welcher mehrere Magdeburger Burggrafen und auch ein Vorgänger Wichmann’s auf dem erzbischöflichen Stuhle, Konrad (1134–1142), angehörten, der jüngere, Christian, aber erhielt Güter nördlich von dem Stammsitze. Er dürfte eine Person mit dem im J. 1039 erwähnten gleichnamigen Vogte des Klosters Gandersheim sein (Harenberg, Hist. Gandershem. p. 440, 669), welches schon im J. 980 den Burgbann in Seeburg, nach dem Christian’s Nachkommen benannt wurden, erhalten hatte (Mon. Germ. DO. II. 214). Christian’s Gemahlin ist unbekannt, seine Söhne waren Wichmann, Graf von Seeburg, und Wilhelm, Graf von Lutisburch, von dem wir nähere Kunde nicht besitzen. Als Wichmann’s Gemahlin wird vom sächsischen Annalisten Gisela, die Tochter Otto’s von Schweinfurt, angegeben, da aber Erzbischof W. seine Großmutter Bertha nennt und Otto’s Tochter dieses Namens mit Friedrich von Habsberg vermählt war (Moritz in Abh. der hist. Classe der bair. Akademie I, 2b, 13, 104, 136), so wird man Gisela aus der Reihe der unmittelbaren Vorfahren des Erzbischofs auszuscheiden haben. Ueber Bertha’s Herkunft fehlt es an sicherer Nachricht. Aus ihrer Ehe mit W. stammten Gero (Gerhard, Gert), Hadwig, Aebtissin von Gernrode, und Geva, deren Gemahl wir nicht kennen, die aber einen Sohn Dietrich hatte, im J. 1166 als verstorben angeführt wird und im Kloster Ichtershausen ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. Gero vermählte sich mit Mathilde, der Tochter des Markgrafen Thiemo und Schwester Konrad’s des Großen, der nach dem Tode Heinrich’s II. (1123) die Mark Meißen erhielt. Als Söhne Gero’s und der Mathilde sind sicher bezeugt Erzbischof W. und Graf Konrad, der im J. 1155 und nach 1161 urkundlich erwähnt wird, vor seinem Bruder starb und einen Sohn Konrad hinterließ, den wir im J. 1191 als Propst von Seeburg finden. Ob wir noch einen dritten Sohn Ekbert annehmen dürfen, ist vorläufig nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Erzbischof W. erscheint im Besitze umfangreichen Landgebietes in Niederösterreich, südöstlich von Gleiß an der Ybbs, welches nach seiner Aussage bereits seine Vorfahren innegehabt hatten. Wir wissen nicht, auf welche Weise die Seeburger zu diesen Gütern gekommen sind, und es wäre müßig, auf die zahlreichen und kühnen Hypothesen, welche diese Thatsache hervorgelockt hat, einzugehen, da diese Frage doch erst nach eingehender Untersuchung der Genealogie der Seeburger, sowie der verwickelten Besitzverhältnisse im Flußgebiet der Ybbs gelöst werden könnte. Es genüge hier darauf hinzuweisen, daß schon zu Zeiten des Bischofs Reginbert (1138–1148) Wichmannus, vir ingenue nobilitatis de Saxonia, zu Gunsten Passaus urkundet (Mon. Boica 28b, 104 Nr. 7), und daß Erzbischof W. selbst bezeugt, wie seine Vorfahren von Anfang an das im J. 1116 gegründete Kloster Seitenstetten als Nachbarn unterstützt haben. Da nun in einer Bulle Urban’s III. für dieses Stift vom Jahre 1186 (Fontes rer. Austr. II, 33, 16, Nr.12) unter anderem auch die Schenkungen eines Gero, comes de Cluze, und seines Sohnes, des Grafen Ekbert, bestätigt werden, so hat man ohne weiteres diesen Grafen von Gleiß mit des Erzbischofs gleichnamigem Vater für eine Person und Ekbert für einen Bruder Wichmann’s erklärt. Auffallend bleibt allerdings, daß Gero nicht nach seinem sächsischen Sitze, der Erzbischof, dessen Schenkungen unmittelbar darauf angeführt sind, nicht als sein Sohn bezeichnet wird, daß W. selbst diese Schenkungen in seinen Urkunden nicht besonders anführt, und daß er im J. 1155 [782] ausdrücklich sagt, neben ihm habe nur sein Bruder Konrad Anspruch auf das mütterliche Erbe gehabt (Mülverstedt, Reg. 1310). Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei der Ausfertigung der päpstlichen Bulle insofern ein Irrthum unterlaufen ist, als etwa die Seeburg’schen Ministerialen in Gleiß den Titel comes erhielten.

Nach Gero’s Tode vermählte sich Mathilde mit dem Grafen Ludwig von Wippra, durch diese Ehe erhielt W. zwei Halbbrüder, den Grafen Ludwig und den Abt Ludwig von Merseburg. Andere Verwandte Wichmann’s waren ein Wichmann, der schon im J. 1116 in das Johannesstift zu Halberstadt getreten war und daher kaum eine Person mit dem als Stifter von Kaltenborn bekannten Grafen Wichmann sein kann, ferner Udo II., Bischof von Naumburg (1161–1186), Dietrich, Propst von St. Peter und Nicolai in Magdeburg, und Aebtissin Adelheid von Quedlinburg, die Schwester des Pfalzgrafen Adalbert von Sommerschenburg.

W., der im J. 1116 noch nicht zu seinen Jahren gekommen war, also frühestens im J. 1105, spätestens im J. 1115 geboren sein kann, war wol von Anfang an für den geistlichen Stand bestimmt. Seine erste Ausbildung dürfte er vielleicht in dem Johanneskloster bei Halberstadt, dem seine Mutter im J. 1116 eine Schenkung machte, erhalten haben, worauf er dann in das Halberstädter Domcapitel eingetreten sein wird. Haltlos sind die Fabeleien über seine angeblich in Passau und Regensburg zugebrachte Schulzeit, während die ihm zugeschriebenen Studien in Paris durch leichtfertige Uebertragung einer auf seinen Nachfolger Ludolf bezüglichen Notiz entstanden sind. Zuerst wird er urkundlich im J. 1145 als Propst des Halberstädter St. Paulsstiftes erwähnt. Als ein Jahr später Dompropst Martin durch sein Verhalten die Abneigung der Kanoniker erregt und eine päpstliche Entscheidung seine Absetzung zur Folge hatte, trat W. an seine Stelle. In dieser Eigenschaft betheiligte er sich an mehreren Rechtshandlungen des Bischofs Rudolf, unter denen die Bestätigung des Klosters Marienzell bei Querfurt deshalb zu erwähnen ist, weil dasselbe vornehmlich der Freigebigkeit der Querfurter Grafen seine Entstehung verdankte. Im J. 1148 fand Bischof Udo I. von Naumburg auf der Heimfahrt aus dem heiligen Lande im Meeressturm sein Ende, da ward der vornehme Propst von Halberstadt sein Nachfolger. In dem neuen selbständigen Wirkungskreis entfaltete W. eine nachdrückliche und umsichtige Thätigkeit, im kleinen ein Vorbild dessen, was er später in größerem Maßstabe leisten sollte. Die Domkirche wurde in guten Stand gebracht, die Pfarrkirchen in Naumburg wurden vermehrt, die Klöster des Sprengels erfuhren mannigfache Förderung, mit allem Eifer achtete de Bischof auch auf die weltlichen Pflichten seines Amtes, wir sehen ihn in nahen Beziehungen zu dem staufischen Hause und zu Albrecht dem Bären. Bald wurde er zu Höherem berufen. Am 14. Januar 1152 war Erzbischof Friedrich von Magdeburg gestorben. Die Kanoniker versammelten sich im Mai zur Wahl eines Nachfolgers, konnten aber keine Einigung erzielen, da sich die Stimmen auf die beiden Vorstände der Domgeistlichkeit, den Propst Gerhard und den Decan Hazeko, theilten. Sie brachten die Angelegenheit vor den König, der sich damals zum ersten Male in Sachsen aufhielt und in Merseburg das Pfingstfest feierte. Nach der Bestimmung des Wormser Concordats hätte nun Friedrich im Einvernehmen mit den Bischöfen sich für den würdigeren Bewerber entscheiden sollen, aber nach einer damals bei Hofe gangbaren Auslegung dieses Vertrages verwarf er beide und veranlaßte, um die Form zu wahren, die Partei des Decans dazu, den Naumburger Bischof zu wählen, dem er alsbald die Regalien verlieh. Den König bewogen zu seinem Verhalten in erster Linie kirchenpolitische Absichten, die er selbst in seinem Briefe an Otto von Freising aufs schärfste betonte, es [783] handelte sich für ihn um eine Kraftprobe, er wollte die günstige Gelegenheit benützen, um von Anfang an seinen Einfluß und seine Macht auch in geistlichen Angelegenheiten durch die That zu beweisen. Man wird aber nicht verkennen dürfen, daß die Verhältnisse Sachsens nicht minder die Besetzung des Erzstuhles mit einem Manne von erprobter Treue und politischer Tüchtigkeit dringend erheischten. In dem Kampfe der von ausschließlich dynastischen Interessen geleiteten Mächte des welfischen und askanischen Hauses fiel die Vermittlerrolle, die Wahrung der Reichseinheit und die Aufrechthaltung der königlichen Gewalt naturgemäß dem Magdeburger Erzbischof zu. Solchen Anforderungen dürften weder Gerhard noch Hazeko genügt haben, aufs beste geeignet aber war dafür W., nicht allein wegen seiner persönlichen Eigenschaften, sondern auch infolge seiner nahen Verbindung mit der Familie der Wettiner. Unzweifelhaft war also eine jener Lagen vorhanden, in denen das politische Erforderniß mit den Satzungen des kanonischen Rechtes in Widerspruch gerathen mußte. Die streng kirchliche Partei, als deren Vertreter wir den Dompropst betrachten dürfen, war aber nicht geneigt, die vom Könige geschaffene Thatsache ohne weiteres hinzunehmen. Gerhard ging nach Rom und wandte sich an den Papst Eugen III. Mit großer Vorsicht verhielt sich W., er nahm zwar den Titel eines Erzbischofs an, übte aber das Amt nicht aus und behielt sein Bisthum vorläufig bei. Schon vor seiner Erhebung hatte er in einem Familienrathe zu Halle mit seinen beiden Tanten die Erbschaft nach seiner Großmutter Bertha geregelt und folgte nunmehr dem Könige nach Baiern. Man versuchte zunächst eine ihm günstige Entscheidung des Papstes zu erreichen und zu diesem Zwecke schickten die deutschen Bischöfe von Regensburg aus ein Schreiben an Eugen, das in voller Würdigung der Vorzüge Wichmann’s und der politischen Lage selbst von gregorianisch gesinnten Männern unterfertigt wurde. Doch half diese Fürsprache wenig. Eugen III. beharrte auf den kirchenrechtlichen Forderungen und auf der richtigen Handhabung des Wormser Vertrages. Am 1. August erließ er in diesem Sinne eine Weisung an das Magdeburger Domcapitel, am 17. erfolgte seine tadelnde Antwort an die deutschen Bischöfe, in der er bei aller Anerkennung der Tüchtigkeit und der Verdienste Wichmann’s Wahl und Investitur verwarf. Diesen schriftlichen Aeußerungen folgten die päpstlichen Legaten, welche neben anderen auch die Magdeburger Frage zum Austrag bringen sollten. Zu Ostern 1153 waren sie in Bamberg beim Könige und hier traf auch W. mit ihnen zusammen, wobei er sich wieder nur des Titels eines Zeitzer Bischofs bediente. Obwohl die beiden Cardinäle noch bis über Pfingsten sich im Gefolge Friedrich’s befanden, war es ihnen doch unmöglich, eine Entscheidung im päpstlichen Sinne zu erlangen. W. nahm nach ihrer Abreise wieder den erzbischöflichen Titel an und weilte im September beim Könige in Regensburg. Inzwischen hatten sich seine Aussichten gebessert. Am 8. Juli war Eugen III. gestorben und ihm Anastasius IV. gefolgt, der eher zu Verhandlungen und zu einem Ausgleich geneigt schien. Zwar sandte auch er den Cardinal Gerhard als Legaten wegen der Magdeburger Sache ab, der aber ebenfalls die Nutzlosigkeit weiteren Widerstandes bei der Entschlossenheit Friedrich’s erkennen mußte. Ende März hatte er sich zu W. nach Naumburg und von da zur Osterfeier nach Magdeburg begeben. Nach derselben trat W. seine Romfahrt an und in unmittelbarer Verhandlung mit dem Papste erhielt er dessen Anerkennung und das Pallium. Wohl noch vor seiner Abreise war in Zeitz-Naumburg der Dompropst Berthold zu seinem Nachfolger gewählt worden, dessen Wahl allerdings erst nach der päpstlichen Bestätigung Wichmann’s als Erzbischofs in Kraft treten konnte. Damit war die schwierige und wichtige Sache erledigt zur nicht geringen Freude des Königs, dessen „Autorität von nun an nicht bloß in weltlichen, sondern [784] auch in geistlichen Angelegenheiten beträchtlich gewachsen war“, zum Verdrusse der Gegenpartei, die ihrem Aerger in einer thörichten Erzählung über die Art, wie der Erzbischof das Pallium erhalten haben soll, Luft machte. Dompropst Gerhard scheint nur kurze Zeit gegrollt zu haben, schon seit dem Jahre 1156 begegnen wir ihm wieder in den Urkunden und er übte sein Amt, bei Kaiser und Papst in gutem Ansehen, bis zu seinem Tode am 13. April 1161 aus. Im Erzbisthum selbst scheint er an Einfluß hinter dem Abte Arnold vom Kloster Berge zurückgetreten zu sein, der sich ganz besondere Verdienste um die Wahl Wichmann’s erworben hatte und sich auch fernerhin dessen Wünschen gefügig erwies. Decan Hazeko behielt ebenfalls seine Stelle bei und wurde mit der Propstei von St. Sebastian bedacht, sein Nachfolger im Decanat, Propst Siegfried von St. Nicolai, erscheint zuerst am 21. November 1161 in den Urkunden.

Am 19. September 1154 ist der neue Erzbischof in Halle nachweisbar und von da an beginnt erst sein Wirken an der Spitze der sächsischen Metropole. Eine lange Amtsdauer war ihm beschieden, durch volle 38 Jahre, welche mit einem der glänzendsten Abschnitte deutscher Geschichte zusammenfallen, sollte er an diesem hervorragenden Platze stehen. Dreifache Gewalt vereinigte er in seinen Händen, und wenn sich auch die verschiedenen Wirkungskreise vielfach durchschneiden, so werden wir doch einen klaren Ueberblick über seine Thätigkeit am ehesten gewinnen, wenn wir ihn in seinem Verhältnisse zum Reiche, zu seinem Lande und zu seinem Erzsprengel zu betrachten versuchen.

Um Wichmann’s Thätigkeit als Reichsfürst zu beleuchten, müßte man fast die ganze deutsche Geschichte von 1152–1177 wiederholen. Jahr für Jahr finden wir den Magdeburger im Gefolge des Herrschers, an den wichtigsten Regierungshandlungen Friedrich’s hatte er Theil als Berather oder Vollzieher, in steter Treue ist er seinen Verpflichtungen gegen das Reich nachgekommen, gleich tapfer kämpften seine Schaaren unter dem rauhen Himmel des wendischen Waldlandes, wie unter der heißen Sonne Italiens; war er selbst verhindert zu kommen, so fanden sich Dompropst oder Burggraf als seine Vertreter bei Hofe ein. Nur weniges kann hier hervorgehoben werden. Im Juni 1156 war er zu Würzburg Zeuge der Vermählung des Kaisers mit Beatrix, im August des nächsten Jahres nahm er an dem Zuge gegen Polen Theil, zu dem Friedrich das Heer in Halle versammelt hatte; rückkehrend von dem denkwürdigen Aufenthalte zu Besançon feierte dann der Kaiser Weihnachten in Gemeinschaft mit dem Freunde in Magdeburg. Dem italienischen Zuge des Jahres 1158 und der Belagerung Mailands dürfte er ebenso wenig wie sein angeblicher Bruder Ekbert, den man mit dem gleichnamigen Grafen von Pütten verwechselt hat, beigewohnt haben, in ausgiebigster Weise aber unterstützte er den Kaiser im J. 1160, er selbst weilte zu wiederholten Malen jenseits der Alpen, seine Sachsenkrieger blieben während seiner Abwesenheit und auch nach der Rückkehr Friedrich’s in Italien. Im August 1162 finden wir ihn im Gefolge des Kaisers bei den ergebnißlosen Verhandlungen in St. Jean-de-Losne. Die nächsten Jahre war W. allerdings durch heimische Angelegenheiten und seine Palästinafahrt mehr in Anspruch genommen, doch nahmen seine Mannschaften an dem unglücklich endenden italienischen Zuge des Jahres 1167 theil. Im Juni 1169 war er bei der Wahl Heinrich’s VI. in Bamberg, im Sommer 1171 verweilte er in Prag und übernahm hier die Vermittelung wegen der Besetzung des Salzburger Erzbisthums zu Gunsten des böhmischen Königssohnes Adalbert. Neuerdings finden wir ihn im Anfange des Jahres 1175 höchst wahrscheinlich im kaiserlichen Auftrage in der Moldaustadt, offenbar um hier gegen verschiedene Maßregeln des neuen Herzogs Sobieslav, welche des Kaisers Mißfallen erregt hatten, einzuschreiten. [785] Eine damit in Zusammenhang gebrachte Gesandtschaft Wichmann’s nach Ungarn verdankt nur einer Mißdeutung des kaiserlichen Schreibens (Sudendorf, Registrum I, 80 Nr. 35) ihre Entstehung. Im April des nächsten Jahres führte W. in Gemeinschaft mit dem Erzbischof Philipp von Köln die deutschen Hülfstruppen nach Italien und war Zeuge der Schlacht bei Legnano (29. Mai 1176). Die nächsten Monate waren der Herstellung des Friedens zwischen Friedrich und Alexander III. gewidmet, es wird daher am Platze sein, die Stellung Wichmann’s in dem Streite der kaiserlichen und päpstlichen Gewalt zu beleuchten. Der Magdeburger war in diesem Gegensatze emporgekommen, dem Kaiser treu ergeben, doch war er keine Kampfnatur, sein Bestreben war, wie wir sahen, von Anfang an darauf gerichtet, bei aller Ergebenheit gegen den Kaiser doch nicht in offenen Widerstand gegen den Papst zu gerathen. Er wird in diesem Verhalten durch den Dompropst Gerhard bestärkt worden sein, der einmal neben dem Bischof Eberhard von Bamberg als der geeignetste Vermittler in dem drohenden Streit gerühmt wurde. Doch war W., eine durchaus staatsmännische Natur, keineswegs für theoretische Erörterung und dialektisches Weiterspinnen der strittigen Fragen eingenommen und neigte jedenfalls mehr nach der kaiserlichen als nach der römischen Seite. Daher hat er auch das Schreiben der deutschen Bischöfe an Hadrian IV. (1158) mit gefertigt und nach dieses Papstes Tod (1. September 1159) den von der kaiserlichen Partei gewählten Victor IV. auf der Synode zu Pavia (Februar 1160) anerkannt, bei welcher Gelegenheit er von dem Kaiser eine Besitzbestätigung für das von ihm begünstigte Naumburgische Kloster Bosau, von dem Papste aber besondere Vorrechte für sich und seine Domherren, sowie die Unterstellung des Bisthums Pommern unter seine erzbischöfliche Gewalt erwirkte. Eine Aenderung trat mit dem Jahre 1164 ein. Der Tod Victor’s IV. (April 1164), das gewaltthätige und willkürliche Vorgehen Reinald’s von Dassel hatten die Rechtslage sehr zu Gunsten Alexander’s III. verschoben, bei allen einsichtigen Männern mußten sich schwere Bedenken geltend machen, wenn sie den Schaden betrachteten, welchen die allgemeinen und besonderen Interessen der Kirche durch die Fortdauer eines aussichtslosen Kampfes erfuhren, für den Magdeburger Erzbischof aber mußten die Wirkungen des Schismas in Sachsen besonders deutlich werden, wo Heinrich der Löwe schonungslos die Unsicherheit der kirchlichen Lage für seine Zwecke auszunutzen verstand. Wie Konrad von Mainz von einer Fahrt nach Compostella, so kehrte W. von einem Besuche des heiligen Landes, den er im J. 1164 unternommen hatte, mit veränderter Gesinnung heim. Auf päpstlicher Seite hat man diese Wandlung als Folge eines in der Gefangenschaft, in die W. gerathen sein soll, gethanen Gelübdes erklärt, aber es bedurfte für ihn kaum einer solchen Nöthigung. Die Steigerung des religiösen Gefühles, die mit diesen Pilgerfahrten verbunden war, mußte nicht minder stark auf ihn einwirken als der Umstand, daß er, losgelöst von den persönlichen und politischen Einflüssen der Heimath, die Sachlage unbefangener und in ihrer Wesenheit beurtheilen lernte. Im Wandel an den heiligen Stätten, zu welchen die mächtigste Idee seines Zeitalters mit zauberhafter Gewalt Herz und Geist der Menschen hinlenkte, mußte es ihm klar werden, daß die vornehmsten Interessen des Christenthums, welche hier ihr sichtbares Ziel gefunden hatten, nicht durch den Kampf der beiden höchsten christlichen Gewalten gefördert werden konnten.

Kam W. als ein Anderer zurück, so war doch davon keine Rede, daß er nunmehr zur Gegenpartei übergetreten, sich von dem Kaiser losgesagt hätte. Dem bewahrte er auch weiterhin die Treue, sein Streben war auf einen Ausgleich zwischen Kaiser und Papst gerichtet. Begegnete er auf diesem Wege auch [786] einer Anzahl gleichgesinnter Männer, so war ihm doch schwere Prüfung nicht erspart, da alle Bemühungen für den Frieden an der Kampfeslust Reinald’s von Dassel scheiterten. Offenkundig wurde der schwere Zwiespalt, in den W. gerathen mußte, in den leidenschaftlich erregten Auftritten des Würzburger Reichstags im Mai 1165, wo er gegen den Kölner Erzbischof seine warnende Stimme erhob, ohne jedoch dessen verhängnißvollen Einfluß auf den Kaiser brechen zu können. Etwas günstiger gestalteten sich die Friedensaussichten nach der unglücklichen Heerfahrt des Jahres 1167, auf der Reinald den Tod gefunden hatte. Da am 20. September 1168 auch Paschalis III. starb und sein Nachfolger Calixt III. so gut wie keinen Einfluß gewann, war thatsächlich das Schisma behoben. Doch hatten die in den nächsten Jahren wiederholten Versuche, eine Einigung herbeizuführen, keinen Erfolg. Dieser sollte erst im J. 1176 erzielt werden. Nach der Schlacht von Legnano wurde die Sache mit allem Ernste in Angriff genommen und endlich konnten im October Christian von Mainz, W. und Konrad, der Erwählte von Worms, als Friedensboten zu Alexander III. reisen, den sie am 21. October in Anagni trafen. Nach fünfzehntägigen Verhandlungen kam es zum Abschlusse eines Vertrages. Ihm folgte eine sehr angestrengte Thätigkeit der kaiserlichen Staatsmänner, welche endlich zu dem Frieden von Venedig (1. August 1177) führte. An allem und jedem hatte der Magdeburger Erzbischof den hervorragendsten Antheil gehabt, es war der größte und schönste Erfolg seines Lebens, in Reim und Prosa wurde er gefeiert und namentlich in Sachsen war man geneigt, ihm alles Verdienst ausschließlich zuzuschreiben. Froh eilte er aus der Lagunenstadt der Heimath zu, wo er schon am 4. October nachweisbar ist. Drei Jahre später schien W. neuerdings in Gegensatz gegen den Papst zu kommen, da Alexander III. ihm ernste Mahnungen wegen des die Abtei Nienburg betreffenden Tausches zugehen ließ, doch starb der Papst am 30. August 1181 und sein Nachfolger Lucius III. erwies sich dem Magdeburger günstig gesinnt, er bestätigte ihm den Besitz Nienburgs (1182 Juni 5) und dem Erzstifte den Besitz der von W. zugebrachten Güter und Ländereien (1184 October 25). Noch einmal hatte W. Anlaß, in dem Streite zwischen Kaiserthum und Papstthum Stellung zu nehmen, als er in einem mannhaften, kräftigen Schreiben die Ansprüche des den Deutschen feindlich gesinnten Urban III. zurückwies (December 1186).

Mit dem Frieden von Venedig hörte Wichmann’s stete und unmittelbare Theilnahme an den Reichsangelegenheiten auf; zwar erschien er noch am Hofe, wenn der Kaiser nach Sachsen kam, mit zahlreichem Gefolge nahm er zu Pfingsten 1184 an dem Mainzer Feste Theil, auch dem jungen König Heinrich erwies er sich als treuer Berather und sandte ihm im J. 1185 seine Krieger unter dem Befehle des Burggrafen Gebhard, dessen Bruder Konrad Heinrich’s Erzieher war, nach Italien, aber in der Hauptsache beschränkte sich der dem Greisenalter nahe Erzbischof auf die Angelegenheiten des Sachsenlandes und seines Erzsprengels.

Als Landesherr war W. vornehmlich durch den Streit Heinrich’s des Löwen mit den sächsischen Fürsten und durch die Colonisation der überelbischen Lande in Anspruch genommen. Allerdings war W. von Anfang an in gutem Verhältniß zu Albrecht dem Bären, das er auch bis zu dessen am 18. November 1170 erfolgten Tode aufrecht erhielt, doch thäte man Unrecht, ihn von vornherein als einen Gegner des Welfen und als den Mittelpunkt aller gegen diesen gerichteten Bestrebungen zu betrachten, eher dürfte man ihm eine persönliche Vorliebe für den hochbegabten und bedeutenden Fürsten zusprechen. Oft erscheint er in kaiserlichen Urkunden als Intervenient für Heinrich, er nimmt auch an dessen wichtigeren Regierungshandlungen Theil und hat sich [787] während der langen Kämpfe stets zur Vermittelung geneigt erwiesen. Man wird sagen dürfen, daß er sich sein Verhalten nach dem des Welfen eingerichtet, dabei aber stets das Interesse des Reichs und seines Erzsprengels im Auge behalten hat. Indem er diese Linie einhielt, mußte er wiederholt im Gegensatz gegen den gewaltthätigen, von weitreichenden Herrschaftsplänen erfüllten Herzog gerathen. Heinrich hatte in territorialen und kirchlichen Fragen, die ihn mit Bremen, Halberstadt und Köln in steten Kampf verwickelten, mit Magdeburg nicht viel zu thun, es gab in dieser Hinsicht wenig Berührungs- und Streitpunkte, ein gutes Auskommen wäre möglich und auch im Interesse des Welfen gewesen, doch hat Heinrich dies nicht gewürdigt. Für das Erzstift lag eine große Gefahr darin, daß der unruhige Nachbar in Haldensleben festen Fuß gefaßt hatte und von hier aus das Vorland Magdeburgs, ja die Stadt selbst bedrohte. In den ersten Jahren herrschte allerdings Ruhe, da der Kaiser auf Seite des Welfen stand und auftauchende Streitigkeiten durch seine Vermittelung beseitigte. Als aber Heinrich auch gegen Köln in Widerstreit gerieth, trat Reinald in Verbindung mit den sächsischen Gegnern des Herzogs und nunmehr brach, während der Kaiser in Italien weilte, an allen Stellen der Kampf aus. Im Juli 1167 wurde ein feierliches Bündniß zwischen Magdeburg und Köln geschlossen, doch erwehrte sich der Welfe seiner Feinde und Friedrich vermittelte, als er aus Italien heimgekehrt war, einen Ausgleich. Dem Magdeburger war es nicht gelungen, Haldensleben zu erobern. Zunächst herrschte wiederum Friede und Heinrich konnte im J. 1172 seine Fahrt ins heilige Land unternehmen, nachdem er die Wahrnehmung der herzoglichen Gewalt für die Zeit seiner Abwesenheit an W. übertragen hatte. Die zweite Periode des Streites beginnt mit dem Jahre 1178. Nunmehr war der Kampf verschärft durch die Abwendung des Kaisers von dem Welfen und durch die Hereinziehung des kirchlichen Momentes, durch welches namentlich der Zwist zwischen Heinrich und dem in seine Rechte eingesetzten alexandrinischen Bischof Ulrich von Halberstadt hervorgerufen wurde. In diesen Kämpfen, welche erst mit der Verbannung des Welfen im J. 1182 endeten, wurde W. besonders durch die gräuliche Verwüstung Halberstadts am 23. September 1179, welche sein tiefstes Mitgefühl erregte, und durch die Kriegszüge gegen Haldensleben berührt. Nach einer vergeblichen Belagerung im Herbste 1179 war es endlich anfangs Februar 1181 gelungen, des Platzes Herr zu werden, und W. ließ, um die Gefahr ein für alle Mal zu beseitigen, den Ort zerstören. Das war nebst der Sicherung des durch Kauf erworbenen Sommerschenburger Erbgutes der einzige Gewinn dieser bewegten Jahre, welche des Erzbischofs Baarmittel so sehr erschöpft hatten, daß er mit Genehmigung des Kaisers eine Anleihe im Domschatze machen mußte. An den spätern Kämpfen gegen den heimgekehrten Welfen hat W. keinen besondern Antheil gehabt.

Ganz anders hatte sich sein Verhältniß zu Albrecht dem Bären gestaltet. Zu der Uebereinstimmung in politischer Beziehung gesellte sich die Gleichheit kirchlicher Anschauung. Das Zusammenwirken beider Männer trug die schönsten Früchte. Sie hatten als ihre wichtigste Aufgabe die Wiedergewinnung der von Otto dem Großen dem Reiche einverleibten, dann verlorenen überelbischen Gebiete erkannt, und es war ihnen klar geworden, daß dies Ziel nicht durch fruchtlose Raubzüge erreicht werden konnte, sondern daß der Kriegsthat die Arbeit des Friedens folgen müsse. Ihr erster Erfolg war die Eroberung Brandenburgs im J. 1157. In Verbindung damit stand die Erwerbung des Landes Jüterbogk für Magdeburg. Abrundung und Erweiterung erfuhr der überelbische Besitz des Erzbisthums dadurch, daß W. im J. 1166 dem Kaiser die rheinischen Güter Wesel, Jugenheim und Schönburg aufließ und dafür die Abtei Nienburg erhielt. Durch diesen Tausch wurden weite Länderstrecken jenseits der Elbe, die [788] zu nutzen das Kloster außer Stande war, zur Verfügung des Erzbischofs gebracht, der dazu noch durch Tausch von seinen Wettin’schen Vettern das Land Dahme erwarb. In diesen Gebieten war er aufs eifrigste für die Verbreitung deutscher Cultur bemüht, vor allem durch Verleihung von Ländereien an deutsche, namentlich niederländische Ansiedler, welchem Beispiele auch die Klöster und reich begüterten Geistlichen nachfolgten. Bald genug konnte er selbst noch die Früchte seiner Arbeit ernten, es war ihm vergönnt, in dem neuen Lande das Kloster Zinna zu gründen, den rasch wachsenden Orten Magdeburger Recht zu verleihen und den erblühenden Handel durch Zollerleichterungen zu fördern. Ein weitausgedehntes Gebiet war dem Erzstifte und dem Reiche zugebracht, das sich lebhaften Gedeihens erfreute und im Stande war, die Folgen eines verheerenden Einfalles der Pommern (1179) trotz der Verwüstung Jüterbogks und Zinnas zu überwinden. Gegen Westen hatte W. sein Land durch die Erwerbung Frecklebens, Haldenslebens und des Sommerschenburger Erbgutes gesichert, das er nach dem Ableben des Pfalzgrafen Adalbert (Anfang 1179) von der Quedlinburger Aebtissin Adelheid gekauft und gegen Heinrich den Löwen festzuhalten verstanden hatte. Aus seinem eigenen Besitze widmete er dem Erzstifte Seeburg, Löbejün und Baier-Naumburg.

Die Ausbreitung und günstige Entwickelung des Territoriums mußte vor allem auch der Hauptstadt zu Gute kommen. Der Erzbischof wahrte allerdings streng seine Rechte als Stadtherr und wehrte gleich anfangs nach längerem Streite den Versuch ab, das Schultheißenamt erblich zu machen, doch war seine Regierung auch in diesem engern Kreise von den günstigsten Folgen. Namentlich Handel und Marktverkehr müssen außerordentlich zugenommen haben, die Gewerbe schlossen sich, von ihm gefördert, zu Innungen zusammen und endlich verlieh er seiner Residenzstadt das erste Stadtrecht (1188) zur Vergütung des schweren Schadens, den sie durch den furchtbaren Brand vom 4. Juni 1188 erlitten hatte. In demselben Jahre betheiligte er sich an der Ertheilung des kaiserlichen Privilegs für Lübeck. So erschien er Zeitgenossen und Nachlebenden als einer der hervorragendsten Förderer deutschen Handels und Städtewesens, weit über die Grenzen der Heimath trugen die Magdeburger Kaufleute seinen Ruhm, auf den Korsun’schen Thüren der Nowgoroder Kathedrale brachten Magdeburger Künstler sein Bild an, und als man später Innungsurkunden und Stadtrechte fälschte, knüpfte man sie an seinen Namen.

Neben dieser Großes und Kleines mit gleichem Eifer und Geschick ergreifenden Thätigkeit wurde W. auch den geistlichen Pflichten seines hohen Amtes gerecht. Außerhalb seines Erzsprengels griff er nur selten in kirchliche Angelegenheiten ein, so etwa in den Zehentstreit zwischen Corvey und Osnabrück, dessen Verhandlung ihn während der Jahre 1155–1157 infolge eines vom Papste erhaltenen Auftrages beschäftigte; sein besonderes Augenmerk war auch in diesem Betracht dem überelbischen Lande zugewendet. Unter seiner berathenden Theilnahme wurde die Neueinrichtung des Brandenburger Domcapitels vorgenommen, er konnte das Kloster Leitzkau, eine Stiftung der Ascanier, die Kirche zu Jerichow und den Dom zu Havelberg weihen, seine eigene Gründung ist das Kloster Zinna. Ganz besondere Fürsorge wandte er überhaupt den Klöstern zu, die von ihm eine große Anzahl von Urkunden erhielten. Selbstverständlich war er an der Einrichtung des Klosters Lauterberg, der Hauptstiftung des Wettin’schen Hauses, betheiligt, wo auch seine Mutter Mathilde neben ihrem Bruder Konrad ruhte. Daneben erfuhren reiche Gunst das Kloster U. L. Frauen in Magdeburg, Neuwerk bei Halle, Gottesgnade und Ichtershausen, die letzte Ruhestätte seiner Tante Geva. Mit allem Eifer war er auf die Ausbreitung der Prämonstratenserregel bedacht, wie er überhaupt das Andenken an seinen großen Vorgänger Norbert in aufrichtiger Verehrung stets erneuerte. Er selbst hat sein [789] väterliches Gut Seeburg zu einer Propstei umgewandelt (schon 1176 bestehend, im J. 1180 beurkundet) und das Morizkloster zu Halle (1184) gestiftet, seinen österreichischen Besitz zur Ausstattung des Benedictinerstiftes Seitenstetten (1184, 1185) verwendet. Selbstverständlich mußte auch das Kirchenwesen in der Metropole selbst sich hoher Blüthe erfreuen. Das Domcapitel, sowie die verschiedenen Klöster und Propsteien beherbergten eine große Anzahl vornehmer Geistlichen, die von hier aus zu höheren Würden gelangten, so z. B. Friedrich aus dem pfalzgräflichen Hause, der Bischof von Prag wurde, Siegfried, den Sohn Albrechts des Bären, der über Brandenburg auf den erzbischöflichen Stuhl von Bremen gelangte, dessen Bruder Heinrich u. a. Die Schulen scheinen sorgsam betrieben worden zu sein, wir finden während der Regierungszeit Wichmann’s mehrere magistri sowohl beim Domcapitel als auch bei den städtischen Propsteien, so Albert (1168, 1178), Johannes (1171, 1173, 1180), Konrad (1178, 1183, 1185, 1191), Gevehard (1180), Heinrich (1185, 1191) und als den berühmtesten von allen den Magister Ludolphus (1178), der, ein Kroppenstedter Bauerssohn, seine Studien in Paris zurückgelegt hatte, im J. 1179 eine Propstei erhielt, um das Jahr 1184 Domdechant und endlich Wichmann’s Nachfolger wurde (vgl. A. D. B. XIX, 385). Seine geistliche Gewalt gebrauchte W. auch, um den rohen Sitten, namentlich dem Unfug der Turniere, welche viele Menschenleben kosteten, zu steuern, seine eigenen Verwandten mußten seine Strenge fühlen und im J. 1175 hielt er eine besondere Provinzialsynode in dieser Angelegenheit ab. Unterstützt wurde W. in der Führung der kirchlichen Angelegenheiten von den Dompröpsten Gerhard († am 13. August 1161), Otto, Rokker (seit 1170 nachweisbar) und den Decanen Hazeko (bis 1161 nachweisbar), Siegfried (bis 1182 nachweisbar) und Ludolf.

Der Erzbischof, ein Mann von hoher Gestalt, von vornehmer und liebenswürdiger Art, liebte es, mit fürstlichem Glanze aufzutreten. Ein prächtiger Hofhalt umgab ihn, die hohen Verwandten von Wettin und Wippra weilten oft und gerne in seiner Nähe, zahlreiche Ministerialen bildeten ein stattliches Gefolge, das selbst in jener Zeit höchster Entfaltung ritterlichen Prunkes Aufsehen erregte. Die fürstlichen Hofbeamten, Kämmerer, Truchseß, Schenk und Marschall, ja selbst Falkner standen zu Diensten des hohen Herrn, der oft reiste und gerne auf seinen waldumgebenen Schlössern verweilte. Es mag ein ziemlich freies Leben an dem Magdeburger Hofe geherrscht haben, Dompropst Rokker hatte eine Tochter zu verheirathen, fahrende Sänger, Spielleute und Gaukler suchten die reiche Stadt und den freigebigen Fürsten auf, der an ihnen großen Gefallen fand, manch’ fröhliches Lied, aber auch schaurige Klostergeschichten über die Folgen solches Wandels veranlaßt hat.

Am 25. August 1192 ist W., der schon im Juni erkrankt war, zu Könnern gestorben, die Eingeweide wurden hier beigesetzt, sein Leichnam aber wurde in Magdeburg von dem Bischof Dietrich von Halberstadt beerdigt. Mit ihm schied zwei Jahre nach Kaiser Friedrich’s Tod sein getreuester Genosse aus dem Leben. Mögen Reinald von Dassel, Philipp von Heinsberg und Christian von Mainz glänzendere Thaten verrichtet haben, so hat doch keiner von ihnen die verschiedenen Aufgaben seines Amtes mit gleicher Umsicht behandelt und gelöst, keiner von ihnen das Interesse des Kaisers und des Reiches so treu und selbstlos gewahrt wie W., ihm darf man es nachrühmen, daß seine Friedensarbeit segen- und fruchtbringend gewirkt hat für viele Geschlechter des deutschen Volkes.

Ottonis Frisingensis Gesta Friderici ed. II. rec. G. Waitz. – Chronicon Montis Sereni in Mon. Germ. SS. 23, 139 ff. – Ann. Magdeburg. SS. 17, 193 ff. – Magdeburger Schöppenchronik in Chroniken der d. Städte 7, 117 ff. – Annalista Saxo ad 1036 in SS. 6, 679. – [790] Genealogia Wettinensis SS. 23, 227. – Heinrici de Antwerpe Tractatus de captione urbis Brandenb., SS. 25, 483. – Ann. Palidensis SS. 17, 84 ff. – Ann. Pegav. SS. 17, 258 ff. – Vincentii Pragensis Ann. SS. 17, 673. – Ann. Petri Erphesfurd. SS. 16, 22, 24. – Chronica Principum Saxoniae SS. 25, 475, 477. – Chronica regia Colon. p. 90, 119. – Ann. Stederburg. SS. 17, 214. – Fundatio mon. Gratia Dei SS. 20, 690. – Romualdi Annales SS. 19, 442 ff. – Gesta ep. Halberstad. SS. 23, 108. – Relatio de pace Veneta SS. 19, 462. – Gotifredi Viterb. Gesta Fricerici in SS. 22, 330, 333. – Carmina Burana ed. Schmeller p. 34, No. 29.Ann. Marbacenses SS. 17, 162. – Helmoldi Cronica Slav. lib. II, cap. 7–9. – Chron. ep. Mersburg. SS. 10, 189. – Catalogus archiep. Magdeb. SS. 25, 486. – Jaffé Mon. Corbeiensia No. 343, 401, 402, 441, 441, 444–447, 450–453, 455, 474, 475. – Opel, Eine Urk. des B. vom W. 1. April 1154 in Neue Mitth. 10 (1863) b, 272 Nr. 3. – Winter, Eine Urkunde zur Gesch. des Eb. W. in Magdeb. Geschichtsbl. 5 (1870), 260. – UB d. Hochstifts Halberstadt 1. Bd., Nr. (147, 148, 152, 169, 184), 210, 213, 221, 222, 287–289. – Janicke-Hoogeweg, Hildesheimer UB 1. Bd. – Urkunden des Klosters Seitenstetten in Fontes rer. Austr. II, 33, Nr. 9–11, 13, 14, 24, 88. – Cod. dipl. Anhaltinus ed. v. Heinemann, 1. Bd. – Bouquet SS. 16, 239. – Sudendorf, Registrum I, No. 30, 35. – Hansisches UB. I. Nr. 15, 16, 21, 26, 32. – Lübecker UB. I, Nr. 7. – Schultes Directorium 2, Nr. 66–318. – v. Mülverstedt, Regesta archiepiscopatus Mageb. 1. Bd. – Giesebrecht, Gesch. der deutschen Kaiserzeit 5. und 6. Bd. – Zedler’s Universal-Lexikon 55, 1667 mit Angabe der älteren Litteratur. – Fechner, Leben des Erzb. W. von Magdeburg in Forsch. zur d. Gesch. 5 (1865) 417 ff. – Winter, Erzb. W. von Magdeburg ebenda 13 (1873), 111 ff. – Theodor Mayer, Einige Bemerkungen über die Familie der Stifter von Seitenstetten im Archiv f. öst. Gesch. 21 (1859), 356 ff. – Raumer, Hist. Charten, Tafel 4, 7, 16. – Cohn, Wettin’sche Studien in Neue Mittheil. 11 (1867), 137 ff. – Posse, Markgrafen von Meißen p. 280 ff. – Lepsius, Gesch. der B. von Naumburg I, 47 ff., 153 ff. – Bernheim in Forsch. z. d. Gesch. 20, 370 ff. – Reuter, Geschichte Alexander’s III., 3 Bde. – Ficker, Rainald von Dassel p. 71, 82. – Kehr, Der Vertrag von Anagni in Neues Archiv 13 (1887), 77 ff. – Scheffer-Boichorst, Kaiser Friedrich’s I. letzter Streit mit der Kurie p. 85, 123 ff. – Harttung, Die Territorialpolitik Wichmann’s in Magdeburg, Geschichtsbl. 21 (1886), 9 ff. – Ludw. Giesebrecht, Wendische Geschichten 3, 65 ff. – Winter, Zur Gesch. des Klosters Zinna in Magdeb. Geschichtsbl. 11 (1876), 291. – Kötzschke, Unternehmerthum in der ostdeutschen Kolonisation, S. 14 ff. – Gervais in Neue Mittheil. 6a, 118. – Hoffmann-Hertel, Gesch. der Stadt Magdeburg I, 74 ff. – Specht, Gesch. des Unterrichtswesens p. 354. – Holstein, Die Magdeburger Domscholaster in Magdeb. Geschichtsbl. 22 (1887), 397 ff. – Wattenbach, Geschichtsqu. 26, 350. – Abbildung der Siegel Wichmann’s in Neue Mittheil. 7 (1846) a, 129 ff.

[780] *) Zu S. 312.