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Artikel „Norbert, Stifter des Prämonstratenserordens und Erzbischof von Magdeburg“ von Wilhelm Bernhardi (Historiker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 5–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Norbert_von_Xanten&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 16:13 Uhr UTC)
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Norbert, Stifter des Prämonstratenserordens und Erzbischof von Magdeburg. – N. war ein Sohn des Grafen Herbert von Gennep (südwestlich von Cleve an der Niers) und dessen Gemahlin Hedwig. Sein Bruder führte das Geschlecht der Grafen von Gennep weiter, während er als ein jüngerer Sohn für die kirchliche Laufbahn bestimmt wurde. Die Zeit seiner Geburt ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen, doch kann sie wenig vor oder nach 1085 fallen. Nach Vollendung seiner geistlichen Erziehung empfing er ein Canonicat an der Kirche von S. Victor zu Xanten. Da er sowohl durch wissenschaftliche Bildung als durch eine vornehme Geburt hervorragte, überdies Reichthum und eine einnehmende Persönlichkeit besaß, gelangte er frühzeitig zu Verbindungen mit kirchlichen und weltlichen Fürsten. Der Erzbischof Friedrich von Köln (1099 bis 1131) zog ihn an seinen Hof, als Capellan Kaiser Heinrichs V (1106 bis 1125) ging er mit diesem 1111 nach Italien. Seine Lebensweise in jener Zeit entsprach keineswegs den Anforderungen einer ascetischen Richtung, vielmehr überließ er sich den Genüssen des Lebens in einer Ungebundenheit, welche Anstoß erregte. Aber im Alter von ungefähr 30 Jahren (im J. 1115) erfolgte in ihm eine völlige Umwandlung, deren unmittelbare Veranlassung ein Gewitter gewesen sein soll, welches ihn auf einem Ritt überraschte. Das Pferd, durch einen vor ihm niederschlagenden Blitz erschreckt, warf ihn ab, und in seinem Zagen gelobte sich N., Buße zu thun und ein neues Leben zu beginnen. Nachdem er das härene Hemd angelegt und vom Erzbischof Friedrich von Köln an einem Tage die Weihe als Diaconus und Priester empfangen, versuchte er in frischem Bekehrungseifer zunächst seine Mitgeistlichen an der Kirche zu Xanten zu bessern. Da er indeß keinen Anklang fand, sich vielmehr bald Gegner erwarb, beschloß er Deutschland zu verlassen und sich nach Frankreich zu begeben. Im J. 1118 erhielt er von Papst Gelasius II. die Erlaubniß zu predigen und zog dann barfuß umher, eifrig bemüht, Anhänger für ein ascetisches Leben zu gewinnen. Eine ihm vom Bischof Bartholomäus von Laon angebotene Pfründe lehnte N. ab, dagegen nahm er als Geschenk eine im Walde von Coucy (Departement Aisne) gelegene Einöde an, in welcher er im J. 1119 eine neue kirchliche Stiftung anlegte, der er den Namen Prämonstratum (Prémontré) verlieh. Die Mitglieder des Ordens, die nach der verschärften Augustinerregel lebten, mußten die Priesterweihe empfangen haben und standen unter einem Propst. In unermüdlicher Thätigkeit wirkte N. für die weitere Ausbreitung der Prämonstratenser, und es gelang ihm in verhältnißmäßig kurzer Zeit, eine größere Anzahl von Niederlassungen seines Ordens in Frankreich und Deutschland zu [6] gründen. Sein Augenmerk richtete er vornehmlich darauf, reich begüterte Leute seinem Orden zuzuführen, um demselben Besitzthum zu verschaffen. Auch in dieser Beziehung wurde sein Streben von Erfolg begleitet, obschon er damit Feinde in den Verwandten derjenigen gewann, die ihr Eigenthum dem Orden schenkten. Norberts eigene persönliche Bedürfnisse waren gering; seit seiner Bekehrung ging er meist barfuß und trank Wasser. Da man ihm überdieß die Kraft zuschrieb, Wunder zu thun, gewann er bald außerordentliches Ansehen bei den Laien, und die Gunst des Papstes erlangte er durch strenge Orthodoxie und die unbedingte Fügsamkeit unter das hierarchische System. Diese Eigenschaften, verbunden mit Energie des Charakters ließen ihn für eine höhere kirchliche Stellung wohl geeignet erscheinen. Als daher im December 1125 das Erzbisthum Magdeburg erledigt wurde, bewirkte der päpstliche Einfluß die Erhebung Norbert’s auf diese Stelle. Seine Wahl erfolgte zu Speier im Juni 1126, seine Weihe zu Magdeburg am 25. Juli desselben Jahres. Aber sehr bald wurden die Diöcesanen mit ihrem Oberhirten unzufrieden. Nicht nur stellte N. an die ihm untergebenen Geistlichen die strengsten Anforderungen hinsichtlich der Disciplin, sondern er suchte auch die besten Stifter für seine Prämonstratenser zu gewinnen, denen er u. a. gegen den Willen der bisherigen Inhaber die Marienkirche zu Magdeburg überwies. Besonders die Begünstigung seines Ordens erregte den Haß der Magdeburger Geistlichkeit, der soweit ging, daß mehrfach Attentate auf das Leben Norbert’s geplant wurden. An der Spitze seiner Gegner stand der Archidiaconus Atticus (Eticho), der gegen seinen Erzbischof eine Beschwerde beim Papst einreichte. Auch die Bürgerschaft wurde ihrem Oberhirten derart abgeneigt, daß es am 29. Juni 1129 zu offener Empörung kam. N. wurde in der Domkirche belagert und aus Lebensgefahr nur durch das Einschreiten des Burggrafen Heinrich von Groitsch befreit. Er fand es nothwendig, seine Metropole für einige Zeit zu verlassen und zog sich nach Neuwerk oder nach dem Peterskloster bei Halle zurück. Der Bann, den er verhängt hatte, äußerte bald seine Wirkung, so daß er nach sechs Wochen in seine Hauptstadt zurückkehren konnte, die sich nunmehr seinem Willen fügte. – Eine sehr hervorragende Thätigkeit entfaltete N. in Bezug auf das im J. 1130 ausgebrochene Schisma der römischen Kirche. In glühendem Eifer wirkte er gleichwie der mit ihm befreundete Abt Bernhard von Clairvaux zu Gunsten Innocenz II. und gegen Anaclet II. Hauptsächlich durch Norbert’s Einfluß wurde der König Lothar bestimmt, sich für Innocenz zu erklären, den er mit hohen Ehren auf einem Reichstag zu Lüttich 1131 empfing. An dem Zuge nach Italien, den der König 1132 behufs der Einsetzung Innocenz II. und der Vertreibung Anaclets II. unternahm, betheiligte sich auch N., der von ersterem Papst für seine erheblichen Dienste vielfache Gunstbezeugungen empfing. Insbesondere wurde durch eine Bulle vom 4. Juli 1133 das Erzbisthum Gnesen aufgehoben und dieses mit allen seinen Suffraganen dem Erzbisthum Magdeburg unterstellt. Indeß gelang es N. nicht, in diesen fernen Gegenden sich Anerkennung zu verschaffen. Ueberhaupt war er in den slavischen Gebieten mißliebig. Seine Missionsversuche scheiterten völlig, das Bisthum Havelberg versah er zwar mit einem Bischof, der indeß seine Diöcese nicht betreten konnte, da sie ganz in der Gewalt der Heiden stand. – Nach seiner Rückkehr aus Italien war N. meist in der Umgebung des Königs geblieben, der ihn vor allen anderen Kirchenfürsten bevorzugte, ihn auch während des Römerzuges zum Reichskanzler für Italien ernannt hatte. Allein seine Wirksamkeit fand ein früheres Ende als erwartet wurde. Im Februar 1134 kehrte er nach Magdeburg zurück, um es nicht wieder zu verlassen. Längere Zeit hatte er bereits gekränkelt, bis er Mitte April ernstlich leidend wurde. Sein Tod erfolgte am 6. Juni 1134, seine Beisetzung in der Prämonstratenser [7] Marienkirche zu Magdeburg am 11. Juni. Von dort wurde sein Leichnam im J. 1626 nach dem Prämonstratenserkloster Dux und dann nach Strahow in Prag übergeführt, wo er sich noch befindet. Vom Papst Gregor XIII wurde N. im J. 1582 canonisirt.

Eine aus zeitgenössischen Berichten zusammengestellte Vita Norberti findet sich in Mon. Germ. Script. XII, 663–706. Vgl. außerdem (Hugo) Vie de S. Norbert, Luxembg. 1704. – L. Giesebrecht, Wendische Gesch. Berlin 1843, II, 231 ff. – Winter, Prämonstratenser, Berlin 1865, S. 7 bis 48. – v. Giesebrecht, Kaiserzeit IV. – Rosenmund, Biogr. des heil. Norbert, Berlin 1874. – Bernhardi, Lothar von Supplinburg, S. 82–103 u. ö.