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Artikel „Knapp, Georg Christian“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 266–267, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knapp,_Georg_Christian&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 01:04 Uhr UTC)
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Band 16 (1882), S. 266–267 (Quelle).
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Knapp: Georg Christian K., der letzte Repräsentant des Halle’schen Pietismus und alten Supranaturalismus. Er erblickte das Licht der Welt 1753 im Mittelpunkte des damals bereits morsch gewordenen Pietismus, in den Francke’schen Stiftungen zu Glaucha vor Halle a. d. S., deren Director sein ängstlich pietistischer Vater Johann Georg K. (s. u.) war. Die Eindrücke, welche [267] der studirende Jüngling von den aufgeklärten Professoren Semler und Gruner in Halle empfing, haben nicht nachhaltig auf ihn gewirkt. Nachdem er noch in Göttingen studirt hatte, habilitirte er sich, 22 Jahre alt, in seiner Vaterstadt 1775. Als gern gehörter Docent wurde er bereits 1777 außerordentlicher, 1782 ordentlicher Professor der theologischen Fakultät, welcher er bis an seinen Tod 1825 angehörte, seit dem Bestehen der Fakultät nach dem älteren Michaelis der zweite theologische Lehrer, der sein 50jähriges Hallesches Docentenjubiläum gefeiert hat. In seiner amtlichen Wirksamkeit behandelte er vorzüglich das Neue Testament und die Dogmatik. Er stand einsam mitten unter aufgeklärten und rationalistischen Docenten als aufrichtiger Vertreter des biblisch-praktischen Christenthums, wie er auch zur Herrnhutischen Brüdergemeinde stets in freundschaftlichem Verkehre gestanden hat. Seine Lehrweise war die supranaturalistische; aber er hatte dabei keinen Gefallen am Scholasticismus, sondern betonte das persönliche Christenthum. Charakteristisch für seinen Standpunkt ist sein Ausspruch in seiner Glaubenslehre Bd. I. S. 205: „Die Formulartheologie und das Halten über den Formeln macht Niemand selig“. Die Beweisführung ist in dieser Schrift aber ebenso äußerlich autoritativ, wie im ganzen alten Supranaturalismus, z. B. Glaubenslehre § 65: Jesus ist (wie auf historisch-apologetischem Wege erwiesen wurde) der untrügliche göttliche Lehrer; also muß man seinem Urtheile beitreten; und Glaubenslehre § 8: Inspirirt ist das Neue Testament, weil Apostel und Apostelgehülfen seine Verfasser waren, und Jesus ihnen heiligen Geist versprochen hatte. Das Alte Testament aber ist inspirirt, weil das neue dies aussagt. Als Docent wurde K. zwar gern gehört, weil seine Hefte für den praktischen Theologen als brauchbar galten, aber einen durchschlagenden Einfluß hat er gegenüber seinen rationalistischen Collegen auf die Studirenden nicht ausgeübt. Wesentlich mitgewirkt hat zu diesem Mangel an Erfolg seine persönliche Schüchternheit und Aengstlichkeit, die der kränkliche Mann selbst dem Studenten gegenüber nicht verleugnen konnte; doch ist seine fromme Wirksamkeit nicht ohne Segen geblieben. Tholuck hat auf einer Durchreise durch Halle K. einst danach gefragt; da habe der Angeredete, so erzählte Tholuck gern, aus der Schublade seines Schreibpultes ein Packet Briefe hervorgeholt – lauter Danksagungen von solchen ehemaligen Zuhörern, die im sauren Amtsleben zu einer tieferen Auffassung des Christenthums gekommen waren. Knapp’s Dogmatik wurde von seinem Schwiegersohne, dem Halle’schen Kirchenhistoriker Thilo 1827 herausgegeben unter dem Titel: „Vorlesungen über die Glaubenslehre“, 2. Aufl. 1836. Die reichste Frucht seines Bibelstudiums war seine Ausgabe des Neuen Testaments, 1824, 3. Aufl. Daneben enthalten seine meist exegetischen und historischen „Scripta varii argumenti“, 2. Aufl. 1823, treffliche Einzelabhandlungen.

Für seinen Lebensgang und seine Charakteristik sind zu vergleichen Niemeyer, Epicedien zum Andenken auf Knapp, 1825; ferner Thilo’s Vorrede zu Knapp’s Glaubenslehre, und Tholuck, Artikel Knapp in Herzogs Realencyklopädie, 1. Aufl. Bd. VII.