Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Henke, Heinrich Philipp Konrad“ von Theodor Kolde in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 754–756, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henke,_Heinrich_Philipp&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Henke, Eduard
Nächster>>>
Hencke, Karl Ludwig
Band 11 (1880), S. 754–756 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Philipp Konrad Henke in der Wikipedia
Heinrich Philipp Konrad Henke in Wikidata
GND-Nummer 115387056
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|754|756|Henke, Heinrich Philipp Konrad|Theodor Kolde|ADB:Henke, Heinrich Philipp}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115387056}}    

Henke: Heinrich Philipp Konrad H., wurde geb. am 3. Juli 1752 zu Hehlen an der Weser, einem braunschweigischen Dorfe als Sohn des dortigen Predigers. Sein Vater, der bald darauf an die Garnisonkirche zu Braunschweig berufen wurde, ließ bei seinem frühen im Jahre 1756 erfolgten Tode seine zahlreiche Familie in bedrängter Lage zurück, die einen Collegen des Verstorbenen, den Senior E. L. Papst, einen Schüler Saligs veranlaßte, sich des damals vierjährigen Sohnes Philipp anzunehmen. Unter dem Einfluße dieses strengen, gelehrten, besonders für die Kirchengeschichte und die alte Literatur interessirten Mannes ging ihm Jugend und Kindheit ziemlich freudlos dahin. Der Verkehr mit den Büchern trat früh an die Stelle des kindlichen Spiels, ließ ihn bald dasselbe entbehren. Schnell durchlief er die Waisenhausschule und besuchte darauf das Stadtgymnasium. Als er Ostern 1772, kurz nach dem Tode seines Pflegevaters die Schule verließ, durfte sein Rector ihm nachrühmen, daß er neben den in der Schule gelesenen griechischen und lateinischen Classikern mit gleichem Eifer auch die meisten der übrigen gelesen habe. Noch während seiner Schulzeit beschäftigte man den noch nicht 16jährigen selbst als Lehrer an der Anstalt. Von Braunschweig begab er sich nach Helmstädt, um dort Philologie zu studiren. Schirach, Wernsdorf und J. B. Carpzov waren seine hauptsächlichsten Lehrer. Bei letzterem hörte er neben den Vorlesungen über die alten Classiker auch die wesentlich philologischen über die historischen Bücher des Neuen Testaments. Als Mitglied der herzoglichen teutschen Gesellschaft, wozu er schon 1772 ernannt worden war, gab er noch während seiner Studienzeit eine Reihe von Gelegenheitsschriften heraus: „Vom teutschen Patriotismus“. 1773. „Super poeseos Romanae praesidiis quibusdam“. 1774. „De famae variis apud veteres poetas imaginibus“. 1774. „Ueber die Veränderlichkeit des Nationalgeschmacks“. 1776. Auch in den von Schirach herausgegebenen Ephemerides literariae und dessen Magazin der teutschen Kritik (Halle 1772–75) ließ er einige Aufsätze erscheinen. Im Jahre 1776 übernahm jener selbst die Herausgabe der erstgenannten Zeitschrift. Zugleich mit seiner Promotion, die auf Verwendung des Herzogs Karl gratis erfolgte, habilitirte sich H. und begann nach Veröffentlichung seiner Dissertation „de philosophia mythica Platonis praecipua“ Vorlesungen über Logik, Literaturgeschichte, Geschichte der Philosophie, Theorie der schönen Wissenschaften, über Horaz, Quintilian; bald hielt er auch ein Cursorium über das N. T. u. A. Neben der schon genannten Zeitschrift, die er von 1778–81 erweitert unter dem Titel: „Commentarii de rebus literariis“ und zusammen mit Bruns als „Annales literarii“ (1782–87) herausgegeben hat, erschienen in jener Zeit von ihm mehrere Programme und eine Ausgabe von „M. F. Quintiliani de institutione orat. lib. X“. Nachdem er einen Ruf nach Göttingen abgelehnt hatte, wurde [755] er zum außerordentlichen Professor der Philosophie ernannt, gleichwohl neigte er sich jemehr und mehr theologischen Forschungen zu, wie auch schon seine Antrittsrede als Professor, (Von den vielen Beweisen, die aus der Geschichte der Philosophie für die Wahrheit und Vortrefflichkeit der christlichen Religion zu nehmen sind), sowie sein Einladungsprogramm „de theologia Juliani“ erkennen ließen, und ein Jahr später, als der Abt Velthusen wegen Ueberbürdung einen Theil seiner Vorlesungen abzugeben wünschte, wurde H. auf dessen Vorschlag als außerordentlicher Professor der Theologie speciell für das Fach der Kirchengeschichte angestellt. Die Fürsorge des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand (seit 1780) für die Universität besserte auch seine materielle Lage, H. wurde ordentlicher Professor der Theologie und erhielt die Direktion des theologischen Seminars. Im Jahre 1786 wurde er Abt des Klosters Michaelstein und als solcher Vorsteher des dortigen Predigerseminars und endlich nach dem Tode seines Schwiegervaters Joh. Bened. Carpzov († 1803) dessen Nachfolger als Abt von Königslutter. Mehrfach versuchte man ihn nach auswärts zu ziehen, aber er blieb in Helmstedt, wo er sich der Gunst seines Fürsten und der ehrerbietigen Zuneigung einer großen Zahl von Schülern erfreute. Seine schriftstellerische und lehrende Thätigkeit erstreckte sich fast auf alle Gebiete der Theologie; mit wachsender Vorliebe jedoch traktirte er die Dogmatik, die er nach seinen „Lineamenta institutionum fidei Christianae historico-criticarum“ (Helmst. 1783. 2. Ausg. 1785) vortrug und vor allem die Kirchengeschichte. Von 1788–95 erschien seine „Allgemeine Geschichte der christlichen Kirche nach der Zeitfolge“ in 4 Bänden (4. Aufl. 1800–1806), daran schloß sich die von H. nicht vollendete „Kirchengeschichte des 18. Jahrh.“ (in 2 Bdn. 1802–4). Schriften die nach pragmatischer Methode eines Spittler und Planck abgefaßt, „wenn man auf die Kunst der Darstellung und des reichhaltigen, auch mit der Specialität des Einzelnen gegebenen Stoffes sieht, als eins der vorzüglichsten Werke der Litteratur“ (Baur) gelten können, die aber doch allzusehr den subjectiven rationalistischen Standpunkt des Verfassers hervortreten lassen, als daß sie einen dauernden Werth haben konnten – scheint doch dem Verfasser, der allem schroff entgegentritt, was nicht vernünftiger und sittlicher Natur ist, die Kirchengeschichte, wie er sich selbst ausdrückt beinahe nichts zu sein, „als eine lange Reihe von Gemälden trauriger Verirrungen des menschlichen Verstandes.“ Gleiche Tendenz verfolgen eine Anzahl von Aufsätzen, die der äußerst fruchtbare Mann in mehreren Zeitschriften und als Programme in den nächsten Jahren erscheinen ließ. Ein vollständiges Verzeichniß derselben bei seinen Biographen Bollmann und Wolff, Helmst. u. Leipz. 1816) In das stille Gelehrtenleben Henkes brachten die politischen Umwälzungen des neuen Jahrhunderts wesentliche Veränderungen. An der Braunschweiger Deputation, die im Sommer 1807 nach Paris gefordert wurde, um dem neuen Könige von Westphalen ihre Huldigung darzubringen, mußte auch H. theilnehmen, der von der Kurie der Prälaten zum Deputirten gewählt worden war. Seine Hoffnung, daselbst seinem Vaterlande nützen zu können, erwies sich als trügerisch. Er mußte bald einsehen, daß für die Deputirten „nicht viel zu thun sei, aber viel zu figuriren“. Nach mehrwöchentlichem Aufenthalte in der Fremde kehrte er kränklich zurück. Kaum hatte er seine Vorlesungen begonnen, als er im Decbr. den Befehl erhielt, nunmehr in Cassel zur Huldigung zu erscheinen. Obwohl krank folgte er dem Rufe, um für Helmstedt, dessen Bestehen neben den vier anderen Universitäten des kleinen Reiches gefährdet war, nach Kräften zu wirken. Zu gleichem Zwecke betheiligte er sich an einer Deputation bei Jerome während dessen Anwesenheit in Braunschweig im Mai 1808. Einen Monat später wurde er zur ersten Ständeversammlung nach Cassel berufen. Die Eindrücke, die er daselbst empfing, waren nicht geeignet, sein körperliches Befinden zu bessern. Ein chronisches [756] Kopfleiden, verbunden mit einer krampfhaften Reizbarkeit brach die Kraft des sonst so arbeitsfreudigen Mannes. Im Decbr. traf ihn der schwere Schlag, seinen ältesten Sohn zu verlieren, der eben zum außerordentlichen Professor in seiner Vaterstadt ernannt worden war. Kurz vorher hatte er die Nachricht erhalten, daß Helmstedt nicht mehr zu retten sei. Das war zuviel für den Mann, der mit allen Fasern seines Daseins mit der Stätte seiner glänzenden Wirksamkeit verbunden war. Auf ein schleichendes Fieber, das ihn den ganzen Winter über gequält hatte, folgte ein neues, dem er im 57. Jahre am 2. Mai 1809 erlag.

Der Art. H. von E. Henke in Ersch und Gruber. H. W. Just. Wolff, u. E. K. Bollmann, H. Ph. K. Henke, Denkwürdigkeiten aus seinem Leben. Helmst. u. Leipz. 1816.