ADB:Vater, Johann Severin
Friedrich August Wolf ein „Auctarium“ beisteuerte, am 2. Mai 1794 zum Dr. phil. promovirt und erwarb ebendaselbst 1795 mit den „Vindiciae theologiae Aristotelis“ die Facultas legendi. Von dieser hat er jedoch in Halle nur wenig Gebrauch gemacht, denn schon am 29. April 1796 sehen wir ihn in Jena mit den „Animadversiones in locos quosdam ex Midiana Demosthenis oratione, Tacito aliisque“ dieselbe Facultas erwerben. Dort in Jena, wo er bald zum Professor aufrückte, wandte er sich mehr und mehr dem Studium der orientalischen Sprachen und der Theologie zu und obgleich er noch 1797 in der Vorrede zu seiner „Hebräischen Sprachlehre“ versichert, daß er „nur ungern seine eigentlichen Beschäftigungen mit griechischer und lateinischer Philologie eine längere Zeit abgebrochen habe“, ist seine schriftstellerische Thätigkeit auf letzterem Gebiete auf die drei genannten Dissertationen beschränkt geblieben. Im J. 1799 erfolgte Vater’s Ernennung zum ordentlichen Professor der Theologie und der morgenländischen Sprachen in Halle, von wo er 1809, durch den Umsturz der politischen Verhältnisse bewogen, nach Königsberg übersiedelte; an beiden Orten versah er auch die Stelle eines Universitätsbibliothekars. Im J. 1820 in seine frühere Professur nach Halle zurückgekehrt, starb er daselbst am 15. März 1826.
Vater: Johann Severin V. wurde als Sohn des Hofadvocaten und Stadtsyndikus Friedrich Severin Christian V. zu Altenburg am 27. Mai 1771 geboren, besuchte das dortige Gymnasium und von 1790–1794 die Universitäten Jena und Halle. An letzterer wurde er auf Grund seiner Abhandlung „Animadversiones et lectiones ad Aristotelis libros tres Rhetoricorum“ (Lipsiae 1794), zu welcherV. hat auf den weiten Gebieten der semitischen Philologie und biblischen [504] Wissenschaft, der Kirchengeschichte und praktischen Theologie, vor allem aber auf dem der allgemeinen Sprachwissenschaft eine rege und fruchtbringende Wirksamkeit entfaltet. Der ersten Kategorie gehört zunächst an seine „Hebräische Sprachlehre. Nebst einer Kritik der Danzischen und Meinerischen Methode in der Vorrede“ (Leipzig 1797, 2. Aufl. 1814), daran schließt sich ein „Hebräisches Lesebuch“ (Leipzig 1799, 2. Aufl. 1809). Umfassender ist das „Handbuch der Hebräischen, Syrischen, Chaldäischen und Arabischen Grammatik“ (Leipzig 1802, 2. Aufl. 1817) und im Anschluß daran ein „Arabisches, Syrisches und Chaldäisches Lesebuch“, (Leipzig 1802), zu dessen Bearbeitung er sich mit Friedrich Theodor Rink in Danzig vereinigt hatte. Mit seinem Antrittsprogramm in Halle, der „Commentatio de Jesaiae capite XI“ (1801), bethätigte er sich zuerst auf dem Felde der alttestamentlichen Exegese. Bald folgte der mit Benützung der Arbeiten des Engländers Alexander Geddes verfaßte, aber der Hauptsache nach auf selbständiger Forschung beruhende, dreibändige „Commentar über den Pentateuch“ (Halle 1802–1803), welcher in der Entwicklung der Pentateuchkritik eine geachtete Stellung einnimmt. Daran schließt sich eine Bearbeitung des Propheten Amos („Amos übersetzt und erläutert mit Beifügung des Hebräischen Textes und des Griechischen der Septuaginta nebst Anmerkungen zu letzterer“ Halle 1810), durch welche V. ebenso wie bald darauf durch das Programm „Lectionum versionis Alexandrinae Jobi nondum satis examinatarum specimen“ (Königsberg 1810) seine eingehende Beschäftigung mit dem Septuagintatexte in rühmlicher Weise kundgab; auch die Notiz „Pentateuch der Juden in Bochara (Auszug eines Schreibens an Herrn v. Hammer)“ in den „Fundgruben des Orients“ Bd. IV (1814) mag hier noch genannt sein. Auf neutestamentlichem Gebiet verdankt man V. ein „Spicilegium observationum ad usum Patrum Graecorum in critica Novi Testamenti pertinentium“ (Königsberg 1810), in welchem die Bedeutung der Kirchenväter, namentlich des Cyrillus von Alexandrien, für die Kritik des neutestamentlichen Textes in vorsichtiger Weise gewürdigt wird, und eine für seine Vorlesungen bestimmte Handausgabe des Neuen Testamentes mit Anmerkungen und anderen Beigaben „Novum Testamentum. Textum graecum Griesbachii Knappiique denuo recognovit etc. J. S. V.“ Halis 1824), welche aus tendenziösen Gründen mehrfach auf das heftigste angegriffen wurde.
Neben dem Studium der semitischen Sprachen hatte V. schon in Jena begonnen seine Aufmerksamkeit der allgemeinen Sprachwissenschaft zuzuwenden, zunächst allerdings in mehr theoretischem Sinne. Sein erstes hier einschlägiges Werk war das Buch „Pasigraphie und Antipasigraphie“ (Weißenfels und Leipzig 1799), in welchem er, in erster Linie an ein 1798 von einem in Paris lebenden Deutschen veröffentlichtes Werk anknüpfend, auch die früheren Versuche von Leibniz, Wolke u. a. heranzog und trotz aller Anerkennung des auf solche Versuche verwendeten Scharfsinns in sehr verständiger Weise die nothwendige Unzulänglichkeit und beschränkte Verwendungsmöglichkeit der Pasigraphie hervorhob; interessant und lesenswerth ist namentlich das der Schriftsprache Chinas gewidmete sechste Capitel, in welchem er das Chinesische sehr richtig als eine Art pasigraphischer Sprache bezeichnet. Diesem Buche folgte die mehr referirende Schrift „Uebersicht des Neuesten, was für Philosophie der Sprache in Deutschland gethan worden ist“ (Gotha 1799) und der „Versuch einer allgemeinen Sprachlehre, mit einer Einleitung über den Begriff und Ursprung der Sprache“ (Halle 1801; mit einer dankenswerthen „Litteratur der allgemeinen Sprachlehre“, welche man noch jetzt mit Nutzen nachschlagen kann), endlich die deutsche Bearbeitung von Silvestre de Sacy’s „Principes de grammaire générale mis à la portée des enfans“ unter dem Titel „A. J. Silvestre de Sacy, Grundsätze [505] der allgemeinen Sprachlehre in einem allgemein faßlichen Vortrage u. s. w.“ (Halle und Leipzig 1804). Einige Jahre später erschienen eine „Grammatik der Polnischen Sprache“ (Halle 1807; auch in französischer Bearbeitung erschienen) und eine „Praktische Grammatik der Russischen Sprache“ (Leipzig 1808; ein „Russisches Lesebuch“ folgte Leipzig 1815), in welchen V. das in seinen grammatischen Arbeiten überall bewährte didaktische Geschick bekundete und sofort seine gründliche Kenntniß der slawischen Sprachen darthat. Schon in die Zeit der Vorarbeiten zum Mithridates fällt wol das von V. im Verein mit F. J. Bertuch herausgegebene „Allgemeine Archiv für Ethnographie und Linguistik“ (Bd. I, Weimar 1808), denn der Band bringt u. A. neben einer von V. aus dem Russischen übersetzten Beschreibung des samojedischen Landes auch die erste Nachricht von seiner durch die Brüder v. Humboldt[WS 1] mächtig geförderten Beschäftigung mit den amerikanischen Sprachen. Wahrscheinlich hatten schon Vater’s frühere Arbeiten Johann Christoph Adelung auf den jungen Gelehrten aufmerksam gemacht, so daß er vor seinem Tode diesen noch selbst zum Fortsetzer des Unternehmens bestimmte, von welchem kurz vorher unter dem Titel „Mithridates oder allgemeine Sprachenkunde mit dem Vater Unser als Sprachprobe in beynahe fünfhundert Sprachen und Mundarten“ (Berlin 1806) der erste Band, die asiatischen und australisch-oceanischen Sprachen umfassend, veröffentlicht worden war. Als V. das Werk übernahm, waren von dem zweiten, die europäischen Sprachen behandelnden Bande 10½ Bogen gedruckt und das Material für die Fortsetzung lag in z. T. weit vorgeschrittener Bearbeitung vor; trotzdem ist Vater’s Antheil an diesem 1809 erschienenen Bande nach verschiedenen Richtungen hin gar nicht unbedeutend. Mit rastlosem Fleiße widmete er sich sodann der Fertigstellung des dritten Bandes, für den nur fragmentarische Notizen von Adelung vorlagen, und konnte schon im ersten Bande von Wieland’s „Neuem Teutschen Merkur“ für 1809 über den ungehemmten Fortgang des Werkes Bericht geben, wobei er aus Garcilasso de la Vega’s bekanntem Werke über das Inkareich gleichzeitig zwei peruanische Lieder mittheilte und in Kürze erörterte. Unterstützt durch die Materialien, welche ihm durch die beiden Humboldt und C. G. v. Murr zugänglich wurden, sowie durch die von B. A. v. Lindenau ihm überlassenen Papiere des Reisenden Seetzen, vermochte er bis 1816 den dritten Band in drei Abtheilungen zu vollenden, die überwältigende Fülle des Stoffes in übersichtlicher Darstellung vorzulegen und in Afrika wie in Amerika eine große Anzahl charakteristisch unterschiedener Sprachgruppen endgiltig abzugrenzen; mit Vater’s Eintritt in das Werk wächst gleichzeitig – so weit das damals möglich – die Berücksichtigung des grammatischen Elementes, dessen Bedeutsamkeit für Sprachverwandtschaft V. immer klarer erfaßte. Der vierte Band (1817) enthält außer W. v. Humboldt’s berühmten „Berichtigungen und Zusätzen über die Cantabrische oder Baskische Sprache“ Friedrich Adelung’s und Vater’s Nachträge zu sämmtlichen drei Bänden. Alles in allem genommen ist der Mithridates ein Werk umfassender Gelehrsamkeit und staunenswerthen Fleißes und enthält einen reichen Bestand wichtiger Thatsachen und verständiger Combinationen. Wer ihn von unserem fortgeschrittenen Standpunkt aus tadeln möchte, der bedenke auch die Spärlichkeit des damaligen Materials für heutzutage erfolgreich angebaute Gebiete, ferner, daß die bahnbrechenden Leistungen der Engländer für das Studium des Sanskrit, welches ja der ganzen Sprachwissenschaft ein neues Gepräge gegeben hat, infolge der Continentalsperre den Verfassern nicht zugänglich waren, und daß der vierte Band des Werkes schon im Jahre nach dem Erscheinen von Bopp’s Conjugationssystem vollendet vorlag; bemerkt doch V. selbst in den Nachträgen, daß der ganze Abschnitt des Mithridates über das Sanskrit der Umarbeitung bedürfe.
[506] Neben dem Mithridates gehen einher einige weitere ethnographisch-linguistische Publicationen, zunächst mit den Arbeiten für ihn in engster Beziehung stehend die „Untersuchungen über Amerikas Bevölkerung aus dem alten Kontinente“ (Leipzig 1810), in welchen V. sich über diese Frage sehr zurückhaltend und besonnen ausspricht und schon auf das Baskische als das einzige wirkliche Analogon des amerikanischen Sprachbaues hinweist, und der Bericht über die Reise der Capitäne Lewis und Clarke den Missuri entlang bis zur Süd-See in H. K. Dippold’s und F. A. Kothe’s Allgemeinem historischen Archiv I, 2 (1811). Auch in dem Königsberger Archiv für Philosophie, Theologie, Sprachkunde und Geschichte I (1811–1812) hat V. über den Fortgang seiner afrikanischen und amerikanischen Studien mehrfach Nachricht gegeben, sowie u. A. einen Aufsatz „Waren die Stifter des Russischen Reiches Germanen?“ und eine „Samojedische Originalerzählung mit ihrer Uebersetzung und grammatischen Bemerkungen über die Sprache der Samojeden“ veröffentlicht. Ebenso erwuchs aus der Beschäftigung für den Mithridates die „Litteratur der Grammatiken, Lexica und Wörtersammlungen aller Sprachen der Erde“ (Berlin 1815; auch mit lateinischem Titel), welche in der Neubearbeitung durch B. Jülg (Berlin 1847) noch jetzt zu den unentbehrlichen Hilfsmitteln zählt. In die Königsberger Zeit fallen dann noch die „Proben deutscher Volksmundarten, Dr. Seetzen’s linguistischer Nachlaß, und andere Sprachforschungen und Sammlungen, besonders über Ostindien“ (Leipzig 1816), ein vielseitiges Sammelwerk (enthaltend Proben deutscher Dialekte, Mittheilungen über Litauisch, Lettisch u. s. w., rumänische Gedichte, das Apostolicum in karelischer Sprache, samojedische, kirgisische und nordostasiatische Wörtersammlungen, eingehende Nachrichten über die Sprachen Vorder- und Hinterindiens nach den „Asiatic Researches“, endlich Wörtersammlungen aus afrikanischen und amerikanischen Sprachen), und die ähnlichen „Analekten der Sprachenkunde“ (Heft I und II, 1–2. Leipzig 1820–21), aus welchen die „kurze, leicht faßliche Nachricht von der chinesischen Sprache“, die „Samojedische Sprachprobe“, der Bericht über die Seramporer Uebersetzungen aus der Bibel in die vorderindischen Sprachen, zwei Aufsätze über das Russische und die Mittheilungen über das Neu-Seeländische und verschiedene amerikanische Sprachen hervorgehoben sein mögen; auch entstand in Königsberg das Buch „Die Sprache der alten Preußen. Einleitung, Ueberreste, Sprachlehre, Wörterbuch“ (Braunschweig 1820), in welchem die Ueberreste des Altpreußischen zum ersten Male zusammenfassend behandelt wurden. Dieser Specialarbeit folgte in Halle wiederum ein Sammelwerk „Vergleichungstafeln der europäischen Stammsprachen und süd-, westasiatischen R. K. Rask über die thrakische Sprachclasse, aus dem Dänischen; Albanesische Grammatik nach Fr. Mar. de Lecce; Grusinische Grammatik nach Maggio, Ghai und Firalow; herausgegeben von J. S. V.; und Galische Sprachlehre von Christian Wilhelm Ahlwardt“ (Halle 1822), aus welchem die geschickte Bearbeitung des Albanesischen und Grusinischen besonders erwähnt zu werden verdient. Die letzte der sprachlichen Arbeiten Vater’s sind die „Bemerkungen über die neueste Auffassung langer Heldenlieder aus dem Munde des serbischen Volks, und Uebersicht des merkwürdigsten jener Lieder“ in J. Grimm’s Uebersetzung von Wuk Stephanowitsch Karadschitsch’s Kleiner serbischer Grammatik (Berlin 1824).
Für Vater’s zweite Hallische Periode ist in erster Linie charakteristisch die eingehende Beschäftigung mit der Kirchengeschichte, der er allerdings auch schon früher nicht ganz fremd geblieben war. In dieses Gebiet gehören der „Grundriß der Kirchengeschichte zu Vorlesungen von H. Ph. K. Henke, beendigt und herausgegeben von J. S. V.“ (Braunschweig 1810) und Vater’s Fortsetzung des sechsbändigen Henke’schen Werkes „Allgemeine Geschichte der christlichen Kirche nach der Zeitfolge“ [507] (neue Aufl. Braunschweig 1795–1806), von welcher in den Jahren 1818 und 1823 der siebente bis neunte Theil, von der Reformation bis zu Vater’s Zeit herabreichend, erschienen sind. Dazu kommen zwei Bände „Anbau der neuesten Kirchengeschichte“ (Berlin 1820 und 1822) mit urkundlichen Mittheilungen zur zeitgenössischen Kirchengeschichte, vier Bände des in Gemeinschaft mit K. F. Stäudlin und H. G. Tzschirner herausgegebenen „Kirchenhistorischen Archivs“ (Halle 1823–1826) und „Synchronistische Tafeln der Kirchengeschichte vom Ursprunge des Christenthums bis auf die gegenwärtige Zeit“, von welchen während Vater’s Leben vier Auflagen erschienen sind (Halle 1803, 1809, 1819, 1824); die fünfte – einen unveränderten Abdruck der vierten – gab 1828 A. H. Niemeyer, die sechste – bis auf die damalige Zeit fortgeführt – 1833 J. C. Thilo heraus. Auch bei seinen kirchengeschichtlichen Arbeiten verdient Vater’s Vielseitigkeit und sein Bestreben, selbst die entlegeneren Gebiete seines Studienkreises der Kirchengeschichte nutzbar zu machen, besondere Anerkennung. Von Vater’s Leistungen in der praktisch-homiletischen Theologie nenne ich nur sein „Jahrbuch der häuslichen Andacht und Erhebung des Herzens“ für die Jahre 1819–1824, seine Beiträge zum „Journal für Prediger“, an dessen Redaction er nach dem Rücktritt von Heinrich Balthasar Wagnitz (1824) in hervorragender Weise betheiligt war, und von Einzelpublicationen als für seine theologische Richtung besonders charakteristisch die „Friedlichen Worte im Kampfe des Zeitalters über Theologie und Religion, Kälte und Schwärmerei“ (Königsberg 1818) nebst den angehängten „Grundzügen der Geschichte der evangelischen Kirchen im merkwürdigsten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts“, welche später bedeutend erweitert in die Fortsetzung der Henke’schen Kirchengeschichte aufgenommen wurden, sowie das „Sendschreiben an Herrn Consistorialrath Dr. Planck über den historischen Beweis für die Göttlichkeit des Christenthums“ (Göttingen 1822). Die hier übergangenen sonstigen Schriften Vater’s findet man in C. G. Kayser’s Bücher-Lexicon VI (1836), S. 40 f.
In Vater’s wissenschaftlicher Thätigkeit lebt etwas von der Polyhistorie der früheren Zeit; sein reger Geist umfaßt noch die verschiedensten Studien, welche heutzutage weit auseinander liegen. Freilich wußte er der Fülle seiner Gedanken und Kenntnisse nicht immer Herr zu werden, sie beeinträchtigte den Erfolg seiner Lehrthätigkeit und hinderte ihn auch, ein nach irgend einer Richtung hin abschließendes Werk zu vollenden; aber er war ein Bahnbrecher in vielem, was er in Angriff nahm. Als Theolog galt V. zwar als gemäßigter Supranaturalist, aber doch ist er in gewissem Sinne ein echter Vertreter des damaligen Rationalismus und dieser Rationalismus beruht bei ihm auf der in F. A. Wolf’s Schule erworbenen philologischen Bildung. Er ist überzeugt, daß auch die Bibel durchaus philologisch als reine Quellenschrift ohne Rücksicht auf eine aus ihr gefolgerte Dogmatik erklärt werden müsse, und ist trotz seiner persönlichen Frömmigkeit durchaus nicht gewillt, sich das Recht der Kritik nach irgend einer Seite hin beschränken zu lassen. Seine linguistischen Werke verdienen, vom Standpunkt ihrer Zeit betrachtet, alles Lob; die Anfänge der deutschen Sanskrit-Philologie, von welchen er bei längerem Leben für seine sprachlichen Studien hätte Nutzen ziehen können, fallen wesentlich in die Zeit, da er, nach Halle zurückgekehrt, in seinen Schriften wie in seinen Vorlesungen sich mehr und mehr der neutestamentlichen Theologie und Kirchengeschichte zugewendet hatte. Wie seine Arbeiten zu ihrer Zeit geschätzt wurden, zeigt die Förderung. welche ihnen von allen Seiten und von den hervorragendsten Männern zu Theil wurde. Persönlich war V. nach dem einstimmigen Zeugniß seiner Freunde ein liebenswürdiger und edler Charakter, dem auch in dieser Eigenschaft an der Universität Halle durch eine von ihm begründete Stiftung für bedürftige Theologen ein bleibendes Andenken gesichert ist.
[508] Ein Sohn Vater’s aus seiner Ehe mit Julie Heinigke, der Tochter eines Altenburger Arztes, war der Philologe Friedrich V.
- J. H. Fritsch im Journal für Prediger Bd. LXVIII (1826), S. 389–401; im wesentlichen wiederholt im Neuen Nekrolog der Deutschen, Jahrg. IV (1826), Th. I, S. 139–151; wichtige Nachträge dazu von Chr. Niemeyer im Journal für Prediger Bd. LXXIV (1829), S. 247–255 (mit einem Porträt Vater’s). – Eberhard im Jahrbuch der häuslichen Andacht u. s. w., Jahrg. VII (1827). – A. H. Niemeyer im Vorwort zur 5. und 6. Aufl. von Vater’s Synchronistischen Tafeln u. s. w. – Gérard Gley in der Biographie universelle (2. Aufl.) XLII, S. 690–692.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Brüder v. Humboldt: Wilhelm und Alexander von Humboldt